TE Vfgh Erkenntnis 2008/2/25 B1864/07

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Veröffentlicht am 25.02.2008
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Index

26 Gewerblicher Rechtsschutz
26/02 Marken- und Musterschutz

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
EG Art234
MarkenschutzG 1970 §31, §33, §33a
  1. B-VG Art. 7 heute
  2. B-VG Art. 7 gültig ab 01.08.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013
  3. B-VG Art. 7 gültig von 01.01.2004 bis 31.07.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  4. B-VG Art. 7 gültig von 16.05.1998 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/1998
  5. B-VG Art. 7 gültig von 14.08.1997 bis 15.05.1998 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/1997
  6. B-VG Art. 7 gültig von 01.07.1988 bis 13.08.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 341/1988
  7. B-VG Art. 7 gültig von 01.01.1975 bis 30.06.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  8. B-VG Art. 7 gültig von 19.12.1945 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  9. B-VG Art. 7 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. B-VG Art. 83 heute
  2. B-VG Art. 83 gültig ab 01.02.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2019
  3. B-VG Art. 83 gültig von 01.01.2014 bis 31.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. B-VG Art. 83 gültig von 29.02.1968 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 73/1968
  5. B-VG Art. 83 gültig von 19.12.1945 bis 28.02.1968 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  6. B-VG Art. 83 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durchVersagung der Löschung einer Wort-Bildmarke; denkmögliche Annahmeeines der Markeninhaberin nicht bekannten Vertragsbruchs durchNichtbenutzung der Marke; kein Abweichen von der Rechtsansicht desEuGH; keine Verletzung von Gemeinschaftsrecht; keine Verletzung derVorlagepflicht mangels Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofszur Nachprüfung des von einem Gericht eines Mitgliedstaatesangenommenen Sachverhaltes

Spruch

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die beteiligte Partei (Antragsgegnerin im Verfahren vorrömisch eins. 1. Die beteiligte Partei (Antragsgegnerin im Verfahren vor

dem Obersten Patent- und Markensenat) ist Inhaberin der beim Österreichischen Patentamt mit Priorität 3. Jänner 1985 eingetragenen Wort-Bildmarke Nr. 109 005 "MANPOWER".

Im angefochtenen Bescheid wird dazu ausgeführt:

"Die Marke wurde am 25. April 1985 für folgende

Dienstleistungen eingetragen:

Kl 35: Bereitstellung auf Zeit von Büropersonal, gelernten und ungelernten Arbeitern, Verkaufs- und Handelspersonal, Fachpersonal, einschließlich technischem Fachpersonal, Fachleuten für die Datenverarbeitung, Lagerarbeitern und Möbelpackern sowie Sicherheitspersonal, Bereitstellung von Druckerei- und Postdiensten auf Zeit;

Kl 41: Kurse im Geschäftswesen, Einschulung und Kurse in der Datenverarbeitung, einschließlich in der Computersprache.

Gestützt auf die Löschungsgründe des §33 iVm §4 Abs1 Z2 MSchG und des §33a MSchG beantragte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 10. Mai 1991 die Löschung der Marke. Der aus der englischen Sprache stammende Wortbestandteil 'MANPOWER' bedeute übersetzt 'Arbeitskraft'. Die Marke sei für Leiharbeitskräfte registriert und damit rein beschreibend; sie könne nur mit Verkehrsgeltung registriert werden; auch die Abbildung sei nicht individualisierend und deshalb nur mit Verkehrsgeltungsnachweis registrierbar. Im Übrigen habe die Antragsgegnerin die Marke in Österreich nicht gebraucht, sodass nicht nur keine Verkehrsgeltung zum Zeitpunkt der Registrierung vorgelegen habe, sondern auch der Löschungsgrund des §33a MSchG verwirklicht sei." Gestützt auf die Löschungsgründe des §33 in Verbindung mit §4 Abs1 Z2 MSchG und des §33a MSchG beantragte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 10. Mai 1991 die Löschung der Marke. Der aus der englischen Sprache stammende Wortbestandteil 'MANPOWER' bedeute übersetzt 'Arbeitskraft'. Die Marke sei für Leiharbeitskräfte registriert und damit rein beschreibend; sie könne nur mit Verkehrsgeltung registriert werden; auch die Abbildung sei nicht individualisierend und deshalb nur mit Verkehrsgeltungsnachweis registrierbar. Im Übrigen habe die Antragsgegnerin die Marke in Österreich nicht gebraucht, sodass nicht nur keine Verkehrsgeltung zum Zeitpunkt der Registrierung vorgelegen habe, sondern auch der Löschungsgrund des §33a MSchG verwirklicht sei."

