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19/05 Menschenrechte;Norm
AsylG 1997 §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wechner, über die Beschwerde der D, vertreten durch Dr. Klaus Kocher, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Sackstraße 36, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 16. Juli 2002, Zl. Fr 4734/02, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. Juli 2002 wurde die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige des Irak, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus dem Bundesgebiet ausgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin sei am 15. Dezember 1998 illegal nach Österreich eingereist und habe am darauf folgenden Tag einen Asylerstreckungsantrag gestellt, der mit dem seit 23. Oktober 2001 rechtskräftigen Berufungsbescheid des unabhängigen Bundesasylsenates (im Instanzenzug) abgewiesen worden sei. Während des Asylverfahrens habe die Beschwerdeführerin über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt. Danach sei ihr kein Aufenthaltstitel erteilt worden, sodass sie sich seit 24. Oktober 2001 unrechtmäßig in Österreich aufhalte und die Ausweisung nach § 33 Abs. 1 FrG zulässig sei.
Unter dem Gesichtspunkt der Ermessensübung und des § 37 Abs. 1 FrG führte die belangte Behörde aus, das "beharrliche" illegale Verbleiben der Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens stelle eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen dar. Die Beschwerdeführerin könne auf Grund der "Konzeption des Fremdengesetzes (§ 14 Abs. 2 FrG)" ihren Aufenthalt "vom Inland her" nicht legalisieren. Bei Abstandnahme von der Ausweisung könnten sich "negativ beschiedene Asylantragsteller" den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet - unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen - auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens zuwiderlaufe. Unter Berücksichtigung dieser Umstände sei daher "die Kannbestimmung" des § 33 Abs. 1 FrG "zu Ihren Lasten auszulegen". Diese Überlegungen würden auch für die Beurteilung nach § 37 Abs. 1 FrG gelten. Es lebten zwar auch die Eltern und die Schwester der Beschwerdeführerin in Österreich. Diese verfügten allerdings nach rechtskräftiger (negativer) Erledigung ihrer Asylverfahren ebenfalls über keine Aufenthaltsberechtigung, weshalb auch sie das Land verlassen müssten. Auf Grund der vorliegenden Umstände (längerer illegaler Aufenthalt nach Beendigung des Asylverfahrens, keine inländische Legalisierungsmöglichkeit des Aufenthaltes, mangelnder Ausreisewille, Absicht der Aufrechterhaltung des illegalen Aufenthaltes, auch Familienangehörige haben das Land zu verlassen) sei die Ausweisung somit im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG auch dringend geboten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 33 Abs. 1 FrG können Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Die Beschwerde tritt der Ansicht der belangten Behörde, dass sich die Beschwerdeführerin in Österreich unrechtmäßig aufhalte und der Tatbestand der zitierten Gesetzesbestimmung verwirklicht sei, nicht entgegen. Ausgehend von dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt, insbesondere im Hinblick auf den rechtskräftig negativen Abschluss des Asylverfahrens, der auch in der Beschwerde unbestritten bleibt, hegt der Verwaltungsgerichtshof gegen diese Beurteilung keine Bedenken (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2003, Zl. 2002/18/0130).
Das Schwergewicht der Beschwerde liegt im Vorwurf, die belangte Behörde habe die Ermessensübung und die Beurteilung nach § 37 Abs. 1 FrG unrichtig vorgenommen und mangelhaft begründet. Die in der Beschwerde auch angesprochene Bestimmung des § 37 Abs. 2 FrG ist nach ihrem eindeutigen Wortlaut auf eine Ausweisung nach § 33 Abs. 1 FrG nicht anzuwenden und eine diesbezügliche Verfassungswidrigkeit ist entgegen dem Beschwerdestandpunkt nicht zu erkennen (vgl. das den Vater der Beschwerdeführerin betreffende hg. Erkenntnis vom 5. September 2002, Zl. 2002/21/0145). Nach § 37 Abs. 1 FrG ist eine Ausweisung, durch die in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Die Beschwerde macht in diesem Zusammenhang Ermittlungs- und Feststellungsmängel in Bezug auf die Intensität des Familienlebens der Beschwerdeführerin mit ihren in Österreich aufhältigen Angehörigen und betreffend deren berufliche und soziale Integration geltend. Im Übrigen sei es unzulässig, dass die belangte Behörde mit der Prognose, diese Familienangehörigen müssten mangels Aufenthaltsberechtigung das Land verlassen, schon jetzt deren "(rechtliche) Zukunft" vorhersage.
