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63 Allgemeines Dienstrecht und Besoldungsrecht;Norm
DeregulierungsG - Öffentlicher Dienst 2002 Art2 Z54;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde des H in K, vertreten durch MMag. Johann Pichler, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 5, gegen den Bundesminister für Finanzen wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit einer Verwendungs(gruppen)zulage nach § 121 Abs. 1 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, zu Recht erkannt:
Spruch
Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG wird der belangten Behörde aufgetragen, den versäumten Bescheid in Anwendung des § 121 Abs. 4 des Gehaltsgesetzes 1956 in der Fassung des Art. 2 Z. 54 des Deregulierungsgesetzes - Öffentlicher Dienst 2002, BGBl. I Nr. 119, binnen acht Wochen zu erlassen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stand bis zum Ende des Jahres 1997 als Beamter der Verwendungsgruppe B - zuletzt mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1995 in die Dienstklasse IV befördert - und steht seit 1. Jänner 1998 als Beamter der Verwendungsgruppe A2 im Funktionszulagenschema in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seit Mai 1993 wurde er in einer Geschäftsabteilung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Referent bzw. Referatsleiter verwendet.
Mit Antrag vom 11. Juni 1997 begehrte der Beschwerdeführer, ihm ab 1. Juni 1994 eine Verwendungszulage nach § 121 Abs. 1 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG) zu bemessen, weil er einen Dienst verrichte, der nur von einem Beamten einer höheren Verwendungsgruppe erwartet werden könne.
Zur weiteren Darstellung des Verfahrensganges wird zur Vermeidung von Wiederholungen in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das in dieser Sache ergangene hg. Erkenntnis vom 17. August 2000, Zl. 99/12/0066, verwiesen; mit dem genannten Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof den im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde, mit dem dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf Verwendungsgruppenzulage versagt worden war, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf, weil der entscheidungserhebliche Sachverhalt aus im genannten hg. Erkenntnis näher dargestellten Gründen nicht ausreichend geklärt war, um die Frage der Gebührlichkeit der Zulage abschließend beurteilen zu können.
In weiterer Folge ergänzte die belangte Behörde das Ermittlungsverfahren und trat wiederholt an den Bundesminister für öffentliche Leistung und Sport (in der Folge auch kurz: BMöLS) zur Erwirkung der (damals) für die Bemessung der Verwendungszulage notwendigen Zustimmung heran, der jedoch - zuletzt in seiner Erledigung vom 30. November 2001 - die Ansicht vertrat, eine Awertige Tätigkeit des Beschwerdeführers liege nicht vor.
In der am 30. September 2001 eingebrachten Säumnisbeschwerde macht der Beschwerdeführer die Verletzung der Entscheidungspflicht der belangten Behörde über seinen Anspruch auf Verwendungsgruppenzulage geltend, die über seine Berufung vom 9. März 1998 selbst sechs Monate nach Zugang des eingangs genannten hg. Erkenntnisses vom 17. August 2001 nicht entschieden habe. Mit Verfügung vom 15. September 2001, der belangten Behörde am 10. Oktober 2001 zugestellt, leitete der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren über die vorliegende Säumnisbeschwerde ein und forderte die belangte Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG auf, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege, und hiezu die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
Mit ihrer Gegenschrift vom 9. Jänner 2002 legte die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und brachte hierin nach umfangreicher Darstellung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sowie der ablehnenden Stellungnahmen des Bundesministers für öffentliche Leistung und Sport abschließend vor, angesichts der im fortgesetzten Verwaltungsverfahren durchgeführten Erhebungen und der Ermittlungsergebnisse und unter Berücksichtigung von Ausführungen des dem Beschwerdeführer Vorgesetzten erscheine es nach Ansicht der belangten Behörde unrichtig, einen "Abweisungsbescheid mit den Argumenten des BMöLS zu begründen". Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die belangte Behörde im fortgesetzten Verwaltungsverfahren zwei Mal an das BMöLS zwecks Zustimmung herangetreten sei (insgesamt habe sich die belangte Behörde im Verfahrensverlauf bereits vier Mal an die zustimmungsberechtigten Abteilungen gewandt).
