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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des G in G, vertreten durch Dr. Gerhard Halbreiner, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 23/II, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 17. Juli 2003, Zl. FA13B-39-1888/02-1, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer unterzog sich am 15. April 2002 einer verkehrspsychologischen Untersuchung bei der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle des Kuratoriums für Verkehrssicherheit in Graz. In der mit 22. April 2002 datierten verkehrspsychologischen Stellungnahme gemäß § 17 FSG-GV findet sich auf der Rückseite des ersten Blattes unter "Anmerkungen" folgender Satz:
"Der/die Untersuchte bestätigte vor Beginn der Untersuchung per Unterschrift, sich körperlich und geistig in der Lage zu fühlen, die Untersuchung zu absolvieren."
Die "Zusammenfassung der Befunde/Gutachten" auf Seite 5 lautet wie folgt:
"Unter Belastungsbedingungen im Test mit dem Determinationsgerät (RST 3) kommt es in allen 3 Phasen zu vermehrten verzögerten Reaktionen sowie in den Phasen 2 und 3 zu vermehrten Fehlreaktionen und vermehrten Reaktionsauslassungen. Die mit dem DR2 geprüfte Reaktionszeit ist durch verlängerte mittlere Reaktionszeiten gekennzeichnet. Die sensomotorische Koordinationsfähigkeit (Senso) ist in den Phasen 2 und 3 durch vermehrte große Fehler und verlängerte Korrekturzeit bei großen und kleinen Fehlern beeinträchtigt.
Es bestehen somit wesentliche Beeinträchtigungen in den Bereichen des Reaktionsverhaltens und der Sensomotorik.
Seitens der Persönlichkeit des Untersuchten fanden sich Hinweise auf hohe Bereitschaft zur Selbstkontrolle und zur Selbstkritik. Ferner wurden eine geringe alkoholspezifische Dissimulationstendenz sowie ein hoher Wissensstand über die Wirkung von Alkohol im Körper festgestellt.
Demgegenüber fanden sich Hinweise auf eine deutlich erhöhte kraftfahrspezifische Risikobereitschaft und eine erhöhte Neigung zu impulsiven und unüberlegten Verhaltensweisen im Straßenverkehr. Es zeigt sich auch eine Neigung zur Selbstüberschätzung in Folge einer Unterschätzung der Gefährlichkeit des eigenen Fehlverhaltens und des damit verbundenen Verletzungsrisikos. Zusätzlich wurde eine erhöhte Alkoholaffinität des sozialen Umfeldes festgestellt. Darüber hinaus ergeben sich Gefährdungsmomente aus der Analyse der Vorgeschichte. Trotz Absolvierung einer Nachschulung ist es zu einem nochmaligen Alkoholdelikt gekommen, obwohl sich der Untersuchte vorgenommen hat, Alkohol und Autofahren voneinander zu trennen. Der Untersuchte war somit nicht in der Lage, die an sich wirkungsvolle Strategie zur Lösung von Trink-Fahr-Konflikten konsequent durchzuführen.
Inwieweit die Angaben zu den Alkoholtrinkgewohnheiten der Wahrheit entsprechen, kann nicht beurteilt werden. Es muss jedoch festgehalten werden, dass eine deutliche Beeinträchtigung der kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen besteht, die durchaus im Zusammenhang mit regelmäßig überhöhtem Alkoholkonsum gesehen werden kann.
Aufgrund dieser Befunde sich somit ausreichende kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit und ausreichende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung derzeit nicht gegeben.
Herr G(...) ist daher aus verkehrspsychologischer Sicht zum Lenken von Kfz der Klassen A, B, C, F und G derzeit nicht geeignet."
Auf der Grundlage dieser verkehrspsychologischen Stellungnahme erstellte Dr. P. vom polizeiärztlichen Dienst der Bundespolizeidirektion Graz am 7. Mai 2002 ein amtsärztliche Sachverständigengutachten nach § 8 des Führerscheingesetzes (FSG), welches (auszugsweise) wie folgt lautet:
"...
