TE Vwgh Erkenntnis 2003/10/15 2003/08/0112

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Veröffentlicht am 15.10.2003
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Index

21/03 GesmbH-Recht;
23/01 Konkursordnung;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

BUAG §25a Abs7;
GmbHG §15;
GmbHG §18;
KO;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des D in P, vertreten durch Dr. Jürgen Nowotny, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Obere Donaustraße 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 7. April 2003, Zl. SV (SanR)-410097/22-2003- ScI/May, betreffend Haftung für Zuschläge gemäß § 25a Abs. 7 BUAG (mitbeteiligte Partei: Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse, 1050 Wien, Kliebergasse 1a), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 2001, Zl. 99/08/0120, wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 20. Juli 1999 betreffend Haftung des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der A GesmbH für Zuschläge gemäß § 25a Abs. 7 BUAG hinsichtlich des Zeitraumes Mai 1996 bis Oktober 1996 aufgehoben. Zu dem dem genannten Bescheid vorangegangenen Verwaltungsgeschehen wird auf die Begründung dieses Erkenntnisses verwiesen. Angefochten ist nunmehr der von der belangten Behörde erlassene Ersatzbescheid.

Der Verwaltungsgerichtshof führte in dem genannten Erkenntnis aus, dass die belangte Behörde keine Feststellungen über die Verteilung der Geschäftsführeragenden getroffen und die diesbezüglichen Beweisanbote auf Vernehmung von Zeugen übergangen habe. Hinsichtlich allfällig bloß von den anderen Geschäftsführern unmittelbar zu betreuender Aufgabengebiete bleibe zumindest eine Pflicht des Beschwerdeführers zur allgemeinen Beaufsichtigung (Überwachung) und gegebenenfalls zur Schaffung von Abhilfe aufrecht. Bei der Verletzung dieser Beaufsichtigungs- und Bereinigungspflicht könne die Haftung des Beschwerdeführers für die Nichtentrichtung von Zuschlägen durch die Gesellschaft gegeben sein. Ein von der (direkten) Wahrnehmung bestimmter Aufgaben befreiter Geschäftsführer hafte etwa dann, wenn er es unterlasse, trotz Vorliegens konkreter Anhaltspunkte für Pflichtverstöße des anderen Geschäftsführers Abhilfe gegen Unregelmäßigkeiten des zur Besorgung dieser Angelegenheiten Bestellten zu schaffen. Haftungsbegründend sei auch die vorwerfbare Unkenntnis von Pflichtverstößen des anderen Geschäftsführers. Eine auf die Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten abzielende Überprüfung der Tätigkeit des anderen Geschäftsführers sei zu fordern, wenn ein Anlass vorliege, an der Ordnungsmäßigkeit seiner Geschäftsführung zu zweifeln. Die belangte Behörde habe aber keine Feststellungen zur Behauptung des Beschwerdeführers getroffen, erst durch den Vollzug einer Fahrnisexekution am 14. Oktober 1996 (unter der Voraussetzung seiner Anwesenheit) von offenen Verbindlichkeiten der Gesellschaft erfahren zu haben. Sie habe diese Behauptung auch durch sonstige Feststellungen nicht widerlegt. Im Falle des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spreche schließlich eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Zuschläge durch die Pflichtverletzung und für den Rechtswidrigkeitszusammenhang. Die Behörde habe sich daher auch damit auseinander zu setzen, dass die (anteilige) Zahlung der Zuschläge auch dann unterblieben wäre, wenn der Beschwerdeführer, wie er behauptet habe, Abhilfe versucht bzw. seine Geschäftsführung niedergelegt hätte. Der Beschwerdeführer habe in diesem Zusammenhang behauptet, die Bank habe im Juli 1996 die Geschäftskonten der Gesellschaft gesperrt. Damit habe er offenbar zum Ausdruck bringen wollen, dass selbst ein ihn treffendes Kontrollverschulden in Ermangelung verfügbarer Mittel ab diesem Zeitpunkt nicht kausal für die Uneinbringlichkeit der Zuschläge gewesen sein könne. Die Ursächlichkeit könnte durch die Zahlung bestimmter Forderungen, die von der belangte Behörde festgestellt worden sei, nur dann untermauert werden, wenn diese Forderungen aus Mitteln befriedigt worden wären, die der Gesellschaft zur Verfügung gestanden oder ihr zur Verfügung gestellt worden seien, nicht aber dann, wenn die Forderungen etwa aus privaten Mitteln eines Geschäftsführers befriedigt worden wären. Im vorliegenden Fall könne es insbesondere darauf ankommen, ob und gegebenenfalls ab wann für den Beschwerdeführer ein Anlass vorgelegen sei, an der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung des anderen Geschäftsführers zu zweifeln. Sollten sich weder ein derartiger Anlass noch das Wissen bzw. Wissenmüssen des Beschwerdeführers von Unregelmäßigkeiten feststellen lassen, so bliebe für ein haftungsbegründendes Überwachungs- bzw. Abhilfeverschulden des Beschwerdeführers kein Raum.

