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L92058 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Vorarlberg;Norm
ABGB §143 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der S in B, vertreten durch Dr. Paul Sutterlüty, Dr. Wilhelm Klagian, Dr. Klaus Brändle und Dr. Manfred Schnetzer, Rechtsanwälte in 6850 Dornbirn, Marktstraße 4, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 21. August 2001, Zl. IVa-341-100-2000, betreffend Ersatz für Aufwendungen der Sozialhilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin ist schuldig, dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 29. Mai 1992, Zl. IV-8-2445, wurden die Unterkunfts- und Verpflegekosten in einem näher bezeichneten Seniorenheim für M. M. (die Mutter der Beschwerdeführerin) ab dem 1. April 1992 bis auf weiteres zum jeweils geltenden Verpflegskostensatz gegen Inanspruchnahme der anteiligen Pensions- und Pflegegeldbezüge aus Mitteln der Sozialhilfe übernommen. Seit 1. Jänner 1999 wurde Frau M. M. in der Pflegestufe 6 mit einem täglichen Verpflegungskostensatz von S 1.409,62 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer eingestuft. Die Höhe der monatlichen Pension betrug S 8.000,--, die Höhe des Bundespflegegeldes der Stufe 5 S 11.591,--. Für den durch die Heimunterbringung entstehenden und nicht durch eigenes Einkommen abgedeckten Bedarf von monatlich S 26.615,60 (30 Tage) ist die Sozialhilfe in Vorlage getreten.
Auf dieser Grundlage wurde die Beschwerdeführerin mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 13. September 2000 gemäß § 10 des Vorarlberger Sozialhilfegesetzes - SHG, LGBl. Nr. 1/1998, verpflichtet, zur teilweisen Deckung der Unterkunfts- und Verpflegskosten ihrer Mutter in einem näher bezeichneten Seniorenheim ab dem 1. Oktober 1999 einen monatlichen Kostenbeitrag von S 3.630,-- zu leisten. In der Begründung führte die Behörde aus, die Beschwerdeführerin bewohne eine Mietwohnung, sei alleinstehend und habe keine Sorgepflichten. Sie sei bei der Firma V-GesmbH beschäftigt und habe Ende 1999 ein Nettoeinkommen von S 32.814,-- (monatlich einschließlich anteiliger Sonderzahlungen) bezogen. Die Beschwerdeführerin habe vorgebracht, dass ihre Mutter ihr gegenüber die Pflichten als Erziehungsbeauftragte gröblich vernachlässigt habe und daher die Unterhaltspflicht gemäß § 143 Abs. 1 ABGB nicht zum Tragen komme.
Aus dem Pflegschaftsakt des Bezirksgerichtes Dornbirn, Zl. P 20/80 ergebe sich Folgendes: Aus der am 21. September 1968 zwischen M. M. und K. M. geschlossenen Ehe entstammten die beiden Kinder T. M. (geboren 6. März 1969) und S. M. (die Beschwerdeführerin, geboren 21. Mai 1970). Die Ehe sei mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 9. Jänner 1980 aus dem überwiegenden Verschulden des Mannes geschieden worden. Die Kinder seien im Haushalt der Mutter geblieben. Am 23. März 1984 habe der Vater beim Bezirksgericht Dornbirn zu Protokoll gegeben, dass die Kindesmutter vor ca. vier Wochen nach Hawaii gefahren sei und die beiden Kinder ohne Beaufsichtigung und Hilfe in der Wohnung in Dornbirn zurückgelassen habe. Sie habe den Kindern Geld zurückgelassen. Die Beschwerdeführerin habe am 28. März 1984 beim Bezirksgericht Dornbirn angegeben, dass ihre Mutter schon länger die Absicht gehabt habe, mit den Kindern nach Hawaii zu übersiedeln. Die Mutter sei dann am 17. Februar 1984 allein nach Hawaii gereist, wobei sie gesagt habe, dass sie in drei Wochen wiederkomme. Am 26. März 1984 habe die Mutter in einem Brief mitgeteilt, dass sich ihre