RS OGH 1986/6/30 10Os76/85, 10Os146/86, 9Os59/87, 10Os166/86, 15Os131/87, 15Os34/89, 14Os23/90, 12Os

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 30.06.1986
beobachten
merken

Norm

StGB §12 Bc
StGB §14 Abs1 B
StGB §153

Rechtssatz

Zur Verwirklichung des Tatbestands nach § 153 StGB ist in subjektiver Hinsicht - neben einem wenigstens bedingt auf Vermögensschädigung gerichteten Vorsatz - bezüglich des Befugnismissbrauchs durch den Machthaber Wissentlichkeit (§ 5 Abs 3 StGB) erforderlich: Dieses Erfordernis gilt für jeden Täter, und zwar unabhängig von der Art seiner Tatbeteiligung, weil er ansonsten den Tatbestand auf der subjektiven Tatseite nicht verwirklicht. Bei der Untreue hängt aber außerdem das deliktstypische Unrecht der Tat davon ab, dass der zur Verfügung über fremdes Vermögen befugte Träger der daraus resultierenden besonderen Pflichtenstellung an der Tat - ohne sie unmittelbar ausführen zu müssen - in bestimmter Weise, und zwar vorsätzlich, mitwirkt; in solchen Fällen muss sich der tatbestandsmäßige Vorsatz eines anderen Tatbeteiligten, der selbst nicht in diesem speziellen persönlichen Pflicht-Verhältnis steht, auch auf den unrechtsbegründenden Vorsatz des Qualifizierten erstrecken. Beitragstäterschaft zur Untreue setzt demnach auf der subjektiven Tatseite voraus, dass der betreffende Täter einen vorsätzlichen Befugnismissbrauch durch den im besonderen Verpflichtungsverhältnis stehenden Mitwirkenden für gewiss hält.