Im fortgesetzten Verfahren wurden die beiden anderen handelsrechtlichen Geschäftsführer der A GesmbH (Ing. M, der bis 2. August 1996 handelsrechtlicher Geschäftsführer war, und Mag. C, handelsrechtlicher Geschäftsführer ab 2. August 1996) zeugenschaftlich einvernommen.

Ing. M führte bei seiner Einvernahme im Wesentlichen Folgendes aus:

"Zwischen Herrn V (Beschwerdeführer) und mir hat es keine konkrete Aufgabenverteilung gegeben. ... Ich habe Herrn V ca. alle zwei Wochen getroffen. Bei diesen Treffen haben wir jeweils über Firmenangelegenheiten gesprochen. Das Hauptthema war sicherlich der Forderungsausfall bei der Fa. E und ob bzw. wie die offene Forderung noch einzutreiben sein könnte. Anfang des Jahres 1996 hatten wir einen Forderungsausfall bei der Fa. E in Höhe von ca. 2,5 Millionen ATS, demgegenüber standen offene Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 1,5-1,7 Mio ATS.

Ich glaube, dass Herr V gehofft hat, dass diese offene Forderung von der Fa. E doch noch beglichen wird. Ich habe zu diesem Zeitpunkt (ca. im April 1996) jedoch schon beschlossen, dass ich die Geschäftsführung zurücklegen werde. Darüber habe ich auch mit Herrn V gesprochen. Er hat meines Wissens auch überlegt, selbst die Geschäftsführung niederzulegen. Ich glaube, er hat es letztlich deshalb nicht getan, weil er eben gehofft hat, das Geld von der Fa. E wäre noch zu bekommen.

Ich weiß nichts davon, dass das Firmenkonto bei der Sparkasse im Juli 1996 gesperrt worden wäre. Es gab zwar Probleme mit der Bank, weil unser Kreditrahmen ca. um das Doppelte überzogen worden war, aber eine Kontosperre hat es meines Wissens nicht gegeben. Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob ich darüber mit Herrn V gesprochen habe.

Während meiner Zeit als Geschäftsführer habe ich auch einzelne Forderung aus privaten Mitteln beglichen, z.B. eine offene Forderung bei der Fa. W. Rückstände bei öffentlichen Gläubigern, wie z.B. Gebietskrankenkasse, BUAK oder Löhne habe ich nicht aus privaten Mitteln bezahlt, diese Zahlungen erfolgten über das Firmenkonto. ... Ich kann mich auch nicht mehr erinnern, dass es zu der Zeit als ich Geschäftsführer war, offene Rückstände bei der BUAK gegeben hat. Bei der GKK waren im Mai 1996 jedoch ca. ATS 50.000,-- offen. Ich kann mich aber nicht mehr erinnern, ob dieser Betrag bezahlt wurde oder nicht. Ich glaube, dass wir (Mag. C bzw. ich) Herrn V darüber informiert haben, dass unsererseits versucht wird, die offenen Verbindlichkeiten bei öffentlichen Gläubigern bevorzugt zu befriedigen. Ich weiß aber nicht, ob wir ihn im Detail darüber informiert haben, welche Rückstände bei öffentlichen Gläubigern vorliegen."