2. Gegenstand der Beschwerde ist der Bescheid des Obersten Patent- und Markensenates vom 27. Juni 2007, Z Om 2/07-2, Nm 51/1991. Mit diesem Erkenntnis wurde der Berufung der Antragsgegnerin gegen die Endentscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 5. September 2006, Z Nm 51/1991-89, mit welchem dem Antrag auf Löschung der Marke Nr. 109 005 stattgegeben wurde, Folge gegeben und der Löschungsantrag abgewiesen. Gegen diesen Bescheid des Obersten Patent- und Markensenates richtet sich die vorliegende Beschwerde nach Art144 B-VG.

Der Oberste Patent- und Markensenat ging davon aus, dass die Parteien im Jahr 1986 ein "Franchise-Licence-Agreement" geschlossen hätten. Der rechtsverbindliche Abschluss dieses Vertrages sei ursprünglich bestritten gewesen, doch sei dessen Zustandekommen inzwischen durch drei Schiedssprüche bestätigt worden. Im Verfahren betreffend Anfechtung der Schiedssprüche sei auch der Oberste Gerichtshof vom Zustandekommen dieses Vertrages ausgegangen. Mit diesem Vertrag habe die Markeninhaberin der nunmehrigen beschwerdeführenden Gesellschaft das Recht zur Benützung der Marke für Österreich eingeräumt.

Nach §33a Markenschutzgesetz, BGBl. 260/1970 idF BGBl. I 111/1999 (MSchG), unterbleibe die Löschung einer Marke trotz Nichtgebrauchs, wenn der Markeninhaber die Nichtbenutzung im maßgeblichen Zeitraum rechtfertigen könne. Der Oberste Patent- und Markensenat verwies auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 14. Juni 2007, Rs. C-246/05, Häupl/Lidl, Slg. 2007, I-4673, in dem dieser eine Auslegung der in Art12 Abs1 der Ersten Nach §33a Markenschutzgesetz, Bundesgesetzblatt 260 aus 1970, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 111 aus 1999, (MSchG), unterbleibe die Löschung einer Marke trotz Nichtgebrauchs, wenn der Markeninhaber die Nichtbenutzung im maßgeblichen Zeitraum rechtfertigen könne. Der Oberste Patent- und Markensenat verwies auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 14. Juni 2007, Rs. C-246/05, Häupl/Lidl, Slg. 2007, I-4673, in dem dieser eine Auslegung der in Art12 Abs1 der Ersten

Richtlinie 89/104/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken, ABl. 1989 L 40, S. 1 (Marken-RL), gebrauchten Formulierung "und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen" vorgenommen hatte.

Sodann meinte der Oberste Patent- und Markensenat:

"Der EUGH sprach aus, dass Hindernisse, die einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Marke aufweisen, ihre Benutzung unmöglich oder unzumutbar machen und vom Willen des Markeninhabers unabhängig sind, 'berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung' einer Marke darstellen. Es sei Sache des vorlegenden Gerichts, den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens im Licht dieser Hinweise zu beurteilen. Bei dieser Auslegung berücksichtigte der EUGH (Randnummern 48, 49) die Begriffsbestimmung des Art19 Abs1 TRIPs-Übereinkommen, wonach als triftige Gründe für die Nichtbenutzung Umstände angesehen werden, die unabhängig vom Willen des Markeninhabers eintreten und ein Hindernis für deren Benutzung bilden. Die Auslegung des EuGH ist auch auf die hier anzuwendende, insoweit gleichlautende Fassung des §33a MSchG vor MarkenrechtsNov 1999 heranzuziehen.