Rückkehr um bis zu zwei Monate verzögern könne. Die Beschwerdeführerin habe weiters ausgesagt, dass sie und ihr Bruder den Haushalt allein geführt hätten und die Mutter zum Einkaufen einige tausend Schilling zurückgelassen habe. Sie und ihr Bruder seien mit der Mutter immer gut ausgekommen und diese habe immer ordentlich für sie gesorgt. Die Mutter sei am 19. Mai 1984 wieder nach Dornbirn zurückgekehrt und die beiden Kinder seien wieder bei ihr in Dornbirn. Die Mutter habe am 4. Juni 1984 beim Bezirksgericht Dornbirn ausgesagt, dass sie am 16. Februar 1984 nach Hawaii gereist sei, um Englisch zu lernen und sich von den Strapazen, die sie in Dornbirn durchgemacht habe, zu erholen. Aufgrund von Arbeitsüberlastung habe sie einen Nervenzusammenbruch gehabt und sei im September 1982 drei Wochen in der Valduna (Nervenklinik) gewesen. Sie habe mit ihren Kindern nach Hawaii auswandern wollen. Ihre Kinder seien "selbständig erzogen" und sie habe es deswegen für möglich gehalten, die Kinder auch drei Monate allein in Dornbirn zu lassen. Zudem habe sie Lebensmittel und einen Geldbetrag zurückgelassen. Mit Schreiben vom 3. Oktober 1984 teilte die Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn dem Bezirksgericht Dornbirn mit, dass M. M. an einer paranoiden Randpsychose leide und eine Teilentmündigung sinnvoll wäre. Weiters regte sie die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens bzw. auch einer Stellungnahme der Fürsorge an. Dr. Wolfgang M., Facharzt für Kinder- und Neuropsychiatrie beim Landeskrankenhaus Feldkirch, habe in seinem Gutachten vom 15. Juli 1985 zur Frage des Bezirksgerichtes Dornbirn, in welcher Art und in welchem Ausmaß die Kindesmutter psychisch oder auf andere Weise gestört sei, ob und aus welchen Gründen eine Kindererziehung von ihr nicht zu erwarten sei, ob und auf welche Weise nachteilige Folgen für die beiden Kinder im Fall einer weiteren Belassung bei der Mutter zu befürchten wären, im Wesentlichen festgestellt, dass bei Frau M. M. aus ihrem Verhalten eine psychotische Erkrankung im eigentlichen Sinn nicht abgeleitet werden könne. Allerdings sprächen die früher berichteten Symptome, insbesondere eine Scheinschwangerschaft, sowie die Untersuchungsbefunde der Fachärzte für Psychiatrie Prim. Dr. K. und Frau Dr. H. (Jänner 1984 und Mai 1983) für eine hohe Wahrscheinlichkeit einer psychotischen Erkrankung zum damaligen Zeitpunkt im Sinne einer paranoiden Randpsychose. Nach Ansicht des Gutachters wirken beide Kinder gut erzogen und selbstständig, sodass er keine unmittelbare Gefährdung erblicke, die eine Änderung des Sorgerechtes erforderlich gemacht hätte. Allerdings habe er entsprechende Kontrollmaßnahmen für erforderlich erachtet. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 17. Dezember 1985 wurde der Antrag des Kindesvaters vom 23. März 1984, ihm die elterlichen Rechte und Pflichten hinsichtlich der beiden Kinder T. und S. M. zu übertragen, abgewiesen. Ende Jänner 1986 habe sich M. M. beim Bezirksgericht Dornbirn dafür ausgesprochen, dass die Kinder zum Vater kommen, da ihr Verhältnis zu den Kindern schlecht geworden sei und die Kinder sie nicht mehr richtig akzeptieren würden. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 10. März 1986 sei dem Antrag des Vaters, ihm die elterlichen Rechte und Pflichten im Sinne des § 114 ABGB zu übertragen und ihn von der bisherigen Unterhaltspflicht zu entbinden, stattgegeben worden. Die Kindesmutter sei zu einem monatlichen Unterhaltsbetrag ab 1. März 1986 für T. M. verpflichtet worden.
In rechtlicher Hinsicht führte die Erstbehörde aus, bezüglich einer allfälligen Unterhaltspflicht des Ehegatten bzw. eines früheren Ehegatten sei festzuhalten, dass M. M. zweimal verheiratet gewesen sei. Die erste Ehe mit K. M. sei zwar aus überwiegendem Verschulden des Gatten im Jahre 1980 geschieden worden, jedoch sei dieser im Hinblick auf die Wiederverheiratung zu keinem Unterhalt verpflichtet. M. M. habe am 31. März 1989 die zweite Ehe mit H. G. geschlossen, welche am 19. April 1990 ebenfalls geschieden worden sei. Bei dieser Scheidung hätten beide Teile auf Unterhalt verzichtet. Somit bestünden auch keine Unterhaltsansprüche gegenüber dem früheren Ehegatten.
Der nicht durch eigenes Einkommen (Pension, Bundespflegegeld) gedeckte Nettobedarf von Frau M.M. betrage derzeit monatlich (30 Tage) S 26.615,60, für welche die Sozialhilfe in Vorlage getreten sei. Es sei zu prüfen gewesen, ob auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführerin eine "gröbliche Unterhaltsvernachlässigung" vorliege und überhaupt eine Unterhaltsverpflichtung der Tochter bestehe. Die beiden Kindern S. und T. seien nach der Scheidung der Eltern bei der Mutter geblieben und diese habe ihnen Unterhalt durch Betreuung im eigenen Haushalt in natura geleistet. Dass Frau M. M. ihre Kinder ab dem 17. Februar 1984 für drei Monate während ihrer Reise nach Hawaii ohne Beaufsichtigung oder anderweitige Betreuung allein zurückgelassen habe, sei zwar als Vernachlässigung der Unterhaltspflicht zu werten, dass es sich um eine gröbliche Vernachlässigung gehandelt habe, sei jedoch zu verneinen, weil die Kinder im Februar 1984 beinahe 15 bzw. 14 Jahre alt gewesen seien, die Mutter Lebensmittel und einen Geldbetrag von mehreren tausend Schilling vor der Abreise zur Verfügung gestellt habe und die Kinder, wie im Gutachten von Dr. M. vom 15. Juli 1985 festgestellt, gut und "selbständig erzogen" gewesen seien. Ein weiteres Indiz dafür, dass keine gröbliche Unterhaltsverletzung vorliege, sei auch dem Beschluss des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 17. Dezember 1985 zu entnehmen, mit welchem der Antrag des Kindesvaters vom 23. März 1984, ihm (anstelle der Mutter) die elterlichen Rechte und Pflichten zu übertragen, abgewiesen wurde.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin mit der Maßgabe keine Folge, dass die Beschwerdeführerin ab dem 1. Oktober 1999 einen monatlichen Kostenbeitrag zu den ihrer Mutter gewährten Sozialhilfemitteln in der Höhe von S 1.800,-- zu leisten habe. In der Begründung führte die Behörde im Wesentlichen aus, es stehe außer Zweifel, dass die Mutter der Beschwerdeführerin ihre Unterhaltspflicht gegenüber ihren Kindern während der drei Monate dauernden Hawaiireise vernachlässigt habe. Es liege allerdings im vorliegenden Fall keine gröbliche Vernachlässigung im Sinne des § 143 ABGB vor. Das Verhalten der Kindesmutter stelle im vorliegenden Fall sicherlich eine Pflichtverletzung dar, doch könne darin keine anhaltende und allgemeine, typischerweise auf einer desinteressierten oder ablehnenden Einstellung gegenüber der nunmehr Ersatzpflichtigen beruhende Vernachlässigung gesehen werden. Die beiden Kinder seien während der dreimonatigen Hawaiireise fast 15 bzw. 14 Jahre alt und "selbständig erzogen" gewesen. Zudem habe die Mutter einige tausend Schilling, welche allerdings nicht für den gesamten Zeitraum ausreichten, sowie Lebensmittel in der Wohnung hinterlassen. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass die Mutter ab April davon gewusst habe, dass die Kinder beim Kindesvater entsprechend betreut und versorgt werden. Entscheidungswesentlich im gegenständlichen Fall sei aber, dass die Vernachlässigung der Unterhaltspflicht im engen Zusammenhang mit der psychotischen Krankheit der Kindesmutter zum betreffenden Zeitpunkt gestanden sei. Wie der Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Bregenz in seiner Stellungnahme vom 7. Dezember 1999 ausgeführt habe, sei die Mutter der Beschwerdeführerin Anfang der 80er Jahre einer psychotischen Veränderung unterlegen, die zeitweise krankheitswertig gewesen sei, einschließlich einer Beeinträchtigung der Zurechnungsfähigkeit. Diese psychische Erkrankung der Kindesmutter mit entsprechenden Auswirkungen auf ihr Verhalten lasse die vorliegende Pflichtverletzung in diesem Ausmaß als entschuldbar erscheinen bzw. könne ihr dieses Verhalten nicht mit der schwerwiegenden Konsequenz eines dauerhaften Rechtsverlustes (Wegfall des Unterhaltsrechtes gegenüber dem Kind) vorgeworfen werden. Bei Betrachtung des gesamten Zeitraumes der Unterhaltspflicht, in welchem Frau M. M. zum überwiegenden Teil ordnungsgemäß und ordentlich für ihre Kinder gesorgt habe, könne das Ereignis der "Hawaiireise" kein derart schwerwiegendes, einen Rechtsverlust bewirkendes Fehlverhalten vor allem unter dem Gesichtspunkt der damaligen Erkrankung der Kindesmutter darstellen. Das Gleiche gelte für die psychische - sicherlich nicht zu unterschätzende - Druck- bzw. Belastungssituation, welcher die Kinder durch die "wahnhaften Vorstellungen" ihrer Mutter ausgesetzt gewesen seien. Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass in der Gesamtheit die Zeiten ordnungsgemäßer Kinderbetreuung überwiegen und die Zeiten der Vernachlässigung der Unterhaltspflichten auf die Erkrankung der Kindesmutter zurückzuführen seien bzw. darin keine auf einen Charaktermangel bzw. auf ein Desinteresse an den Kindern beruhende Pflichtverletzung gelegen sei. Zu allfälligen Unterhaltsansprüchen dritter Personen (des ersten und des zweiten geschiedenen Ehemannes der Mutter der Beschwerdeführerin sowie des Bruders der Beschwerdeführerin) führte die belangte Behörde aus, ein möglicher Unterhaltsanspruch von M. M. gegenüber dem ersten Ehemann sei mit der Wiederverheiratung der Mutter gemäß § 75 EheG erloschen. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die zweite Ehe durch Scheidung aufgelöst worden sei, weil dadurch der Unterhaltsanspruch gegenüber dem ersten Ehemann nicht wieder auflebe. Die zweite Ehe der Mutter der Beschwerdeführerin sei am 19. April 1990 einvernehmlich geschieden worden, wobei beide Eheleute gegenseitig auf Unterhalt verzichtet hätten. Eine Überprüfung, ob der Unterhaltsverzicht wirksam wäre oder nicht, sei hier insofern ohne Bedeutung, als die möglichen Unterhaltszahlungen des geschiedenen Ehemannes aus zweiter Ehe keinesfalls den von M. M. benötigten Lebensbedarf abdecken könnten, sodass stets noch ein so hoher offener Sozialhilfeaufwand verbleibe, dass er durch den mit dem angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Kostenersatzbetrag mit Sicherheit nicht abgedeckt werde. Unter der Annahme, dass der zweite Ehemann keine weiteren Sorgepflichten habe, würde M. M. ein Unterhaltsbetrag im Ausmaß von 40 % des gemeinsamen Einkommens (S 26.000,-- und S 8.000,--) abzüglich des Eigeneinkommens (S 8.000,--) zustehen, was einen Betrag von S 5.600,-- ergäbe. Selbst wenn dieser Prozentsatz auf Grund des krankheitsbedingten Mehraufwandes auf 50 % erhöht würde, was einen Unterhaltsanspruch von S 9.000,-- zur Folge hätte, wäre damit für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen, weil immer noch ein offener Lebensbedarf der Mutter von ca. S 11.000,-- bestehen würde. Der weiters unterhaltspflichtige Sohn (der Bruder der Beschwerdeführerin) könne mangels Leistungsfähigkeit nicht zum Kostenersatz verpflichtet werden. Es sei daher festzuhalten, dass ein der Beschwerdeführerin vorzuschreibender Kostenersatz bis zum Ausmaß von ca. S 11.000,-- von der vorrangigen Unterhaltspflicht des geschiedenen Ehemannes aus zweiter Ehe bzw. der anteilsmäßigen Unterhaltspflicht des Bruders nicht berührt werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die für den Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Vorarlberger Sozialhilfegesetzes -SHG, LGBl. Nr. 1/1998, lauten wie folgt:
"Ersatz durch Dritte
§ 10. Die zum Unterhalt verpflichteten Angehörigen haben im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht die Kosten der Sozialhilfe einschließlich der Kosten im Sinne des § 13 Abs. 3 Sozialhilfegesetz zu ersetzen."
