TE Vwgh Beschluss 2003/10/21 2003/14/0074

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Veröffentlicht am 21.10.2003
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);

Norm

ABGB §1332;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2003/14/0075

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Mag. Heinzl und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über den Antrag des A S, vertreten durch Dr. Walter Rinner, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Freistädter Straße 3, auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist und die gleichzeitig eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz vom 24. Juli 2003, RV/0142-L/03, betreffend Einkommensteuer 1998, den Beschluss gefasst:

Spruch

1)

Dem Wiedereinsetzungsantrag wird nicht stattgegeben.

2)

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages wird vorgebracht, die Entscheidung des unabhängigen Finanzsenates sei dem als steuerlichem Vertreter ausgewiesenen Mag. Alois H am 28. Juli 2003 zugestellt worden. Mag. H. habe in der Folge die "Rechtsmittelfrist von sechs Wochen in seinem Fristenbuch vermerkt, wobei ihm aber das entschuldbare Versehen passiert ist, dass er irrtümlich beim Blättern im Kalender sieben Wochen Frist eingetragen hatte an Stelle von richtigerweise nur sechs Wochen". Das Ende der Beschwerdefrist sei somit mit 15. September 2003 an Stelle von 8. September 2003 vermerkt gewesen. Als Mag. H. in der Folge "zum Zwecke der Komplettierung der Beschwerde" am 12. September 2003 beim Rechtsvertreter des Beschwerdeführers vorstellig geworden sei, habe dieser feststellen müssen, dass die Frist um eine Woche zu lange im Fristenbuch vorgemerkt worden und tatsächlich schon am 8. September 2003 abgelaufen sei. Mag. H. sei in seiner gesamten Karriere als Steuerberater von über 20 Jahren noch nie ein derartiges Versehen unterlaufen und könne sich ex post betrachtet auch nicht rational erklären, wie es dazu gekommen sei. Üblicherweise würden die Fristen äußerst penibel in einem dafür vorgesehenen Fristenbuch verwaltet, damit eben "derartige Pannen" vermieden würden. Das Versehen sei jedenfalls nur leicht fahrlässig. Für den Beschwerdeführer stelle der geschilderte Sachverhalt ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis dar, "was diesen zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 VwGG berechtige". Dem Antrag ist eine "eidesstättige Erklärung" des Wirtschaftstreuhänders Mag. Alois H. angeschlossen, in welcher der angeführte Sachverhalt bestätigt wird.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei. Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber (bzw. sein Vertreter) darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen haben. Dabei ist an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. etwa den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Oktober 2001, 2000/14/0169, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Bei Anwendung dieses strengeren Maßstabes vermag der Verwaltungsgerichtshof in dem dem Wirtschaftstreuhänder Mag. Alois H. unterlaufenen Fehler bei der Berechnung der Beschwerdefrist - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht einen bloß minderen Grad des Versehens zu erblicken. In Fällen wie dem Vorliegenden muss, um derartige Fehler auszuschließen, verlangt werden, dass die durch das bloße Umblättern von Kalenderseiten vorgenommene Ermittlung des Endes der Beschwerdefrist durch eine andere geeignete, zumutbare Maßnahme kontrolliert wird, z.B durch das rechnerische Ermitteln des Endes der Beschwerdefrist im Wege der Verwendung der Anzahl von 42 Tagen (vgl. den hg. Beschluss vom 6. November 2002, 2002/16/0237). Im Wiedereinsetzungsantrag und in der Erklärung des Mag. Alois H. wird eine solche Kontrollmaßnahme nicht behauptet.

Dem Wiedereinsetzungsantrag war daher nicht stattzugeben.

Mit Rücksicht auf das im Wiedereinsetzungsantrag genannte Zustelldatum (28. Juli 2003) und die sechswöchige Beschwerdefrist gemäß § 26 Abs. 1 VwGG erweist sich die erst am 12. September 2003 zur Post gegebene Beschwerde als verspätet. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 21. Oktober 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003140074.X00

Im RIS seit

03.02.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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