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65/01 Allgemeines Pensionsrecht;Norm
PG 1965 §4 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde des Ing. Mag. F in W, vertreten durch Dr. Georg Grießer, Dr. Roland Gerlach und Dr. Sieglinde Gahleitner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Köllnerhofgasse 6/2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 27. Mai 2003, Zl. 15 1311/78 - II/15/03, betreffend Bemessung des Ruhegenusses, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund. Er wurde mit Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 21. Oktober 2002 gemäß § 14 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (BDG 1979) mit Ablauf des 30. November 2002 in den Ruhestand versetzt.
Mit Bescheid vom 22. November 2002 stellte das Bundespensionsamt fest, dass dem Beschwerdeführer vom 1. Dezember 2002 an gemäß den §§ 3 bis 7, 9, 62j Abs. 1 und 62b des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340 (PG 1965), ein Ruhegenuss von monatlich brutto EUR 1.998,10 gebühre. Der Bemessung des Ruhegenusses wurden das Gehalt der Verwendungsgruppe L1, Gehaltsstufe 14 (seit 1. Juli 2001) in Höhe von EUR 3.222,70, eine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit von 37 Jahren und 13 Tagen und eine Ruhegenussbemessungsgrundlage im Ausmaß von 62,00 % zu Grunde gelegt.
Gegen diesen Bescheid berief der Beschwerdeführer und begründete dies im Wesentlichen damit, dass er durch den Schuldienst an schwerem "burn-out" erkrankt sei; daraus ließen sich wiederum seine somatischen Gesundheitsprobleme ableiten (laut psychiatrischer Abteilung der Klinik E). Er sei durch massives Mobbing in den vorzeitigen Ruhestand gedrängt worden. Er sehe dies als Dienstunfall an und verlange eine 100 %ige Erstattung seines Letztbezuges.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27. Mai 2003 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens wurde begründend ausgeführt, die Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers sei mit Ablauf des 30. November 2002 wirksam geworden und dieser sei mit diesem Zeitpunkt aus dem Dienststand ausgeschieden. Damit sei sein Ruhegenuss erstmals mit dem auf diesen Tag, den 30. November 2002, folgenden Monatsersten fällig. Es habe daher die Höhe des zum 1. Dezember 2002 gebührenden Ruhegenusses errechnet werden müssen, wobei die zu diesem Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Bestimmungen maßgebend seien. Dem angefochtenen Bescheid seien zu Recht die Bestimmungen des PG 1965 in der Fassung zu Grunde gelegt worden, die im Zeitpunkt 1. Dezember 2002 gegolten hätten. Diese umfassten auch jene gesetzlichen Bestimmungen des PG 1965, welche durch die Dienstrechts-Novelle 2001, BGBl. I Nr. 87, geändert worden seien.
Nach Wiedergabe des § 4 PG 1965 in dieser Fassung zitierte die belangte Behörde § 62k Z. 1 leg. cit., wonach § 4 Abs. 4 in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2001 von Amts wegen auf Ruhebezüge anzuwenden sei, die erstmals ab 1. Jänner 2002 gebührten. Gemäß § 62j Abs. 1 PG 1965 betrage der Kürzungsprozentsatz abweichend vom § 4 Abs. 3 für Ruhegenüsse, die erstmals im Jahr 2002 gebührten, 0,2 Prozentpunkte.
Der Beschwerdeführer sei am 16. September 1954 geboren und hätte daher gemäß § 15 Abs. 1 BDG 1979 frühestens mit Ablauf des Monats, in dem er sein 738. Lebensmonat vollenden werde, das sei der 31. März 2016, durch schriftliche Erklärung, aus dem Dienststand ausscheiden zu wollen, seine Versetzung in den Ruhestand bewirken können. Zwischen diesem Zeitpunkt und dem Zeitpunkt seiner Ruhestandsversetzung lägen 160 Monate. Der Kürzungsprozentsatz betrage nach § 62j Abs. 1 PG 1965 0,2 Prozentpunkte. Demnach sei seine Ruhegenussbemessungsgrundlage von 80 % um 32 % zu kürzen; sie dürfe jedoch gemäß § 4 Abs. 5 PG 1965 62 % (Mindestausmaß) des ruhegenussfähigen Monatsbezuges nicht unterschreiten.
Wenn der Beschwerdeführer in seiner Berufung ausführe, es sei kein Bedacht auf ein eventuelles Vorliegen eines Dienstunfalles (bzw. einer Berufskrankheit) genommen worden, so übersehe er, dass seinerseits kein entsprechender Antrag beim zuständigen Versicherungsträger, der BVA, erstattet worden sei. Mit Schreiben vom 28. Jänner 2003, dem Beschwerdeführer am 14. März 2003 nachweislich zugestellt, sei dieser aufgefordert worden, sich zur Entscheidung dieser im gegenständlichen Berufungsverfahren als Vorfrage anzusehenden Frage, ob allenfalls ein Dienstunfall vorliege, an die hiefür zuständige Versicherungsanstalt (BVA) zu wenden. Da bis dato keine Rückmeldung erfolgt sei, laut Auskunft der BVA auch kein diesbezüglicher Antrag vorliege, werde zusammenfassend festgestellt, dass die Ruhestandsversetzung ursächlich nicht auf einen Dienstunfall (oder eine Berufskrankheit) zurückzuführen sei und dem Beschwerdeführer auf Grund eines Dienstunfalles auch keine Versehrtenrente gebühre.
Somit seien die Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 PG 1965, unter denen eine Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage zu unterbleiben habe, im Fall des Beschwerdeführers nicht gegeben. Das Bundespensionsamt habe daher völlig korrekt, unter Anwendung der Kürzungsbestimmungen, den Ruhegenuss des Beschwerdeführers bemessen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Der Beschwerdeführer macht als Beschwerdegrund geltend, dass er zwar mit Schreiben vom 28. Jänner 2003 aufgefordert worden sei, sich zur Klärung der Frage des Vorliegens eines Dienstunfalles an die BVA zu wenden, ihm hiefür jedoch keine Frist gesetzt und er auch nicht zu einer Rückmeldung aufgefordert worden sei. Ein Antrag bei der BVA im Zeitpunkt der Beantragung der Pension sei gemäß § 4 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 offensichtlich nicht erforderlich. Die Bestimmung des Pensionsgesetzes sehe zwar vor, dass eine Versehrtenrente nach dem B-KUVG zugesprochen sein müsse; allerdings ergebe sich aus dem nachfolgenden Satz, dass diese Zuerkennung auch rückwirkend erfolgen könne. Aus diesem Grunde habe sich auch die belangte Behörde mit Schreiben vom 28. Jänner 2003 an ihn gewandt. Von den weiteren Erhebungen sei er jedoch nicht verständigt worden. Vor allem sei ihm nicht zur Kenntnis gebracht worden, dass laut Auskunft der BVA kein diesbezüglicher Antrag vorliege. Die daraus abgeleitete Feststellung, dass seine Ruhestandsversetzung ursächlich nicht auf einen Dienstunfall oder eine Berufskrankheit zurückzuführen sei und ihm auf Grund eines Dienstunfalls auch keine Versehrtenrente gebühre, sei unter Verletzung des Parteiengehörs erfolgt. Die Feststellung sei lediglich darauf zurückzuführen, dass ihn die Behörde nicht über den Inhalt ihrer Anfrage bei der BVA in Kenntnis gesetzt und er keine Gelegenheit gehabt habe, dazu Stellung zu nehmen und den Sachverhalt aufzuklären. Infolge der überraschenden bescheidmäßigen Erledigung sei ihm die Möglichkeit abgeschnitten worden, durch ein Gutachten, das er zu dieser Frage erwarte, seine gesundheitliche Beeinträchtigung im Sinne seines Vorbringens unter Beweis zu stellen. Aus diesem Grunde sei die Prüfung der Frage unterblieben, ob er auf Grund gesundheitlicher Beschwerden, die dem § 4 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 unterfielen, in den Ruhestand versetzt worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Strittig ist im vorliegenden Fall die Frage, ob eine Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage nach § 4 Abs. 3 PG 1965 stattzufinden hatte oder nicht. § 4 Abs. 4 PG 1965 regelt die Fälle, in denen die in Abs. 3 vorgesehene Kürzung nicht stattfindet.
§ 4 Abs. 4 Z. 2 PG 1965, in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2001, BGBl. I Nr. 87, lautet:
"(4) Eine Kürzung nach Abs. 3 findet nicht statt, wenn
1.
...