Der Verwaltungsgerichtshof, auf den die Verpflichtung zur Sachentscheidung gemäß § 27 VwGG übergegangen ist, hat erwogen:
Dem Vorbringen der Gegenschrift zufolge sah sich die belangte Behörde außer Stande, wegen des Fehlens der Zustimmung des Bundesministers für öffentliche Leistung und Sport zur Bemessung der Verwendungsgruppenzulage die Versagung dieser Zulage sachlich zu begründen.
Ist die Zuständigkeit zur Entscheidung gemäß § 27 VwGG auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen, so hat dieser nach seiner ständigen Rechtsprechung im Säumnisverfahren auf Grund der Sach- und Rechtslage zu entscheiden, auf Grund der die Behörde im Zeitpunkt der Fällung des Erkenntnisses zu entscheiden hätte (vgl. etwa die in Mayer, Bundes-Verfassungsrecht3 (2002), unter Anm. VIII.1. zu § 42 VwGG wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
Mit der 24. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 214/1972, wurde die Verwendungszulage damals nach § 30a des Gehaltsgesetzes 1956 eingeführt. § 30a Abs. 2 letzter Satz GehG sah in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 1994 geltenden Fassung vor, dass die Bemessung der Verwendungszulage der Zustimmung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen bedarf.
§ 121 GehG in der Fassung des Besoldungsreform-Gesetzes 1994, BGBl. Nr. 550, der mit 1. Jänner 1995 in Kraft trat, lautet, soweit für den vorliegenden Fall von Bedeutung:
"Verwendungszulage
§ 121. (1) Dem Beamten der Allgemeinen Verwaltung und dem Beamten in handwerklicher Verwendung gebührt eine ruhegenussfähige Verwendungszulage, wenn er dauernd
1. in erheblichem Ausmaß Dienste verrichtet, die einer höheren Verwendungsgruppe zuzuordnen sind,
...
(2) Die Verwendungsgruppe ist mit Vorrückungsbeträgen oder halben Vorrückungsbeträgen der Dienstklasse und Verwendungsgruppe zu bemessen, der der Beamte angehört. Sie darf
1. in den Fällen des Abs. 1 Z. 1 und 2 je drei Vorrückungsbeträge ...
nicht übersteigen.
...
(4) Innerhalb dieser Grenzen ist
1. die Verwendungszulage nach Abs. 1 Z. 1 und 2 nach der Höherwertigkeit der Leistung ...
zu bemessen. Die Bemessung bedarf der Zustimmung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen.
(5) ..."
Die ErläutRV 1577 BlgNR XVIII. GP, 192, führen hiezu aus:
"Zu den §§ 120 bis 124:
Die Regelungen über die Verwaltungsdienstzulage, die Verwendungszulage, die Pflegedienstzulage und die Pflegedienst-Chargenzulage entsprechen den bisherigen §§ 30 bis 30c. § 121 Abs. 7 übernimmt jedoch für die Verwendungszulage die günstigeren Wahrungsfristen des § 33.
..."
Mit der Dienstrechts-Novelle 2000, BGBl. I Nr. 94, wurde die Berechtigung der Erteilung der nach § 121 Abs. 4 letzter Satz GehG für die Bemessung der Verwendungszulage notwendigen Zustimmung dem "Bundesminister für öffentliche Leistung und Sport" übertragen.
