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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BAO §257 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl, über die Beschwerde der B AG in W (Erstbeschwerdeführerin) und des L in L (Zweitbeschwerdeführer), beide vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1090 Wien, Währingerstraße 2-4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 14. Dezember 1999, Zl. RV/393-16/13/99, betreffend u. a. Haftung und Zahlung für Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1. Jänner 1992 bis 31. März 1994,
1. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wird zurückgewiesen.
Der Zweitbeschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen und
2. zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er über die Lohnsteuer abspricht, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der Erstbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.172,88 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Zweitbeschwerdeführer stand im Zeitraum vom 1. April 1992 bis 31. März 1994 als Vorstandsmitglied in einem Dienstverhältnis zur T AG, der Rechtsvorgängerin der erstbeschwerdeführenden Aktiengesellschaft.
Im Ergebnis einer bei der T AG durchgeführten Lohnsteuerprüfung wurde u.a. festgestellt, dass dem Zweitbeschwerdeführer ein Firmenfahrzeug auch zur Privatnutzung überlassen worden, eine Versteuerung als Sachbezug aber unterblieben sei. Weiters ist dem Prüfungsbericht zu entnehmen, dass der Zweitbeschwerdeführer anlässlich seines Ausscheidens aus dem Unternehmen einen Betrag von 2,3 Mio. S erhalten habe, welcher zu Unrecht gemäß § 67 Abs. 6 EStG 1988 begünstigt versteuert worden sei.
Der Ansicht des Prüfers folgend wurde die Erstbeschwerdeführerin zur Haftung für Lohnsteuer herangezogen sowie Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag nachgefordert.
Der Berufung der Erstbeschwerdeführerin, welcher der Zweitbeschwerdeführer beigetreten war, gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge.
Über die dagegen gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
I. Lohnsteuer
Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend davon aus, dass der Zweitbeschwerdeführer der Berufung der erstbeschwerdeführenden Aktiengesellschaft beigetreten und eine Zurückweisung des Berufungsbeitrittes gemäß § 258 Abs. 2 BAO nicht erfolgt ist. Durch den Beitritt zur Berufung, welcher von der Behörde nicht zurückgewiesen wurde, hat der Zweitbeschwerdeführer alle Rechte eines Beitretenden gemäß § 257 BAO erworben, ohne dass der Gerichtshof aus Anlass einer Beschwerde gegen den Sachbescheid die Frage der Beitrittsberechtigung zu prüfen hat (vgl. das Erkenntnis vom 20. Jänner 1993, 90/13/0049).
Da der angefochtene Bescheid dessen ungeachtet nicht an den Zweitbeschwerdeführer ergangen ist, konnte er durch diesen von vornherein in keinen Rechten verletzt werden, sodass die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers mangels Beschwerdelegitimation gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen war, was der Gerichtshof in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.
Ist der Arbeitnehmer einer Berufung des Arbeitgebers beigetreten und wurde der Berufungsbeitritt nicht als unzulässig zurückgewiesen, so ist die über die Berufung ergehende Erledigung vor dem Hintergrund des § 290 BAO, wonach im Berufungsverfahren nur einheitliche Entscheidungen getroffen werden können, dem Berufungswerber und dem Beigetretenen gegenüber einheitlich zu erlassen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juli 2003, 2000/13/0198). In Verkennung dieser Rechtslage hat die belangte Behörde eine Berufungserledigung nur gegenüber der Erstbeschwerdeführerin erlassen. Solcherart erweist sich der angefochtene Bescheid in seinem Abspruch über die Lohnsteuer als inhaltlich rechtswidrig und war daher auf Grund der vor der Erstbeschwerdeführerin erhobenen Beschwerde insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
II. Dienstgeberbeitrag
In der Sache richtet sich die Beschwerde gegen den Ansatz des halben Sachbezugswertes für die Privatnutzung eines Firmenfahrzeuges sowie gegen die Subsumtion des den Zweitbeschwerdeführer anlässlich seines Ausscheidens aus dem Betrieb der T AG zugewendeten Betrages unter den Tatbestand des § 67 Abs. 8 EStG 1988. Festzuhalten ist, dass die strittigen Feststellungen im Wege des § 41 Abs. 3 und 4 FLAG 1967 auch die Bemessungsgrundlagen für den Dienstgeberbeitrag erhöht haben.