Mag. C legte bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme im Wesentlichen Folgendes dar:

"Herr V wurde in die Geschäftsführung aufgenommen als gewerberechtlicher Geschäftsführer. Er hat sich auch nur um diese Angelegenheiten gekümmert.

Als ich in die Geschäftsführung eingetreten bin, war die Firma schon ziemlich gefährdet. Vorher war ich auch schon in der Firma tätig (v.a. Baustellenleitung). Ich war zu diesem Zeitpunkt informiert, dass es der Firma finanziell nicht gut geht. Wir haben einen relativ großen Auftrag übernommen von der Firma E, die in der Folge einen Großteil der von uns berechtigten Forderungen nicht beglichen hat (ca. ATS 2,500.000,--). Mein Vorgänger in der Geschäftsführung, Herr Ing. M, hat sich darauf hin nicht mehr hinausgesehen. Ich habe aber Möglichkeiten gesehen, die Firma aus der schlechten finanziellen Lage herauszubekommen. Deswegen habe auch ich dann die Geschäftsführung übernommen.

Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob Herr V bei den Gesprächen zwischen mir und Herrn M über die finanzielle Situation der Firma anwesend war. Er ist aber von uns über die schwierige Situation informiert worden. Ich habe ihn auch darüber in Kenntnis gesetzt, dass die finanzielle Lage der Firma ein Risiko darstellt, war mir aber sicher, die Firma fortführen zu können.

...

Herr V wurde von mir sicherlich darüber informiert, dass es offene Zahlungsrückstände bei der BUAK gibt. Was ich ihm im Detail gesagt habe, weiß ich heute nicht mehr.

Als ich die Geschäftsführung übernommen habe, habe ich Herrn V über die wichtigsten Dinge informiert, d.h. ich habe ihn auch grundsätzlich über die finanzielle Situation informiert.

Über die Aufteilung der Geschäftsführeragenden hat es keine schriftliche Vereinbarung gegeben. Ich glaube, es gab auch keine, als Herr M noch Geschäftsführer war. Herr V war aber ausschließlich für die gewerberechtlichen Angelegenheiten zuständig. ... Herr V war sehr selten in der Firma, ca. 2-3 Mal im Monat. ... Es gab keine regelmäßigen Geschäftsführerbesprechungen. Ich habe ihn fallweise angerufen und ihn über geschäftliche Dinge informiert. Wenn Herr V in die Buchhaltungsunterlagen Einsicht nehmen hätte wollen, hätte er dies tun dürfen. Er hätte mich dazu nur fragen brauchen. Ich kann mich aber nicht mehr erinnern, ob er dies jemals getan hat. ...

Mir wird die eidesstättige Erklärung vom 10. 6. 1997 vorgehalten, in der ich erklärt habe, Herr V sei von mir nicht über die praktische Zahlungsunfähigkeit in Kenntnis gesetzt worden. Dazu kann ich angeben, dass ich Herrn V gegenüber niemals direkt und ausdrücklich erwähnt habe, dass die Firma zahlungsunfähig ist. Herr V ist aber von mir über die schwierige finanzielle Lage informiert worden. Er hat gewusst, dass von der BUAK bereits mehrere Fristen gesetzt wurden und auch dass Exekutionen gegen unsere Firma geführt wurden.

Das Sanierungskonzept habe ich alleine erstellt in Zusammenarbeit mit der Raiffeisenbank in A. Herr V war darüber informiert, dass ein Sanierungskonzept erarbeitet wird, im Detail hat er daran aber nicht mitgearbeitet.