Am 15.4.2002 wurde eine verkehrspsychologische Untersuchung durchgeführt. Dabei konnten folgende Mängel festgestellt werden:
Bei der Überprüfung des Reaktionsverhaltens konnten unter Belastungsbedingungen vermehrte verzögerte Reaktionen, sowie vermehrte Fehlreaktionen und Reaktionsauslassungen festgestellt werden. Auch bei der Überprüfung der Koordination der Muskelbewegungen wurden Mängel festgestellt. Von Seiten der Persönlichkeit fanden sich deutlich erhöhte kraftfahrspezifische Risikobereitschaft und erhöhte Neigung zu impulsiver und unüberlegten Verhaltensweisen im Straßenverkehr. Weiters konnte auch eine Neigung zur Selbstüberschätzung festgestellt werden.
Ausreichende kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit und ausreichende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung sind somit derzeit nicht gegeben.
Herr G(...) ist daher aus medizinischer Sicht aus gesundheitlichen Gründen derzeit nicht geeignet zum Lenken von Kfz der Gruppe 1 und 2. Eine Nachuntersuchung ist in frühestens einem Jahr unter nachgewiesener Alkoholkarenz möglich."
Mit am 19. Juni 2002 mündlich verkündetem Bescheid entzog die Bundespolizeidirektion Graz dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klasse A, B, C, F und G gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 FSG mangels gesundheitlicher Eignung. Gemäß § 25 Abs. 2 FSG wurde ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer vor Wiedererlangung der gesundheitlichen Eignung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden dürfe. Eine Nachuntersuchung sei in frühestens einem Jahr unter nachgewiesener Alkoholkarenz möglich. Unter einem wurde einer allfälligen Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen.
In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer u.a. vor, die Ermittlung der kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen im verkehrspsychologischen Gutachten sei ausschließlich mit einem "Determinationsgerät" durchgeführt worden. Durch einen Geburtsfehler an seiner rechten Hand sei er in der manuellen Bedienung von automatisierten Geräten behindert. Bei ihm liege entgegen den Annahmen der Behörde erster Instanz kein Mangel an gesundheitlicher Eignung vor.
Mit Bescheid vom 17. Juli 2002 wies der Landeshauptmann von Steiermark die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. In der Begründung führte der Landeshauptmann von Steiermark aus, er hege "keinerlei Bedenken" gegen die Ermittlung der Ergebnisse der verkehrspsychologischen Untersuchung. Die ermittelten Daten seien als nachvollziehbar anzusehen, weil die entsprechenden Testwerte an Prozenträngen gemessen würden. Der Prozentrang gebe nämlich an, wie viel von je 100 getesteten Personen eine schlechtere oder maximal gleich gute Leistung wie der Untersuchte aufweisen. Ein Prozentrang zwischen 25 und 75 bedeute ein normgerechtes Ergebnis. Werte darunter wiesen auf einen normabweichend geringere Leistungsfähigkeit in dem Testbereich, die umso auffälliger sei, je niedriger der Prozentrang ist. Dies gelte bei den kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen. Hinsichtlich der fahrverhaltensrelevanten Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmalen ergebe sich, dass der Prozentrang angebe, wie viele von je 100 getesteten Personen einen geringeren oder maximal gleich hohen Testwert wie der Untersuchte aufweisen. Ein Prozentrang zwischen 25 und 75 bedeute ein normgerechtes Ergebnis. Werte außerhalb dieses Bereiches wiesen auf eine von der Norm abweichende Ausprägung dieses Persönlichkeitsmerkmales hin und würden in der Verbalisierung bewertet. Der Beschwerdeführer habe auf Grund § 8 Abs. 1 FSG der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen gehabt, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet sei. Im Zuge der Mitwirkungspflicht der Partei habe der Beschwerdeführer selbst seinen Beitrag zur Erstattung eines korrekten Gutachtens leisten müssen, weil er ja dieses Gutachten bzw. die Stellungnahme erbringen habe müssen. Hinsichtlich des Vorbringens des Geburtsfehlers an der rechten Hand sei darauf zu verweisen, dass aus den Anmerkungen der verkehrspsychologischen Stellungnahme hervorgehe, dass der Beschwerdeführer vor Beginn der Untersuchung mit Unterschrift bestätigt habe, sich körperlich und geistig in der Lage zu fühlen, die Untersuchung zu absolvieren. Es sei auch dahingestellt, ob die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen durch regelmäßig überhöhten Alkoholkonsum beeinträchtigt seien oder nicht. Allein der Umstand, dass durch die entsprechenden Testverfahren nach dem Stand der Wissenschaft eine Einschränkung dieser Leistungsfunktionen festgestellt worden sei, zeige, dass zu Recht mangelnde gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen angenommen worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1.1. Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (seine Zustellung erfolgte am 25. Juli 2002) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof das FSG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 32/2002 maßgeblich.