1. Sachbezugswert PKW:
In der Berufung wurde vorgebracht, dass der Vorstandsvertrag dem Zweitbeschwerdeführer zwar die Möglichkeit der Privatnutung des Firmenwagens "in angemessener Weise" einräume, er davon aber tatsächlich keinen Gebrauch gemacht habe. Der Zweitbeschwerdeführer habe das Fahrzeug nur für dienstliche Zwecke benutzt; darüber sei ein Fahrtenbuch geführt worden. Die Möglichkeit einer Privatnutzung sei auch dadurch eingeschränkt gewesen, dass der Firmenwagen über Nacht in einer Garage auf dem Werksgelände der T AG abgestellt gewesen sei. Der Verzicht auf eine private Nutzung hänge damit zusammen, dass der Zweitbeschwerdeführer auch Repräsentant einer ausländischen Gesellschaft gewesen sei und von dieser - bereits vor seiner Vorstandstätigkeit für die T AG - einen weiteren Pkw für Privatfahrten zur Verfügung gestellt bekommen habe. Der Lohnbuchhalter der T AG müsse wohl in der Lage sein, das Fahrtenbuch vorzulegen und so den Nachweis zu erbringen, dass der Firmenwagen ausschließlich beruflich verwendet worden sei.
Im Rahmen einer Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt der Erstbeschwerdeführerin vor, dass bisher weder das Fahrtenbuch noch Gutachtensbestätigungen gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967 oder in der Buchhaltung aufliegende Servicerechnungen vorgelegt worden seien, die der Abgabenbehörde einen Überblick über die Gesamtkilometerleistung des Pkw verschaffen könnten. Im gegebenen Zusammenhang falle auf, dass sich der Zweitbeschwerdeführer, obwohl er sein Vorstandsmandat per 30. März 1994 mit sofortiger Wirkung zurückgelegt habe, nach dem vorliegenden Schriftverkehr ausdrücklich noch eine Frist bis 15. April 1994 für die Zurückstellung des Firmenwagens ausbedungen habe. Schleierhaft sei, wie sich eine solche Vereinbarung mit dem Vorbringen vereinbaren lasse, dass der Dienstwagen über Nacht stets am Firmenareal der T AG abgestellt worden sei. Indem nur der halbe Sachbezugswert angesetzt worden sei, habe das Finanzamt dem Umstand, dass dem Zweitbeschwerdeführer ein weiterer Pkw zur Verfügung gestanden sei, ohnedies schon Rechnung getragen.
Im Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde ausgeführt, dass das Fahrtenbuch zwar nicht mehr greifbar sei, der Lohnsteuerprüfer aber ohnehin schon darin Einsicht genommen habe. Auch die verlangten anderen Unterlagen seien nicht mehr greifbar. Die Höhe einer Jahreskilometerleistung sage zudem nichts über die betriebliche oder private Veranlassung der einzelnen Fahrten aus. Zum Vorhalt der anlässlich des Ausscheidens des Zweitbeschwerdeführers getroffenen Vereinbarung über die Zurückstellung des Firmenwagens erklärte die Erstbeschwerdeführerin, die T AG habe den Pkw damals nicht dringend benötigt, weitere Schlussfolgerungen seien daraus nicht zu ziehen. Vor dem Haus des Zweitbeschwerdeführers habe ein Pkw der Marke Subaru (zur Verfügung gestellt von einer schweizerischen AG, für die der Zweitbeschwerdeführer auch tätig gewesen sei) geparkt. "In dieser Situation" habe der Zweitbeschwerdeführer kein Interesse gehabt, den zugegeben repräsentativeren Firmenwagen der T AG ebenfalls vor seinem Haus abzustellen. Auch im Hinblick auf die Gefahr einer Beschädigung des Fahrzeuges oder eines möglichen Diebstahles habe der Zweitbeschwerdeführer den Mercedes "zumindest großteils über Nacht im Firmengelände" abgestellt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung in diesem Punkt als unbegründet ab. Aus dem Dienstvertrag des Zweitbeschwerdeführers gehe eindeutig hervor, dass er das firmeneigene Kraftfahrzeug auch für private Fahrten habe nutzen dürfen. Für den Fall, dass eine private Nutzung bestritten werde, sei ein entsprechender Nachweis entweder durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch oder durch andere Unterlagen zu erbringen. Im gegenständlichen Fall sei ein derartiger Nachweis nicht erbracht worden.