Die finanziellen Schwierigkeiten haben ca. Anfang des Jahres 1996 begonnen. Damals war der Forderungsausfall bei der Firma E. Da ich damals noch nicht Geschäftsführer war, kann ich nicht beurteilen, ob Herr V darüber informiert war. Ca. im Frühjahr 1996, also einige Monate vor meiner Übernahme der Geschäftsführung, war Herr V dann sicher über die Lage informiert. Es haben damals ja mehrere Gespräche zwischen Herrn M und mir stattgefunden und es wurde auch Herr V - zwar nicht im Detail, aber grundsätzlich - über die finanzielle Situation informiert. Herr V hat mir gegenüber erklärt, er verlasse sich auf mich. Er hat in der Zeit als ich Geschäftsführer war, niemals gesagt, er möchte die Geschäftsführerfunktion niederlegen.

Mir ist nichts bekannt, dass das Firmenkonto bei der Sparkasse gesperrt worden sei im Juli 1996. Dieses Konto war das einzige Firmenkonto. Von der Bank wurde lediglich der Kreditrahmen nicht mehr erweitert. Wann das genau war, kann ich nicht mehr sagen. Es war aber so, dass, wenn Zahlungseingänge auf dem Konto zu verzeichnen waren, auch unsererseits noch die nötigsten Zahlungen getätigt wurden (z.B. Leasingmieten, Löhne). Diese Zahlungen wurden bis zur Konkurseröffnung noch geleistet. Welche Zahlungen genau geleistet wurden, weiß ich allerdings nicht mehr.

Ca. im Spätsommer haben wir die Bank gewechselt und bei der Raiffeisenbank A ein Firmenkonto eröffnet. Wir haben einen kleinen Kreditrahmen in Höhe von ca. ATS 100.000,-- erhalten. Ob die Miet- und Lohnzahlungen vom Konto der Sparkasse oder bereits vom Konto der Raiffeisenbank erfolgt sind, weiß ich nicht mehr. Gespräche über ein Sanierungskonzept für die Firma wurden von mir mit der Raiffeisenbank ab Herbst 1996 geführt.

...

In den letzten sechs Monaten vor Konkurseröffnung wurden nur Zahlungen aus Firmenmittel geleistet (Leasingmieten, Löhne), nicht auch aus Privatmittel. Es wurde allerdings ein sale and lease back Vertrag mit meiner Gattin über ATS 60.000,-- abgeschlossen (über Firmeninventar). Aus diesen Mitteln wurden auch kleinere Forderungen bezahlt. Ich kann mich aber nicht mehr erinnern welche Forderungen bezahlt wurden."