Die im Beschwerdefall einschlägigen Bestimmungen des FSG
lauten (auszugsweise):
"Gesundheitliche Eignung
§ 8. (1) Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als ein Jahr sein und ist von einem im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde, die das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung durchführt, in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt für Allgemeinmedizin zu erstellen.
(2) Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. ... .
...
Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung
Allgemeines
§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1.
die Lenkberechtigung zu entziehen oder
2.
die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Bedingungen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. ... .
(2) Die Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann auch nur hinsichtlich bestimmter Klassen ausgesprochen werden, wenn der Grund für die Entziehung oder Einschränkung nur mit der Eigenart des Lenkens dieser bestimmten Klasse zusammen hängt. ... .
...
(4) Vor der Entziehung oder Einschränkung der Gültigkeit der Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8, vor der Entziehung wegen mangelnder fachlicher Befähigung ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen.
..."
1.2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Führerschein-Gesundheitsverordnung (FSG-GV) lauten (auszugsweise):
"Allgemeine Bestimmungen über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen
§ 3. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften
1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,
...
4. aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische psychophysische Leistungsfähigkeit verfügt.
Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen erfüllen. ... .
...
Verkehrspsychologische Stellungnahme
§ 17. (1) Die Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle gemäß § 8 Abs. 2 FSG ist im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten insbesondere dann zu verlangen, wenn der Bewerber um eine Lenkberechtigung oder der Besitzer einer Lenkberechtigung Verkehrsunfälle verursacht oder Verkehrsverstöße begangen hat, die den Verdacht
1.
auf verminderte kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit oder
2.
auf mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung
erwecken. ... .
...
§ 19. (1) Eine verkehrspsychologische Stellungnahme darf nur von einer vom Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr (nunmehr: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie) ermächtigten verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle abgegeben werden.
...
(5) Die verkehrspsychologischen Stellungnahmen sind von dem hierfür verantwortlichen Psychologen abzugeben; ... ."
2.1. Die belangte Behörde stützt ihre Annahme der mangelnden gesundheitlichen Eignung des Beschwerdeführers (erkennbar) sowohl auf die Annahme mangelnder kraftfahrspezifischer Leistungsfähigkeit als auch auf die Annahme, dass der Beschwerdeführer der ausreichenden Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ermangle.
2.2. Was zunächst die Annahme der nicht ausreichenden kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit anlangt, so bezieht sich die belangte Behörde auf das amtsärztliche Gutachten Dris. P. vom 7. Mai 2002. Wie die oben wieder gegebenen Ausführungen dieses Gutachtens zeigen, spricht dieses von näher bezeichneten Mängeln, und zwar im Rahmen des Reaktionsverhaltens des Beschwerdeführers sowie bei der Überprüfung der Koordination der Muskelbewegungen. Ausführungen, weshalb bei Personen, die Mängel der dargestellten Art aufweisen, bereits von unzureichender kraftfahrspezifischer Leistungsfähigkeit - diese zählt zur in § 3 Abs. 1 Z. 4 FSG-GV als Bestandteil der gesundheitlichen Eignung verstandenen kraftfahrspezifischen psychophysischen Leistungsfähigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 2002, Zl. 2000/11/0156) - gesprochen werden kann, enthält das amtsärztliche Gutachten nicht. Auf ein derart mangelhaft begründetes Gutachten durfte die belangte Behörde ihre Annahme der mangelnden kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers jedoch nicht stützen.
