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63 Allgemeines Dienst- und BesoldungsrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des VertragsbedienstetenG 1948 betreffend Beendigung des Dienstverhältnisses nach einjähriger Dienstverhinderung wegen Krankheit infolge Zumutbarkeit des gerichtlichen RechtswegesSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. In ihrem auf Art140 B-VG gestützten Antrag vom 25. Feber 1998 begehrt die Antragstellerin die Aufhebung des §24 Abs9 Vertragsbedienstetengesetz 1948, BGBl. 86 idgF (im Folgenden: VBG), "hinsichtlich des Dienstverhältnisbeendigungsgrundes 'Krankheit'" wegen Verfassungswidrigkeit.
2. §24 Abs9 VBG, in der Fassung BGBl. 522/1995, lautet wie folgt:
"Haben Dienstverhinderungen wegen Unfall oder Krankheit oder aus den Gründen des Abs7 ein Jahr gedauert, so endet das Dienstverhältnis mit Ablauf dieser Frist, es sei denn, daß vorher seine Fortsetzung vereinbart wurde. Bei der Berechnung der einjährigen Frist gilt eine Dienstverhinderung, die innerhalb von sechs Monaten nach Wiederantritt des Dienstes eintritt, als Fortsetzung der früheren Dienstverhinderung. Der Dienstgeber hat den Vertragsbediensteten spätestens drei Monate vor Ablauf der Frist nachweislich vom bevorstehenden Ende des Dienstverhältnisses gemäß Satz 1 zu verständigen. Erfolgt die nachweisliche Verständigung später, so endet das Dienstverhältnis drei Monate nach dieser Verständigung, sofern der Vertragsbedienstete bis dahin den Dienst nicht wieder angetreten hat und vor Ablauf dieser Frist auch keine Verlängerung des Dienstverhältnisses vereinbart worden ist. Die Verständigung gilt auch dann als nachweislich erfolgt, wenn sie auf eine Weise zugestellt oder hinterlegt wurde, die den Vorschriften des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, über die Zustellung zu eigenen Handen oder über eine nachfolgende Hinterlegung entspricht. Abgabestelle ist jedenfalls auch eine vom Vertragsbediensteten dem Dienstgeber bekanntgegebene Wohnadresse."
3. Die Antragstellerin behauptet, durch diese gesetzliche Bestimmung aus den folgenden Gründen unmittelbar nachteilig betroffen zu sein: Sie sei am 3. September 1973 ein auf unbestimmte Zeit begründetes Dienstverhältnis im Sinne des VBG zum Bund eingegangen. Vom 29. Jänner 1996 bis Ende Jänner 1997 sei sie krankheitsbedingt arbeitsunfähig gewesen. In der Folge habe ihr der Präsident der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland mit Schreiben vom 28. Jänner 1997 mitgeteilt, dass aufgrund ihrer bereits ein Jahr dauernden Dienstverhinderung wegen Krankheit das Dienstverhältnis gemäß §24 Abs9 VBG per 28. Feber 1997 ende. Das Schreiben des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 28. Jänner 1997 sei nicht in der Lage ihr Dienstverhältnis mit 28. Jänner 1997 zu beenden, da §24 Abs9 VBG normiere, dass der Dienstgeber den Vertragsbediensteten spätestens drei Monate vor Ablauf der einjährigen Frist vom bevorstehenden Ende des Dienstverhältnisses zu verständigen habe. Dies habe zweierlei zur Folge - entweder hätte das Dienstverhältnis der Antragstellerin - so ihre Krankheit über Ende Jänner 1997 hinausgedauert hätte - erst mit 28. April 1997 beendet werden können, oder aber der Dienstgeber hätte bereits spätestens am 28. Oktober 1996 kundtun müssen, dass er gedenke, das Dienstverhältnis zur Antragstellerin per 28. Jänner 1997 zu beenden.
Nicht nur, dass im gegenständlichen Fall offensichtlich die anzuwendende gesetzliche Frist falsch ausgelegt worden sei, gebe es gegen diese vom Gesetz vorgesehene ex lege-Beendigung des Dienstrechtsverhältnisses keinerlei Rechtsmittel.
Dadurch ergebe sich eine Ungleichbehandlung der Antragstellerin, die einer sachlichen Rechtfertigung der Gesetzesbestimmung entbehre: §14 Abs1 Beamtendienstrechtsgeetz normiere nämlich in diesem Zusammenhang, dass "ein Beamter von amtswegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen ist, wenn er dauernd dienstunfähig ist". Das BDG sehe also nicht nur vor, dass die Versetzung in den Ruhestand nur durch Bescheid erfolgen könne, sondern auch, dass der davon Betroffene eine Berufungsmöglichkeit dagegen habe. Daraus sei eine Ungleichbehandlung von Vertragsbediensteten des Bundes gegenüber Beamten im Sinne des BDG ersichtlich und entbehre diese jeglicher sachlicher Rechtfertigung.
4. Die Bundesregierung beantragt in ihrer Äußerung die Zurückweisung bzw. Abweisung des Individualantrages. Begründend wird dazu ua. Folgendes ausgeführt:
"Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (siehe für viele VfSlg. 10.293/1984) ist für die Legitimation zur Stellung eines Individualantrages auch erforderlich, daß dem Antragsteller ein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der von ihm behaupteten Verfassungswidrigkeit nicht zur Verfügung steht. Im gegenständlichen Fall stünde es der Antragstellerin jedoch offen, den Dienstgeber arbeitsgerichtlich auf Feststellung des Weiterbestehens des Dienstverhältnisses zu klagen. In einem solchen gerichtlichen Verfahren wäre die strittige Bestimmung anzuwenden. Verfahrensgegenstand wäre die Frage - wie in der Beschwerde ausgeführt wird -, ob das Schreiben des Dienstgebers vom 28. Jänner 1997 ein solches im Sinne des §24 Abs9 dritter Satz Vertragsbedienstetengesetz 1948 ist, das die in diesem Absatz genannten Rechtsfolgen auslöst, bzw. bejahendenfalls zu welchem Zeitpunkt diese Rechtsfolgen eingetreten sind. Im Zuge dieses Verfahrens könnte die Antragstellerin dann bei einem zur Entscheidung in zweiter Instanz berufenen Gericht anregen, §24 Abs9 Vertragsbedienstetengesetz 1948, bzw. bestimmte Teile davon als verfassungswidrig anzufechten."
II. Der Antrag ist nicht zulässig.
1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluss VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art140 Abs1 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11.684/1988, 13.871/1994, 14.355/1995).
2. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Antragstellerin durch die von ihr bekämpfte Gesetzesbestimmung tatsächlich aktuell in ihrer Rechtssphäre beeinträchtigt wird, da j e d e n f a l l s ein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der von ihr behaupteten Verfassungswidrigkeit offen steht. Die Antragstellerin hätte nämlich die Möglichkeit, zur Klärung der Frage des Bestandes ihres privatrechtlichen Dienstverhältnisses das Arbeitsgericht anzurufen und im Zuge dieses Verfahrens unter Darlegung der nach ihrer Auffassung gegen die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Gesetzesstelle sprechenden Argumente die Stellung eines Gesetzesprüfungsantrags durch das Gericht zweiter Instanz anzuregen (vgl. VfSlg. 14.355/1995). Auch kann von ins Gewicht fallenden Nachteilen, insbesondere einer besonderen Härte, der die Antragstellerin ausgesetzt wäre, wenn sie auf den erörterten Weg verwiesen wird, keine Rede sein (vgl. VfSlg. 8312/1978, S 333 f.; 9695/1983, S 375; jeweils mwN).
3. Der Individualantrag war sohin mangels Legitimation zurückzuweisen.
Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.
Schlagworte
Dienstrecht, Vertragsbedienstete, Dienstverhinderung, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:G44.1998Dokumentnummer
JFT_09999381_98G00044_00