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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §188;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl, über die Beschwerde der G KG in W, vertreten durch N in W, und des N in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) vom 31. Oktober 2000, Zl. RV/559-15/05/99, betreffend Umsatzsteuer 1992 bis 1995,
Spruch
1. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wird zurückgewiesen.
Der Zweitbeschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; und
2. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Erstbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 181,68 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Zweitbeschwerdeführer und Dr. G., zwei Wirtschaftsprüfer, schlossen sich mit Gesellschaftsvertrag vom 3. August 1992 zur G OHG zusammen, welche durch Gesellschafterbeschluss vom 3. März 1993 in die G KG, die Erstbeschwerdeführerin, umgewandelt wurde. Unternehmensgegenstand bildeten die nach § 33 der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung den Steuerberatern und Steuerberatungsgesellschaften vorbehaltenen Tätigkeiten.
Im Gefolge einer von Mai 1997 bis Juli 1998 bei der Erstbeschwerdeführerin durchgeführten Buch- und Betriebsprüfung über die Jahre 1992 bis 1995 erkannte der Prüfer in seinem Bericht (Tz 20) u.a. Vorsteuern nicht an, welche auf Honorarnoten der T GesmbH ausgewiesen waren. Die T GesmbH habe der Erstbeschwerdeführerin Honorarnoten u.a. hinsichtlich des Geschäftsführerbezuges für den Zweitbeschwerdeführer sowie "Miete Räumlichkeiten, Miete Infrastruktur, Werkvertragsaufwand Dr. M. und Personalaufwand (darunter Mag. L. - 1992, 1993)" in Rechnung gestellt. In diesen Honorarnoten aus den Jahren 1992, 1993 und 1995 (datiert mit dem 31. Dezember des jeweiligen Jahres) seien neben erbrachten Leistungen auch Leistungen abgerechnet worden, die nicht erbracht worden seien. Eine Rechnung sei eine Urkunde und könne nach Ansicht des Prüfers nicht in mehrere Teile (einen für den Vorsteuerabzug geeigneten und einen nicht geeigneten Teil) aufgegliedert werden. Ebenso könne auch eine anteilige Vorsteuer aus dem ausgewiesenen Steuerbetrag nicht herausgerechnet werden. Wenn daher in einer Rechnung auch über nicht erbrachte Leistungen abgerechnet werde, sei die gesamte Rechnung mit einem Mangel behaftet und daher der gesamte ausgewiesene Steuerbetrag nicht als Vorsteuer anzuerkennen. Weiters sei mit Honorarnoten vom 31. Dezember 1993 und vom 31. Dezember 1994 neben weiteren Kosten für den Zweitbeschwerdeführer (den Komplementär der Erstbeschwerdeführerin) ein Geschäftsführerbezug von je 350.000 S (50 % Anteil) zuzüglich 70.000 S USt in Rechnung gestellt worden. Die Geschäftsführertätigkeit eines Gesellschafters einer Personengesellschaft sei stets eine nicht unternehmerische Tätigkeit. Der Gesellschafter werde als Geschäftsführer in Ausübung einer gesellschaftsrechtlichen Funktion tätig, welche keinen Leistungsaustausch, sondern eine Leistungsvereinigung bewirke. Daher erkannte der Prüfer die Vorsteuer in Höhe von 70.000 S je Jahr nicht an.
Mit Bescheiden vom 3. August 1998 folgte das Finanzamt den Prüferfeststellungen und setzte (nach Wiederaufnahme der betreffenden Verfahren) die Umsatzsteuer für die Jahre 1992 bis 1995 dementsprechend fest, wobei es in der Begründung auf den Prüferbericht verwies.