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt an, so erscheint die Nichtbenutzung der Wort-Bild-Marke durch die Antragsgegnerin im Sinn des §33a MSchG gerechtfertigt. Das Hindernis, die Marke in Österreich selbst zu gebrauchen, bestand für die Antragsgegnerin darin, dass sie mit der Antragstellerin einen Franchise- und Lizenzvertrag abgeschlossen hatte, demzufolge die Lizenznehmerin die Marke im Geschäftsverkehr verwenden sollte. Dieser Vertrag hält fest, dass die Markenrechte nur in einer Art, Form und in einem Zusammenhang benutzt werden dürfen, die die Lizenzgeberin bestimmt oder gebilligt hatte (die Formulierung 'shall use' drückt den Imperativ und nicht einen Wunsch aus). Nach dem Verständnis vernünftiger Vertragsparteien konnte der Franchise- und Lizenzvertrag nicht anders verstanden werden, als dass die Lizenznehmerin verpflichtet war, die Marke in der registrierten Form zu gebrauchen. Für diese Auslegung spricht auch der Vertragspunkt 9.2. Danach ist die Lizenznehmerin verpflichtet, alles zu unterlassen, was die Gültigkeit der Marke und den Wert der Markenrechte beeinträchtigen könnte. Dies bedeutet aber zwangsläufig auch, dass sie die Marke im Geschäftsverkehr rechtserhaltend benutzen musste. Die Antragstellerin war daher als Lizenznehmerin nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, die österreichische Marke der Lizenzgeberin in einer Weise zu gebrauchen, die den Markenerhalt sicherstellte. Dass die Antragsgegnerin nie selbst unter ihrer Marke in Österreich aufgetreten ist, lag ganz offensichtlich daran, dass sie sich an die Vereinbarung im Franchise- und Lizenzvertrag hielt und davon ausging, dass auch die Antragstellerin ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllen und alles unternehmen werde, um die Markenrechte zu erhalten. Dieser vertraglichen Verpflichtung ist die Antragstellerin nicht nachgekommen. Sie hat das für den Geschäftsverkehr bestimmte und mit der Marke versehene Werbematerial zwar verwendet, dabei jedoch die Marke auf den in Verkehr gebrachten Produkten überklebt und durch ein eigenes Logo ('Leonardo') ersetzt, ohne dass die Antragsgegnerin dies wissen oder auch nur ahnen konnte. Damit liegen aber berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung der Marke im Sinn der Definition des Europäischen Gerichtshofs vor: die Benutzung der Marke durch die Markeninhaberin selbst wurde einerseits durch den Franchise- und Lizenzvertrag gehindert, der die Antragstellerin zur Verwendung der Marke berechtigte und verpflichtete, andererseits dadurch, dass die Antragstellerin als Lizenznehmerin ihren vertraglichen Verpflichtungen zum rechtserhaltenden Gebrauch der Marke nicht nachgekommen ist. Beide Gesichtspunkte weisen einen unmittelbaren Bezug zur Marke auf. Sie sind auch vom Willen der Markeninhaberin unabhängig, die von der vertragswidrigen Vorgangsweise ihrer Lizenznehmerin, insbesondere dem Überkleben der Marke auf den in Verkehr gebrachten Produkten, nichts wissen konnte. Eine Abhilfemaßnahme (etwa durch eigene rechtserhaltende Benutzung der Marke) war ihr daher mangels Kenntnis des Vertragsbruchs auch nicht zumutbar; sie durfte mangels anderer Anhaltspunkte darauf vertrauen, dass auch die Antragstellerin die Verpflichtungen aus dem Franchise- und Lizenzvertrag einhalten und die Marke rechtserhaltend benutzen werde. Der Nichtgebrauch der Marke durch die Markeninhaberin selbst ist somit gerechtfertigt.

Der Berufung der Antragsgegnerin war Folge zu geben und die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes dahin abzuändern, dass der Löschungsantrag abgewiesen wird."

II. 1. Der Beschwerde liegt folgende Rechtslage zu Grunde:römisch II. 1. Der Beschwerde liegt folgende Rechtslage zu Grunde:

Der an die Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes gerichtete Löschungsantrag stützt sich auf die §§31, 33 und 33a MSchG. Diese Bestimmungen lauten in der Fassung der Novellen BGBl. 773/1992 und BGBl. I 111/1999: Der an die Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes gerichtete Löschungsantrag stützt sich auf die §§31, 33 und 33a MSchG. Diese Bestimmungen lauten in der Fassung der Novellen Bundesgesetzblatt 773 aus 1992, und BGBl. römisch eins 111/1999:

"§31. (1) Die Löschung einer Marke kann begehren, wer nachweist, daß das von ihm für dieselben oder für ähnliche Waren oder Dienstleistungen geführte nichtregistrierte Zeichen bereits zur Zeit der Anmeldung der angefochtenen, seinem nichtregistrierten Zeichen gleichen oder ähnlichen Marke innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen der Waren oder Dienstleistungen seines Unternehmens gegolten hat, es sei denn, die Marke wurde vom Markeninhaber mindestens ebenso lange unregistriert geführt, wie vom Unternehmen des Antragstellers.

