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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §936;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Heinzl, Dr. Fuchs und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Ginthör, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. Karl Zach, Rechtsanwalt in 1230 Wien, Haeckelstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) vom 28. September 1998, Zl. 15-93/1267/14, betreffend Einkommensteuer 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer reichte für das Jahr 1990 eine Einkommensteuererklärung ein, in welcher er (ausschließlich) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft aus dem Betrieb einer Gärtnerei erklärte.
Mit Vorhalt vom 31. Juli 1992 wies das Finanzamt darauf hin, dass ein am 29. Dezember 1980 durch Leibrentenvertrag erworbenes Grundstück am 21. Juni 1990 innerhalb der Spekulationsfrist um einen näher angeführten Preis veräußert worden sei. Um Bekanntgabe eines eventuellen Spekulationsgewinnes werde gebeten.
Eine Beantwortung des Vorhaltes ist nicht aktenkundig.
Anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde - neben dem Hinweis, dass (nur) ein Teil des mit dem erwähnten Leibrentenvertrag erworbenen Grundstückes verkauft worden sei - ein Spekulationsgewinn in Höhe von S 818.000,-- ermittelt.
Anlässlich der Veranlagung des Beschwerdeführers zur Einkommensteuer 1990 wurde neben Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft ein Spekulationsgewinn in dieser Höhe in Ansatz gebracht.
In einer gegen den Einkommensteuerbescheid für 1990 erhobenen Berufung wurde ausgeführt, dass bereits im Jahr 1965 ein Leibrentenvertrag zwischen dem Beschwerdeführer und den damaligen Grundstückseigentümern "errichtet" worden sei. Der Vertrag sei jedoch "nicht zum Abschluss" gekommen. Vielmehr sei das Grundstück im Wege der Pacht überlassen worden. Im Jahr 1973 (zum Zeitpunkt der ersten Ölkrise) sei zum zweiten Mal ein Leibrentenvertrag im Gespräch gewesen, ein Abschluss jedoch aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich gewesen. "Ende der 70er Jahre" hätte eine umfangreiche Investition (zwei Glashäuser) getätigt werden müssen. Um die beiden Glashäuser nicht auf fremdem Grund und Boden errichten zu müssen, habe der Beschwerdeführer vorerst die mündliche Zusicherung der mittlerweile alleinigen Grundeigentümerin eingeholt, spätestens unmittelbar nach Errichtung der Glashäuser "den" Leibrentenvertrag endgültig abzuschließen. Da der Beschwerdeführer und die Grundstückseigentümerin im besten Einvernehmen gestanden seien, habe diese auf sein Begehren geantwortet, "es gehöre sowieso schon alles ihm". In der Folge habe die zweite Ölkrise den Gartenbaubetrieb des Beschwerdeführers erschüttert, welcher insbesondere die enormen Heizkosten für die neu errichteten Glashäuser kaum hätte tragen können. Die angespannte wirtschaftliche Lage habe die Aufnahme von Krediten notwendig gemacht, deren monatliche Rückzahlung erneut eine zusätzliche laufende Belastung durch die Leibrente nicht erlaubt hätte. Schließlich habe die Grundstückseigentümerin selbst auf Abschluss eines Leibrentenvertrages gedrängt, welcher am 29. Dezember 1990 tatsächlich stattgefunden habe. Die Schriftlichkeit des Leibrentenvertrages sei lediglich der formelle Abschluss eines bereits vor Errichtung der Glashäuser mündlich abgeschlossenen Vorvertrages gewesen, welcher die künftige Errichtung des Leibrentenvertrages zwischen den Vertragsparteien zum Gegenstand gehabt habe. Die Wirksamkeit des Leibrentenvertrages vom 29. Dezember 1980 gehe somit ex tunc auf den Zeitpunkt des mündlichen Abschlusses "des Vorvertrages vor 1980" zurück. Auf Grund der dargestellten tatsächlichen Verhältnisse sei daher das wirtschaftliche Eigentum an dem Grundstück bereits "vor dem Jahr 1980" dem Beschwerdeführer zuzurechnen. Damit sei die Spekulationsfrist von zehn Jahren überschritten und die Grundstücksveräußerung mit Kaufvertrag vom 21. Juni 1990 als steuerfrei zu behandeln.