Gemäß § 15 Abs. 2 EStG 1988 sind geldwerte Vorteile (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge) mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen. Dieser Betrag ist jeweils in Bezug auf die betroffene Besteuerungsperiode zu ermitteln, wie dies regelmäßig in Verordnungsform geschieht.
§ 4 Abs. 1 und 2 der "Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die bundeseinheitliche Bewertung bestimmter Sachbezüge für 1992 und ab 1993", BGBl. Nr. 642/1992, führt unter dem Titel "Privatnutzung des arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges" aus:
"§ 4. (1) Besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen, dann ist ein Sachbezug von 1,5% der tatsächlichen Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges (einschließlich Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe), maximal 7 000 S monatlich, anzusetzen. Die Anschaffungskosten umfassen auch Kosten für Sonderausstattungen.
(2) Beträgt die monatliche Fahrtstrecke für Fahrten im Sinne des Abs. 1 im Jahr nachweislich nicht mehr als 500 km, ist ein Sachbezugswert im halben Betrag (0,75% der tatsächlichen Anschaffungskosten, maximal 3 500 S monatlich) anzusetzen. Unterschiedliche Fahrtstrecken in den einzelnen Lohnzahlungszeiträumen sind unbeachtlich."
Die belangte Behörde geht zu Recht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. August 2001, 97/14/0175) davon aus, dass nicht bereits die bloße, vom Arbeitnehmer tatsächlich aber nicht in Anspruch genommene, "Möglichkeit" der Privatnutzung zu einem Sachbezug führt, der gemäß § 15 EStG 1988 zu versteuern ist.
In Streit steht, ob eine private Nutzung des Pkw, zu der der Zweitbeschwerdeführer auf Grund seines Vorstandsvertrages berechtigt war, tatsächlich erfolgt ist. Ob im Einzelfall eine Inanspruchnahme der vertraglich und (oder) faktisch eingeräumten Nutzungsmöglichkeit vorgelegen hat, ist eine auf der Sachverhaltsebene zu lösende Tatfrage. Die Beweiswürdigung ist insofern der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, d.h. ob sie den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut nicht widersprechen (vgl. für viele das erwähnte Erkenntnis vom 7. August 2001).
Die Beschwerdeführer haben das Vorliegen einer Privatnutzung des Firmenfahrzeuges im Verwaltungsverfahren bestritten und zunächst behauptet, das Fahrzeug sei über Nacht auf dem Firmengelände abgestellt gewesen. Im Verlauf des Verwaltungsverfahrens wurde diese Darstellung jedoch dahingehend relativiert, als nur mehr davon die Rede war, der Pkw sei "zumindest großteils" am Firmengelände verblieben. Zum Vorhalt des Finanzamtes, welchen Sinn es mache, sich für die Zurückstellung des Fahrzeuges nach Beendigung der Tätigkeit eine Frist auszubedingen, wenn das Fahrzeug ausschließlich betrieblich benutzt und ansonsten am Firmengelände geparkt gewesen sei, haben die Beschwerdeführer nur erklärt, das Unternehmen habe das Fahrzeug damals nicht benötigt. Solcherart haben die Beschwerdeführer selbst eingeräumt, dass sich das Fahrzeug jedenfalls zu diesem Zeitpunkt und im Übrigen fallweise über Nacht im Gewahrsame des Zweitbeschwerdeführers befunden hat. Da auch Fahrten zwischen Arbeitsstätte und Wohnung Privatfahrten darstellen und schon die (gelegentliche) Benutzung des Firmenfahrzeuges für diese Fahrten dem Grunde nach zu einem Vorteil aus dem Dienstverhältnis führt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Juli 1996, 96/14/0033), kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde im Ergebnis von einer Privatnutzung des Kfz durch den Zweitbeschwerdeführer ausgegangen ist. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Zweitbeschwerdeführer das Firmenfahrzeug nach seinem Vorstandsvertrag nicht unbeschränkt, sondern nur in "angemessener Weise" für Privatfahrten verwenden durfte. Wie oben ausgeführt, liegt ein Vorteil aus dem Dienstverhältnis grundsätzlich in jeder Form der Privatnutzung. Dass die belangte Behörde nur den halben Sachbezugswert angesetzt hat, obwohl die Beschwerdeführer keinen Nachweis über die Höhe der Privatnutzung im Sinne des § 4 Abs. 2 der genannten Verordnung erbracht haben, kann eine Rechtsverletzung nicht begründen.
