TE Vwgh Erkenntnis 2003/10/15 2002/21/0045

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Veröffentlicht am 15.10.2003
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/05 Reisedokumente Sichtvermerke;

Norm

FrG 1997 §31 Abs1;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §5;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung CSSR 1990 Art1 Abs2 idF 1998/III/102;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung CSSR 1990 Art1 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wechner, über die Beschwerde des K, vertreten durch Dr. Dieter Rautnig, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Joanneumring 11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 9. Jänner 2002, Zl. Fr 497/2001, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. Jänner 2002 wurde der Beschwerdeführer, ein slowakischer Staatsangehöriger, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei seinen Angaben zufolge am 15. Mai 2001 gemeinsam mit seiner Freundin D.C. mit dem Zug nach Österreich eingereist, um in Graz eine Arbeit in einer "Live-Show" anzunehmen. Am 17. Mai 2001 sei er bei einer fremdenpolizeilichen Kontrolle durch Beamte der Bundespolizeidirektion Graz in einer "Peep-Show" im Aufenthaltsraum der Tänzerinnen offensichtlich in "Arbeitskleidung" angetroffen worden. Nachdem er sich die "normale Straßenkleidung" angezogen habe, sei er festgenommen worden, weil er ohne erforderliche Aufenthaltserlaubnis einer Erwerbstätigkeit als Tänzer nachgegangen sei. Die Angaben des Beschwerdeführers in der Niederschrift am 17. Mai 2001, er habe nicht gearbeitet oder getanzt, sondern sich nur den Betrieb anschauen wollen, seien im Hinblick darauf, dass er offensichtlich eine für Tänzer typische "Arbeitskleidung" getragen habe, nicht glaubhaft. Im Hinblick auf seine - von den kontrollierenden Beamten festgestellte - offensichtliche Beschäftigung als Tänzer in einer "Peep-Show", ohne im Besitz der erforderlichen Aufenthaltserlaubnis zu sein, halte sich der Beschwerdeführer somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Der Beschwerdeführer habe in Österreich keine nahen Verwandten. Mangels wirtschaftlicher oder sozialer Integration in Österreich könne in der Ausweisung daher kein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers erblickt werden. Sein privates Interesse an einem Verbleib in Österreich sei (jedenfalls) "nicht so stark ausgeprägt", dass es schwerer zu gewichten wäre als das maßgebliche öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, weshalb die Ermessensentscheidung gemäß § 33 Abs 1 FrG "eindeutig" nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers "auszuschlagen vermochte". Durch den unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers werde das genannte öffentliche Interesse in einem solchen Ausmaß beeinträchtigt, dass auch das "Dringend-Geboten-Sein" der Ausweisung selbst unter der Annahme des Vorliegens eines damit bewirkten Eingriffes in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers zu bejahen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Gemäß § 33 Abs. 1 FrG können Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Die Beschwerde, die im Wesentlichen nur die Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde zur Ausübung einer Beschäftigung des Beschwerdeführers als Tänzer in einer "Peep-Show" bekämpft, bestreitet nicht, dass der Beschwerdeführer über keinen Aufenthaltstitel (§ 7 FrG) verfügt hat. Die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes des Beschwerdeführers könnte sich fallbezogen demnach nur aus dem Abkommen zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Slowakischen Republik über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl. Nr. 47/1990, in der Fassung BGBl. III Nr. 102/1998, ergeben. Art. 1 Abs. 1 und 2 dieses Abkommens lautet:

"(1) Die Staatsbürger der Vertragsstaaten, die Inhaber eines gültigen gewöhnlichen Reisepasses sind, dürfen ohne Sichtvermerk in das Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates einreisen und sich dort bis zu 90 Tage aufhalten.

(2) Die Berechtigung des Absatzes 1 gilt nicht für Staatsbürger, die sich in das Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates begeben wollen, um dort ein Arbeitsverhältnis einzugehen, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen oder um dort einen länger als 90 Tage dauernden Aufenthalt zu nehmen."

Für die Frage der Rechtmäßigkeit (der Einreise und) des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ist nach den zitierten Regelungen somit entscheidend, ob sich der Beschwerdeführer nach Österreich begeben wollte, um dort ein Arbeitsverhältnis einzugehen oder einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Unter "Erwerbstätigkeit" ist im erwähnten Zusammenhang eine selbstständige Erwerbstätigkeit, unter "Arbeitsverhältnis" eine unselbstständige Erwerbstätigkeit zu verstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1999, Zl. 98/19/0271). Entgegen der Beschwerdemeinung kommt es daher nicht darauf an, ob der Beschwerdeführer "rechtlich betrachtet als selbstständig Erwerbstätiger anzusehen" sei.