  1. (2)Absatz 2Der Antrag ist abzuweisen, wenn der Antragsteller die Benutzung der eingetragenen Marke während eines Zeitraumes von fünf aufeinanderfolgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet hat. Dies gilt nur für die Waren und Dienstleistungen, für die die eingetragene Marke benutzt worden ist, und auch nur dann, wenn die Anmeldung der eingetragenen Marke nicht bösgläubig vorgenommen worden ist.

  1. (3)Absatz 3Das Löschungserkenntnis wirkt auf den Beginn der Schutzdauer (§19 Abs1) zurück.

§33. (1) Aus einem von Amts wegen wahrzunehmenden Grund kann die Löschung einer Marke von jedermann begehrt werden.

  1. (2)Absatz 2Wird die Marke deshalb gelöscht, weil sie nicht hätte registriert werden dürfen, wirkt das Löschungserkenntnis auf den Beginn der Schutzdauer (§19 Abs1) zurück.

§33a. (1) Jedermann kann die Löschung einer seit mindestens fünf Jahren im Inland registrierten oder gemäß §2 Abs2 in Österreich Schutz genießenden Marke begehren, soweit diese für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Tag der Antragstellung im Inland weder vom Markeninhaber noch mit dessen Zustimmung von einem Dritten ernsthaft kennzeichenmäßig benutzt (§10a) wurde, es sei denn, daß der Markeninhaber die Nichtbenutzung rechtfertigen kann.

  1. (2)Absatz 2Soweit Marken infolge gesetzlicher Beschränkungen des Verkehrs mit den Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen sind, nicht benutzt wurden, unterliegen sie der Löschung gemäß Abs1 nur dann nicht, wenn wegen der ernsthaften Benutzung des Zeichens im Ausland oder aufgrund anderer berücksichtigungswürdiger Umstände ein schutzwürdiges Interesse am Markenschutz in Österreich anzuerkennen ist.

  1. (3)Absatz 3Auf eine Benutzung der Marke, die erst aufgenommen wurde, nachdem

  1. 1.Ziffer eins
    sich der Markeninhaber oder ein Lizenznehmer gegenüber dem Antragsteller auf das Markenrecht berufen hatte oder
  2. 2.Ziffer 2
    der Antragsteller den Markeninhaber oder einen Lizenznehmer auf die Nichtbenutzung hingewiesen hatte,

kann sich der Markeninhaber jedoch nicht berufen, sofern der Löschungsantrag innerhalb von drei Monaten, nachdem es erstmals zu einer der unter Z1 oder Z2 erwähnten Handlungen gekommen war, überreicht wurde.

  1. (4)Absatz 4Der Benutzung der Marke steht die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne daß dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflußt wird, gleich.

  1. (5)Absatz 5Die Benutzung (Abs1) ist vom Markeninhaber nachzuweisen.

  1. (6)Absatz 6Das Löschungserkenntnis wirkt fünf Jahre, gerechnet vom Tag der Antragstellung an, zurück, jedoch höchstens bis zum Ablauf des fünften Jahres der Schutzdauer."

Im vorliegenden Beschwerdefall blieb unbestritten, dass die Marke innerhalb der maßgebenden Zeit nicht benutzt wurde. Die belangte Behörde hatte bloß zu beurteilen, ob die Nichtbenutzung gerechtfertigt werden kann.

Der Europäische Gerichtshof hatte die Vorlagefrage der Rechtfertigung in Häupl/Lidl, Rz. 55 wie folgt beantwortet:

"... dass, Art12 Abs1 der Richtlinie 89/104 dahin auszulegen

ist, dass Hindernisse, die einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Marke aufweisen, ihre Benutzung unmöglich oder unzumutbar machen und vom Willen des Markeninhabers unabhängig sind, 'berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung' einer Marke darstellen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens im Licht dieser Hinweise zu beurteilen."

2. Die beschwerdeführende Gesellschaft macht die Verletzung der verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf ein faires Verfahren und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend.

2.1 Die beschwerdeführende Gesellschaft wendet sich gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass die Nichtbenutzung gerechtfertigt sei. Sie verweist auf EuGH, Häupl/Lidl, und die aus diesem Urteil ableitbaren Kriterien der Rechtfertigung, nämlich

  • -Strichaufzählung
    Das Hindernis muss einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Marke aufweisen.
  • -Strichaufzählung
    das Hindernis muss vom Willen des Markeninhabers unabhängig sein.
  • -Strichaufzählung
    Das Hindernis muss die Benutzung der Marke unmöglich oder unzumutbar machen.