Das Vorbringen, die Beschwerdeführer hätten den seinerzeitigen Lohnbuchhalter der T AG "zum Nachweis der Nichtnutzung des Firmen-Pkw" namhaft gemacht, und die damit verbundene Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe diesen Beweisantrag übergangen, ist unbegründet. Abgesehen davon, dass die Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof selbst einräumt, der angesprochene Lohnbuchhalter hätte nur bestätigen können, dass das Fahrzeug "im Regelfall" über Nacht auf dem Werksgelände der T AG abgestellt gewesen sei, was nach den oben Gesagten nicht ausreicht, ist der Aktenlage ein förmlicher Beweisantrag auf Vernehmung des Lohnbuchhalters unter Angabe eines konkreten Beweisthemas nicht zu entnehmen. Vielmehr haben die Beschwerdeführer den Lohnbuchhalter nur als mögliche Auskunftsperson im Zusammenhang mit ihrer Vermutung "ins Treffen" geführt, dieser müsse in der Lage sein, das Fahrtenbuch vorzulegen und solcherart den Nachweis zu erbringen, dass der Zweitbeschwerdeführer das Fahrzeug ausschließlich beruflich verwendet habe. Folgerichtig hat der Lohnbuchhalter nach dem Eingeständnis der Beschwerdeführer, das Fahrtenbuch sei nach Einsichtnahme durch den Lohnsteuerprüfer verloren gegangen, im gegebenen Zusammenhang auch keine Erwähnung mehr gefunden.
Soweit die Beschwerde unter Hinweis auf die verwaltungsgerichtliche Judikatur zur Begründung eines Bescheides geltend macht, der angefochtene Bescheid entspreche den in dieser Judikatur erhobenen Anforderungen nicht, ist einzuräumen, dass der Begründungsduktus den methodischen Kriterien einer Bescheidbegründung, wie sie der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 28. Mai 1997, 94/13/0200, dargelegt hat, weitgehend nicht gerecht wird. Zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führt eine Unzulänglichkeit seiner Begründung aber nur dann, wenn diese Unzulänglichkeit zur Folge hat, dass einem Beschwerdeführer damit die Verfolgung seiner Rechte vor dem Verwaltungsgerichtshof oder diesem die inhaltliche Prüfung einer durch den Spruch des angefochtenen Bescheides bewirkten Verletzung der verfolgten Rechte des Beschwerdeführers verwehrt bleibt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. April 1995, 93/15/0060, mwN). Eine solche Relevanz des gerügten Begründungsmangels des angefochtenen Bescheides liegt im Beschwerdefall nicht vor.
2. Freiwillige Abfertigung gemäß § 67 Abs. 6 EStG 1988:
Der Zweitbeschwerdeführer erhielt von der T AG einen Betrag in Höhe von 2,3 Mio. S. Im Beschwerdefall ist strittig, ob dieser Betrag als freiwillige Abfertigung gemäß § 67 Abs. 6 EStG 1988 mit dem festen Steuersatz gemäß Abs. 1 leg. cit. zu besteuern ist, oder ob er dem so genannten Belastungsprozentsatz gemäß § 67 Abs. 8 EStG 1988 idgF unterliegt.
