TE Vwgh Erkenntnis 2003/10/17 99/17/0130

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Veröffentlicht am 17.10.2003
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Index

E1E;
L74001 Fremdenverkehr Tourismus Burgenland;
001 Verwaltungsrecht allgemein;

Norm

11992E052 EGV Art52;
TourismusG Bgld 1992 §28 Abs2 Z3;
TourismusG Bgld 1992 §28;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des Dr. AB, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 13. Jänner 1999, Zl. 02/04-119-1999, betreffend Tourismusabgabe für Ferienwohnungen für das Jahr 1995 (mitbeteiligte Partei: Großgemeinde Weiden am See, Raiffeisenplatz 5, 7121 Weiden am See), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 181,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Am 26. November 1996 setzte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die Tourismusabgabe für das Jahr 1995 für ein im Eigentum des Beschwerdeführers stehendes Objekt in der mitbeteiligten Gemeinde in der Größe von 44 m2 in der Höhe von S 700,-- fest.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

Mit Bescheid vom 30. April 1997 des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die Berufungsbehörde aus, dass die Voraussetzungen des § 28 Bgld Tourismusgesetz vorlägen und die für die Vorschreibung maßgebenden Daten in einem entsprechenden Ermittlungsverfahren erhoben worden seien. Die Angaben betreffend Eigentum und Größe des Objektes seien in einer Stellungnahme des Beschwerdeführers bestätigt worden. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers im Abgabenverfahren führte die Berufungsbehörde unter anderem aus, dass die Behauptung, Burgenländer, die als Pendler in Wien in Arbeit stünden, seien dem Berufungswerber gleichzustellen, sehr weit hergeholt sei. Abgesehen davon, dass es sich in der überwiegenden Zahl um Tagespendler handle, seien diese alle Bewohner der Gemeinde Weiden am See mit Hauptwohnsitz und dem Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen. Aus einem vom Beschwerdeführer vorgelegten Schreiben aus dem Jahre 1978 gehe nichts anderes hervor, als dass der Beschwerdeführer noch immer nicht seinen Hauptwohnsitz in die mitbeteiligte Gemeinde verlegen habe können, da er die fehlenden Unterlagen bis dato nicht nachgebracht habe.

Auf Grund der Vorstellung des Beschwerdeführers, in welcher dieser unter anderem ausführte, dass er sein Haus in der mitbeteiligten Gemeinde auch als Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen betrachte, da er sich dort vom hektischen Treiben des Berufsalltags zusammen mit seiner Familie an den Abenden und Wochenenden erhole und sich auch während der Urlaubszeit dort befinde, erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit welchem die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge gab.

Begründend führte die belangte Behörde insbesondere aus, dass sich die Lebenssituation des Beschwerdeführers von jener der in Wien tätigen Pendler mit Wohnsitz im Burgenland deutlich unterscheide. Der Beschwerdeführer behaupte zwar in der Vorstellung, sich "an den Abenden" in seinem Haus in Weiden zu befinden, habe aber den Abgabenbehörden der Gemeinde bislang keinen Anhaltspunkt gegeben feststellen zu können, dass sein Haus in Weiden im Sinne des § 28 Abs. 2 Z 1 Bgld Tourismusgesetz zur Deckung eines ganzjährigen Wohnbedarfes diene. Der Gemeinderat habe daher zu Recht einen mit einem Tagespendler, der den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in Weiden am See habe, nicht vergleichbaren Sachverhalt angenommen und die Tourismusabgabepflicht bejaht. Dass der Vorstellungswerber im Jahre 1995 und auch später noch keinen ordentlichen Wohnsitz in der Gemeinde Weiden am See gehabt habe, gehe aus dem gesamten bisherigen Verfahren klar hervor und werde auch in der Vorstellung nicht bestritten. Da § 28 Abs. 2 Z 3 Bgld Tourismusgesetz auf die Tatsache des Vorliegens oder Nichtvorliegens des ordentlichen Wohnsitzes in der Gemeinde abstelle, seien die Ausführungen des Vorstellungswerbers, warum es bisher nicht zur Begründung seines ordentlichen Wohnsitzes in der Gemeinde Weiden am See gekommen sei, ungeeignet, die Abgabepflicht zu verneinen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wendet sich der Beschwerdeführer insbesondere gegen die Feststellungen im Zusammenhang mit der Frage des Bestehens eines ordentlichen Wohnsitzes. Er habe bereits im Jahre 1978 in Weiden am See schriftlich eine Anmeldung zur Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes abgegeben und diese Anmeldung sei rechtswidrigerweise nicht zur Kenntnis genommen worden. Über diesen Antrag sei bis heute nicht in rechtskraftfähiger Form entschieden worden, sodass seine Anmeldung nach wie vor aufrecht bestehe. Im Übrigen legt er neuerlich dar, dass seiner Ansicht nach die Nutzung seiner Wohnung nicht anders erfolge als die Nutzung der Wohnung eines "Durchschnittsburgenländers". Für die Vorschreibung einer Tourismusabgabe sei insoweit kein Raum, als die tatsächlichen Verhältnisse (gemeint: der Nutzung) "nicht als Tourismus anzusehen" seien. Der Beschwerdeführer verweist weiters auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Oktober 1993,

B 1055/92, aus dem hervorgehe, dass die burgenländischen Behörden willkürlich gegen den Beschwerdeführer vorgegangen seien und ihm die Verpflichtung auferlegt hätten, seine eigene Wohnung während des halben Jahres zu vermieten.