Entscheidungstexte

  • 10 Os 76/85
    Entscheidungstext OGH 30.06.1986 10 Os 76/85
    Veröff: EvBl 1987/37 S 151 = SSt 57/45 = RZ 1987/4 S 18 (kritisch Kienapfel) = RdW 1986,371
  • 10 Os 146/86
    Entscheidungstext OGH 28.04.1987 10 Os 146/86
    nur: Zur Verwirklichung des Tatbestands nach § 153 StGB ist in subjektiver Hinsicht - neben einem wenigstens bedingt auf Vermögensschädigung gerichteten Vorsatz - bezüglich des Befugnismissbrauchs durch den Machthaber Wissentlichkeit (§ 5 Abs 3 StGB) erforderlich: Dieses Erfordernis gilt für jeden Täter, und zwar unabhängig von der Art seiner Tatbeteiligung, weil er ansonsten den Tatbestand auf der subjektiven Tatseite nicht verwirklicht. (T1)
    Beisatz: Hier zu § 302 StGB: Auch für den Bestimmungstäter, der gemäß § 1 Abs 1 StGB als Täter den Tatbestand auf der subjektiven Tatseite voll verwirklichen muss, gilt das primäre subjektive Tatbestandserfordernis eines Wissens vom zumindest objektiven Befugnismissbrauch durch den Beamten. Ein derartiges Wissen muss sich im Sinn des § 14 Abs 1 Satz 2 zweiter Fall StGB zudem auf den unrechtsbegründenden Vorsatz des Beamten erstrecken, wobei hier offenbleiben kann, wieweit dieses Wissen reichen muss (Anmerkung: nämlich ob es vorsätzliches oder wissentliches Handeln des Beamten umfassen muss). (T2)
  • 9 Os 59/87
    Entscheidungstext OGH 17.06.1987 9 Os 59/87
    Vgl auch; nur T1; Beisatz: Die jeweils deliktstypische Vorsatzart (hier: Absicht bei § 87 StGB) ist für jede Täterschaftsart erforderlich, demnach auf für strafbaren Tatbeitrag nach § 12, dritter Fall, StGB). (T3)
  • 10 Os 166/86
    Entscheidungstext OGH 07.07.1987 10 Os 166/86
    Vgl auch
  • 15 Os 131/87
    Entscheidungstext OGH 06.10.1987 15 Os 131/87
    Beisatz: Mit näherer Begründung und Bezugnahme auf die Kritik Kienapfels in RZ 1987,19 f). (T4)
    Veröff: JBl 1988,392 (Anmerkung Liebscher) = SSt 58/74 = RZ 1988/33 S 141
  • 15 Os 34/89
    Entscheidungstext OGH 01.08.1989 15 Os 34/89
    Vgl auch; Veröff: JBl 1990,331 = JBl 1990,468 (erratum)
  • 14 Os 23/90
    Entscheidungstext OGH 03.04.1990 14 Os 23/90
    Vgl auch; Beisatz: Zum Missbrauch der Amtsgewalt. (T5)
  • 12 Os 104/90
    Entscheidungstext OGH 24.10.1990 12 Os 104/90
    Vgl auch; Beisatz: Die Strafbarkeit des extranen, an der Untreue beteiligten Täters, dem die besondere Subjektqualität des § 153 StGB fehlt, setzt das Vorliegen der vom Gesetz bestimmten Vorsatzform in seiner Person voraus (§ 13 StGB). Er muss also wissen (§ 5 Abs 3 StGB), dass die Tathandlung, an der er mitwirkt, gegen das rechtliche Dürfen des unmittelbaren Täters im Rahmen dessen rechtlichen Könnens verstößt und der unmittelbare Täter selbst (zumindest) mit Vorsatz (§ 5 Abs 1 StGB) handelte; ferner muss er in seinen Vorsatz aufgenommen haben, dass dieser Befugnismissbrauch des Machthabers einen Vermögensschaden des Machtgebers zur Folge hat. (T6)
  • 12 Os 50/90
    Entscheidungstext OGH 06.09.1990 12 Os 50/90
    Beis wie T6; Veröff: JBl 1991,532
  • 16 Os 31/90
    Entscheidungstext OGH 08.03.1991 16 Os 31/90
    nur: Beitragstäterschaft zur Untreue setzt demnach auf der subjektiven Tatseite voraus, dass der betreffende Täter einen vorsätzlichen Befugnismissbrauch durch den im besonderen Verpflichtungsverhältnis stehenden Mitwirkenden für gewiss hält. (T7)
  • 3 Ob 503/92
    Entscheidungstext OGH 25.03.1992 3 Ob 503/92
    Auch; nur T1
  • 11 Os 17/94
    Entscheidungstext OGH 29.03.1994 11 Os 17/94
    nur T7
  • 15 Os 124/96
    Entscheidungstext OGH 05.09.1996 15 Os 124/96
    Vgl auch
  • 12 Os 159/96
    Entscheidungstext OGH 14.03.1997 12 Os 159/96
  • 14 Os 148/00
    Entscheidungstext OGH 25.09.2001 14 Os 148/00
    Vgl auch; Beisatz: Beim Sonderdelikt der Untreue hängt das Unrecht der Tat zudem nach § 14 Abs 1 zweiter Satz zweiter Fall StGB davon ab, dass der Qualifizierte in bestimmter Weise an der Tat beteiligt ist, indem er (wenigstens) vorsätzlich seine Befugnis missbraucht, weil (erst) dadurch das deliktstypische Unrecht der Untreue hergestellt wird. Ein Vorsatz des Intraneus auch hinsichtlich des durch seinen Missbrauch bewirkten Vermögensnachteils ist hingegen mit einem Missbrauch dem Wortsinn nach nicht notwendig verbunden und daher für die Haftung des entrannen Täters ohne Belang. (T8)