Nach den Feststellungen der Lohnsteuerprüfung, der das Finanzamt bei Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides zunächst folgte, wurden (nur) 6/12 der laufenden Bezüge der letzten zwölf Monate als freiwillige Abfertigung eingestuft und gemäß § 67 Abs. 6 EStG 1988 versteuert. In der Folge änderte das Finanzamt seine rechtliche Beurteilung dergestalt, dass der gesamte Betrag in Höhe von 2,3 Mio. S zur Gänze mit dem Belastungsprozentsatz gemäß § 67 Abs. 8 EStG 1988 zu versteuern sei. Das Finanzamt begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Zahlung auf einem Vergleich (Neuerungsvertrag gemäß § 1380 ABGB) beruht habe. Die belangte Behörde schloss sich dieser Ansicht an und führte dazu im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen aus:
In einer mit 23. Dezember 1993 datierten Vereinbarung zwischen Mitgliedern des Aufsichtsrates und dem Zweitbeschwerdeführer sei festgehalten, dass dem Zweitbeschwerdeführer eine freiwillige Abfertigung in Höhe von 6/12 des Jahresbezuges (inklusive der gesetzlichen beziehungsweise dienstvertraglichen Abfertigung) zustehe, und zwar unabhängig davon, ob der (bis zum 31. März 1995 befristete) Dienstvertrag erst zu diesem Zeitpunkt oder schon früher beendet werde. Weiter sei vereinbart worden, dass der Zweitbeschwerdeführer ab sofort berechtigt sei, eine anderweitige Aufgabe zu suchen; sobald er diese gefunden habe, werde der Dienstvertrag einvernehmlich gelöst.
Tatsächlich sei der Zweitbeschwerdeführer zum 31. März 1994 aus der T AG ausgeschieden. In einem mit 30. März 1994 datierten Schreiben des Vorsitzenden des Aufsichtsrates der T AG an den Rechtsanwalt des Zweitbeschwerdeführers werde folgende (neue) Vereinbarung wiedergegeben:
"1. ... Auf eine Abberufung des Vorstands im Sinne des § 75 Abs. 4 AktG ist in den Urkunden nicht bezug genommen.
2. Alle dienstvertraglichen Vereinbarungen, namentlich der
Vorstandsvertrag des ... (Zweitbeschwerdeführers) sind mit Wirkung
vom heutigen Tag einvernehmlich aufgelöst worden. Zum Ausgleich
aller dienstrechtlichen Ansprüche des ...(Zweitbeschwerdeführers)
(Sachbezüge und Barbezüge aus welchem Titel immer) erhält ... (der
Zweitbeschwerdeführer) mit Valuta 31.3.1994 einen Barbetrag von brutto S 2,300.000,-- ...
...
5. Die Entfertigungsvereinbarung im vorstehenden Sinn
beinhaltet einen von ... (dem Zweitbeschwerdeführer) gewährten
Nachlaß von brutto S 800.000,-- auf die in Ihrem letzten Schreiben an mich gebotene Vergleichssumme von S 3,100.000,-- sowie einen Nachlaß von brutto S 160.500,-- für den nicht ausbezahlten Bezug März 1994. Wir haben vereinbart, daß diese Summe von brutto S 960.500,-- mit allfälligen Ansprüchen verrechnet werden würde, welche der ... (T AG) gegenüber ... (dem Zweitbeschwerdeführer) aus dessen Vorstandshaftung bzw. Gründergenossenhaftung bis zum heutigen Tages zustehen könnten. ..."
Wie im Vorlageantrag eingeräumt worden sei, sei der abgeschlossene Vergleich vor dem Hintergrund zu sehen, dass anlässlich der Betriebsübernahme durch die Erstbeschwerdeführerin Zweifel an der Qualität der Vorstandstätigkeit des Zweitbeschwerdeführers aufgekommen seien. Dadurch sei die Möglichkeit einer vorzeitigen Abberufung aus wichtigem Grund (§ 75 Abs. 4 AktG) im Raum gestanden. Der Vergleich hätte der Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung gedient.