Auf den Vorhalt der beiden Zeugenaussagen führte der Beschwerdeführer in einer schriftlichen Stellungnahme vom 10. Dezember 2002 im Wesentlichen aus, er sei ausschließlich für die Einhaltung der gewerberechtlichen Bestimmungen verantwortlich gewesen. Der Zeuge C. habe bestätigt, dass der Beschwerdeführer nur zwei- bis dreimal im Monat im Unternehmen gewesen sei und ihm dort keine eigenen Büroräumlichkeiten zur Verfügung gestanden seien, zumal er diese auch nicht benötigt habe. C. habe auch bestätigt, dass nur er (C.) die Angelegenheiten mit der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskassa besorgt habe und dass eine Einsichtnahme des Beschwerdeführers in die Buchhaltungsunterlagen nur mit Zustimmung des einzelvertretungsbefugten Geschäftsführers möglich gewesen wäre. Ebenso sei der Beschwerdeführer nicht zur Mitarbeit am vermeintlichen Sanierungskonzept herangezogen worden, sodass er bis zur Pfändung am 14. Oktober 1996 keine Kenntnis von Unregelmäßigkeiten bzw. Zahlungsschwierigkeiten habe erlangen können. Dies lasse sich auch durch den Kredit vom Spätsommer 1996 in Höhe von S 100.000,-- dokumentieren. C. habe dem Beschwerdeführer zugesichert, der Fortführung des Unternehmens stehe trotz des Forderungsausfalls nichts im Wege, weshalb der Beschwerdeführer von einer Zurücklegung seiner Geschäftsführertätigkeit Abstand genommen habe. Da der Beschwerdeführer für das Firmenkonto nicht zeichnungsberechtigt gewesen sei, könne eine Überwachungspflichtverletzung nicht vorliegen. Der Beschwerdeführer sei im Übrigen nur kollektivvertretungsbefugt gewesen. Der Zugriff auf das Unternehmensvermögen oder die alleinige Verfügungsgewalt darüber sei ihm daher verwehrt gewesen. Die Zurücklegung der Geschäftsführerfunktion hätte keine Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation des Unternehmens gehabt. Durch die Zurücklegung wäre auch keine Mehrzahlung an die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskassa erfolgt. Somit habe für den Beschwerdeführer keine Möglichkeit bestanden, ein allfälliges Fehlverhalten des verantwortlichen Geschäftsführers zu beenden bzw. auf dessen konkretes Verhalten einzuwirken. Die Zeugenaussagen hätten auch keinen Anhaltspunkt dafür gebracht, dass dem Beschwerdeführer definitiv hätte auffallen müssen, dass die Beiträge nicht bzw. nicht anteilig bezahlt worden seien.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Ersatzbescheid gab die belangte Behörde (neuerlich) der Berufung des Beschwerdeführers hinsichtlich der vor Konkurseröffnung (30. Dezember 1996) noch nicht fälligen Zuschläge für November und Dezember 1996 im (daher nicht mehr streitgegenständlichen) Betrag von 2.238,69 Euro (somit nur teilweise) Folge und zog den Beschwerdeführer im Übrigen (wiederum) mit 19.554,81 Euro zuzüglich gestaffelter Zinsen pro Jahr zur Haftung heran. Begründend stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer in der Zeit vom 25. Februar 1995 bis 20. Februar 1997 gewerberechtlicher und kollektivvertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer der A GesmbH gewesen sei. Einzelvertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer sei Ing. M (ab 25. Februar 1995) bzw. Mag. C (ab 2. August 1996) gewesen. Über die Aufteilung der Geschäftsführeragenden habe keine schriftliche Vereinbarung bestanden. In der Praxis sei der Beschwerdeführer ausschließlich für die gewerberechtlichen Agenden zuständig gewesen. Die kaufmännischen Angelegenheiten der Betriebsführung seien vom jeweils anderen Geschäftsführer durchgeführt worden. Anfang des Jahres 1996 habe die A GesmbH einen Forderungsausfall von ca. 1,8 Millionen ATS erlitten. Zumindest ab diesem Zeitpunkt sei der Beschwerdeführer von Ing. M bzw. Mag. C über die angespannte finanzielle Lage des Unternehmens informiert worden. Sowohl Ing. M als auch Mag. C hätten in der Folge mit dem Beschwerdeführer regelmäßige Gespräche (ca. zweimal im Monat) geführt, deren Inhalt jeweils auch die Finanzprobleme und Zahlungsrückstände bzw. Schwierigkeiten der A GesmbH, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, gewesen seien. Im Juli 1996 sei der Kreditrahmen auf dem Firmenkonto bei der Sparkasse nicht mehr erweitert und es seien nur mehr die nötigsten Zahlungen, wie z. B. Leasingmieten und Löhne, von diesem Konto entrichtet worden. Im Spätsommer 1996 sei das Firmenkonto von der Sparkasse zur Raiffeisenbank verlegt worden, welche der A GesmbH einen Kreditrahmen von ca. ATS 100.000-- eingeräumt habe. Aus einem sale and lease back Vertrag über Firmeninventar in der Höhe von ATS 60.000-- seien ebenfalls kleinere Forderungen bezahlt worden. Herr Ing. M habe lediglich einzelne Forderungen aus privaten Mitteln beglichen, jedoch keine Rückstände bei öffentlichen Gläubigern oder Löhne. Ab August 1996 seien die Zuschlagsforderungen aus den Zeiträumen April 1996 und Mai 1996 von der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse exekutiv betrieben worden. Mit Gerichtsbeschluss vom 2. August 1996 und vom 29. August 1996 sei jeweils eine Exekutionsbewilligung erteilt worden. Am 19. August 1996 und am 14. Oktober 1996 seien Vollzugshandlungen am Unternehmenssitz durchgeführt worden, die am 14. Oktober 1996 zur Pfändung von Fahrnissen der A GesmbH geführt hätten. Über das Vermögen der A GesmbH sei am 30. Dezember 1996 das Konkursverfahren eröffnet worden. Dieses Verfahren sei nach Verteilung der Quote von 1,26223 % mit Beschluss des Landesgerichtes Linz gemäß § 139 KO am 4. Februar 1998 aufgehoben worden. Aus den zeugenschaftlichen Aussagen des Ing. M und des Mag. C ergebe sich eindeutig, dass der Beschwerdeführer zumindest seit dem Frühjahr 1996 über die schwierige finanzielle Lage der A GesmbH informiert gewesen sei und in der Folge vom jeweils zweiten Geschäftsführer laufend Informationen über die finanzielle Situation erhalten habe. Der Beschwerdeführer habe daher auch gewusst, dass die A GesmbH offene Forderungen nicht habe begleichen können. Ebenso habe er gewusst, dass es bei der BUAK offene Zahlungsrückstände gegeben habe. Laut Angabe des Mag. C sei ihm auch bekannt gewesen, dass von der BUAK Exekutionen gegen das Unternehmen geführt worden seien. Dass der Beschwerdeführer von den Unregelmäßigkeiten bzw. schwerwiegenden Problemen hinsichtlich der finanziellen Angelegenheiten der A GesmbH bereits Monate vor der Konkurseröffnung gewusst habe, beweise auch die Aussage von Ing. M, er habe etwa im April 1996 beschlossen, die Geschäftsführung zurückzulegen, und darüber auch mit dem Beschwerdeführer gesprochen. Der Beschwerdeführer habe auch überlegt, selbst die Geschäftsführung niederzulegen. Löhne und Verbindlichkeiten bei der BUAK bzw. der Gebietskrankenkasse seien ausschließlich aus Firmenmitteln bezahlt worden. Zahlungen durch die A GesmbH an verschiedene Gläubiger seien noch bis zur Antragstellung auf Konkurseröffnung am 4. November 1996 erfolgt. Es sei eindeutig festzustellen, dass der Beschwerdeführer nicht erst durch die Pfändung von Geschäftsvermögen am 14. Oktober 1996 von den Zahlungsschwierigkeiten der A GesmbH erfahren habe, sondern zumindest bereits im Frühjahr 1996. Es seien "gewisse Umstände" vorgelegen, die dem Beschwerdeführer hätten auffallen müssen bzw. über die er durch die laufenden Informationen durch die anderen Geschäftsführer Bescheid gewusst habe. Er wäre daher auf Grund der konkreten Anhaltspunkte, dass Zahlungsrückstände vorliegen, verpflichtet gewesen, Abhilfe gegen die Pflichtverstöße des anderen Geschäftsführers zu schaffen. Das Ermittlungsverfahren habe auch eindeutig ergeben, dass das Firmenkonto nicht gesperrt worden sei und Löhne und Zahlungen weiterhin an öffentliche Gläubiger ausschließlich aus Firmenmitteln getätigt worden seien, und zwar auch noch im Zeitraum Juli 1996 bis 4. November 1996. Es seien somit verschiedene Forderungen weiterhin aus Mitteln, die der A GesmbH zur Verfügung gestanden seien, bedient worden. Eine Haftung könne jedoch nur für Lohnzuschläge, die vor Konkurseröffnung fällig geworden seien, eintreten. Es seien somit die Lohnzuschläge für November und Dezember 1996 von insgesamt EUR 2.238.69 von der Haftung durch den Beschwerdeführer auszunehmen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat festgestellt, dass eine Verteilung der Geschäftsführeragenden erfolgt ist. Die Aufgabenteilung unter Geschäftsführern kann jedoch selbst bei größter Spezialisierung nicht bewirken, dass ein Geschäftsführer sich nur noch auf das ihm zugeteilte Aufgabengebiet beschränken dürfte und sich um die Tätigkeit der anderen Geschäftsführer nicht mehr kümmern müsste (vgl. dazu das hg. Vorerkenntnis vom 4. Oktober 2001 mwN). Hinsichtlich der von den anderen Geschäftsführern unmittelbar betreuten Aufgabengebiete bleibt eine Pflicht zur allgemeinen Beaufsichtigung (Überwachung) und gegebenenfalls zur Schaffung von Abhilfe aufrecht (vgl. ebenfalls das hg. Vorerkenntnis mwN).

