TE Vwgh Erkenntnis 2003/10/16 2002/03/0081

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Veröffentlicht am 16.10.2003
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
GewO 1994 §1 Abs2;
GewO 1994 §87 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Bernegger, Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des F Ö in W, vertreten durch Dr. Peter H. Jandl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Landesgerichtsstraße 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 23. Jänner 2002, Zl. MA 63-O/94/00, betreffend Entziehung einer Gewerbeberechtigung für das Taxigewerbe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid entzog die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 im Zusammenhalt mit § 13 Abs. 3 der Gewerbeordnung 1994 und § 1 Abs. 2 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes 1996 "die

Gewerbeberechtigung: Taxi-Gewerbe, beschränkt auf die Verwendung von 1 Personenkraftwagen im Standort W, Sgasse 10".

Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die Erstbehörde habe die Entziehung der Gewerbeberechtigung damit begründet, dass mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 31. August 1999 ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden wäre. Eine mit der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft abgeschlossene Ratenvereinbarung wäre wegen wirtschaftlicher Probleme nicht eingehalten worden. Im Übrigen hätte die genannte Anstalt mitgeteilt, dass kein Interesse an der weiteren Gewerbeausübung bestünde. In der dagegen gerichteten Berufung werde ausgeführt, eine zwischenzeitlich erfolgte Ratenzahlung an die besagte Sozialversicherungsanstalt samt darauf folgender Einstellung eines beim Bezirksgericht Floridsdorf anhängig gewesenen Exekutionsverfahrens wäre nicht berücksichtigt worden. Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 GewO 1994 wären sohin nicht richtig gewertet worden. Die Beibehaltung der Taxikonzession wäre für den Beschwerdeführer von größter Bedeutung, um seinen "Unterhalts- und Erhaltungspflichten" nachkommen zu können.

Angesichts des genannten Beschlusses des Handelsgerichts Wien sei der Entziehungstatbestand des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 verwirklicht. In weiterer Folge sei sohin zu prüfen, ob die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen sei. Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft habe auf Anfrage mit Schreiben vom 11. Oktober 2001 mitgeteilt, dass auf dem Beitragskonto des Beschwerdeführers ein Rückstand in der Höhe von EUR 7.286,28 bestehen würde. Dieser Beitragsrückstand bezöge sich auf den Zeitraum von Anfang März 1999 bis Ende September 2001. Eine am 8. Juni 2001 abgeschlossene Ratenvereinbarung wäre nicht eingehalten worden; weder wäre die Anzahlung geleistet noch wären die laufenden Beiträge bezahlt worden. Weiters sei im Zuge des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens das Bezirksgericht Innere Stadt (nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten richtig: Bezirksgericht Floridsdorf als Exekutionsgericht) um Mitteilung gebeten worden, ob gegen den Beschwerdeführer Exekutionsverfahren anhängig seien; bejahendenfalls sei darum ersucht worden, nicht nur die Geschäftszahlen und die betreibenden Gläubiger, sondern auch die Höhe der jeweiligen Forderungen bekannt zu geben.

Dem Beschwerdeführer sei das Ergebnis der Beweisaufnahme nachweislich zur Kenntnis gebracht und Gelegenheit zur Stellungnahme geboten worden. Eine Äußerung in dieser Sache sei unterblieben. Es wäre am Beschwerdeführer gelegen gewesen, ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten und Beweismittel über das allfällige Vorhandensein liquider Mittel anzubieten. Da der Beschwerdeführer nicht im Stande oder Willens sei, die Forderungen jedenfalls eines andrängenden Gläubigers bei Fälligkeit zu befriedigen, sei zu befürchten, dass durch die Gewerbeausübung weitere Gläubiger geschädigt werden könnten. Angesichts der derzeit bestehenden finanziellen Probleme des Beschwerdeführers sei sohin davon auszugehen, dass die weitere Gewerbeausübung nicht vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen sei.

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

1.3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattet eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 1 Abs. 2 GelverkG bestimmt:

" (2) Soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, gilt für die diesem Bundesgesetz unterliegenden Gewerbezweige (Abs. 1) die Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, mit der Maßgabe, dass die Gewerbe nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz als bewilligungspflichtige gebundene Gewerbe gelten."

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 idF BGBl. I Nr. 63/1997 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluss bewirken, vorliegt.

§ 13 Abs. 3 erster Satz GewO 1994 idF BGBl. I Nr. 136/2001ordnet (u.a.) an, dass Rechtsträger, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, von der Gewerbeausübung als Gewerbebetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen sind.

Gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

2.2. Der Beschwerdeführer wendet sich nicht dagegen, dass die Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung im Grunde des § 87 Abs. 1 Z. 2 iVm § 13 Abs. 3 GewO 1994 und § 1 Abs. 2 GelverkG erfüllt sind. Er meint vielmehr, die Behörde hätte gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 von der Entziehung der Gewerbeberechtigung absehen müssen. Für das Verständnis des § 87 Abs. 2 GewO 1994 ist nach ständiger Rechtssprechung des Gerichtshofes maßgebend, dass die Gewerbeausübung "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen" ist und daher von der Entziehung nur abgesehen werden kann, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden kann, dass der Gewerbebetreibende auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, dass die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, dass das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden können. Ferner muss die pünktliche Erfüllung aller Zahlungsverpflichtungen erwartet werden können. Eine bloße Verbesserung der wirtschaftlichen Situation verbunden mit einer lediglich teilweisen Abzahlung von Rückständen ist nicht ausreichend. Es muss nämlich sicher gestellt sein, dass die im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartenden Verbindlichkeiten durch liquide Mittel beglichen werden können, um nicht eine Schädigung weiterer Gläubiger durch die fortgesetzte Gewerbeausübung eintreten zu lassen. Die Gewerbeausübung muss im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger und nicht einzelner Gläubiger liegen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 7. Juni 2000, Zl. 2000/03/0108, mwH). Ferner ist auf die hg. Rechtsprechung hinzuweisen, wonach dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens eine Verpflichtung der Partei korrespondiert, an der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken, wenn der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt sind. Dies trifft in Ansehung der Vollziehung des § 87 Abs. 2 GewO 1994 insofern zu, als die damit im Zusammenhang stehenden Feststellungen notwendiger Weise ein entsprechendes Vorbringen und Bescheinigungsanbieten der Partei voraussetzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 2000, Zl. 2000/03/0157, mwH).

Ausgehend von dieser Rechtslage vermag der Verwaltungsgerichtshof der Beurteilung der belangten Behörde, im vorliegenden Fall liege die weitere Gewerbeausübung durch den Beschwerdeführer nicht im Interesse der Gläubiger, nicht entgegenzutreten. Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer gar nicht behauptet, seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen zu sein; vielmehr zieht er die behördliche Feststellung, er habe trotz Aufforderung, zum Ergebnis der Beweisaufnahme im Jahr 2001 Stellung zu nehmen, dazu keine Äußerungen abgegeben und kein entsprechendes, durch Beweismittel untermauertes Vorbringen über das allfällige Vorhandensein liquider Mittel erstattet, nicht in Zweifel. Mit seinem Hinweis, dass das Bezirksgericht Floridsdorf die Auskunft erteilt habe, dass dort derzeit keine offenen Exekutionsverfahren anhängig seien, vermag der Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, lässt sich doch aus dem Ergebnis des verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens nicht ableiten, dass der im angefochtenen Bescheid angeführte, mit Schreiben vom 11. Oktober 2001 mitgeteilte Beitragsrückstand bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides durch vorhandene liquide Mittel des Beschwerdeführers tatsächlich zur Gänze hätte abgedeckt werden können. Der Beschwerdeführer lässt auch unbestritten, dass eine am 8. Juni 2001 mit der genannten Sozialversicherungsanstalt abgeschlossene Ratenvereinbarung nicht eingehalten worden sei, weshalb sich aus seinem Hinweis auf den Abschluss dieser Vereinbarung für ihn nichts gewinnen lässt. Das Vorbringen, dass der Beschwerdeführer die dem genannten Antrag auf Eröffnung des Konkurses zugrundeliegenden Rückstände aus dem Zeitraum vom 1. April 1997 bis zum 30. September 1998 samt Verzugszinsen inzwischen zur Gänze bezahlt habe, und sich die offenen Rückstände "nur mehr" auf einen Zeitraum von März 1999 bis September 2001 beziehen, vermag daran nichts zu ändern. Dies gilt auch für die Hinweise des Beschwerdeführers auf Exekutionseinstellungsbeschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf, auf die Beitragsrückstandsfreiheit bei der Wiener Gebietskrankenkasse, ein Guthaben beim Finanzamt für den 21. und 22. Bezirk in Wien, auf die Einhaltung der Leasingraten für sein Betriebsfahrzeug und auf seine behauptete gesundheitliche Erholung.

2.3. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

2.4. Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 16. Oktober 2003

Schlagworte

Begründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002030081.X00

Im RIS seit

12.11.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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