TE Vfgh Beschluss 2000/6/19 B887/99

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Veröffentlicht am 19.06.2000
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Index

10 Verfassungsrecht
10/11 Vereins- und Versammlungsrecht

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
VereinsG 1951 §12 Abs3

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde gegen die Aufhebung eines - den Antrag auf Ausstellung einer Bestätigung über die Vertretungsbefugnis eines Vereins nach außen zurückweisenden - Bescheides mangels Eingriff in die Rechtssphäre des beschwerdeführenden Vereins bzw eines seiner Organe; Entscheidung von Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis als Hauptfrage den ordentlichen Gerichten vorbehalten

Spruch

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

Der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, wird abgewiesen.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die Bundespolizeidirektion Leoben wies mit Bescheid vom 4. Mai 1998 den Antrag des - im verfassungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten - A E auf Ausstellung einer Bestätigung gemäß §12 Abs3 VereinsG zurück. Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte ihm die Bundespolizeidirektion Leoben mit, daß "die am 14.04.1998 ausgestellte Bestätigung gem. §12 Abs3 Vereinsgesetz betreffend den Verein 'Landestierschutzverein für Steiermark, Ortsgruppe Leoben' ungültig" sei; diese Bestätigung hatte ihn als nach außen vertretungsbefugten Obmann des Vereines "Landestierschutzverein für die Steiermark, Ortsgruppe Leoben" bezeichnet.

Gegen den zurückweisenden Bescheid der Bundespolizeidirektion Leoben erhob A E Berufung, welcher die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark mit Bescheid vom 16. März 1999, Zl. VR Le 67/1969, mit der Maßgabe Folge gab, daß der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben wurde.

2. Gegen diesen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde der S K sowie des Landestierschutzvereines für die Steiermark, Ortsgruppe Leoben, "vertreten durch die Obfrau S K", mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, gegebenenfalls aber die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird. Die Beschwerde versucht insbesondere darzulegen, daß bei richtiger, statutenmäßiger Bewertung aller Wahlvorgänge nicht A E, sondern (nach wie vor) S K dem Verein vorstehe.

3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch Abstand genommen und den Antrag auf Zuspruch des "Vorlageaufwandes" für den Fall der Abweisung der Beschwerde gestellt.

4. Die mitbeteiligte Partei hat eine Äußerung vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Die Beschwerde ist nicht zulässig.

1. §12 VereinsG 1951, BGBl. 1951/233, zuletzt in der Fassung BGBl. 1993/257, lautet folgendermaßen:

"§12. (1) Das Leitungsorgan eines Vereines hat die Mitglieder dieses Organes unter Angabe ihrer statutengemäßen Funktion, ihres Namens und ihrer Wohnanschrift binnen vier Wochen nach ihrer Bestellung der in §28 Abs1 bezeichneten Behörde anzuzeigen. Dieser Behörde ist innerhalb der gleichen Frist nach der Konstituierung des Vereines oder jeweils nach einer Verlegung des Vereinssitzes auch die Anschrift des Vereines mitzuteilen.

(2) Auf Verlangen hat die in Abs1 angeführte Behörde jedermann Auskunft über die Anschrift eines Vereines und über dessen nach außen vertretungsbefugte Mitglieder zu erteilen.

(3) Ebenso hat die in Abs1 bezeichnete Behörde auf Antrag des Vereines oder auch sonst von Personen oder Institutionen, die ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen, eine Bestätigung darüber auszustellen, wer nach den ihr vorliegenden Vereinsstatuten sowie nach einer der Behörde auf Grund der Vorschrift des Abs1 erstatteten Anzeige zur Vertretung nach außen befugt ist. Gegen eine bescheidmäßige Erledigung ist die Berufung an die Sicherheitsdirektion zulässig, die endgültig entscheidet."

2. Die zuständige Vereinsbehörde ist demnach gemäß §12 Abs3 VereinsG berufen, auf Antrag u.a. von Personen, die ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen, eine Bestätigung darüber auszustellen, wer "zur Vertretung nach außen befugt ist". Diese "Bestätigung" erfolgt von Gesetzes wegen "nach den (der Behörde) vorliegenden Vereinsstatuten sowie nach einer der Behörde aufgrund des Vorschrift des Abs1 erstatteten Anzeige". §12 Abs3 VereinsG trägt damit der zuständigen Vereinsbehörde keineswegs auf, die rechtmäßigen Vertretungsverhältnisse mit verbindlicher Wirkung festzustellen, zumal auch die nach §12 Abs1 VereinsG erstatteten Anzeigen keine konstitutive Wirkung haben (s. VwGH 13.11.1992, Zl. 91/17/0047, 21.3.1995, Zl. 94/04/0265, Fessler-Keller, Österreichisches Vereinsrecht, 7. Auflage, Wien 1990, 90). Die Vereinsbehörde ist daher nach §12 Abs3 VereinsG auch nicht gehalten, in der Frage der Vertretungsverhältnisse des Vereins über die Vereinsstatuten und die Anzeige nach §12 Abs1 VereinsG hinausgehende Ermittlungen anzustellen. Insbesondere schafft §12 Abs3 VereinsG keine Zuständigkeit für die Vereinsbehörde, über Wahlvorgänge und daraus resultierende vereinsinterne Meinungsverschiedenheiten zu entscheiden. Die Entscheidung von Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis ist als Hauptfrage den ordentlichen Gerichten (§1 JN) vorbehalten (vgl. zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte in diesen Belangen etwa EvBl 1975/266, SZ 69/289, OGH 17.10.1995, 1 Ob 45/94 = RZ 1996/52, Fessler-Keller, aaO 82).

3. Die Aufhebung eines den Antrag auf Ausstellung einer Bestätigung nach §12 Abs3 VereinsG zurückweisenden Bescheides, berührt daher in dieser Hinsicht die Rechtssphäre des betroffenen Vereines und seiner Organe ebensowenig wie ein Administrativverfahren nach §12 Abs3 VereinsG zur Klärung der Frage, ob ein Antragsteller einen Anspruch auf Ausstellung einer solchen Bestätigung (welchen Inhaltes auch immer) hat.

4. Da die Beschwerdeführer sohin weder durch den Spruch des angefochtenen Bescheides, der allein verbindlich ist, in ihrer Rechtssphäre berührt noch formell Adressaten des angefochtenen Bescheides sind, war ihre Beschwerde mangels Legitimation zurückzuweisen.

5. Der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, war schon deswegen abzuweisen, weil eine solche Abtretung dem Art144 Abs3 B-VG zufolge nur im - hier nicht gegebenen - Fall einer abweislichen Sachentscheidung oder einer Ablehnung der Beschwerdebehandlung in Betracht kommt (s. im übrigen zur eingeschränkten, einer Beschwerdeabtretung ebenfalls entgegenstehenden Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes in Vereinssachen etwa VfSlg. 9879/1983, 11.735/1988).

III. 1. Der Kostenspruch stützt sich auf §88 VerfGG 1953. Der mitbeteiligten Partei war der Ersatz der Kosten des Verfahrens nicht zuzusprechen, weil sie angesichts der Zurückweisung der Beschwerde zur Rechtsfindung keinen Beitrag leisten konnte (s. etwa VfSlg. 12.553/1990, VfGH 7.6.1999, B2009/97).

2. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Vereinsrecht, VfGH / Legitimation, Gericht Zuständigkeit - Abgrenzung von Verwaltung, Zuständigkeit der Gerichte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:B887.1999

Dokumentnummer

JFT_09999381_99B00887_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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