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23/01 Konkursordnung;Norm
KO §102;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl, über die Beschwerde der J Gesellschaft mbH in Liquidation in W, vertreten durch Dr. Christian Scheinecker, Wirtschaftsprüfer in 4600 Wels, Rablstraße 25, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat III) vom 7. April 2000, Zl. RV/8-11/08/2000, betreffend vorläufige Veranlagung der Umsatzsteuer 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Über das Vermögen der Beschwerdeführerin wurde mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 18. Oktober 1994 der Konkurs eröffnet. Mit einer mit 11. Oktober 1995 datierten Umsatzsteuererklärung für 1994 erklärte sie u.a. eine Berichtigung der Vorsteuern gemäß § 16 UStG 1972 in Höhe von 5,019.656,04 S.
Das Handelsgericht Wien hob mit Beschluss vom 15. Mai 1996 den Konkurs nach rechtskräftiger Bestätigung des angenommenen Zwangsausgleiches auf.
Mit den mit 22. Juli 1996 datierten Umsatzsteuererklärungen für 1994 (eine für den Zeitraum 1. Jänner bis 18. Oktober 1994, eine für den Zeitraum vom 19. Oktober bis 31. Dezember 1994 und eine für den Zeitraum des gesamten Kalenderjahres) erklärte die Beschwerdeführerin Umsätze und machte Vorsteuern geltend, wobei die für das gesamte Kalenderjahr ausgewiesenen Beträge unwesentlich von jenen in der mit 11. Oktober 1995 datierten Umsatzsteuererklärung abwichen. Eine Berichtigung der Vorsteuern nahm die Beschwerdeführerin nicht mehr vor.
Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom 26. Mai 1997 die Umsatzsteuer 1994 gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig fest, ging dabei von den in der mit 22. Juli 1996 datierten Umsatzsteuererklärung angeführten Beträgen aus, nahm jedoch eine Berichtigung der Vorsteuern in der mit 11. Oktober 1995 datierten Umsatzsteuererklärung angeführten Höhe von rund 5 Millionen S vor.
Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wies das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom 5. November 1999 ab. Da über das Vermögen der Beschwerdeführerin der Konkurs eröffnet worden sei, sei die Vorsteuerberichtigung im Ausmaß von 100 % der offenen Verbindlichkeiten vorzunehmen gewesen. Der Umstand, dass der Konkurs im Veranlagungszeitraum 1996 aufgehoben und das Insolvenzverfahren mit Zwangsausgleich abgeschlossen worden sei, habe zu einer Vorsteuerberichtigung im Ausmaß von 20 % der offenen Verbindlichkeiten zu Gunsten der Beschwerdeführerin geführt, welcher im Umsatzsteuerbescheid 1996 Rechnung getragen worden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und nahm eine Berichtigung der Vorsteuern lediglich in Höhe von etwa 4,5 Millionen S vor. Aus der Tatsache der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens aus dem Grunde der Zahlungsunfähigkeit könne nicht abgeleitet werden, dass alle Forderungen, denen im Insolvenzverfahren ein Vorrecht nicht zukommt, in ihrer vollen Höhe als uneinbringlich anzusehen seien. Da es in der Folge zu einem Zwangsausgleich gekommen sei, gehe die belangte Behörde davon aus, dass die Forderungen in der Höhe der Zwangsausgleichsquote einbringlich gewesen seien. Daher seien die von der Beschwerdeführerin in einem Schreiben vom 23. Dezember 1997 bekannt gegebenen Vorsteuerberichtigungsbeträge in Höhe von rund 4,5 Millionen S bei der Festsetzung der Umsatzsteuer für 1994 zu berücksichtigen.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 25. September 2000, B 1187/00-6, die Behandlung der gegen diesen Bescheid vor ihm erhobenen Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin wendet sich - wie schon im Verwaltungsverfahren - gegen die Vorsteuerberichtigung dem Grunde nach. Bei Insolvenz eines Unternehmens würden die Gläubiger ihre Forderungen in voller Höhe gegenüber der Konkursmasse anmelden, die Lieferanten 100 % ihrer Nettoforderung sowie zusätzlich 100 % des entsprechenden Umsatzsteuerbetrages für die Republik Österreich. Da der Umsatzsteuerbetrag in voller Höhe durch die Lieferanten für die Republik Österreich angemeldet werde, melde die Republik Österreich behauptete zusätzliche Ansprüche (Ausfall und Quotenzahlung) lediglich "bedingt" an. Nach Ermittlung und Verteilung einer Konkurs- oder Ausgleichsquote würden die Lieferanten die entsprechende Quote ihrer Nettoforderung zuzüglich des entsprechenden Prozentsatzes der für die Republik Österreich angemeldeten Umsatzsteuerforderungen erhalten. Den entsprechenden Prozentsatz an Umsatzsteuer hätten die Lieferanten der Republik Österreich weiterzuleiten, wodurch diese den der Konkurs- oder Ausgleichsquote entsprechenden Betrag ihrer Umsatzsteuerforderung auch tatsächlich wie jeder andere Gläubiger seine Quote erhalte. Die Beschwerdeführerin sei jedoch im Beschwerdefall dadurch belastet, dass die Republik Österreich zusätzlich einen der Konkurs- oder Ausgleichsquote entsprechenden Betrag des uneinbringlich gewordenen Teiles ihrer Umsatzsteuerforderung (gesamter Umsatzsteuerbetrag abzüglich der erhaltenen Konkurs- oder Ausgleichsquote) zu erlangen versuche. Daher käme es zu einer "Übervorteilung der Republik Österreich gegenüber allen anderen Gläubigern". Die Umsatzsteuerforderung der Republik Österreich sei in voller Höhe bereits von den Lieferanten angemeldet worden. Der Forderungsausfall der Republik Österreich würde im Vergleich zu allen anderen Gläubigern nochmals um eine weitere Quotenzahlung verringert werden.