Der die Unterhaltspflicht der Kinder gegenüber ihren Eltern regelnde § 143 ABGB lautet wie folgt:
"(1) Das Kind schuldet seinen Eltern und Großeltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht im Stande ist, sich selbst zu erhalten, und sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt hat.
(2) Die Unterhaltspflicht der Kinder steht der eines Ehegatten, eines früheren Ehegatten und Vorfahren und von Nachkommen näheren Grades des Unterhaltsberechtigten im Rang nach. Mehrere Kinder haben den Unterhalt anteilig nach ihren Kräften zu leisten.
(3) Der Unterhaltsanspruch eines Eltern- oder Großelternteils mindert sich insoweit, als ihm die Heranziehung des Stammes eigenen Vermögens zumutbar ist. Überdies hat ein Kind nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es dadurch bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet."
Die Kostenersatzpflicht nach § 10 SHG ist einerseits dadurch begrenzt, dass der Unterhaltspflichtige nur in dem Umfang und für den Zeitraum Ersatz zu leisten hat, als auf Grund sozialhilferechtlicher Bestimmungen Sozialhilfeleistungen zur Deckung eines Bedarfes des Unterhaltsberechtigten zu Recht erbracht wurden. Die Ersatzpflicht ist andererseits auf die zum Unterhalt verpflichteten Angehörigen "im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht" beschränkt, m.a.W. der Ersatzpflichtige darf nur in dem Umfang zum Ersatz herangezogen werden, in dem er dem Empfänger der Sozialhilfe Unterhalt leisten müsste, wobei sich das Bestehen und das Ausmaß der Unterhaltspflicht nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts richten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. August 1999, Zl. 99/11/0010, mit weiterem Nachweis).
Die Beschwerdeführern bringt im Wesentlichen vor, dass ihre Mutter ihre Unterhaltspflicht gröblich vernachlässigt habe und somit ihren Unterhaltsanspruch verwirkt habe. Ihre Mutter habe die Hawaiireise aus purer Vergnügungssucht unternommen und habe keine Vorsorge für ihre Kinder getroffen.
Neben der Unfähigkeit, sich selbst zu erhalten, ist es nach § 143 Abs. 1 letzter Halbsatz ABGB die zweite Voraussetzung des Unterhaltsanspruches des Vorfahren, dass ihm keine gröbliche Vernachlässigung seiner seinerzeitigen Unterhaltspflicht gegenüber dem Nachkommen vorzuwerfen ist. Bei Prüfung der Frage, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, sind jeweils die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wobei insbesondere auch die Dauer der Pflichtverletzung, das bisherige Verhalten des zum Unterhalt Verpflichteten und die Gründe für die Nichterbringung abzuwägen sind.
Unter Zugrundelegung dieser Rechtslage kann die Beurteilung der belangten Behörde nicht als rechtswidrig erkannt werden:
Der Verwaltungsgerichtshof teilt nicht die Auffassung der Beschwerdeführerin, die "Hawaiireise der Mutter" lasse im vorliegenden Fall die Annahme zu, ihre jetzt hilfebedürftige Mutter habe ihre Unterhaltspflicht ihr gegenüber gröblich vernachlässigt. Zweifellos ist M. M. während ihrer Hawaiireise ihrer Unterhaltspflicht nicht in ausreichendem Maß nachgekommen. Es handelt sich dabei zwar um ein Fehlverhalten der Mutter, jedoch muss dies im Zusammenhang mit ihrer - im angefochtenen Bescheid und im Bescheid erster Instanz dargestellten - psychischen Situation beurteilt werden. Wie den Verwaltungsakten zu entnehmen ist, litt die Mutter der Beschwerdeführerin an psychischen Veränderungen. Dass sie die hier in Rede stehende Reise allein "aus purer Vergnügungssucht" unternommen hätte, wie die Beschwerdeführerin meint, widerspricht den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, ohne dass es der Beschwerdeführerin damit gelänge, die Beweiswürdigung der belangten Behörde auf Grund derer sie zu den Feststellungen im Bescheid gelangte, zu erschüttern. Unbestritten waren die Kinder zur Zeit der rund 3 Monate währenden Abwesenheit rund 14 bzw. 15 Jahre alt und die Mutter hatte ihnen Geld und Lebensmittel zurückgelassen. Weiters ist im vorliegenden Fall auch noch von Bedeutung, dass die Kinder nach der Reise wieder zur Mutter zurückkehren wollten. Das Fehlverhalten der Mutter in Bezug auf ihre Unterhaltspflicht reicht im vorliegenden Fall nicht aus, um die Unterhaltsverpflichtung der Beschwerdeführerin und die Ersatzleistung nach § 10 SHG auszuschließen.