In einer Berufungsergänzung wurde darauf hingewiesen, dass bereits der Abschluss eines Vorvertrages den Lauf der Spekulationsfrist auslöse. Gemäß § 936 ABGB sei ein Vorvertrag "die Verabredung, künftig erst einen Vertrag schließen zu wollen". Eine solche Verabredung sei zwischen den Parteien "vor dem Jahr 1980" getroffen worden. Lediglich die "Mündlichkeit dieser aus der damaligen Sicht fixen Verabredung" führe heute zu der Schwierigkeit, den tatsächlichen Sachverhalt glaubhaft darzulegen. Als zusätzlicher Beweis für die in der Berufung dargelegten Behauptungen werde als Zeuge Karl D. genannt, welcher als Anrainer und Berufskollege in die jahrelangen nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen den Vertragspartnern eng involviert gewesen sei. Karl D. sei dadurch oftmals Zeuge von Gesprächen zwischen dem Beschwerdeführer und der Grundstückseigentümerin über die zukünftige Errichtung eines Leibrentenvertrages gewesen. In der Folge befragte das Finanzamt Karl D., ob ihm bekannt sei, dass zwischen dem Beschwerdeführer und der Grundstückseigentümerin bereits vor dem 29. Dezember 1980 ein mündlicher Vorvertrag über den später erfolgten Liegenschaftskauf abgeschlossen worden sei, wann ein solcher Vorvertrag abgeschlossen worden sei, was in diesem Vorvertrag vereinbart worden sei und welcher Zeitpunkt für den Abschluss des Kaufvertrages vereinbart worden sei. Karl D. beantwortete diese Fragen damit, dass er sich erinnere, dass zwischen dem Beschwerdeführer und der Grundstückseigentümerin "bereits zu einem früheren Zeitpunkt" Absprachen über einen Leibrentenvertrag stattgefunden hätten. Diesbezügliche mündliche Vereinbarungen dürften etwa im Jahr 1977 getroffen worden seien. Vereinbart worden sei die Höhe der Leibrente und ein baldiger Vertragsabschluss. Notariell sollten die getroffenen Vereinbarungen "sobald wie möglich festgelegt werden, jedenfalls noch vor dem" vom Beschwerdeführer beabsichtigten Glashaus-Neubau. Gesundheitliche Probleme der Grundstückseigentümerin hätten einen schriftlichen Vertragsabschluss immer wieder verzögert.
Über weiteren Vorhalt gab der Beschwerdeführer bekannt, dass er und die Grundstückseigentümerin im Jahr 1977 ca. eine Woche vor Weihnachten sich dahin einig geworden seien, dass sie den Leibrentenvertrag "sobald wie möglich machen wollten"; spätestens vor dem Bau des Glashauses. Als Leibrente sei ein Betrag von S 6.000,-- bis S 7.000,-- (zu ergänzen wohl monatlich) ausgemacht worden. Im Sommer 1978 sei das erste "Hortex"-Haus gebaut worden. Durch Urlaube der Grundstückseigentümerin, Krankheiten und sehr viel Arbeit habe sich der Zeitpunkt des Notarbesuches immer weiter verschoben. Im Sommer 1979 sei das zweite Glashaus gebaut worden. Bei einem Besuch "im Frühjahr" habe die Grundstückseigentümerin gedrängt "Gehen wir endlich zum Notar, ich werde nicht jünger". Bei dieser Gelegenheit habe der Beschwerdeführer gemeint, dass S 7.000,-- sehr viel seien, worauf die Grundstückseigentümerin gemeint habe, dass sie das einsehe, da ja die Raten für das neue Haus gezahlt werden müssten, und es sei eine Einigung auf S 6.000,-