Die Beschwerdeführerin übersieht dabei, dass die Lieferanten 100 % der Bruttoforderung im eigenen Namen anmelden können und nicht zusätzlich zu einer "Nettoforderung" den entsprechenden Umsatzsteuerbetrag für "die Republik Österreich" (richtig: den Bund). Die dem Gemeinschuldner vor der Konkurseröffnung in Rechnung gestellten Beträge einschließlich der in Rechnung gestellten Umsatzsteuer bilden Forderungen der Lieferanten gegenüber dem Gemeinschuldner. Unabhängig davon hatten die Lieferanten die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer dem Bund zu entrichten. Demgegenüber hatte die Gemeinschuldnerin vor Konkurseröffnung diese in Rechnung gestellten - wenngleich noch nicht den Lieferanten bezahlten - Beträge an Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen können.
Gemäß § 16 Abs. 1 des für das Streitjahr 1994 noch anzuwendenden Umsatzsteuergesetzes 1972 (UStG 1972) haben der Unternehmer, der einen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag und der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen, wenn sich die Bemessungsgrundlage für diesen steuerpflichtigen Umsatz geändert hat. Dies gilt nach § 16 Abs. 3 leg. cit. sinngemäß, wenn das Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, so sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen.
Die Beschwerdeführerin hatte daher im Streitjahr die von ihr in Anspruch genommenen Vorsteuerbeträge in dem Umfang zu berichtigen, in welchem offene Forderungen der Lieferanten uneinbringlich waren. Es kann daher nicht als rechtswidrig befunden werden, wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Berichtigung der auf die uneinbringlichen Forderungen entfallenden Vorsteuerbeträge vorgenommen und die Umsatzsteuer dementsprechend festgesetzt hat. Gegen die Höhe der Vorsteuerberichtigung bringt die Beschwerdeführerin nichts vor.
Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, die Anmeldung einer Forderung des Bundes an die Beschwerdeführerin in deren Konkurs in Höhe der Vorsteuerberichtigung führe zu einer Bevorzugung des Bundes gegenüber anderen Gläubigern, ändern weder an der Pflicht der Beschwerdeführerin etwas, die von ihr (vor Konkurseröffnung) in Anspruch genommenen Vorsteuerbeträge gemäß § 16 Abs. 3 iVm Abs. 1 UStG 1972 zu berichtigen, noch an der Pflicht der belangten Behörde, eine solche Berichtigung bei der Umsatzsteuerfestsetzung zu berücksichtigen. Im Übrigen käme es durch eine solche Vorsteuerberichtigung nicht zu einer Bevorzugung des Bundes, wenn dieser seine Forderung im Konkursverfahren anmeldet. Da es sich entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin bei den von den Lieferanten angemeldeten Forderungen im Umfang der auf diese Forderungen entfallenden Umsatzsteuerbeträge um von Lieferanten nicht für den Bund, sondern im eigenen Namen gegenüber dem Gemeinschuldner angemeldete Forderungen handelt, sind im Konkursverfahren lediglich die vom Bund angemeldeten Forderungen aus der Vorsteuerberichtigung zu berücksichtigen.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Beschwerdeführerin im erwähnten Ablehnungsbeschluss vom 25. September 2000 bereits darauf hingewiesen, dass § 16 UStG 1972 "nur die Korrespondenz" zwischen vom liefernden Unternehmer zu entrichtender Umsatzsteuer und vom belieferten Unternehmer abgezogener Vorsteuer bezweckt und bewirkt. Für den einbringlichen Teil (im Rahmen der Quote) ändert sich an der vor Konkurseröffnung gegebenen Lage nichts: Der Lieferant hatte Umsatzsteuer in Rechnung gestellt, dem Bund entrichtet und vom Belieferten (im Konkursverfahren in der Höhe der Quote) erhalten. Der belieferte Unternehmer, die Beschwerdeführerin, hatte diesen Betrag als Vorsteuer abgezogen, der Bund sohin in diesem Umfang im Ergebnis "nichts erhalten". Für den uneinbringlichen Teil der Forderung konnte der Lieferant seinen Umsatzsteuerbetrag zur Gänze (nicht nur in der Höhe der Konkursquote) berichtigen und in diesem Umfang einen Anspruch an den Bund geltend machen, der Bund hat korrespondierend den Anspruch aus der Vorsteuerberichtigung beim Gemeinschuldner. Während der Lieferant seinen Anspruch aus der Berichtigung der schon vor Konkurseröffnung entrichteten Umsatzsteuer in voller Höhe beim Bund geltend machen kann, ist der Bund mit seiner Forderung in Höhe der Vorsteuerberichtigung auf die Geltendmachung im Konkursverfahren verwiesen.
Da sich die Beschwerde sohin insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 29. Oktober 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000130205.X00Im RIS seit
02.12.2003