TE Vwgh Erkenntnis 2003/9/19 2001/12/0264

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Veröffentlicht am 19.09.2003
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Index

65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

PG 1965 §19 Abs1a idF 1994/016;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde der M in K, vertreten durch Dr. Michael Mohn, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Zelinkagasse 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 26. November 2001, Zl. 15 1323/11-II/15/01, betreffend Versorgungsgenuss nach § 19 des Pensionsgesetzes 1965, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist die frühere Ehegattin eines am 8. April 1999 verstorbenen Bundesbeamten des Ruhestandes.

Zur Darstellung des bisherigen Verfahrensganges wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das in dieser Sache ergangene hg. Erkenntnis vom 13. September 2001, Zl. 99/12/0349, verwiesen; mit dem genannten Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof den im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. November 1999 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, weil sich die belangte Behörde bei Ermittlung des maßgeblichen gesetzlichen Unterhaltsanspruches - der den Versorgungsbezugsanspruch begrenze - zu Unrecht nur an den Verhältnissen (Leistungen) des Sterbemonats (April 1999) orientiert habe und hiedurch die Sonderzahlungen des Verstorbenen nicht berücksichtigt worden seien. Der Anknüpfung an der Einkommenssituation im Sterbemonat käme solcherart ein geradezu aleatorischer Charakter zu und wäre nicht sachgerecht. Ausgehend davon erscheine es vielmehr angezeigt, bei der Berechnung von einem Durchschnitt eines Zeitraumes (im Regelfall wie nach § 19 Abs. 1a Z. 1 des Pensionsgesetzes 1965 ein Jahr) auszugehen, wodurch ein Zufallsergebnis wegen unterschiedlicher Höhe der Leistungen verhindert werde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Pensionsbehörde erster Instanz teilweise statt und stellte in Abänderung des Erstbescheides gemäß § 66 Abs. 4 AVG fest, dass ihr gemäß § 19 Abs. 1a und 4 Z. 2 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, vom 1. Mai 1999 an ein Versorgungsgenuss von monatlich brutto 9.782,-- S gebühre. Nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges, Wiedergabe des § 19 Abs. 1, 1a und 4 des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965) und Wiederholung der Feststellungen über die geschiedene Ehe der Beschwerdeführerin und über den Inhalt des zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem geschiedenen Ehegatten geschlossenen Vergleiches im Unterhaltspunkt legte die belangte Behörde zunächst dar, dass sich der der Beschwerdeführerin nach § 19 Abs. 1 und 4 Z. 1 PG 1965 anhand dieses Vergleiches zustehende Unterhalt mit dem Betrag von monatlich 9.252,10 S berechne. Nun seien aber nach den von der Beschwerdeführerin beigebrachten Unterlagen auch die Voraussetzungen gegeben, unter denen nach § 19 Abs. 1a PG 1965 ein Versorgungsgenuss gebühre, weil ihre Ehe mit dem verstorbenen Beamten mehr als zehn Jahre gedauert habe und auf Grund der Scheidung nach § 49 EheG eine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung bestanden habe, auf Grund derer ihr früherer Ehegatte im letzten Jahr vor seinem Tod nachweislich regelmäßig Unterhaltszahlungen geleistet habe. Dieser Versorgungsbezugsanspruch bestimme sich nach § 19 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 nach den durchschnittlichen monatlichen Unterhaltsleistungen, die der verstorbene Beamte regelmäßig längstens in den letzten drei Jahren vor seinem Tod geleistet habe, dürfe aber - da an dessen Vorliegen gebunden - den gesetzlichen Unterhaltsanspruch nicht übersteigen. In den letzten drei Jahren vor dem Tod des Beamten habe die durchschnittliche monatliche Unterhaltsleistung 11.155,56 S betragen. Da aber der so ermittelte Versorgungsbezugsanspruch durch den gesetzlichen Unterhaltsanspruch begrenzt sei, sei auch dieser für den Monat April 1999 zu eruieren. Nach den von der Judikatur entwickelten Richtwerten betrage der gesetzliche Unterhaltsanspruch eines schuldlos geschiedenen Ehegatten gegenüber dem Schuldigen bei eigenem Einkommen 40 % des gemeinsamen Nettoeinkommens abzüglich des Nettoeigeneinkommens. Wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis ausdrücklich ausgesprochen habe, seien bei der Ermittlung dieser Nettoeinkommen auch die Sonderzahlungen zu berücksichtigen und sei bei der Berechnung von einem Durchschnitt eines Zeitraumes (im Regelfall wie nach § 19 Abs. 1a Z. 1 PG 1965 ein Jahr) auszugehen. Im Monat April 1999 habe der verstorbene frühere Ehegatte der Beschwerdeführerin einen Nettoruhebezug von 35.199,-- S erhalten. Das sich daraus ergebende monatliche Durchschnittseinkommen im Jahr 1999 betrage daher unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen 41.065,50 S (35.199 S x 14 : 12). Die Beschwerdeführerin habe nach den vorgelegten Unterlagen im April 1999 ein Nettoeinkommen von 9.491,60 S bezogen. Ihr sich daraus ergebendes monatliches Durchschnittsnettoeinkommen unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen nach dem ASVG betrage daher 11.073,53 S (9.491,60 S x 14 : 12). Das gesamte monatliche Nettoeinkommen habe daher 52.139,03 S betragen. 