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yy41 Rechtsvorschriften die dem §2 R-ÜG StGBl 6/1945 zuzurechnenNorm
AktG 1965 §224;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der M GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Karl Bollmann, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Weihburggasse 9/23, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 19. Juli 1999, Zl. RV/518-09/99, betreffend Börsenumsatzsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Vertragspartner des hier gegenständlichen Verschmelzungsvertrages (Notariatsakt vom 14. September 1998) waren die LLM-GmbH (im Folgenden: Muttergesellschaft) und die Beschwerdeführerin. Gesellschafter der Muttergesellschaft waren zu diesem Zeitpunkt die M-GmbH und die B-GmbH und Co KG. Alleinige Gesellschafterin der Beschwerdeführerin (= Tochter) war die Muttergesellschaft. Die Punkte I und II des Verschmelzungsvertrages lauten:
"I.
Die (Muttergesellschaft) mit Sitz in Wien, im Folgenden übertragende Gesellschaft genannt, wird durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes mit allen Rechten und Pflichten unter Verzicht auf die Liquidation mit der (Beschwerdeführerin) mit Sitz in Wien, im Folgenden übernehmende Gesellschaft genannt, unter Inanspruchnahme der Begünstigungen des Umgründungssteuergesetzes verschmolzen (Verschmelzung nach Art. I § 1 Abs. 1 Z. 1 des Umgründungssteuergesetzes).
II.
1. Der dem gesamten Stammkapital entsprechende Geschäftsanteil der übertragenden Gesellschaft an der übernehmenden Gesellschaft wird zur Abfindung der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft, somit zur Abfindung der (M.) Gesellschaft m.b.H. und der (B.)-Gesellschaft m.b.H. & Co. KG. für die Aufgabe aller ihrer Anteile an der übertragenden Gesellschaft nach dem Verhältnis ihrer Beteiligung an der (Muttergesellschaft) verwendet.
2. Eine Erhöhung des Stammkapitals der übernehmenden Gesellschaft zur Durchführung dieser Verschmelzung erfolgt nicht.
3. (M.) Gesellschaft m.b.H. wird somit Gesellschafter der (Beschwerdeführerin) und erhält infolge der Verschmelzung einen Geschäftsanteil der (Beschwerdeführerin), der einer voll einbezahlten Stammeinlage von S 684.000,- (Schilling ...) entspricht.
4. (B.)-Gesellschaft m.b.H. & Co. KG. wird somit Gesellschafter in der (Beschwerdeführerin) und erhält somit infolge der Verschmelzung einen Geschäftsanteil der (Beschwerdeführerin), der einer voll einbezahlten Stammeinlage von
S 456.000,- (Schilling ...) entspricht."
Weiters wurde in diesem Vertrag vereinbart, dass der Verschmelzungsstichtag im Sinne des Art. I § 2 Abs. 5 UmgründungssteuerG der 31. Dezember 1997 sei. Mit Ablauf des Verschmelzungsstichtages sei die Muttergesellschaft aufgelöst und ihr Vermögen mit Beginn des folgenden Tages als Ganzes auf die Beschwerdeführerin übergegangen.
Mit Notariatsakt vom selben Tag erklärten die M-GmbH und die B-GmbH und Co KG die Übernahme der für sie als Abfindung für die Aufgabe aller ihrer Anteile an der Muttergesellschaft verwendeten Geschäftsanteile an der Beschwerdeführerin.
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 21. Oktober 1998 wurden u.a. die folgenden Eintragungen in der Firmenbucheinlage der Beschwerdeführerin bewilligt: Verschmelzungsvertrag vom 14. September 1998, Generalversammlungsbeschluss vom 14. September 1998 ("Diese Gesellschaft wurde als übernehmende Gesellschafterin mit der (Muttergesellschaft) als übertragender Gesellschaft verschmolzen"), Eintragung der ehemaligen beiden Gesellschafter der Muttergesellschaft als Gesellschafter der Beschwerdeführerin. Bei der Firmenbucheinlage der Muttergesellschaft erfolgte gleichfalls mit Beschluss vom 21. Oktober 1998 (Eintragungsnummer 7) die Löschung dieser Firma; die Eintragungen erfolgten jeweils am nächsten Tag.