Der Beschwerdeführer hat nicht bestritten, dass er die in den Zeugenaussagen von Ing. M und Mag. C genannten Informationen über die problematische wirtschaftliche Lage der A GesmbH und deren Schwierigkeiten, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, erhalten hat. Diese sind ihm folglich aber bereits ab dem ersten Halbjahr 1996 zugekommen. Sie hätten für den Beschwerdeführer Anlass sein müssen, sich darum zu kümmern, ob die gesetzlichen Zahlungsverpflichtungen der A GesmbH erfüllt werden. Der Beschwerdeführer hat jedoch nicht vorgebracht, in irgendeiner Weise diesbezüglich tätig geworden zu sein. Somit ist ihm aber jedenfalls zumindest die Unkenntnis von Pflichtverstößen des anderen Geschäftsführers vorwerfbar, was zur Begründung seiner Haftung im Sinne des hg. Vorerkenntnisses führt.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, die (anteilige) Zahlung der Zuschläge wäre auch dann unterblieben, wenn er Abhilfe versucht bzw. seine Geschäftsführung niedergelegt hätte, hat die belangte Behörde in dem in Beschwerde gezogenen Bescheid ebenfalls entkräftet. Insbesondere hat sie nachvollziehbar festgestellt, dass die Geschäftskonten ab Juli 1996 nicht gesperrt waren, sondern vielmehr auch noch weiterhin Zahlungen aus Mitteln der Gesellschaft geleistet worden sind.