Dagegen berief die Erstbeschwerdeführerin. Die von der Betriebsprüfung auf die angeblichen "Nichtleistungen" entfallenden Beträge seien von der T GesmbH der Beschwerdeführerin zu Recht in Rechnung gestellt worden, weil die jeweils verrechneten Beträge dem zwischen der T GesmbH und der Erstbeschwerdeführerin vereinbarten Entgelt entsprochen hätten. Die Erstbeschwerdeführerin verwies auf eine dieselbe Frage betreffende Berufung der T GesmbH und brachte im weiteren Berufungsverfahren vor, zwischen der T GesmbH und der Erstbeschwerdeführerin sei anlässlich der Begründung einer Kanzleigemeinschaft Ende 1992 vereinbart worden, die Hälfte der "Leistungskapazität" der Mag. L., welche in einem Dienstverhältnis zur T GesmbH gestanden sei, der Erstbeschwerdeführerin werkvertraglich zur Verfügung zu stellen. Entgegen den getroffenen Vereinbarungen sei die durch die T GesmbH bereit gestellte "Leistungskapazität" der Mag. L. von der Erstbeschwerdeführerin in den Jahren 1992 und 1993 nicht in Anspruch genommen worden. Dennoch habe die T GesmbH die Kosten für die nach den getroffenen Vereinbarungen der Erstbeschwerdeführerin zur Verfügung zu stellenden "Leistungskapazität" tatsächlich verrechnet. Als Leistungsgrundlage seien die allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftstreuhänder vereinbart worden, wonach dem Wirtschaftstreuhänder das vereinbarte Entgelt auch bei Unterbleiben der Ausführung des Auftrages gebühre, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seiten des Bestellers liegen, daran gehindert worden ist. Zwischen der T GesmbH und der Erstbeschwerdeführerin sei anlässlich der Begründung der Kanzleigemeinschaft auch vereinbart worden, der Erstbeschwerdeführerin die gesamte "Leistungskapazität" der Dr. M. durch die T GesmbH werkvertraglich zur Verfügung zu stellen. Dementsprechend sei auch die gesamte "Leistungskapazität" Dris. M. von der T GesmbH der Dispositionsgewalt der Erstbeschwerdeführerin zur Verfügung gestellt und vollständig verrechnet worden. Teile der "Leistungskapazität" Dris. M. seien von der Erstbeschwerdeführerin nicht in Anspruch genommen worden und der T GesmbH "rückgeliefert" worden. Diese Teile seien gegen entsprechende Teile der "Leistungskapazität" des Mag. K. getauscht worden, welcher im Gegenzug durch die T GesmbH der Erstbeschwerdeführerin zur Verfügung gestellt worden sei. Die Erstbeschwerdeführerin habe im Betriebsprüfungsverfahren auch nachgewiesen, dass sich der Wert solcherart "getauschter Leistungskapazitäten" im Betrachtungszeitraum 1993 bis 1995 bis auf einen geringfügigen Unterschiedsbetrag von etwa 7.000 S ausgeglichen habe.
Selbst wenn mit den in Rede stehenden Honorarnoten von der T GesmbH teilweise über "Nichtleistungen" abgerechnet worden wäre, stünde der Erstbeschwerdeführerin - so ihre in der Berufung vertretene Ansicht - jedenfalls der Vorsteuerabzug hinsichtlich derjenigen Teile der in Rechnung gestellten Entgelte zu, mit denen unstrittig über tatsächlich erbrachte Leistungen abgerechnet wurde.
Hinsichtlich der von der T GesmbH für Geschäftsführungsleistungen in Rechnung gestellten Umsatzsteuer brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, dass kein unmittelbares Vertragsverhältnis zwischen dem Zweitbeschwerdeführer und ihr hinsichtlich der Erbringungen der Komplementärleistungen bestehe. Der Zweitbeschwerdeführer, welcher bereits seit 1990 in einem Dienstverhältnis zur T GesmbH stehe, habe die Leistungen, welche in der Geschäftsführung der Erstbeschwerdeführerin bestanden habe, auf Grund eines Werkvertragsverhältnisses zwischen der T GesmbH und der Erstbeschwerdeführerin im Rahmen seines Dienstverhältnisses zur T GesmbH erbracht. Deshalb sei das der T GesmbH dafür gebührende Entgelt der Erstbeschwerdeführerin mit den in Rede stehenden Honorarnoten in Rechnung gestellt worden.
