Index
E6J;Norm
61997CJ0108 Windsurfing Chiemsee VORAB;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2001/04/0021Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die beiden Beschwerden der F & Sohn OHG (nunmehr E & Sohn KG) in W, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Hans Georg Zeiner, Dr. Brigitte Heaman-Dunn, Dr. Georg Punkenhofer und Dr. Rudolf Pendl in 1010 Wien, Schellinggasse 6, gegen die zwei Bescheide der Beschwerdeabteilung des Österreichischen Patentamtes - jeweils - vom 29. März 2000, Zl. Bm 14/98-2 IR 612/98 und Zl. Bm 13/98-2 IR 613/98, jeweils betreffend Verweigerung des Markenschutzes, nach der am 24. September 2003 durchgeführten Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerdeführerin Dr. Hans Georg Zeiner, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die unter der Nummer 643 972 am 11. Juli 1995 für die Waren der Klasse 27 registrierte Wort-Bild-Marke "ERFURT" besteht aus der in großen weißen Druckbuchstaben ausgeführten Bezeichnung "ERFURT" innerhalb eines blauen Rechteckes.
Die unter der Nummer 643 973 am 29. Juli 1995 für Waren der Klasse 27 registrierte Wort-Bild-Marke "ERFURT-Rauhfaser" besteht aus der in weißen (Druck)Buchstaben ausgeführten Bezeichnung "ERFURT-Rauhfaser" innerhalb eines blauen Rechteckes.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof zur hg. Zl. 2001/04/0020 erstangefochtenen Bescheid des Österreichischen Patentamtes, Beschwerdeabteilung, vom 29. März 2000 wurde der von der Beschwerdeführerin am 11. Juli 1995 beim internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum in Genf hinterlegten Marke Nr. 643972 für Waren der Klasse 27 (Papier peint ingrain; Rauhfasertapeten), deren Inhaberin die Beschwerdeführerin ist, der Schutz in Österreich verweigert.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof zur hg. Zl. 2001/04/0021 zweitangefochtenen Bescheid des Österreichischen Patentamtes, Beschwerdeabteilung, vom 29. März 2000 wurde der von der Beschwerdeführerin am 29. Juli 1995 beim internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum in Genf hinterlegten Marke Nr. 643973 für Waren der Klasse 27 (Papier peint ingrain; Rauhfasertapeten), deren Inhaberin die Beschwerdeführerin ist, der Schutz in Österreich verweigert.
Begründend wurde nach Darstellung des jeweiligen Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften in beiden Bescheiden im Wesentlichen (inhaltlich gleichlautend) ausgeführt, in beiden vor dem 23. Juli 1999 anhängig gewesenen Markenanmeldungsverfahren seien die Bestimmungen des Markenschutzgesetzes in der Neufassung der Markenrechts-Novelle 1999 anzuwenden. Einem Wort, dass von den Konsumenten als Ort- oder Beschaffenheitsangabe aufgefasst werden könnte, fehle die erforderliche Unterscheidungskraft; das müsse auch nach der neuen Rechtslage im Verhältnis der Bestimmungen des § 4 Abs. 1 Z 3 und Z 4 Markenschutzgesetz geltend. Erfurt sei der Name einer Industriestadt in Deutschland (Thüringen) mit etwa 220.000 Einwohnern. Die Stadt Erfurt sei gleichzeitig Hauptstadt des gleichnamigen Verwaltungsbezirkes in Thüringen mit etwa 1,2 Millionen Einwohnern und vielfältigen Industriezweigen. Es sei davon auszugehen, dass die nicht ganz unbedeutende Stadt bzw. der Bezirk Erfurt den beteiligten Verkehrskreisen ein Begriff sei und sie deshalb ohne weiteres zur Auffassung gelangen würden, dass die so bezeichneten Waren aus den genannten Gebieten stammten bzw. dort vertrieben würden. Es komme darauf an, ob das Zeichen von den Verkehrskreisen auch als Ortsangabe aufgefasst werde und es sei nicht völlig von der Hand zu weisen, dass die jeweiligen Waren aus den genannten Gebieten stammen könnten. Es sei für das Publikum keineswegs denkunmöglich, dass sich in Erfurt oder im Raum Erfurt eine Tapeten- und Papierindustrie angesiedelt haben könne. Die Verkehrskreise würden daher in der Bezeichnung "Erfurt" in erster Linie einen Hinweis auf den Herstellungsort der Waren erblicken und nicht einen konkreten Unternehmenshinweis. Im vorliegenden Fall habe "Erfurt" für die Verkehrskreise keinesfalls überwiegend den Charakter einer Fantasiebzeichnung; die geographische Bedeutung trete nicht zurück. Für den einschlägigen Konsumenten komme "Erfurt" ernsthaft als Herkunftsangabe in Betracht; es