Die Beschwerde tritt den behördlichen Feststellungen, dass die Asylverfahren der Familienangehörigen der Beschwerdeführerin rechtskräftig negativ abgeschlossen sind und dass sie über keine "Aufenthaltsberechtigungen" verfügen, nicht entgegen. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte durfte die belangte Behörde unter diesen Umständen - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - aber durchaus davon ausgehen, dass mit einem (dauernden) Verbleib der Familienangehörigen der Beschwerdeführerin in Österreich nicht zu rechnen sei. Im Übrigen wurde mit dem bereits erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. September 2002 die Beschwerde betreffend die gegen den Vater der Beschwerdeführerin erlassene Ausweisung abgewiesen. Selbst wenn man - wie die Beschwerde behauptet - von intensiven familiären Bindungen ausgeht, werden diese aber auch noch dadurch relativiert, dass die Beschwerdeführerin bereits volljährig ist. Darüber hinaus besteht nach der Aktenlage weder eine berufliche noch eine besondere, sich nicht nur aus der bisherigen Aufenthaltsdauer ergebende soziale Integration der Beschwerdeführerin und ihrer Angehörigen. Weder in der erwähnten Stellungnahme gegenüber der Erstbehörde noch in der Berufung wurden zu dieser Frage konkrete Tatsachen vorgetragen. Das gilt auch für die Beschwerde, die es somit unterlässt, die Relevanz des von ihr in diesem Zusammenhang geltend gemachten Verfahrensmangels aufzuzeigen.
Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt durfte die belangte Behörde aber die Ausweisung der (seit Abschluss des Asylverfahrens) unrechtmäßig aufhältigen Beschwerdeführerin unter Bedachtnahme auf die im angefochtenen Bescheid bereits zutreffend hervorgehobenen Umstände zur Wahrung des als hoch zu bewertenden öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen als dringend geboten ansehen. Es kann der belangten Behörde somit nicht entgegen getreten werden, wenn sie die Voraussetzungen nach § 37 Abs. 1 FrG für erfüllt erachtete.
Entgegen der Beschwerdemeinung ist aber auch kein besonderer Umstand erkennbar, der die belangte Behörde hätte veranlassen müssen, von dem ihr eingeräumten Ermessen zur Abstandnahme von der Erlassung einer Ausweisung Gebrach zu machen. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang, aber auch in Bezug auf die Abwägung nach § 37 FrG, auf die (damals gegebene) Situation im Irak verweist, kommt dem insofern keine Bedeutung zu, weil mit der Ausweisung nicht ausgesprochen wird, dass der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass er dorthin abgeschoben werde (vgl. auch dazu das schon erwähnte Erkenntnis vom 26. Juni 2003, Zl. 2002/18/0130). Die damit angesprochene Unzulässigkeit einer Abschiebung der Beschwerdeführerin in ihren Heimatstaat (§ 57 FrG) ist im Ausweisungsverfahren nach § 33 Abs. 1 FrG nicht zu prüfen, sondern Gegenstand anderer Verfahren (vgl. § 8 AsylG; § 75 und § 56 Abs. 2 FrG).
Letztlich trifft auch der mehrfach erhobene Beschwerdevorwurf, die Begründung des angefochtenen Bescheides sei mangelhaft und nicht überprüfbar, nicht zu. Dem Bescheid lassen sich - wie schon aus der oben zusammengefassten Wiedergabe erkennbar ist - sowohl die Feststellungen der belangten Behörde als auch die darauf aufbauende rechtliche Beurteilung in ausreichender Weise entnehmen.
Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 15. Oktober 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002210159.X00Im RIS seit
11.11.2003