Mit dem an die Erstbeschwerdeführerin gerichteten angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde aus, dass die Vorsteuern im Zusammenhang mit der "Leistungsverrechnung GesmbH (Dr. M., Mag. L.)" nicht anerkannt worden seien, weil keine Rechnungen im Sinne des Umsatzsteuergesetzes vorlägen. Es würde in einer Rechnung sowohl über tatsächlich erbrachte Leistungen als auch über Nichtleistungen abgesprochen. Die ausgewiesene Umsatzsteuer könne nicht in einen abziehbaren und nicht abziehbaren Teil aufgeteilt werden. Hinsichtlich der "Leistungsverrechnung GesmbH (Geschäftsführergehalt)" hielt die belangte Behörde für den Vorsteuerabzug u.a. für entscheidend, dass der Vorsteuerbetrag von einem Unternehmer gesondert ausgewiesen werde. Die Geschäftsführertätigkeit eines Gesellschafters einer Personengesellschaft sei stets eine nichtunternehmerische Tätigkeit. Der Gesellschafter werde als Geschäftsführer in Ausübung einer gesellschaftsrechtlichen Funktion tätig, welche keinen Leistungsaustausch, sondern eine Leistungsvereinigung bewirke. Aus der Bestimmung des § 21 BAO könne abgeleitet werden, dass auch im Umsatzsteuerrecht die wirtschaftliche Betrachtungsweise gelte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Soweit in der Beschwerde ausgeführt wird, der angefochtene Bescheid sei an den Zweitbeschwerdeführer gerichtet, obwohl er keine Berufung erhoben habe, weshalb die Beschwerde vorsichtsweise von der Erstbeschwerdeführerin und vom Zweitbeschwerdeführer eingebracht werde, übersehen die Beschwerdeführer, dass der angefochtene Bescheid - ungeachtet des Umstandes, dass im Einleitungssatz des Spruches eine Berufung des Zweitbeschwerdeführers erwähnt wird - an die Erstbeschwerdeführerin und nicht an den Zweitbeschwerdeführer gerichtet ist.
Anders als hinsichtlich der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften wirkt die Festsetzung von Umsatzsteuer nicht gegenüber den Gesellschaftern, sondern nur gegenüber der KG. Da der Zweitbeschwerdeführer durch die angefochtene Entscheidung (Festsetzung der Umsatzsteuer) in seinen Rechten nicht verletzt sein konnte, war seine Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1998, 94/15/0038), was der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.
Dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Berufung der Erstbeschwerdeführerin als Berufung des Zweitbeschwerdeführers bezeichnet, kann als berichtigbarer Schreibfehler angesehen werden, da sie sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides unstrittig mit dem Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin auseinandersetzt.
Im angefochtenen Bescheid finden sich betreffend die mit der Beschwerde bekämpften Punkte keine (mit der Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens nicht zu verwechselnde) Feststellungen, welche den von der belangten Behörde gezogenen rechtlichen Folgen rechtens zu Grunde gelegt werden könnten.
Im Einzelnen hat die belangte Behörde - wie in der Beschwerde zutreffend gerügt wird - nicht festgestellt, um welche Leistungen es sich gehandelt haben soll, welche in den in Rede stehenden Honorarnoten in Rechnung gestellt, tatsächlich aber nicht erbracht worden sein sollen. Soweit aus der Überschrift im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides "Leistungsverrechnung GesmbH (Dr. M., Mag. L.)" und aus dem bei der Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens geschildertem Inhalt des Prüferberichtes erschließbar ist, meint die belangte Behörde offenbar einen der Erstbeschwerdeführerin in Rechnung gestellten Personalaufwand für Dr. M und Mag. L., wobei der angefochtene Bescheid jeglicher Feststellungen entbehrt, weshalb diese in Rechnung gestellten Leistungen nicht erbracht worden sein sollen. Auf die gegen die in der Schilderung des Verwaltungsgeschehens wiedergegebenen Ausführungen des Prüferberichtes vorgebrachten Argumente der Erstbeschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren geht die belangte Behörde nicht ein.