sei daher ein überaus großes Freihaltebedürfnis anzuerkennen. Eine Ortsbezeichnung werde nicht dadurch registrierbar, dass das Wort auch einen Personennamen darstelle. Für die Registrierbarkeit eines Wortes, welches zugleich Eigenname und Ortsbezeichnung sei, komme es darauf an, welche Bedeutung nach der Verkehrsauffassung überwiege; im vorliegenden Fall sei dies aber eindeutig die Bedeutung des Wortes "Erfurt" als geographische Bezeichnung. Der Ortsangabe "Erfurt" komme im Hinblick auf die verzeichneten Waren keinerlei Unterscheidungskraft zu. Das gleiche gelte für die ergänzende Bezeichnung "Rauhfaser", die vom Konsumenten als ein Hinweis auf die Beschaffenheit der verzeichneten Waren (Rauhfasertapeten) angesehen würde; dies gestehe die Beschwerdeführerin auch selbst zu. Eine Unterscheidungskraft könne im vorliegenden Fall auch nicht durch die graphische Ausgestaltung der Marken begründet werden, weil die Bezeichnung "Erfurt" bzw. "Erfurt-Rauhfaser" in geläufigen Druckbuchstaben ausgeführt sei und einfache geometrische Gebilde, wie Rechtecke - unabhängig von deren Farbgebung - in der modernen Werbegrafik Gang und Gebe und allgemein üblich seien. Auf Grund der jeweils hinter dem Wortbestandteil zurücktretenden grafischen Ausgestaltung sei davon auszugehen, dass bei den gegenständlichen Marken einzig und allein der Bestandteil "Erfurt" bzw. "Erfurt-Rauhfaser" im Gedächtnis der Konsumenten haften bleibe; der Bestandteil "Erfurt" sei jedoch als bloße Ortsangabe und der Bestandteil "Rauhfaser" als bloße Beschaffenheitsangabe anzusehen. Da den beiden Marken die erforderliche Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft fehle, könne ein Schutz in Österreich nicht gewährt werden.
Gegen diese beiden Bescheide richten sich die vorliegenden - inhaltlich gleichlautenden - Beschwerden.
Die belangte Behörde legte die Akten beider Verwaltungsverfahren vor, sah im Übrigen aber von der Erstattung von Gegenschriften ab.
Über die beiden, zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen Beschwerden hat der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - zu der ein Vertreter der belangten Behörde nicht erschienen ist - erwogen:
Gemäß § 1 Markenschutzgesetz können alle Zeichen, die sich grafisch darstellen lassen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen und die Form oder Aufmachung der Ware, soweit solche Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden, Marken sein.
Gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 Markenschutzgesetz sind Zeichen, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Registrierung ausgeschlossen.
Gemäß § 4 Abs. 1 Z 4 Markenschutzgesetz sind Zeichen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können, von der Registrierung ausgeschlossen.
Die gegenständlichen beiden Marken sind aus Wort- und Bildelementen zusammengesetzte Zeichen. Ein solches Zeichen ist aber solange als reine Wortmarke zu behandeln, als deren bildhafte Ausgestaltung nicht so charakteristisch ist, dass sie von den beteiligten Verkehrskreisen als das Wesentliche aufgefasst wird, weil die Wortelemente vollkommen zurücktreten. Sind die schriftbildlichen Eigenschaften im Verhältnis zum Gesamteindruck derart geringfügig, dass von einer einprägsamen bildlichen Komponente nicht gesprochen werden kann, so tritt die gegenständliche Marke dem Konsumenten nicht als Wort-Bild-Marke, sondern als Wortmarke vor Augen (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1999, Zl. 97/04/0027, und die darin angegebenen weiteren Nachweise).
Die Beschwerdeführerin beruft sich vorliegendenfalls nicht darauf, dass das Bildelement ihrer beiden Marken als ein den Gesamteindruck prägender und charakteristischer Bestandteil anzusehen sei. In ihrer zur hg. Zl. 2001/04/0021 erhobenen Beschwerde (betreffend die Marke Erfurt-Rauhfaser) tritt die Beschwerdeführerin der Beurteilung der belangten Behörde, der Wortbestandteil "Rauhfaser" sei als Beschaffenheitsangabe anzusehen, inhaltlich nicht entgegen. Der Bestandteil "Rauhfaser" ist im Hinblick auf das Eintragungshindernis für Beschaffenheitsangaben gemäß § 4 Abs. 1 Z 4 Markenschutzgesetz nicht eintragungsfähig (vgl. hiezu auch die hg. Erkenntnisse vom 28. Juni 1994, Zl. 93/04/0036, und vom 27. Jänner 1999, Zl. 97/04/0027).