Selbst wenn man aber das amtsärztliche Gutachten so verstehen wollte, dass es zur Gänze einen Verweis auf die einschlägigen Passagen der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 22. April 2002 darstellte, hätte die belangte Behörde nicht ohne ergänzendes Ermittlungsverfahren das amtsärztliche Gutachten sowie die verkehrspsychologische Stellungnahme ihrem Bescheid zu Grunde legen dürfen. Der Beschwerdeführer hat nämlich bereits in seiner Berufung auf eine körperliche Behinderung an der rechten Hand auf Grund eines Geburtsfehlers hingewiesen und erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass er auf Grund dieser Behinderung an einer einwandfreien Durchführung der verkehrspsychologischen Test, insbesondere an dem maßgeblich verwendeten Determinationsgerät, gehindert gewesen sei. Dieses Berufungsvorbringen durfte die belangte Behörde nicht mit dem Hinweis übergehen, aus der verkehrspsychologischen Stellungnahme ergebe sich, dass sich der Beschwerdeführer vor Beginn der Tests zur Durchführung derselben körperlich und geistig in der Lage erklärt hätte. Sie wäre vielmehr verpflichtet gewesen, der Frage nachzugehen, ob durch eine Behinderung an der rechten Hand eine Beeinflussung der Testergebnisse zu Lasten des Beschwerdeführers möglich gewesen wäre.
Infolge Unterlassung jeglichen diesbezüglichen Ermittlungsverfahrens im Berufungsverfahren sowie der Einräumung von Parteiengehör ist das konkretisierende Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner körperlichen Behinderung in der Beschwerde auch nicht, wie dies in der Gegenschrift angenommen wird, als unzulässige Neuerung anzusehen. Träfe es zu, dass der Beschwerdeführer an der rechten Hand an drei Fingern nur über das erste Fingerglied verfügte, wäre eine Beeinflussung der Testergebnisse jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen gewesen. Im Übrigen bringt der Beschwerdeführer in der Beschwerde vor, er habe seine Angabe, sich zur Durchführung der Untersuchung körperlich und geistig in der Lage zu fühlen, gemacht, bevor er über die Art der Tests informiert gewesen sei. Von einer mangelnden Mitwirkung des Beschwerdeführers an der Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes könnte diesfalls nicht die Rede sein.
2.3. Was schließlich die von der belangten Behörde angenommene mangelnde Bereitschaft des Beschwerdeführers zur Verkehrsanpassung anlangt, so stützt sie sich dabei ebenfalls auf das amtsärztliche Gutachten vom 7. Mai 2002. Dieses führt freilich nur aus, dass sich "von Seiten der Persönlichkeit deutlich erhöhte kraftfahrspezifische Risikobereitschaft und erhöhte Neigung zu impulsiver und unüberlegten Verhaltensweisen im Straßenverkehr" gefunden hätten. Außerdem habe eine "Neigung zur Selbstüberschätzung" festgestellt werden können. Eine nähere Erklärung, auf Grund welcher Erfahrungssätze Personen, bei denen diese beiden Feststellungen getroffen werden, bereits der ausreichenden Bereitschaft zu verkehrsangepasstem Verhalten ermangeln, ist nicht erkennbar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 2002, Zl. 2000/11/0169). Gleiches gilt für die oben wieder gegebene verkehrspsychologische Stellungnahme, auf die sich das amtsärztliche Gutachten bezieht.
2.4. Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 28. Oktober 2003
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Parteiengehör Verfahrensbestimmungen Amtswegigkeit des Verfahrens Mitwirkungspflicht ManuduktionspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003110065.X00Im RIS seit
25.11.2003