40 % davon ergäben 20.855,61 S. Werde das Nettoeinkommen der Beschwerdeführerin von 11.073,53 S abgezogen, so verblieben 9.782,08 S, die den gesetzlichen Unterhaltsanspruch der Beschwerdeführerin am Todestag ihres früheren Ehegatten darstellten, mit dem der sich nach § 19 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 ergebende Versorgungsbezugsanspruch begrenzt sei. Da der nach § 19 Abs. 1a PG 1965 gebührende, allerdings durch den gesetzlichen Unterhaltsanspruch begrenzte Versorgungsgenuss günstiger sei als jener nach § 19 Abs. 1 PG 1965, gebühre der Beschwerdeführerin vom 1. Mai 1999 an ein Versorgungsgenuss von monatlich brutto 9.782,-- S.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Zuerkennung des Versorgungsgenusses in gesetzlicher Höhe verletzt. In Ausführung des Beschwerdepunktes bringt sie vor, der belangten Behörde seien in Ausmittlung des - nach § 19 Abs. 1a PG 1965 maßgeblichen - gesetzlichen Unterhaltsanspruches, und zwar bei der Ermittlung des gemeinsamen Nettoeinkommens der Beschwerdeführerin und ihres verstorbenen geschiedenen Ehegatten Fehler unterlaufen. Im Beschwerdeverfahren zur hg. Zl. 99/12/0349 sei der Lohnzettel für den Zeitraum Jänner bis April 1999 vorgelegt worden, aus dem sich ergebe, dass unter Berücksichtigung der einbehaltenen Lohnsteuer und der einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträge der Unterhaltspflichtige in diesen vier Monaten einen Nettobezug von etwa 210.000,-- S gehabt habe. Ohne Berücksichtigung dieses aktenkundigen Beweisergebnisses gehe die belangte Behörde bei ihren theoretischen Berechnungen des Unterhaltsanspruches nunmehr wiederum so vor, dass sie nur den Monat April 1999 herausnehme und ohne Bezugnahme auf das tatsächlich erzielte Nettoeinkommen den Nettoauszahlungsbetrag von 35.199,-- S mit 14 multipliziere und danach durch 12 dividiere. Dieses Rechenergebnis stehe in offenkundigem Widerspruch zum aktenkundigen Lohnzettel für den Zeitraum Jänner bis April 1999. Hätte die belangte Behörde nicht ohnehin von diesem Beweismittel ausgehen wollen, so hätte sie von Amts wegen durch Anfrage beim Bundespensionsamt oder durch entsprechende Einbindung der Beschwerdeführerin in das Ermittlungsverfahren das Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen in seinem tatsächlichen Ausmaß für den Zeitraum von 1. Mai 1998 bis 30. April 1999 festzustellen gehabt. Hiedurch wäre die belangte Behörde zu einem monatlichen Durchschnittsnettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen von 46.112,-- S gelangt. Rechne man die Einkünfte der Beschwerdeführerin von 11.073,-- S hinzu und nehme von der Summe von 57.185,-- S den Unterhaltsanspruch von 40 % abzüglich dem eigenen Einkommen der Beschwerdeführerin, verbleibe ein Differenzanspruch von 11.801,27 S, der jedenfalls über dem vom Unterhaltspflichtigen tatsächlich bezahlten monatlichen Durchschnittsbetrag von 11.155,56 S liege, sodass ein Versorgungsbezugsanspruch zumindest in dieser Höhe hätte zuerkannt werden müssen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Sie hält der Beschwerde entgegen, dass sie, durchaus dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes folgend, ausgehend von einem Nettomonatsbezug (ohne Sonderzahlung) im Sterbejahr den theoretischen Gesamtjahresbezug für das Jahr 1999 ermittelt und davon den auf einen Monat dieses Jahres entfallenden durchschnittlichen Bezug errechnet habe. Auf Grund des höheren monatlichen Ruhegenusses im Jahr 1999 gegenüber jenem im Jahr 1998 sei es für die Beschwerdeführerin durchaus von Vorteil gewesen, von einem theoretischen Jahresnettobezug des Jahres 1999 auszugehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Darstellung der im Beschwerdefall maßgeblichen Rechtslage wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das in dieser Sache ergangene hg. Erkenntnis vom 13. September 2001 verwiesen. Zur Frage des für den Versorgungsbezug nach § 19 Abs. 1a PG 1965 maßgeblichen gesetzlichen Unterhaltsanspruch führte der Verwaltungsgerichtshof, wie eingangs wiedergegeben, aus, zur Berechnung dieses Unterhaltsanspruches sei vom Durchschnitt eines Zeitraumes (im Regelfall wie nach § 19 Abs. 1a PG 1965 ein Jahr) auszugehen, sodass ein Zufallsergebnis wegen unterschiedlicher Höhe der Leistungen verhindert werde.