Der für beide Marken somit allein entscheidende Wortbestandteil "Erfurt", auf dem die Beschwerdeausführungen aufbauen, ist im Hinblick auf das bestehende Eintragungshindernis für Ortsangaben - "Zeichen oder Angaben zur Bezeichnung der geographischen Herkunft der Ware dienen können" - gemäß § 4 Abs. 1 Z 4 Markenschutzgesetz nicht eintragungsfähig. Bestehen beide Marken aber ausschließlich aus nicht eintragungsfähigen Wortbestandteilen, dann fehlt ihnen freilich - wie die belangte Behörde im Ergebnis zutreffend beurteilte - die Unterscheidungskraft, weil diese bzw. das charakteristische Merkmal eines Zeichens nicht auf schutzunfähige oder schwache Bestandteile gestützt werden kann (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1999, Zl. 97/04/0027).
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat in seinem Urteil vom 4. Mai 1999 (in den verbundenen Rechtssachen C-108/97 und C-109/97, Windsurfing Chiemsee) unter Randzahl 47 ausgeführt, eine geographische Bezeichnung kann als Marke eingetragen werden, wenn sie infolge ihrer Benutzung die Eignung erlangt hat, die Ware, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und damit diese Ware von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. In einem solchen Fall hat die geographische Bezeichnung nämlich eine neue Bedeutung erlangt, die nicht mehr nur beschreibend ist; dies rechtfertigt ihre Eintragung als Marke.
Davon ausgehend könnte - im Gegensatz zu den Ausführungen des Beschwerdevertreters in der Verhandlung - die Beschwerdeführerin die Eintragung ihrer beiden Marken aber nur auf Grund ihrer (schon vor Anmeldung erfolgter) Benutzung, insoweit diese eine neue Bedeutung der geographischen Bezeichnung "Erfurt" bewirkte, erlangen (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2002, Zl. 2002/04/0051). Dass eine derartigen Benutzung ihrer Marken überhaupt erfolgte, behauptet die Beschwerdeführerin allerdings nicht. Die Marken der Beschwerdeführerin haben somit keine Unterscheidungskraft durch Benutzung im genannten Sinn erlangt.
Die allgemein gehaltenen Ausführungen der Beschwerdeführerin zum Fantasiecharakter eines Zeichens gehen im vorliegenden Fall jedenfalls daran vorbei, dass dem Wort "Erfurt" kein Fantasiecharakter zu entnehmen ist. Die Beschwerdeführerin legt nicht konkret dar, worin ein Fantasiecharakter des Wortes "Erfurt" gelegen sein sollte. Dass "Erfurt" nicht "Herkunftsort" der Rauhfasertapeten ist, weil die Ware dort nicht hergestellt werde, ändert aber nichts daran, dass diese Angabe als geographische Herkunft der Ware (im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 4 Markenschutzgesetz) dienen kann.
Mit dem Hinweis "Erfurt" sei "ausschließlich" der Name des Markeninhabers (gemeint: F Erfurt) widerlegt die Beschwerdeführerin nicht, dass deshalb keine geographische Herkunftsangabe vorliegt, hat diese Zufälligkeit der Namensgleichheit zwischen Markeninhaber und der allgemein bekannten Industriestadt in Thüringen bzw. des gleichnamigen Verwaltungsbezirkes in Thüringen doch - offenkundig - nicht etwa derart Bedeutung erlangt, dass die geographische Bezeichnung gegenüber dem gleichlautenden Namen des Markeninhabers als unbedeutend in den Hintergrund getreten wäre, oder der Name F Erfurt zumindest gleiche Bedeutung mit der geographischen Bezeichnung erlangt hätte.
Der belangten Behörde ist darin beizupflichten, dass es bei der Beurteilung, ob der Registrierung ein im § 4 Abs. 1 Z 4 Markenschutzgesetz genanntes Hindernis entgegensteht, allein auf das Verständnis der beteiligten Verkehrskreise ankommt (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1999, Zl. 99/04/0180). Es ist daher für diese Beurteilung ohne Bedeutung, ob in Erfurt Rauhfasertapeten - von wem auch immer - tatsächlich hergestellt werden oder wurden. Die Beschwerdebehauptung, die belangte Behörde hätte "nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens" - was die Beschwerdeführerin damit konkret meint, bleibt in ihren Beschwerden unbeantwortet - zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass in den gegenständlichen Marken keine "Beschaffenheits- und Herkunftsangabe" enthalten seien, ist im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen nicht nachvollziehbar.
Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie vorliegend zu dem Ergebnis gelangte, die Beurteilung der in Rede stehenden Marken hinsichtlich des Bestehens von Eintragungshindernissen (hier: Z 3 Unterscheidungskraft und Z 4 Beschaffenheitsangabe bzw. geographische Herkunftsbezeichnung) verursache keine besonderen Schwierigkeiten und erfordere demnach keine besonderen Ermittlungen, etwa demoskopische Befragungen (vgl. hiezu auch das genannte Urteil des EuGH vom 4. Mai 1999, Windsurfing Chiemsee, Randzahl 53; sowie das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1999, Zl. 99/04/0180).
Die beiden Beschwerden erweisen sich somit insgesamt als unbegründet, sie waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Wien, am 24. September 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001040020.X00Im RIS seit
05.11.2003Zuletzt aktualisiert am
11.11.2011