Auch aus dem Beschluss des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 10. März 1986, mit dem die elterlichen Rechte und Pflichten von der Kindesmutter auf den Kindesvater übertragen wurden und die Mutter zu einer Unterhaltsleistung für ihren Sohn von monatlich S 2.500,-- verpflichtet wurde, kann keine gröbliche Vernachlässigung der Unterhaltspflicht abgeleitet werden, zumal sie ihrer Unterhaltspflicht auch nachgekommen ist.
Insoweit die Beschwerdeführerin vorbringt, ihre Mutter habe einen Unterhaltsanspruch gegenüber ihren früheren Ehegatten, der anlässlich der Scheidung ihrer zweiten Ehe abgegebene Unterhaltsverzicht reiche nicht aus, um die Unterhaltspflicht des früheren Ehegatten zu beseitigen, und die Behörde hätte zuerst prüfen müssen, in wie weit ein solcher Unterhalt nicht vom zweiten Ehegatten einbringlich zu machen wäre, ist ihr zu entgegnen, dass sich die belangte Behörde auch mit der Frage der Ersatzpflicht allfälliger anderer Unterhaltspflichtiger - des Bruders und des Vaters der Beschwerdeführerin - sowie des zweiten - ebenfalls geschiedenen - Ehemannes ihrer Mutter hinreichend auseinandergesetzt hat. Hinsichtlich der - nicht gegebenen - Ersatzpflicht des ersten Ehemannes der Mutter und des Bruders der Beschwerdeführerin kann auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen werden.
Insoweit die Beschwerdeführerin vorbringt, ihre Unterhaltspflicht stehe auch der Unterhaltspflicht des zweiten (geschiedenen) Ehemannes der Mutter im Range nach und die belangte Behörde hätte im Hinblick auf die subsidiäre Unterhaltspflicht der Beschwerdeführerin zunächst klären müssen, inwiefern der Unterhalt vom geschiedenen zweiten Ehemann einbringlich zu machen sei, ist ihr - worauf auch die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend hinweist - zu entgegnen, dass ihre Auffassung dem Wesen der zivilgerichtlichen Unterhaltsbestimmungen widerspräche. Zum Vergleich können die Bestimmungen der §§ 94 und 141 ABGB herangezogen werden, wonach die Verpflichtung zum Unterhalt besteht, soweit der Andere außer Stande ist, diesen zu leisten. In der Auslegung der Wendung "soweit" bedeutet subsidiäre Unterhaltspflicht, dass der subsidiär Unterhaltspflichtige nicht nur dann herangezogen werden kann, wenn der primär Verpflichtete gar nicht leisten kann oder muss, sondern auch dann, wenn er nicht ausreichend leisten kann.
Daraus folgt, dass die Auffassung der belangten Behörde, es verbleibe unabhängig von der Unterhaltspflicht des früheren (zweiten) Ehemannes der Beschwerdeführerin ein von der Beschwerdeführerin zu ersetzender monatlicher Sozialhilfeaufwand in einer den mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides festgesetzten Betrag übersteigenden Höhe bestehen, nicht als rechtswidrig erkannt werden kann.
Insoweit die Beschwerdeführerin Verfahrensfehler der belangten Behörde rügt, vermag sie es im Hinblick auf das bisher Gesagte nicht aufzuzeigen, inwiefern die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Sie vermag daher auch insoweit keine Bedenken an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung zu erwecken.
Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 28. Oktober 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001110300.X00Im RIS seit
03.12.2003