- zu Stande gekommen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Geschehens im Verwaltungsverfahren wies die belangte Behörde darauf hin, dass die monatliche Rente laut dem am 30. Dezember 1980 abgeschlossenen Leibrentenvertrag S 5.000,-- betragen habe, obwohl ursprünglich von einer Rente von S 6.000,-- bis S 7.000,-- gesprochen worden sei und man sich laut den Angaben des Beschwerdeführers in den "Vorgesprächen schließlich" auf S 6.000,-- geeinigt habe. Unstrittig sei, dass ein vor dem Jahr 1980 datierter schriftlicher Vorvertrag zum Leibrentenvertrag vom 29. Dezember 1980 nicht existiere, und dass eine vorherige Pacht nicht das Eigentum für den Pächter begründen könne. Bezug nehmend auf den in der Berufung behaupteten mündlichen Vorvertrag sei eine Verabredung, künftig einen Vertrag schließen zu wollen, nur dann verbindlich, wenn sowohl der Zeitpunkt des Abschlusses als auch "die wesentlichen Stücke des Vertrages bestimmt" und die Umstände inzwischen nicht dergestalt verändert worden seien, dass dadurch der ausdrücklich bestimmte, aus den Umständen hervorleuchtende Zweck vereitelt oder das Zutrauen des einen oder anderen Teiles verloren werde. Ungenügend sei die Abrede, einen Vertrag ehebaldigst auszuarbeiten, desgleichen "sobald man im Frühjahr zu bauen beginnen werde". Überhaupt müsse auf die Vollziehung solcher Zusagen längstens in einem Jahr nach dem bedungenen Zeitpunkt gedrungen werden, widrigenfalls das Recht erloschen sei. Die belangte Behörde sei daher zur Ansicht gelangt, dass die Gespräche zwischen dem Beschwerdeführer und der Grundstückseigentümerin nicht die vom Gesetzgeber verlangten Anforderungen an Vorverträge erfüllten, sondern es sich vielmehr um Vorgespräche gehandelt habe, die nie bindend gewesen seien. Somit sei vor Abschluss des Leibrentenvertrages kein Sachverhalt geschaffen worden, der den wirtschaftlichen Vorteil eines Verkaufsgeschäftes für beide Teile vorweggenommen habe. Der Lauf der Spekulationsfrist habe daher erst mit Abschluss des formellen Leibrentenvertrages am 29. Dezember 1980 begonnen, weshalb die Veräußerung des berufungsgegenständlichen Grundstückes innerhalb der Spekulationsfrist stattgefunden habe und daher ein Spekulationsgewinn zu versteuern sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
In der Beschwerde wird u.a. ausgeführt, der Beschwerdeführer bekämpfe "selbstverständlich nicht" die Beweiswürdigung. Es sei jedoch auszuführen, dass die belangte Behörde ihren Bescheid mit "zwei einander ausschließenden Alternativen unter unrichtiger Lösung der zivilrechtlichen Vorfrage" begründe. So werde widersprüchlich ausgeführt, es sei ein Vorvertrag geschlossen worden, der von einer Leibrente von monatlich S 6.000,-- bis S 7.000,-- ausgehe, während im schriftlichen Vertrag eine Leibrente von S 5.000,-- erwähnt sei. Wegen der Notwendigkeit der Investition in "ein" Glashaus sei bereits ein mündlicher Vertrag abgeschlossen worden, der aber nicht verbindlich gewesen wäre, weil sowohl der Zeitpunkt des Abschlusses als auch die wesentlichen Stücke des Vertrages unbestimmt geblieben seien. Es hätte auf die Vollendung der Zusage binnen Jahresfrist gedrungen werden müssen, ansonsten wäre das Recht erloschen. Der Vertrag erfülle nicht die Erfordernisse eines Vorvertrages und es hätte am Bindungswillen gefehlt.
Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer den Inhalt des angefochtenen Bescheides: Diesem ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass die belangte Behörde der in der Berufung aufgestellten Behauptung des Beschwerdeführers, es sei hinsichtlich des in Rede stehenden Grundstückes ein ihn und die Grundstückseigentümerin bindender mündlicher Vorvertrag bereits vor dem Jahr 1980 abgeschlossen worden, nicht gefolgt ist, weil die Gespräche zwischen dem Beschwerdeführer und der Grundstückseigentümerin einerseits vor dem Hintergrund der wechselnden Preisvorstellungen und andererseits im Hinblick auf die bis zum Abschluss der schriftlichen Vereinbarung verstrichene Zeit nicht die vom Gesetzgeber verlangten Anforderungen an Vorverträge erfüllt hätten, es sich vielmehr um nicht bindende Vorgespräche gehandelt habe. Es ist daher weder eine Begründung mit "zwei einander ausschließenden Alternativen" noch eine widersprüchliche Argumentation zu erkennen. Der Beschwerdeführer zeigt aber auch nicht konkret auf, dass die "vor 1980" unbestritten geführten Vorgespräche den Charakter von Vorverträgen im Sinne des § 936 ABGB erreicht hätten. Verfehlt ist die Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe den Termin der Errichtung "des Glashauses" nicht festgestellt, weshalb sie zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass die (im § 936 ABGB genannte) Jahresfrist abgelaufen sei: Im Verwaltungsverfahren hat der Beschwerdeführer unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die beiden Glashäuser jeweils im Sommer der Jahre 1978 und 1979 gebaut wurden. Diese Zeitpunkte wurden von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen. Vor dem Berufungsvorbringen, es sei vereinbart worden, den Leibrentenvertrag "spätestens unmittelbar" nach Errichtung der Glashäuser "endgültig abzuschließen", durfte die belangte Behörde davon ausgehen, dass ein allenfalls durch einen insofern abgeschlossenen "Vorvertrag" entstandenes Recht spätestens im Herbst 1980, somit vor Abschluss des schriftlichen Kaufvertrages, gemäß § 936 ABGB erloschen ist. Soweit der Beschwerdeführer meint, es sei ohnehin schon früher der "Hauptvertrag" (gemeint wohl: mündlich) abgeschlossen worden, ist - abgesehen davon, dass dies erstmals in der Beschwerde behauptet wird und daher wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes unbeachtet bleiben muss - darauf hinzuweisen, dass nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren in den entsprechenden Gesprächen von monatlichen Leibrenten in Höhe von S 6.000,-- bis S 7.000,-- die Rede war, während in dem im Dezember 1980 schriftlich abgeschlossenen Vertrag die Leibrente mit S 5.000,-- vereinbart wurde. Allein durch die unterschiedlichen Vorstellungen insbesondere hinsichtlich der Höhe der monatlichen Leibrente wird deutlich, dass die Vorgespräche jeweils nur die - wenn auch feste -
Absicht zum Abschluss eines Kaufvertrages unter Vereinbarung einer Leibrente zum Inhalt hatten, die Höhe der monatlichen Zahlungen nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren aber in keiner Weise feststand, von einem "früheren" mündlichen Kaufvertrag daher mangels Einigung über den Preis keine Rede sein kann.
Das Beschwerdevorbringen ist daher insgesamt nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit der behördlichen Sachverhaltsannahme, dass vor Abschluss des Kaufvertrages im Dezember 1980 kein Sachverhalt geschaffen wurde, der den wirtschaftlichen Vorteil eines Verkaufsgeschäftes hinsichtlich der in Rede stehenden Liegenschaft für beide Teile vorwegnahm, oder der daraus in Verbindung mit dem unbestrittenen Verkauf eines Teiles der Liegenschaft im Juni 1990 abgeleiteten rechtlichen Beurteilung eines verwirklichten Spekulationsgewinnes aufzuzeigen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 24. September 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:1998130224.X00Im RIS seit
17.10.2003