Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VStG §51e idF 1998/I/158;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des K R in B, Deutschland, vertreten durch Dr. Stefan Hornung, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 2. Mai 2001, Zl. uvs-2001/2/012-1, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe
"als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges ... (D), Sattelzugfahrzeug (höchstes zulässiges Gesamtgewicht über 7,5 t), Sattelauflieger ... (D) am 14. 10. 2000 von Deutschland kommend eine ökopunktepflichtige Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich nach Italien durchgeführt und dabei weder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular noch eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitgeführt, wie anlässlich einer Kontrolle durch Beamte des Landesgendarmeriekommandos für Tirol, Verkehrsabteilung, Außenstelle Wiesing, am 14. 10. 2000 um 09.17 Uhr auf der A 12 Inntalautobahn, Höhe km 23,4, im Gemeindegebiet von Kundl festgestellt wurde; der mitgeführte Eco-Tag war mangels Initialisierung im Zentralrechner der Ökopunktezentrale Österreichs gesperrt, wodurch keine automatische Abbuchung von Ökopunkten erfolgte."
Der Beschwerdeführer habe dadurch § 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz, BGBl. Nr. 593/1995 i.d.F. der Novelle BGBl. I Nr. 17/1998 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 lit. a und Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 i.d.F. der Verordnungen (EG) Nr. 1524/1996 und Nr. 609/2000 verletzt; über ihn wurde gemäß § 23 Abs. 1 und 2 Güterbeförderungsgesetz eine Geldstrafe in Höhe von S 20.000,-- (EUR 1.453,46) (Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und die kostenpflichtige (betreffend den Vorlageaufwand) Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht geltend, die belangte Behörde habe es entgegen § 51e VStG unterlassen, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen, obgleich der Beschwerdeführer in der Berufung die Durchführung einer solchen beantragt habe. Die in § 51e Abs. 3 VStG aufgezählten Voraussetzungen für das Absehen von einer Verhandlung lägen nicht vor.
§ 51e Abs. 1 bis 5 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 158/1998, lauten:
"Öffentliche mündliche Verhandlung (Verhandlung)
§ 51e. (1) Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung entfällt, wenn
1. der Antrag der Partei oder die Berufung zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, daß der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist;
2. der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
(3) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn
1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder
2.
sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder
3.
im angefochtenen Bescheid eine 3 000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder
4. sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet
und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Berufungswerber hat die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung zu beantragen. Etwaigen Berufungsgegnern ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Der unabhängige Verwaltungssenat kann ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten läßt, und dem nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entgegensteht.
(5) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
..."
Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer in der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis die Tatbegehung mit näherer Begründung bestritten und mehrere Beweisanträge wie z.B. die Einvernahme des Meldungslegers, eines näher bezeichneten Zeugen und seine eigene Einvernahme beantragt. Die Beweisanträge stellte er im Zusammenhang mit seiner Behauptung, es sei für ihn weder die Sperre noch die Nichtabbuchung erkennbar gewesen. Sein Vorgesetzter habe ihm erklärt, dass ausreichend Ökopunkte vorhanden seien. Da der Beschwerdeführer in der Berufung auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, war die belangte Behörde im Beschwerdefall im Lichte der Regelungen des § 51e Abs. 1 und Abs. 3 VStG verpflichtet, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen, was der Beschwerdeführer auch zu Recht rügt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 3. September 2002, Zl. 2001/03/0400, und vom 30. April 2003, Zl. 2001/03/0082).
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 16. Oktober 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001030251.X00Im RIS seit
07.11.2003