Mit vorläufigem Bescheid vom 12. März 1999 schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien für den gegenständlichen Verschmelzungsvertrag, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 1,140.000,-- der Beschwerdeführerin betreffend den Erwerb von Geschäftsanteilen an der Beschwerdeführerin (Erwerb eigener Aktien von der Muttergesellschaft) die Börsenumsatzsteuer vor. Der Umfang der Abgabenpflicht erscheine ungewiss, weshalb die Vorschreibung vorläufig erfolge; der endgültige Bescheid werde nach Bekanntgabe des gemeinen Wertes der übertragenen GmbH-Anteile erfolgen.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die Muttergesellschaftgesellschaft sei auf ihre hundertprozentige Tochtergesellschaft, die Beschwerdeführerin, down stream verschmolzen. Mit Eintragung im Firmenbuch dieser Verschmelzung seien die Gesellschafter der Muttergesellschaft ipso jure Gesellschafter der Beschwerdeführerin geworden. Irgendwelcher zusätzlicher Rechtsakte habe es dafür nicht bedurft. Ein börsenumsatzsteuerpflichtiger Erwerb von eigenen Anteilen wäre nur dann vorgelegen, wenn die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft diese Anteile im Wege einer gesonderten Abtretung übernommen hätten. Im vorliegenden Fall habe sich jedoch die Universalsukzession mit der Eintragung der Verschmelzung in das Firmenbuch gemäß § 225 lit. a Abs. 3 AktG vollzogen. Eine Abtretung von Anteilen sei nicht vereinbart oder vorgenommen worden.
In seiner abweisenden Berufungsvorentscheidung verwies das Finanzamt darauf, dass in einem separaten Notariatsakt Übernahmserklärungen der Gesellschafter abgegeben worden seien. Es seien also gesonderte Rechtsakte gesetzt worden. Nach § 18 Abs. 2 Z. 1 KVG würden auch Vorgänge der Börsenumsatzsteuer unterliegen, bei denen zwar der Vermögensübergang kraft Gesetzes erfolgt sei, wenn dem Rechtsübergang ein wie immer gearteter Willensakt der Beteiligten vorausgegangen sei.
Die Beschwerdeführerin beantragte daraufhin die Vorlage ihrer Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Da im vorliegenden Fall keine Vereinbarung vorliege, dass der Übergang der Anteile an die Gesellschafter bereits vor Durchführung der Verschmelzung erfolgen soll, hätten sich im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Verschmelzungsvertrages (= Eintragung im Firmenbuch) nach wie vor die Anteile an der übernehmenden Beschwerdeführerin im Vermögen der übertragenden Muttergesellschaftgesellschaft befunden. Deshalb sei mit dem Übergang des gesamten Vermögens der übertragenden Gesellschaft auf die aufnehmende Gesellschaft die übernehmende Tochtergesellschaft für eine juristische Sekunde Eigentümerin ihrer eigenen Anteile geworden. Wenn dieser Eigentumsübergang ipso jure erfolgt sei, greife der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 KVG, da dem Rechtsübergang ein wie immer gearteter Willensakt der Beteiligten vorausgegangen ist. Unmittelbare Folge des Verschmelzungsvertrages sei ex lege die Gesamtrechtsnachfolge der aufnehmenden Gesellschaft und somit auch der Übergang der im Vermögen der untergehenden Muttergesellschaftgesellschaft befindlichen Anteile an der Tochtergesellschaft auf die aufnehmende Tochtergesellschaft gewesen. Somit sei dem Durchgangserwerb der Beschwerdeführerin an ihren eigenen Anteilen unmittelbar ein entsprechender Willensakt vorausgegangen und der genannte Tatbestand verwirklicht.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 19. Juni 2000, B 1475/99, die Behandlung der gegen diesen Bescheid an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf gesetzmäßige Besteuerung infolge unrichtiger Anwendung des § 18 Abs. 2 Z. 1 KVG verletzt. Sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die §§ 17 bis 19 KVG, die auf den Beschwerdefall noch Anwendung finden (siehe § 38 Abs. 3a KVG in der Fassung BGBl. I Nr. 106/1999) lauten auszugsweise:
"§ 17
Gegenstand der Steuer
(1) Der Börsenumsatzsteuer unterliegt der Abschluss von Anschaffungsgeschäften über Wertpapiere, wenn die Geschäfte im Inland oder unter Beteiligung wenigstens eines Inländers im Ausland abgeschlossen werden.
...
§ 18
Anschaffungsgeschäfte
(1) Anschaffungsgeschäfte sind entgeltliche Verträge, die auf den Erwerb des Eigentums an Wertpapieren gerichtet sind.
(2) Als Anschaffungsgeschäfte gelten auch
1. Geschäfte, die das Einbringen von Wertpapieren in eine Kapitalgesellschaft oder eine andere Personenvereinigung zum Gegenstand haben;
...
§ 19
Wertpapiere
(1) Als Wertpapiere gelten:
1.
Schuldverschreibungen (§ 12),
2.
Dividendenwerte.
(2) Als Dividendenwerte gelten Aktien, Kuxe und andere Anteile an inländischen und ausländischen Kapitalgesellschaften, Zertifikate über Shares, Aktienanteile, Genussscheine (einschließlich der Zwischenscheine über diese Werte).
..."
Anschaffungsgeschäfte sind entgeltliche Verträge, die auf den Erwerb des Eigentums gerichtet sind (Dorazil KVG2, 212); im vorliegenden Fall geht es um das Eigentum an den den Wertpapieren gleichgestellten Geschäftsanteilen an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung.
Der Verwaltungsgerichtshof hatte in den beiden von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zitierten Erkenntnissen vom 25. September 1997, Zl. 96/16/0224, und vom 16. Dezember 1999, Zl. 99/16/0146, gleichfalls die Börsenumsatzsteuerpflicht beim down stream merger zu beurteilen (zur Definition siehe die Zuordnung, die der OGH in seinem Beschluss vom 11. November 1999, GZ 6 Ob 4/99b, zu den Absätzen 1 bis 3 des § 224 AktG - Abs. 1 = up stream merger, Abs. 2 = side stream merger, Abs. 3 = down stream merger - vorgenommen hat).
In den genannten Fällen wurde mittels einer Vereinbarung zwischen der Tochter als übernehmende Gesellschaft und der Muttergesellschaft als übertragende Gesellschaft die Verschmelzung vereinbart. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Frage, ob in einem solchen Fall ein Durchgangserwerb eigener Anteile vorliegt (was nach den Ausführungen im zitierten OGH-Beschluss wohl nicht Abrede gestellt werden kann) und ob für diesen Erwerb die Börsenumsatzsteuerpflicht zu bejahen ist (siehe insbesondere Rief, down stream merger: BUSt für den Durchgangserwerb?, FJ-GVR 1996, 1), nicht auseinander gesetzt, sondern auf die in den Notariatsakten jeweils getroffene Vereinbarung abgestellt, dass die Gesellschafter der (zu löschenden) Muttergesellschaft mit sämtlichen Stammanteilen an der Tochter abgefunden werden. Dies wurde als Vertrag zu Gunsten Dritter, nämlich der Gesellschafter der Muttergesellschaft, angesehen, die schon vor Wirksamwerden der Verschmelzung, also vor der Eintragung (§ 225a Abs. 2 AktG), im Wege der entgeltlichen Abtretung (Gegenleistung: Verzicht auf die Gesellschaftsrechte an der Muttergesellschaft) die Geschäftsanteile erhalten, die bis dahin die Muttergesellschaft an der Tochter gehalten hat.
Der OGH hat im zitierten Beschluss vom 11. November 1999 ausgeführt, dass die Auskehrung der Anteile der Tochtergesellschaft an die Gesellschafter der Muttergesellschaft ipso jure und nicht rechtsgeschäftlich erfolgt; der Rechtsgrund ist auch nach seiner Auffassung der als Vertrag zu Gunsten Dritter (der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft) aufzufassende Verschmelzungsvertrag in Verbindung mit den genehmigenden Generalversammlungsbeschlüssen.
Im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, inwieweit sich die hier gegebene Vertragslage von jener in den vom Verwaltungsgerichtshof schon entschiedenen Fällen unterscheidet. Auch hier wurde im Verschmelzungsvertrag zwischen den beiden Vertragspartnern vereinbart, dass die Anteile an der Tochter den Gesellschaftern der Muttergesellschaft zukommen sollen. Dazu kommt im vorliegenden Fall noch, dass die Gesellschafter der Muttergesellschaft mit Notariatsakt vom selben Tag (14. September 1998) Übernahmeerklärungen abgegeben haben; die Eintragung der Verschmelzung im Firmenbuch erfolgte aber erst am 22. Oktober 1998.
Damit muss auch hier ein Anschaffungsgeschäft gemäß § 18 Abs. 1 KVG bejaht werden, für welches die Beschwerdeführerin gemäß § 25 KVG Steuerschuldnerin ist; die Heranziehung des § 18 Abs. 2 Z. 1 KVG durch die belangte Behörde vermochte jedoch die Beschwerdeführerin in ihren Rechten nicht zu verletzen, weil Vorgänge nach § 18 Abs. 2 KVG nicht anders zu besteuern sind als Anschaffungsgeschäfte nach Abs. 1 leg. cit. Die Beschwerdeausführungen setzen sich im Wesentlichen kritisch mit dem auch vom Verwaltungsgerichtshof nicht als Besteuerungsgrundlage angenommenen Erwerb eigener Aktien auseinander. Da der vorliegende Verschmelzungsvertrag die Rechtsgrundlage für den beschriebenen rechtsgeschäftlichen Erwerb von Anteilen durch die Gesellschafter der Muttergesellschaft bildete, bedarf es keiner weiteren Auseinandersetzung mit den von der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit dem Erwerb eigener Anteile angesprochenen Fragen.
Zur Klarstellung wird noch darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin im Zuge des Berufungsverfahrens den früheren Berufungspunkt "Zwei Jahresfrist und Universalsukzession gemäß § 6 Abs. 4 UmGrStG" zurück genommen hat.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am 18. September 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000160589.X00Im RIS seit
14.10.2003