2. § 28 Bgld TourismusG 1992, LGBl. Nr. 36, lautete (in der Fassung vor dem 1. Jänner 1996, zu dem der Begriff "ordentlicher Wohnsitz" in § 28 Abs. 2 Z 3 gemäß Art. 151 Abs. 9 B-VG durch den Begriff "Hauptwohnsitz" ersetzt wurde) auszugsweise:

"Tourismusabgabe für Ferienwohnungen

§ 28. (1) Für Ferienwohnungen ist nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen eine jährliche Abgabe zu leisten.

     (2) Als Ferienwohnungen gelten Wohnungen und Baulichkeiten, die

     1.        nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen

Wohnungsbedarfes dienen, sondern außerhalb eines

Gastgewerbebetriebes überwiegend zu Aufenthalten während des

Wochenendes oder des Urlaubes oder sonst nur zeitweilig für nicht

berufliche Zwecke benutzt werden,

     2.        die im Baugebiet für Erholungs- oder

Fremdenverkehrseinrichtungen (§ 14 Abs. 3 lit. f

Bgld. Raumplanungsgesetz, LGBl. Nr. 18/1969 in der jeweils

geltenden Fassung) liegen und

     3.        deren Benützer keinen ordentlichen Wohnsitz in der

Gemeinde haben.

(3) Abgabepflichtig ist der Hauseigentümer bzw. jeder Miteigentümer anteilsmäßig oder der Wohnungseigentümer.

...

(5) Die Höhe der Abgabe für jede abgeschlossene Wohneinheit beträgt pro Jahr

a)

bei einer Nutzfläche bis zu 30 m2 S 500,--,

b)

bei einer Nutzfläche von mehr als 30 m2 bis 50 m2

S 700,--

..."

              3.              Die Abgabepflicht nach § 28 Bgld TourismusG 1992 setzt das kumulative Vorliegen der in Abs. 2 Z 1 bis 3 genannten Tatbestandselemente voraus (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 18. September 2000, Zl. 2000/17/0007).

              4.              Gemäß § 28 Abs. 2 Z 3 Bgld TourismusG 1992 kommt es (bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen) für das Vorliegen der Abgabepflicht darauf an, dass der betroffene Eigentümer keinen ordentlichen Wohnsitz in der Gemeinde hat, in der die Wohnung, deren Qualifikation als Ferienwohnung in Frage steht, liegt.

              5.              Die belangte Behörde hat sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides zwar ausdrücklich mit der Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Z 3 Bgld Tourismusgesetz auseinander gesetzt; sie hat dabei jedoch verkannt, dass die Frage des Bestehens eines ordentlichen Wohnsitzes unabhängig davon zu beurteilen ist, ob eine ordnungsgemäße Meldung nach melderechtlichen Vorschriften vorliegt (vgl. dazu bereits das hg. Erkenntnis vom 18. September 2000, Zl. 2000/17/0007).

Als ordentlicher Wohnsitz ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (wie in dem denselben Beschwerdeführer betreffenden hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2002, Zl. 97/17/0161, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden kann, mit näherer Begründung ausgeführt wurde) jener Ort anzusehen, an dem sich die betreffende Person in der erweislichen Absicht niedergelassen hat, ihn bis auf weiteres zum Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen zu wählen.

Ebenso wie in dem dem Erkenntnis vom 25. Juni 2002, Zl. 97/17/0161, zu Grunde liegenden Verfahren, haben die Gemeindebehörden aus den ihnen vorliegenden Unterlagen den Schluss gezogen, dass der Beschwerdeführer "noch immer nicht seinen Hauptwohnsitz" in die mitbeteiligte Gemeinde "verlegen" habe können.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem genannten Erkenntnis weiters darauf hingewiesen, dass zwischen dem "Hauptwohnsitz" und dem "ordentlichen Wohnsitz" nach der früheren Rechtslage ein Unterschied besteht.

Wenn die belangte Behörde aus der Feststellung der Gemeindebehörden, dass keine Meldung in Weiden am See vorliege, den Schluss gezogen hat, dass daher kein ordentlicher Wohnsitz vorliegen könne, hat sie somit auch im vorliegenden Beschwerdefall die Rechtslage verkannt.

              6.              Soweit in der Beschwerde Bedenken im Lichte des Art. 52 EGV geltend gemacht werden, ist ebenfalls gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das genannte hg. Erkenntnis vom 18. September 2000, Zl. 2000/17/0007, zu verweisen. Es besteht kein Widerspruch des § 28 Bgld Tourismusgesetz 1992 zum Gemeinschaftsrecht.

              7.              Indem die belangte Behörde aber verkannte, dass durch die von den Gemeindebehörden getroffenen Sachverhaltsfeststellungen das Vorliegen einer der notwendigen Tatbestandsvoraussetzungen des Abgabentatbestandes, nämlich jene nach § 28 Abs. 2 Z 3 Bgld Tourismusgesetz 1992, nicht nachgewiesen ist, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

              8.              Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war auch nicht unter dem Aspekt des Art. 6 MRK erforderlich, weil die vorliegende Abgabenangelegenheit nicht zu den "civil rights" gehört (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1997, Zlen. 91/17/0098, 0099, mit weiteren Nachweisen).

              9.              Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den geltend gemachten Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand. Der Schriftsatz und Verhandlungsaufwand steht schon im Hinblick auf § 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 88/1997 nicht zu, weil der Beschwerdeführer nicht tatsächlich durch einen Rechtsanwalt vertreten war und dies auch gilt, wenn ein Rechtsanwalt in eigener Sache einschreitet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. September 1997, Zl. 97/02/0214); im Übrigen wurde keine mündliche Verhandlung durchgeführt. Die vom Beschwerdeführer entrichteten Gebühren in der Höhe von S 2.500,-- waren gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000, mit EUR 181,68 in Ansatz zu bringen.

Wien, am 17. Oktober 2003

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:1999170130.X00

Im RIS seit

24.11.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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