Das zweite und dritte Kriterium habe der Oberste Patent- und Markensenat verkannt:

Zum zweiten Kriterium nimmt die beschwerdeführende Gesellschaft auf die Auslegung des "Franchise-Licence-Agreements" Bezug. Die beteiligte Partei habe danach die Möglichkeit gehabt, auf die Benutzung der Marke Einfluss zu nehmen.

Auch habe kein Hindernis zur Benutzung der Marke durch den Markeninhaber selbst vorgelegen, da der Vertrag keine Regelungen enthalten habe, die eine derartige Benutzung ausgeschlossen hätten. Der Oberste Patent- und Markensenat habe auch verkannt, dass es dem Markeninhaber zumutbar gewesen sei, die Marke selbst zu benutzen.

Die beschwerdeführende Gesellschaft bringt auch vor, dass die belangte Behörde durch schwere Verfahrensfehler das Willkürverbot verletzt habe. Hiezu führt die beschwerdeführende Gesellschaft Gründe an, warum die Markeninhaberin nach ihrer Meinung Kenntnis von der Nichtbenutzung der Marke gehabt hätte oder zumindest haben musste.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift aber Abstand. Die beteiligte Partei erstattete eine Äußerung, in der sie dem Beschwerdevorbringen entgegentrat.

2.2 Die unter 2.1 genannten schweren Verfahrensfehler seien auch als Verletzung der Verfahrensgarantien des Art6 EMRK zu werten.

2.3 Die Nichtbeachtung der Kriterien, die in EuGH, Häupl/Lidl, Rz. 54 zum Ausdruck kämen, sei auch als Verletzung des Gemeinschaftsrechts zu werten. Der Oberste Patent- und Markensenat sei ein Gericht iSd Art234 EG. Er hätte die relevanten Fragen dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen gehabt. Die Unterlassung der Vorlage sei eine Verletzung des Grundrechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:römisch III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt u.a. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

Die belangte Behörde geht in der rechtlichen Beurteilung von den vom Europäischen Gerichtshof festgelegten Kriterien aus. Insofern steht diese auch nicht im Gegensatz zum Gemeinschaftsrecht, jedoch legt sie das "Franchise-Licence-Agreement" anders als die beschwerdeführende Gesellschaft aus:

Dieser Vertrag berechtige nach Ansicht des Obersten Patent- und Markensenates die beschwerdeführende Gesellschaft nicht nur zum Gebrauch der Marke, sondern verpflichte sie, diese in einer Weise zu gebrauchen, die den Markenerhalt sicherstelle. Auch kommt der Oberste Patent- und Markensenat unter Würdigung der Umstände zu dem Schluss, dass die Markeninhaberin keine Kenntnis vom Vertragsbruch hatte. Sie durfte jedenfalls darauf vertrauen, dass auch ihre Vertragspartnerin, die beschwerdeführende Gesellschaft, ihre Verpflichtungen aus dem Vertrag zum Gebrauch der Marke einhalten würde.

Die Auffassung des Obersten Patent- und Markensenates ist denkmöglich. Ob sie auch richtig ist, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen.

Dies gilt auch in Fällen, in denen die Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ausgeschlossen ist. Die Beschwerde geht inhaltlich nicht über den Rahmen einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde hinaus und verkennt damit den Schutzumfang des Grundrechtes.

2. Zur behaupteten Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren ist auf die obigen Ausführungen zu Punkt 1 hinzuweisen.

3. Auch eine Verletzung des Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter ist dem Obersten Patent- und Markensenat nicht vorzuwerfen:

Der Oberste Patent- und Markensenat ist der Rechtsansicht des Europäischen Gerichtshofs gefolgt und kommt zu seinem Ergebnis nicht auf Grund einer von der des Europäischen Gerichtshofs abweichenden Rechtsansicht, sondern auf Grund einer von der Meinung der beschwerdeführenden Gesellschaft abweichenden Auslegung des "Franchise-Licence-Agreements" und der Beweiswürdigung des Obersten Patent- und Markensenates. Die Nachprüfung des vom Gericht eines Mitgliedstaates angenommenen Sachverhaltes steht aber dem Europäischen Gerichtshof nicht zu, sodass auch eine Vorlage nach Art234 EG nicht in Frage kam. Der Oberste Patent- und Markensenat hat vielmehr - entsprechend dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs - den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens "im Licht der Hinweise" des Europäischen Gerichtshofs beurteilt.

IV. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlichrömisch IV. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich

gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat nicht ergeben, dass die beschwerdeführende Gesellschaft in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Markenschutz, EU-Recht, fair trial

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:B1864.2007

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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