Es lag somit insgesamt eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beschwerdeführers vor, und auch der Rechtswidrigkeitszusammenhang im Sinne des hg. Vorerkenntnisses vom 4. Oktober 2001 erweist sich als gegeben.

Dennoch leidet der angefochtene Bescheid aus folgenden Gründen an inhaltlicher Rechtswidrigkeit:

Die belangte Behörde hat zwar die Lohnzuschläge für November und Dezember 1996 von der Haftung durch den Beschwerdeführer ausgenommen, weil sie noch nicht vor der Konkurseröffnung fällig geworden seien. Im Übrigen aber hat sie den erstinstanzlichen Bescheid, der rückständige und vollstreckbare Zuschläge zum Lohn gemäß §§ 21 und 21a BUAG samt Nebengebühren laut Rückstandsausweis vom 13. Februar 1997 zum Gegenstand hatte, bestätigt. Dabei hat sie einerseits nicht berücksichtig, dass nach ihren Feststellungen das Konkursverfahren über die A GesmbH bereits am 4. Februar 1998 aufgehoben worden ist, und zwar nach Verteilung einer Quote von 1,26223 %. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtssprechung ausgesprochen hat, ist primäre Haftungsvoraussetzung die Uneinbringlichkeit der Zuschläge. Nur soweit feststeht, dass die Abgabenforderung im Konkurs mangels ausreichenden Vermögens nicht befriedigt werden kann, kann die Haftung reichen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 14. März 2001, Zl. 98/08/0332). Soweit eine Befriedigung im Konkurs erfolgt, scheidet Uneinbringlichkeit und somit Haftung des Geschäftsführers jedoch aus.

Andererseits erfolgte erst durch den Rückstandsausweis vom 13. Februar 1997 die Festsetzung von Nebengebühren im Sinne des § 25 Abs. 4 BUAG. Eine Fälligkeit dieser Nebengebühren konnte daher bis zur Konkurseröffnung ebenfalls nicht eingetreten sein, sodass auch diesbezüglich die Haftung des Geschäftsführers ausscheidet.

Die aufgezeigte Rechtswidrigkeit ist im vorliegenden Fall im Rahmen des Beschwerdepunktes wahrzunehmen. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 15. Oktober 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003080112.X00

Im RIS seit

13.11.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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