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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §914;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Höfinger, Dr. Kail und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des Hermann H in V, vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom 11. Juli 2003, GZ RV/0376-I/02, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Stefan H., der Sohn des Beschwerdeführers, erwarb mit Kaufvertrag vom 10. August 2001 näher bezeichnete Liegenschaftsanteile, mit welchen Anteilen Wohnungseigentum an einem Reihenhaus verbunden ist. Der Kaufpreis von S 3,650.000,-- war nach der Vertragsurkunde binnen 14 Tagen nach ihrer Unterfertigung zur Zahlung fällig. Nach Punkt XIII der Vertragsurkunde räumte der Käufer seinen Eltern, dem Beschwerdeführer und dessen Ehefrau Maria H., das unentgeltliche Wohnrecht an dem Reihenhaus ein. Weiters wurde hinsichtlich der Liegenschaftsanteile ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zu Gunsten der Eltern des Käufers vereinbart.
Mit Bescheid vom 21. August 2001 schrieb das Finanzamt Innsbruck dem Beschwerdeführer gemäß § 33 TP 9 GebG Rechtsgebühr von einer Bemessungsgrundlage von S 3,650.000,-- vor.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde vorgebracht, die Dienstbarkeit der Wohnung sei von Stefan H. unentgeltlich eingeräumt worden.
In der Folge wurde der Beschwerdeführer vom Finanzamt aufgefordert, die Finanzierung des Kaufes des Reihenhauses zu erläutern. Mit einer Eingabe vom 21. März 2003 wurden daraufhin zwei "Schenkungsbestätigungen" vorgelegt, wonach der Beschwerdeführer seinem Sohn am 10. August 2001 ein Sparbuch mit einer Einlage von S 722.700,-- und am 21. August 2001 ein solches mit einer Einlage von S 2,000.000,-- geschenkt habe.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 10. April 2002 wurde der Berufung teilweise stattgegeben und dabei die Rechtsgebühr von einer Grundlage von S 2,722.700,-- bemessen. In der Begründung ging das Finanzamt sinngemäß davon aus, dass die dem Sohn übergebenen Sparbücher das Entgelt für die Einräumung der Dienstbarkeit gewesen seien.
Der Beschwerdeführer beantragte die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung teilweise stattgegeben und die Rechtsgebühr wie in der Berufungsvorentscheidung bemessen. In der Begründung wurde ausgeführt, das Finanzamt sei zum Sachverhalt davon ausgegangen, dass Stefan H. seinen Eltern das Wohnrecht für die Übergabe der Sparbücher eingeräumt habe. Dieser Sachverhaltsfeststellung sei im Vorlageantrag nicht widersprochen worden. Die kausale Verknüpfung zwischen den "Schenkungen" der Sparbücher und der Einräumung des Wohnrechts ergebe sich aus dem engen zeitlichen Zusammenhang. Darauf deute auch die Bestimmung des Punktes XIII Z 2 hin, worin sich Stefan H verpflichtet habe, "zur Erhaltung der Liegenschaft im Familienbesitz" die von ihm gekauften Liegenschaftsanteile weder zu belasten noch zu veräußern.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, nicht mit einer Rechtsgebühr belastet zu werden.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 33 TP 9 GebG unterliegen Dienstbarkeiten, wenn jemandem der Titel zur Erwerbung einer Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt oder die entgeltliche Erwerbung von dem Verpflichteten bestätigt wird, einer Rechtsgebühr in Höhe von 2 vH vom Wert des bedungenen Entgelts.
Voraussetzung der Gebührenpflicht nach dieser Tarifstelle ist somit, dass die Einräumung der Dienstbarkeit durch entgeltliches Rechtsgeschäft erfolgt. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist dabei nach den Vorschriften des Gebührengesetzes und nicht des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes zu prüfen, ob das Rechtsgeschäft entgeltlich ist. Ein solches entgeltliches Rechtsgeschäft liegt vor, wenn nach dem Willen der Parteien eine Leistung iS einer subjektiven Äquivalenz durch die andere "vergolten" werden soll (vgl Koziol/Welser, Bürgerliches Recht12 I 106; hg Erkenntnis vom 18. Februar 1983, 81/17/0030, Slg Nr 5762/F).