Gemäß Art. 2 Z. 54 des Deregulierungsgesetzes - Öffentlicher Dienst 2002, BGBl. I Nr. 119, ausgegeben am 9. August 2002, entfiel im § 121 Abs. 4 GehG der letzte Satz. Die ErläutRV 1182 BlgNR XXI. GP, die einleitend im Vorblatt im Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrecht vorhandene Mitwirkungsbefugnisse des Bundesministers für öffentliche Leistung und Sport bzw. des Bundesministers für Finanzen als Problem und die Beseitigung nicht erforderlicher Mitwirkungsbefugnisse dieser Bundesminister als Ziel nennen, führen im Besonderen (aaO, 64) u.a. aus:
"Zu Art. 2 Z 54 (§ 121 Abs. 4 GehG):
Im Sinne einer weitestgehenden Deregulierung soll die Mitwirkung des Bundesministers für öffentliche Leistung und Sport bei der Bemessung von Verwendungszulagen der im Dienstklassensystem verbliebenen Beamten der Allgemeinen Verwaltung und der Beamten in handwerklicher Verwendung einerseits wegen des damit verbundenen vermeidbaren Verwaltungsaufwandes, andererseits deshalb aufgegeben werden, weil sich der Kreis der Anspruchsberechtigten infolge Auslaufens des Dienstklassensystems laufend reduziert und allein auf Grund dieses Umstandes über die Mitwirkung keine Kontroll- und Steuerungsfunktion mehr ausgeübt werden kann."
§ 175 Abs. 42 GG 1956, der das In-Kraft-Treten einzelner Bestimmungen des Deregulierungsgesetzes - Öffentlicher Dienst 2002 regelt, nennt Art. 2 Z. 54 nicht.
Die belangte Behörde und der im vorliegenden Fall befasste Bundesminister für öffentliche Leistung und Sport gingen übereinstimmend davon aus, dass nach § 121 Abs. 4 letzter Satz GehG eine Bemessung der Verwendungszulage auch für Zeiträume vor dem In-Kraft-Treten der Dienstrechts-Novelle 2000 der Zustimmung des Bundesministers für öffentliche Leistung und Sport bedurfte.
Der nach Art. 2 Z. 54 des Deregulierungsgesetzes - Öffentlicher Dienst 2002 vorgesehene Entfall des letzten Satzes des § 121 Abs. 4 GehG, eine Bestimmung, die auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung abstellt, bedeutet unter Bedachtnahme auf die eingangs wiedergegebenen Erläuterungen zu dieser Novelle - die auf die notwendige Beseitigung nicht erforderlicher Mitwirkungsbefugnisse (u.a. des Bundesministers für öffentliche Leistung und Sport) hinweisen - und mangels besonderer In-Kraft-Tretens- und Übergangsbestimmungen, dass mit dem auf die Versendung des BGBl. I Nr. 119/2002 folgenden Tag die Bemessung von Verwendungszulagen - mögen Ansprüche auf solche Zulagen auch bereits vor diesem Zeitpunkt entstanden und geltend gemacht worden sein - der Zustimmung des Bundesministers für öffentliche Leistung und Sport überhaupt nicht mehr bedarf, um den vom Deregulierungsgesetz - Öffentlicher Dienst 2002 beabsichtigten Entlastungseffekt umgehend und umfassend zu erzielen; so sprechen die zitierten ErläutRV, aaO 64, von einer "weitestgehenden Deregulierung" und bezeichnen die seinerzeit vorgesehene Mitwirkung als vermeidbaren Verwaltungsaufwand, ohne diesen Gesichtspunkt etwa nur auf die Bemessung der Zulage für zukünftige Zeiträume einzuschränken.
Da sich die belangte Behörde - wie in ihrer Gegenschrift ausgeführt - offenbar nur durch die fehlende Zustimmung des Bundesministers für öffentliche Leistung und Sport an einer Sachentscheidung gehindert sah, war gemäß § 42 Abs. 4 VwGG klarzustellen, dass für den vorliegenden Fall durch das Deregulierungsgesetz - Öffentlicher Dienst 2002 das Erfordernis einer Zustimmung eines anderen Bundesministers zur Bemessung einer Verwendungszulage entfallen ist, und der belangten Behörde aufzutragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiemit festgelegten Rechtsanschauung zu erlassen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 55 Abs. 1 erster Satz VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Die im Betrag von S 2.500,-- entrichtete Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war im Betrag von EUR 181,68 zuzusprechen.
Wien, am 19. September 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001120186.X00Im RIS seit
21.10.2003