RS OGH 1986/10/28 2Ob554/86

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Veröffentlicht am 28.10.1986
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Norm

ArbVG §34 Abs1
ArbVG §105 Abs3

Rechtssatz

Anfechtung einer Kündigung.

1) § 105 ArbVG ist nur bei betriebsratspflichtigen Betrieben anzuwenden (VwSlg 6828 A/1965). Es muß sich um einen Betrieb im Sinne der §§ 33 Abs 1 und 34 Abs 1 ArbVG handeln, damit ein Anfechtungsrecht des gekündigten Arbeitnehmers entstehen kann.

2) § 34 Abs 1 ist im wesentlichen mit § 2 Abs 1 BetriebsräteG gleich. In der "organisatorischen Einheit" im Sinne dieser Bestimmungen muß die Einheit des Betriebsinhabers, des Betriebszweckes und der Organisation zum Ausdruck kommen (VwSlg 7664 A/1969). Dieser Einheit muß ein gewisses Mindestmaß an Selbständigkeit, insbesondere in technischer Hinsicht, eingeräumt sein, und auch dem Ergebnis des Arbeitsvorganges dieser Einheit muß eine, wenn auch beschränkte Abgeschlossenheit oder Unabhängigkeit von anderen Betriebsvorgängen eigen sein (VwGG 24.10.1972, 1039/72 und VwSlg 8342 A/1973). Eine Tankstelle, die vom übrigen (aus einem Kaufhaus, einem Transportunternehmen, einem Mineralölhandel und einer anderen Tankstelle, die sich alle in demselben Ort befinden, bestehenden) Betrieb etwa 10 km entfernt ist, in der im Durchschnitt 2 bis 3 Tankwarte arbeiten, die vom Hauptbetrieb beliefert wird, wo auch die Buchhaltung geführt und alle Bestellungen und Personalaufnahmen getätigt werden, und deren vorübergehender Arbeitskräftebedarf aus dem Personal des Hauptbetriebes gedeckt wird, ist kein selbständiger Betrieb im Sinne des § 34 Abs 1 ArbVG. Sie bildet vielmehr eine organisatorische Einheit mit dem Hauptbetrieb; dieser einheitliche Betrieb hat mehr als 5 Dienstnehmer. Es besteht kein Betriebsrat. Der gekündigte Dienstnehmer ist daher zur Anfechtung seiner Kündigung gemäß § 107 ArbVG berechtigt.

3) Der Anfechtungsgrund des § 105 Abs 3 Z2 lit a ArbVG ist dem des § 25 Abs 4 des ehemaligen BRG sehr ähnlich. Es muß einerseits eine wesentliche Beeinträchtigung der Interessen auf der Arbeitnehmerseite vorliegen, andererseits dürfen durch eine Weiterbeschäftigung des betreffenden Arbeitnehmers über die Kündigungsfrist hinaus betriebliche Interessen nicht in unzumutbarer Weise beeinträchtigt werden. Das Vorliegen eines derartigen betrieblichen Interesses, das in der Person des Dienstnehmers gelegen ist, hat der Arbeitgeber zu beweisen. Als solches kommen Pflichtverletzungen im Arbeitsverhältnis in Betracht, wie Arbeitsversäumnis, Arbeitsverweigerung, erhebliche Minderleistung, oftmalig Unpünktlichkeit, ungenügender Fleiß, Unverträglichkeit gegenüber den Mitarbeitern, wobei ein Verschulden des Arbeitnehmers nicht erforderlich ist. (VwSlg 2820 A/1953, 3629 A/1955; 25.06.1963, 240/63; 02.06.1964, 1455/63; 23.04.1974, 1005/73).

4) Die soziale Härte einer Kündigung kann an sich schon darin liegen, daß der gekündigte Arbeitnehmer die ihm eingeräumte Dienstwohnung verliert und es ihm mit Rücksicht auf seine große Familie schwer fallen würde, in absehbarer Zeit eine entsprechende Wohnung zu finden. Dies kommt aber nur zum Tragen, wenn dem Arbeitgeber der Beweis nicht gelungen ist, daß die Kündigung durch in der Person des Arbeitnehmers gelegene und betriebliche Interessen berührende Umstände bedingt ist.

VwGH vom 10.02.1976, 441/75; Veröff: ZfV 1976,34 = Arb 9453 = IndS 1977 H1,1022

Entscheidungstexte

  • 2 Ob 554/86
    Entscheidungstext OGH 28.10.1986 2 Ob 554/86
    nur: Der Anfechtungsgrund des § 105 Abs 3 Z2 lit a ArbVG ist dem des § 25 Abs 4 des ehemaligen BRG sehr ähnlich. Es muß einerseits eine wesentliche Beeinträchtigung der Interessen auf der Arbeitnehmerseite vorliegen, andererseits dürfen durch eine Weiterbeschäftigung des betreffenden Arbeitnehmers über die Kündigungsfrist hinaus betriebliche Interessen nicht in unzumutbarer Weise beeinträchtigt werden. Das Vorliegen eines derartigen betrieblichen Interesses, das in der Person des Dienstnehmers gelegen ist, hat der Arbeitgeber zu beweisen. Als solches kommen Pflichtverletzungen im Arbeitsverhältnis in Betracht, wie Arbeitsversäumnis, Arbeitsverweigerung, erhebliche Minderleistung, oftmalig Unpünktlichkeit, ungenügender Fleiß, Unverträglichkeit gegenüber den Mitarbeitern, wobei ein Verschulden des Arbeitnehmers nicht erforderlich ist. (T1) Veröff: DRdA 1988,229 (Floretta)

Schlagworte

SW: Arbeitswohnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:RS0051173

Dokumentnummer

JJR_19861028_OGH0002_0020OB00554_8600000_002
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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