2.
die Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit überwiegend auf einen Dienstunfall oder mehrere Dienstunfälle (§§ 90 und 91 des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes, (B-KUVG), BGBl. Nr. 200/1967) oder eine Berufskrankheit zurückzuführen ist und dem Beamten auf Grund dieses Dienstunfalles oder dieser Dienstunfälle oder dieser Berufskrankheit vom zuständigen Unfallversicherungsträger rechtskräftig eine Versehrtenrente oder die Anhebung einer bereits bestehenden Versehrtenrente nach dem B-KUVG zugesprochen wurde. Der rechtskräftig festgestellte Anspruch auf Versehrtenrente muss - allenfalls auch auf Grund rückwirkender Zuerkennung - zum Zeitpunkt des Anfalls des Ruhebezuges bestehen. Fällt der Anspruch auf Versehrtenrente (Anhebung der Versehrtenrente) spätestens mit Wirkung vom Zeitpunkt des Anfalls des Ruhebezuges rückwirkend weg, so ist die Kürzung nach Abs. 3 rückwirkend vorzunehmen und die sich daraus unter Bedachtnahme auf § 40 ergebende Bundesforderung gegen künftige wiederkehrende Leistungen aufzurechnen. Gebührt dem Beamten deswegen keine (erhöhte) Versehrtenrente auf Grund des die Dienstunfähigkeit verursachenden Dienstunfalls (Dienstunfälle) oder der die Dienstunfähigkeit verursachenden Berufskrankheit, weil er bereits Anspruch auf Vollrente hat, so findet dennoch keine Kürzung nach Abs. 3 statt, wenn die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter der Pensionsbehörde bescheinigt, dass dieser Dienstunfall (Dienstunfälle) oder diese Berufskrankheit für sich allein eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von mindestens 10 % bewirkt hat."
Entscheidend für die Begünstigung durch diese Ausnahme von der Kürzungsregel des § 4 Abs. 3 PG 1965 ist das Vorliegen eines rechtskräftigen Zuspruches einer Versehrtenrente oder die Anhebung einer bereits bestehenden Versehrtenrente nach dem B-KUVG seitens des zuständigen Unfallversicherungsträgers, der BVA. Die Vollziehung dieser Begünstigungsregel wird an die rechtskräftige Feststellung eines Anspruches auf Versehrtenrente gebunden, die allenfalls auch rückwirkend erfolgen kann. Damit sollen sich aufwändige Ermittlungen der Pensionsbehörden dahingehend erübrigen, ob eine Versehrtenrente auf Grund eines Dienstunfalles fiktiv gebührt oder nicht (vgl. die Erläuterungen zu § 4 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 in der Fassung der Dienstrechts-Novelle BGBl. I Nr. 2001/87, GP XXI, RV 636, S.83).
Die belangte Behörde hat zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes nun zum einen den Beschwerdeführer aufgefordert, entsprechende Unterlagen vorzulegen oder entsprechende Maßnahmen (Antragstellung auf Zuerkennung einer Rente) zu setzen und zum anderen beim zuständigen Unfallversicherungsträger Recherchen über das Vorliegen eines rechtskräftigen Zuspruches einer Versehrtenrente angestellt. Das Ergebnis dieser amtswegigen Ermittlungen, nämlich dass weder rechtskräftig eine Versehrtenrente zugesprochen wurde noch ein entsprechender Antrag an den zuständigen Unfallversicherungsträger gerichtet wurde, wird vom Beschwerdeführer auch nicht in Zweifel gezogen. Schon deswegen kann der belangten Behörde kein relevanter Verfahrensfehler vorgeworfen werden.
Der Beschwerdeführer verabsäumt es zudem, darzutun, zu welch anderem Ergebnis die belangte Behörde gekommen wäre, wären ihr die behaupteten Verfahrensmängel nicht unterlaufen. Mit dem alleinigen Hinweis in der Beschwerde, er hätte "ein Gutachten, das er zu dieser Frage erwarte, vorgelegt," vermag der Beschwerdeführer keine Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes aufzuzeigen. Um die Kürzungsbestimmung des § 4 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 ansprechen zu können, genügte die Vorlage eines solchen Gutachtens nicht; dass dem Beschwerdeführer gegenüber rechtskräftig der Zuspruch einer Versehrtenrente durch die BVA erfolgt wäre - nur darauf kommt es an - behauptet er aber nicht einmal in der Beschwerde.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 19. September 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003120115.X00Im RIS seit
22.10.2003