Getrennt abgeschlossene Verträge sind dann als Einheit aufzufassen, wenn die Beteiligten trotz mehrerer (in einer oder mehreren Urkunden enthaltenen) getrennter Verträge eine einheitliche Regelung beabsichtigten und wenn zwischen den mehreren Verträgen ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl das hg Erkenntnis vom 9. Oktober 1991, 89/13/0098 mwH).
Im Beschwerdefall wurden mit der Vertragsurkunde vom 10. August 2001 mehrere Rechtsgeschäfte abgeschlossen: Einerseits wurde damit der Kauf der Liegenschaftsanteile, mit denen das Wohnungseigentum an einem Reihenhaus verbunden ist, durch Stefan H. beurkundet; gleichzeitig räumte der Käufer seinen Eltern das "unentgeltliche" Wohnungsrecht an dem Reihenhaus ein, abgesichert durch ein Belastungs- und Veräußerungsverbot. Wie sich im Berufungsverfahren herausstellte, wurde der Kaufpreis zum Teil durch die Realisierung von zwei Sparbüchern finanziert, die der Beschwerdeführer seinem Sohn am 10. August 2001, dem Tag der Vertragsunterzeichnung durch den Käufer und seine Eltern, sowie am 21. August 2001 übergeben hatte. Die Fälligkeit des Kaufpreises trat nach der Vertragsurkunde am 24. August 2001 ein. Bei diesem von der Abgabenbehörde festgestellten engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang entspricht aber die Folgerung der belangten Behörde, die getroffenen Vereinbarungen zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Sohn seien miteinander kausal verknüpft, den Denkgesetzen. Sie ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem Wert der übergebenen Sparbücher um das Entgelt für die eingeräumte Dienstbarkeit gehandelt hat.
In der Beschwerde wird demgegenüber die Behauptung aufgestellt, der Kaufvertrag sei schon "wesentlich früher" als dem 10. August 2001 "erstellt" worden; der Vertragspunkt XIII sei bereits im Entwurf vorgesehen gewesen. Erst als mit der Unterfertigung des Kaufvertrages der Kaufschilling fällig geworden sei, habe sich der Beschwerdeführer zur Teilfinanzierung entschlossen, um seinen Sohn finanziell zu entlasten. Diese - im Übrigen nicht näher unter Beweis gestellten - Ausführungen stellen zur Gänze ein vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtliches neues Vorbringen dar.
Der Beschwerdeführer stellt weiters den Kaufpreis der Liegenschaftsanteile (S 3,650.000,--) dem Einlagenstand der übergebenen Sparbücher (S 2,722.700,--) gegenüber und meint, die Dienstbarkeit könne nicht "75 % des Kaufpreises für Liegenschaft und Wohnungseigentum" wert sein. Mit diesen ebenfalls erstmals in der Beschwerdeschrift vorgebrachten, nicht näher substantiierten Einwendungen übersieht der Beschwerdeführer, dass es bei der Beurteilung der Entgeltlichkeit, wie ausgeführt, auf die subjektive Äquivalenz ankommt. Sollte der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen darauf Bedacht genommen haben, dass auch seiner Ehefrau das Wohnungsrecht eingeräumt worden ist, so ist darauf zu verweisen, dass die belangte Behörde auf Grund ihrer Sachverhaltsfeststellungen zu Recht davon ausgehen konnte, dass die Sparbücher als das vom Beschwerdeführer geleistete Entgelt für die beiden Ehegatten eingeräumte Dienstbarkeit geleistet wurden. Ob die Ehefrau dadurch bereichert wurde, war im vorliegenden Verfahren nicht zu beurteilen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 16. Oktober 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003160126.X00Im RIS seit
12.11.2003