Die belangte Behörde hat festgestellt, dass der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Freundin (aus der Slowakei kommend) nach Graz in der Absicht gefahren sei, die Arbeit in einer "Live-Show" anzunehmen, und sie ist davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer eine solche Tätigkeit als Tänzer in einer "Peep-Show" dann auch tatsächlich ausgeübt hat. Diese Sachverhaltsannahmen gründen sich auf die Angaben des Beschwerdeführers in der Niederschrift vom 17. Mai 2001 in Verbindung mit dem "Festnahmebericht" der Bundespolizeidirektion Graz vom selben Tag. Bei dieser Vernehmung hat der Beschwerdeführer auch angegeben, er und D.C. hätten gemeinsam in einer "Live-Show" auftreten wollen. Seine Freundin habe die Adresse der "Peep-Show" in Graz gehabt. Sie hätten von der "Chefin" eine Wohnung in der H.-Gasse 99 bekommen. Dem erwähnten Bericht ist zu entnehmen, der Beschwerdeführer sei in der näher bezeichneten "Peep-Show" angetroffen worden. Er habe sich im Aufenthaltsraum der Tänzerinnen befunden und sei mit einer kurzen Hose und einem T-Shirt bekleidet gewesen. Im Zuge der fremdenpolizeilichen Kontrolle sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer offensichtlich einer Erwerbstätigkeit als Tänzer nachgegangen sei. Der "Lokalbesitzer" R.L. habe angegeben, dass der Beschwerdeführer gemeinsam mit D.C. als Tänzer in der "Peep-Show" arbeite. Nach der Beanstandung habe der Beschwerdeführer seine "Arbeitskleidung" ausgezogen und "normale Straßenkleidung" angezogen, die sich in einem Spind befunden habe, welcher im Aufenthaltsraum der Tänzerinnen stehe.

Entgegen der Beschwerdemeinung kann die erkennbar auf die dargestellten Umstände Bezug nehmende Beweiswürdigung der belangten Behörde im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof insoweit zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. insbesondere das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) in keiner Weise als unschlüssig erkannt werden. Angesichts der wiedergegebenen Wahrnehmungen im Zuge der fremdenpolizeilichen Kontrolle versagt auch der Einwand in der Beschwerde, der Beschwerdeführer sei in einem von der "Peep-Show" getrennten, öffentlich zugänglichen Raum angetroffen worden (vgl. in diesem Zusammenhang auch das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1999, Zl. 99/09/0078). Seine Behauptung, er habe sich dort lediglich zur Kontaktaufnahme aufgehalten, kann schon angesichts des selbst zugegebenen Umstandes, von der "Chefin" eine Wohnung zur Verfügung gestellt bekommen zu haben, und im Hinblick auf die Aussage des "Lokalbesitzers", der Beschwerdeführer und seine Freundin hätten dort als Tänzer gearbeitet, nicht überzeugen, zumal das ja genau ihrer Absicht entsprochen hat. Es ist somit nicht zu beanstanden, wenn die belangte Behörde angenommen hat, der Beschwerdeführer habe in Österreich eine Erwerbstätigkeit ausgeübt.

Davon ausgehend kann sich der Beschwerdeführer jedenfalls nicht auf die Sichtvermerksfreiheit nach Art. 1 Abs. 1 des genannten Abkommens berufen. Die Einreise des Beschwerdeführers zum Zweck der Ausübung einer Erwerbstätigkeit und der anschließende Aufenthalt waren demnach gemäß §§ 5 und 31 Abs. 1 FrG als unrechtmäßig zu qualifizieren. Die belangte Behörde hat somit zutreffend angenommen, dass der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG erfüllt ist.

Gemäß § 37 Abs. 1 FrG ist (unter anderem) eine Ausweisung nach § 33 Abs. 1 FrG, durch die in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Die Beschwerde macht in diesem Zusammenhang zwar Ermittlungs- und Feststellungsmängel geltend, legt aber - wie schon die Berufung - nicht konkret dar, über welche familiären Bindungen der Beschwerdeführer in Österreich verfügen oder welches besondere private Interesse er an einem Verbleib im Bundesgebiet haben soll. Eine Relevanz des von der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensmangels ist daher in keiner Weise zu erkennen. Angesichts des nur kurzen und zur Gänze unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich durfte die belangte Behörde die Erlassung einer Ausweisung im Grunde des § 37 Abs. 1 FrG zur Herstellung der Fremdenrechtsordnung aber jedenfalls für zulässig erachten.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 15. Oktober 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002210045.X00

Im RIS seit

05.11.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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