Das Schreiben vom 30. April 1994 stehe mit der Vereinbarung von 23. Dezember 1993 in Widerspruch: Die Formulierung, wonach "alle dienstvertraglichen Vereinbarungen" einvernehmlich aufgelöst seien, spreche dafür, dass auch die Vereinbarung hinsichtlich einer freiwilligen Abfertigung hinfällig geworden sei. Angesichts der Vergleichsverhandlungen vor dem Hintergrund einer drohenden Abberufung des Zweitbeschwerdeführers als Vorstand sei klar, dass die Auszahlung des streitgegenständlichen Betrages nicht auf der Grundlage einer freiwilligen Abfertigung, sondern auf der Grundlage des geschlossenen Vergleiches erfolgt sei.
Im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ändere sich an der begünstigten steuerlichen Behandlung von Bezügen zwar nichts, wenn steuerbegünstigte Bezüge von einem Vergleich erfasst würden. Es müsse jedoch erkennbar sein, in welchem Ausmaß eine Vergleichssumme auf einen begünstigten Anspruch entfalle. Dies werde insbesondere dann der Fall sein, wenn Gegenstand des Verfahrens nur ein derartiger Anspruch gewesen sei, oder wenn von mehreren Ansprüchen durch (Teil-)Vergleich ein solcher Anspruch verglichen, die übrigen aber strittig bleiben würden, oder wenn in sonst erkennbarer Weise erklärt würde, welcher von mehreren Ansprüchen mit welchem Betrag verglichen werden solle. Im gegenständlichen Fall könne die Vergleichssumme jedoch nicht - nach dem Vorbringen der Beschwerdeführer auch nicht zum Teil - auf den Ausgleich derartiger steuerbegünstigter Bezüge zurückgeführt werden.
Gemäß § 67 Abs. 6 EStG 1988 sind sonstige Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (wie zum Beispiel freiwillige Abfertigungen und Abfindungen), mit den Steuersätzen des Abs. 1 zu versteuern, soweit sie insgesamt ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten zwölf Monate nicht übersteigen. Für die über dieses Ausmaß hinausgehenden freiwilligen Abfertigungen trifft Abs. 6 weitere detaillierte Regelungen.
Gemäß § 67 Abs. 8 EStG 1988 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 660/1989 sind Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume, Nachzahlungen und nachträgliche Zahlungen von laufenden und sonstigen Bezügen für abgelaufene Kalenderjahre, die neben laufendem Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber geleistet werden und nicht auf einer willkürlichen Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes beruhen, sowie Vergleichssummen, gleichgültig, ob diese auf gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichen beruhen, und zwar auch dann, wenn sie nicht neben laufendem Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber gewährt werden, mit dem Steuersatz zu versteuern, der tarifmäßig dem Arbeitslohn des letzten vollen Kalenderjahres entspricht.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfasst die begünstige Besteuerung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 nur solche Bezüge, deren unmittelbare Ursache die Beendigung des Dienstverhältnisses ist (vgl. die bei Hofstätter/Reichel, § 67 Abs. 6 EStG 1988 unter Tz. 3 zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
Von einer "freiwilligen Abfertigung" im Sinne des § 67 Abs. 6 EStG 1988 kann nicht gesprochen werden, wenn eine Zahlung geleistet wird, um den Dienstnehmer zur vorzeitigen Auflösung eines Dienstvertrages zu bewegen. Derartige Zahlungen fallen unter die Bestimmungen des § 67 Abs. 8 EStG 1988 (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 1991, 90/14/0053).
Bei Vorliegen eines der Fälle des § 67 Abs. 8 EStG 1988 hat die Versteuerung mit dem Belastungsprozentsatz - und nicht gemäß Abs. 6 leg. cit. - zu erfolgen, auch wenn ein Zusammenhang mit der Beendigung eines Dienstverhältnisses besteht, wie dies bei Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume und Vergleichssummen in der Regel der Fall sein wird (vgl. das schon angeführte Erkenntnis vom 18. März 1991, und das hg. Erkenntnis vom 26. Juli 1995, 92/15/0104).