Die Beschwerdeführerin lässt die Beurteilung des Versorgungsbezuges im Grund des § 19 Abs. 1 PG 1965 im angefochtenen Bescheid unberührt; sie wendet sich ausschließlich gegen die von der belangten Behörde gepflogene Ermittlung des nach § 19 Abs. 1a PG 1965 maßgeblichen gesetzlichen Unterhaltsanspruches anhand des Sterbemonats des früheren Ehegatten der Beschwerdeführerin.

Die belangte Behörde meinte - wie auch das Vorbringen in ihrer Gegenschrift verdeutlicht - der vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. September 2001 überbundenen Rechtsansicht, bei der Berechnung des gesetzlichen Unterhaltes vom Durchschnitt eines Zeitraumes - im Regelfall ein Jahr - auszugehen, dadurch Rechnung getragen zu haben, dass sie den Nettobezug des Sterbemonats (April 1999) im Hinblick auf die vierteljährlichen Sonderzahlungen in der Höhe von 50 v.H. des monatlichen Ruhebezuges und offenbar im Hinblick auf den im zitierten Erkenntnis vom 13. September 2001 genannten Zeitraum von einem Jahr mit dem Faktor 14 multiplizierte, um - so die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift erläuternd - den "theoretischen Gesamtjahresbezug für das Jahr 1999" zu ermitteln, und die Summe durch den Divisor 12 dividierte, um ausgehend von einem "theoretischen Jahresnettobezug" das durchschnittliche Monatsnettoeinkommen des verstorbenen Beamten zu berechnen.

Nun vermag der Verwaltungsgerichtshof die in der Beschwerde unter Hinweis auf einen Nettobezug des Verstorbenen "von etwa 210.000,- S" im Jahre 1999 erhobenen Bedenken gegen die Berechnungen der belangten Behörde zwar deshalb nicht zu teilen, weil sich aus den von der Beschwerdeführerin - auch bereits im Verfahren zur hg. Zl. 99/12/0349 vorgelegten - Unterlagen vielmehr ein steuerpflichtiger Bezug für die Monate Jänner bis April 1999 im Betrag von 210.094,-- S erschließen lässt. Dennoch wurde die belangte Behörde mit der bloß "theoretischen" Ermittlung des Jahresnettoeinkommens des Verstorbenen der ihr mit dem zitierten Erkenntnis vom 13. September 2001 überbundenen Rechtsansicht, die für die Berechnung des gesetzlichen Unterhaltsanspruches ausdrücklich auf den Durchschnitt eines - tatsächlichen - Zeitraumes (in der Regel von einem Jahr) abstellte, nicht gerecht. Bei der Ermittlung der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung nach § 19 Abs. 1a PG 1965 ist auf die in der Rechtsprechung zum gesetzlichen Unterhalt entwickelten Grundsätze Bedacht zu nehmen, wonach etwa das in einem längeren Beobachtungszeitraum erzielte Durchschnittseinkommen maßgeblich ist und nur die wirklich geschuldete, nicht jedoch die fiktive Lohnsteuer zu berücksichtigen ist (vgl. etwa die bei Stabentheiner in Rummel, Kommentar zum ABGB, 2. Band/4. Teil3, Rz 4 zu § 66 EheG, mH auf 1. Band3, unter Rz 9 zu § 94, sowie bei Gitschthaler, Unterhaltsrecht, auf S. 51 f und 59 nachgewiesene Rechtsprechung); diese Grundsätze fanden im zitierten hg. Erkenntnis vom 13. September 2001 Ausdruck. Schließlich darf nicht übersehen werden, dass die von der belangten Behörde vorgenommene Ermittlung eines "theoretischen Jahresnettoeinkommens" anhand eines Monats ohne Sonderzahlung die einkommensteuerrechtliche Begünstigung von Sonderzahlungen außer Betracht lässt und derart zu einem - theoretisch - niedrigeren Jahresnettoeinkommen und damit zu einem geringeren gesetzlichen Versorgungsanspruch führen könnte.

Nach dem Gesagten belastete die belangte Behörde, da sie entgegen der ihr mit dem hg. Erkenntnis vom 13. September 2001 überbundenen Rechtsansicht den gesetzlichen Unterhaltsanspruch nicht anhand des tatsächlichen Jahresnettoeinkommens ausmaß, den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Die im Betrag von S 2.500,-- entrichtete Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war im Betrag von EUR 181,68 zuzusprechen.

Wien, am 19. September 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001120264.X00

Im RIS seit

15.10.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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