Im Übrigen kann der Ansicht der belangten Behörde nicht ohne Weiteres gefolgt werden, wenn sie - die Nichterbringung bestimmter Leistungen voraussetzt und - zum Eventualvorbringen der Berufung ausführt, dass die Umsatzsteuer, die in einer Rechnung sowohl über tatsächlich erbrachte als auch über nicht erbrachte Leistungen ausgewiesen ist, nicht in einen abziehbaren und in einen nicht abziehbaren Teil aufgeteilt werden könne. So hat etwa der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 23. April 2002, 2000/13/0208, ausgesprochen, dass es folgerichtig sei, den in einer Rechnung ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag in jenem Umfang zum Vorsteuerabzug zuzulassen, welcher tatsächlich ein Entgelt für Leistungen betreffe, und in jenem Umfang den Vorsteuerabzug zu versagen, welcher einen nicht als Entgelt zu wertenden Teil des Rechnungsbetrages betrifft.
Hinsichtlich der für die "Leistungsverrechnung GesmbH (Geschäftsführergehalt)" nicht anerkannten Vorsteuern stützt sich die belangte Behörde darauf, dass die Rechnungsbeträge von einem Unternehmer ausgewiesen werden müssten und die Geschäftsführertätigkeit eines Gesellschafters einer Personengesellschaft stets eine nichtunternehmerische Tätigkeit sei. Dabei übersieht die belangte Behörde - wie die Beschwerde zutreffend aufzeigt -, dass die in Rede stehenden Rechnungen offensichtlich von der T GesmbH ausgestellt worden sind. Feststellungen, dass die T GesmbH die in Rechnung gestellten Leistungen nicht erbracht habe oder dass auf die behauptete Vereinbarung zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der T GesmbH die Kriterien für die Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen anzuwenden seien (aus der Beschwerde geht hervor, der Zweitbeschwerdeführer sei Alleingesellschafter der T GesmbH), hat die belangte Behörde nicht getroffen. Der bloße Hinweis auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise vermag die Nichtanerkennung der geltend gemachten Vorsteuern nicht zu tragen.
Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen. Gemäß § 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG ist Schriftsatzaufwand nur dann zuzuerkennen, wenn der Beschwerdeführer tatsächlich durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Einem Rechtsanwalt in eigener Sache ist Schriftsatzaufwand nicht zuzusprechen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 22. Juni 2001, 2001/13/0012, und vom 3. Juli 2003, 99/15/0177). Vom Zweck dieser Gesetzesbestimmung ausgehend, ist bezüglich des Aufwandersatzanspruches ein Wirtschaftsprüfer dem im § 49 Abs. 1 VwGG genannten Rechtsanwalt gleichzusetzen (vgl. den hg. Beschluss vom 23. März 2000, 99/15/0202). Der als Vertreter der Erstbeschwerdeführerin angeführte Zweitbeschwerdeführer war als alleingeschäftsführender Gesellschafter der Erstbeschwerdeführerin ausschließlich befugt, die Erstbeschwerdeführerin gesellschaftsrechtlich zu vertreten. Einer zusätzlichen gewillkürten Vertretung durch den Zweitbeschwerdeführer, einen Wirtschaftsprüfer, bedurfte es nicht, weshalb das Einschreiten des Zweitbeschwerdeführers nicht in gewillkürter Vertretung, sondern als Handlung des Komplementärs in gesellschaftsrechtlicher Vertretung anzusehen ist.
Wien, am 29. Oktober 2003
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Finanzverwaltung Schriftsatzaufwand Verhandlungsaufwand des Beschwerdeführers und der mitbeteiligten Partei Inhalt und Umfang des PauschbetragesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000130218.X00Im RIS seit
09.12.2003