Im Zusammenhang mit der Vereinbarung von Vergleichssummen (von solchen kann allerdings nur gesprochen werden, wenn strittige in der Vergangenheit angehäufte Bezüge zumindest mitbereinigt werden) hat der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Juni 1988, 87/13/0262 und 88/13/0036, sowie insbesondere das oben erwähnte Erkenntnis vom 26. Juli 1995), dass auch eine Vergleichssumme nicht undifferenziert mit dem Belastungsprozentsatz zu versteuern ist. Werden steuerfreie Bezüge oder steuerbegünstigte Bezüge vom Vergleich erfasst, ändere sich an ihrer steuerlichen Begünstigung nichts. Dies sei aber nur dann durchführbar, wenn - worauf im angefochtenen Bescheid zutreffend hingewiesen wird - erkennbar ist, in welchem Ausmaß eine Vergleichssumme auf einen derartigen Anspruch entfällt.
Im Beschwerdefall ist weder erkennbar, dass sich die Zahlung überhaupt auf in der Vergangenheit angehäufte strittige Ansprüche bezieht, noch ob und in welchem Ausmaß eine begünstigt zu versteuernde freiwillige Abfertigung in der Vereinbarung Berücksichtigung fand. Wiewohl aus dem Schreiben vom 30. März 1994 hervorgeht, dass der Zweitbeschwerdeführer mit einer konkreten Gehaltsforderung (die wohl auch begründet worden war) an den Aufsichtsrat herangetreten ist, sind trotz Vorhaltes die Verhandlungspositionen der Beschwerdeführer nicht offen gelegt und keine Angaben zu den einzelnen Vergleichspunkten gemacht worden. Solcherart war für die belangte Behörde nicht erkennbar, ob der auf Grund der Vereinbarung vom 30. März 1994 geleistete Betrag allenfalls auch auf eine begünstigte Abfertigung gemäß § 67 Abs. 6 EStG 1988 entfallen ist. Das Vorbringen der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren und das Beschwerdevorbringen, die Zahlung sei insgesamt als "freiwillige Abfertigung" gedacht gewesen, überzeugt schon deswegen nicht, weil der vereinbarte Betrag um vieles höher ist als die im Dienstvertrag oder auch in der Vereinbarung von 23. Dezember 1993 vorgesehene "freiwillige Abfertigung". Vor diesem Hintergrund kann auch die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe sich mit einem Schreiben des Aufsichtsratsvorsitzenden der T AG, in dem zum Ausdruck gebracht wird, dass die gesamte Zahlung eine "freiwillige Abfertigung" sein sollte, nicht auseinandergesetzt, der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Dass der Aufsichtsratsvorsitzende der Ansicht war, es läge ein wichtiger Grund vor, den Zweitbeschwerdeführer einseitig abzuberufen, und im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung Ansprüche des Zweitbeschwerdeführers erfolgreich abwehren zu können, macht die vergleichsweise erfolgte Bereinigung "aller dienstrechtlicher Ansprüche" unter vorzeitiger Vertragsauflösung nicht zu einer freiwilligen Abfertigung im Sinne des § 67 Abs. 6 EStG 1988. Dies umso weniger, als die im Vorstandsvertrag vorgesehene freiwillige Abfertigung (nach dem Vorbild des Angestelltengesetzes unter Anrechnung von Vordienstzeiten ab dem 1. Jänner 1987) u.a. gerade für den Fall grober Pflichtverletzung im Sinne des § 75 Abs. 4 AktG ausgeschlossen war und der vereinbarte Barbetrag von 2,300.000 S in etwa dem bei Vertragserfüllung - es lag ein mit 31. März 1995 befristeter Dienstvertrag vor - noch ausständigen Jahresbezug von 2,240.000 S (ohne Valorisierung) entsprach. Solcherart kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde zur Ansicht gelangt ist, dass das Vorliegen einer freiwilligen Abfertigung im Sinne des § 67 Abs. 6 EStG 1988 und damit der Tatbestand des § 41 Abs. 4 lit. b FLAG 1967 nicht als erwiesen angenommen werden konnte.
Insgesamt war die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers daher mangels Beschwerdelegitimation gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen und der angefochtene Bescheid aus Anlass der Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin hinsichtlich der Lohnsteuer wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 29. Oktober 2003
Schlagworte
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000130028.X00Im RIS seit
02.12.2003Zuletzt aktualisiert am
10.01.2012