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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §240 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Heinzl, Dr. Fuchs und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Ginthör, über die Beschwerde des M in C, Frankreich, vertreten durch DDr. Rene Laurer, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Gußhausstraße 2/5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 1. Februar 1996, Zl GA 8-1591/96, betreffend Abweisung eines Antrages auf Rückerstattung von zu Unrecht einbehaltener Lohnsteuer ab 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In einer an das Finanzamt für den 1. Wiener Gemeindebezirk gerichteten Eingabe wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass ab 1. Jänner 1994 auch jene Österreicher, die ihren ständigen Wohnsitz im Ausland hätten, der vollen Steuerprogression unterworfen würden, während bis dahin auf sie ein fixer Steuersatz von 20 % zur Anwendung gekommen sei. Diese Einbeziehung in die volle Progression sei völlig überraschend ohne jede Vorankündigung gekommen. Der Beschwerdeführer halte diese überfallsartige Änderung der Besteuerung für verfassungswidrig und beantrage daher, durch Bescheid festzustellen:
1. dass er auch nach dem 1. Jänner 1994 mit einem fixen Steuersatz von 20 % zu besteuern sei und
2. dass ihm die durch die Einbeziehung in die volle Progression zu Unrecht einbehaltenen Beträge rückzuerstatten seien.
Das Finanzamt wertete die Eingabe als Antrag gemäß § 240 Abs 3 BAO, für welche das Finanzamt der Betriebsstätte der pensionsauszahlenden Stelle zuständig sei und leitete die Eingabe an das Finanzamt für Körperschaften weiter.
Mit Bescheid des Finanzamtes für Körperschaften wurde das Ansuchen um "Rückerstattung von zu Unrecht entrichteter Lohnsteuer für das Jahr 1994" unter Hinweis auf Art 19 Abs 1 lit a des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und Frankreich sowie die gesetzliche Verankerung der Tarifversteuerung an Stelle der Pauschalversteuerung durch das Steuerreformgesetz 1993 abgewiesen.
In der dagegen erhobenen Berufung betonte der Beschwerdeführer abermals seine Ansicht, die durch das Steuerreformgesetz 1993 eingeführte Tarifversteuerung für im Ausland lebende Österreicher sei verfassungswidrig, und beantragte, den erstinstanzlichen Bescheid im Sinne seiner in der Eingabe vom 2. September 1995 gestellten Anträge abzuändern.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass gegenständlich ein Anwendungsfall des § 240 BAO schon deshalb nicht vorliege, weil von der pensionsauszahlenden Stelle die ab dem 1. Jänner 1994 zwingend anzuwendende Bestimmung des § 70 Abs 2 Z 1 EStG 1988 Berücksichtigung gefunden habe, und demnach die Berufungsbehauptung nicht zutreffe, dass Lohnsteuer zu Unrecht einbehalten worden sei. Ob die genannte Gesetzesbestimmung möglicherweise verfassungsrechtliche Normen verletze, sei nicht von der Finanzbehörde zu beurteilen.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom 29. September 1998, B 1037/96, ablehnte und sie mit Beschluss vom 15. Jänner 1999 über nachträglichen Antrag gemäß Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die in der Folge ergänzte Beschwerde erwogen:
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Einkommenbesteuerung (Lohnbesteuerung) seiner Ruhebezüge "lediglich bei Vorliegen eines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthalt bzw dessen Fiktion gemäß § 26 Abs 3 BAO" bzw in seinem Recht auf Berücksichtigung von Beiträgen zur Lebensversicherung und der "Wohnraum(Eigenheim)errichtungskreditrückzahlung bzw - zinszahlung als Abzugsposten von der Summe der Einkünfte (§ 18 Abs 1 Z 2 EStG)" verletzt. Der Beschwerdeführer begründet dies im Wesentlichen mit seiner näher ausgeführten Ansicht, dass seine Ruhebezüge nicht als Einkünfte im Sinne des § 98 Z 4 EStG 1988 angesehen werden könnten und - für den Fall der Richtigkeit der Beurteilung seiner Ruhebezüge als sonstige Einkünfte - dass das Unterbleiben der Berücksichtigung geltend gemachter Sonderausgaben dem für das Jahr 1994 anzuwendenden EWR-Vertrag und dem ab dem Jahr 1995 anzuwendenden EU-Vertrag widerspreche.
Nun kann jedoch schon aus folgenden Gründen eine Erörterung der Frage, ob die Ruhebezüge des Beschwerdeführers als Einkünfte im Sinne des § 98 Z 4 EStG 1988 zu beurteilen sind und allenfalls das Unterbleiben der Berücksichtigung von Sonderausgaben den genannten Verträgen widerspräche, unterbleiben: Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist die Abweisung eines Antrages auf Rückerstattung von zu Unrecht einbehaltener Lohnsteuer "ab 1994". Einen solchen Antrag kann der Abgabepflichtige nach § 240 Abs 3 BAO in der für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung (vor ihrer Änderung durch BGBl I Nr 142/2000) stellen, soweit nicht eine Rückzahlung oder ein Ausgleich gemäß Abs 1 im Wege des Jahresausgleiches oder im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat oder bereits erfolgt ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 4. Juni 2003, 2002/13/0241, ausgeführt hat, ergibt sich aus dem klaren Wortlaut des § 240 Abs 3 BAO, dass Abgaben, die für Rechnung eines Abgabepflichtigen einzubehalten und abzuführen sind, insoweit nicht auf Grund eines auf diese Gesetzesbestimmung gestützten Antrages zurückgezahlt werden dürfen, als das Einkommensteuergesetz eine Überprüfung und allfällige Korrektur im Wege des Jahresausgleiches oder im Wege der Veranlagung vorsieht. Der durch § 240 Abs 3 BAO dem Arbeitnehmer eröffnete ergänzende Rechtsschutz zum Zwecke der Korrektur eines Fehlverhaltens des Arbeitgebers greift nach der Anordnung des Gesetzes dann nicht, wenn dem Arbeitgeber gegebenenfalls unterlaufene Unrichtigkeiten beim Lohnsteuerabzug ohnehin auf dem Wege der Erlassung eines Veranlagungsbescheides korrigierbar sind, zumal im Veranlagungsverfahren Bindung weder an die Lohnsteuerberechnung des Arbeitgebers noch an ein allfällig vorangegangenes Lohnsteuerverfahren besteht.
Vor diesem Hintergrund wäre die Frage, ob die in der Erhebungsform des Lohnsteuerabzuges vom Beschwerdeführer entrichtete Einkommensteuer der österreichischen Bundesverfassung, dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum oder dem Recht der Europäischen Gemeinschaften entspricht, in einem nach § 102 Abs 1 Z 3 EStG 1988 einzuleitenden Veranlagungsverfahren, nicht aber in dem mit dem angefochtenen Bescheid beendeten Verfahren auf Rückzahlung einer zu Unrecht einbehaltenen und abgeführten Abgabe, zu beantworten.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie nach § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr 333/2003.
Wien, am 24. September 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:1999130007.X00Im RIS seit
20.10.2003