  • 15 Os 16/02
    Entscheidungstext OGH 25.04.2002 15 Os 16/02
    Auch; Beis wie T4; Beisatz: Nach gefestigter Rechtsprechung hängt bei der Untreue als unrechtsbezogenem Sonderdelikt das deliktsspezifische Unrecht der Tat jedes Täters (§ 12 StGB) davon ab, dass der Qualifizierte, also der zur Verfügung über fremdes Vermögen befugte Träger der daraus resultierenden besonderen Pflichtenstellung, daran - ohne die seinen Machtgeber schädigende Handlung selbst ausführen zu müssen - sonst "in bestimmter Weise", das heißt vorsätzlich, mitwirkt (§ 14 Abs 1 Satz zwei zweiter Fall StGB). Denn das der Untreue (ebenso wie das dem Missbrauch der Amtsgewalt) innewohnende Unrecht enthält auch eine subjektive Komponente: Missbrauch ist demnach - vom allgemeinen (§ 7 Abs 1 StGB) gleich wie vom spezifizierten (§§ 153, 302 StGB) Vorsatzerfordernis ganz unabhängig - sowohl sprachlich als auch nach seinem materiellen Gehalt, schon von der Wortbedeutung her, vorsätzlicher Fehlgebrauch (grundlegend SSt 58/74 = JBl 1988, 392). Die Strafbarkeit des Bestimmungstäters zur Untreue erfordert daher in seiner Person den zumindest bedingt vorsätzlichen (§ 5 Abs 1 StGB) Befugnismissbrauch durch den Qualifizierten. (T9)
  • 13 Os 154/04
    Entscheidungstext OGH 22.06.2005 13 Os 154/04
    Auch; Beisatz: Die bloße Prüfung einer Rechnung auf ihre inhaltliche Richtigkeit und deren Weiterleitung an das zur Auszahlung befugte Organ, welches - schuldlos - die Zahlung veranlasst, vermag noch keinen eigenen Befugnismissbrauch des Prüfenden zu begründen. Dazu bedürfte es zumindest der (allenfalls mit anderen gemeinsam zustehenden) Rechtsmacht, die Zahlstelle der den Täter bevollmächtigenden Firma zur Überweisung von Geldern zu verpflichten. Das Verhalten eines Extraneus, der einen unvorsätzlich handelnden Intraneus zum (solcherart schon sprachlich nicht möglichen) „Missbrauch" seiner Vertretungsmacht bestimmt, kann dem § 153 StGB nicht unterstellt werden; er haftet jedoch allenfalls wegen Betruges. (T10)
  • 14 Os 96/05g
    Entscheidungstext OGH 04.04.2006 14 Os 96/05g
    Auch; Beis ähnlich wie T9; Beisatz: Das Unrecht des Sonderpflichtdelikts der Untreue nach § 153 StGB hängt allein davon ab, dass der unmittelbare Täter ein vorsätzliches Fehlverhalten an den Tag legt, also das spezifische Unrecht des § 153 StGB herstellt. „Bestimmung und Beitrag" zu einem objektiv pflichtwidrigen Gebrauch der Rechtsmacht eines nicht vorsätzlich handelnden Befugnisträgers könnte daher allenfalls als Betrug, nicht aber als Untreue qualifiziert werden. (T11)
  • 13 Os 29/08a
    Entscheidungstext OGH 27.08.2008 13 Os 29/08a
    Auch; Beisatz: Das Wissen des Beitragstäters muss sich auf den vorsätzlichen Fehlgebrauch (= Missbrauch) des Intraneus erstrecken, um Strafbarkeit des Beitragstäters zu bewirken. Nicht nach § 302 Abs 1 StGB ist als Bestimmungstäter strafbar, wer auf gutgläubige Befugnisausübung durch einen (über die wahre Sachlage getäuschten) Beamten hinwirkt. (T12)
  • 15 Os 1/13f
    Entscheidungstext OGH 22.05.2013 15 Os 1/13f
    Auch; nur T1
  • 13 Os 142/14b
    Entscheidungstext OGH 25.11.2015 13 Os 142/14b
    Auch
  • 11 Os 11/17b
    Entscheidungstext OGH 25.04.2017 11 Os 11/17b
    Auch; Beisatz: Mitwirkung an einem (allenfalls objektiv) pflichtwidrigen Gebrauch einer Rechtsmacht durch (selbst) vorsatzlos handelnde Befugnisträger kommt als strafbare Beteiligung (§ 12 dritter Fall StGB) an einer Untreue nach § 153 StGB nicht in Betracht. (T13)
  • 11 Os 7/17i
    Entscheidungstext OGH 30.05.2017 11 Os 7/17i
    Auch; Beis wie T8; Beis wie T9; Beis wie T10; Beis wie T11
  • 11 Os 126/16p
    Entscheidungstext OGH 04.07.2017 11 Os 126/16p
    Auch; Beis wie T8; Beis wie T9; Beis wie T10; Beis wie T11; Beis wie T13
  • 12 Os 12/18h
    Entscheidungstext OGH 19.04.2018 12 Os 12/18h
    Auch; Beis wie T8; Beis wie T9; Beis wie T10; Beis wie T11

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:RS0090558

Im RIS seit

15.06.1997

Zuletzt aktualisiert am

13.07.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten