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L34006 Abgabenordnung Steiermark;Norm
KommStG 1993 §3 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde der Marktgemeinde I, vertreten durch Dr. Joachim W. Leupold und Mag. Eleonore Neulinger, Rechtsanwälte in 8952 Irdning, Klostergasse 54, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 13. Juni 1996, Zl. 7 - 485 - 19/95 - 6, betreffend Kommunalsteuer 1994 (mitbeteiligte Partei: Bund, vertreten durch den Leiter der Bundesanstalt für alpenländische Landwirtschaft G), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der beschwerdeführenden Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.023,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit einer an das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft "als Betreiber des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes der Bundesanstalt für alpenländische Landwirtschaft G" (im Folgenden: BAL) gerichteten Erledigung des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 28. März 1995 wurde für 1994 Kommunalsteuer in Höhe von S 450.000,-- vorgeschrieben.
Mit Eingabe vom 26. April 1995 erhob das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft Berufung und leitete diese wie folgt ein: "Der Bund vertreten durch den Direktor der Bundesanstalt erhebt innerhalb offener Frist gegen den Bescheid der (beschwerdeführenden Gemeinde) vom 28. 3. 1995 betreffend Kommunalsteuervorschreibung für das Jahr 1994 für die BAL innerhalb offener Frist Berufung". Gefertigt war das Schreiben mit "Für den Bundesminister". Dabei wurde im Wesentlichen ausgeführt, die BAL sei eine nicht umsatzsteuerpflichtige Forschungsanstalt. Ihr Hauptzweck sei die Forschungstätigkeit, die auch eindeutig überwiege. Landwirtschaftliche Tätigkeiten, die mit der Forschung im Zusammenhang stünden, seien auf Grund der Überwiegensregel nicht als unternehmerische Tätigkeiten anzusehen. Der Verkauf der Produkte, die bei der Versuchstätigkeit anfielen, sei daher nicht umsatzsteuerbar.
Mit einer an das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft gerichteten Erledigung vom 28. Juni 1995 wies der Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde die Berufung als unbegründet ab und führte in der Begründung im Wesentlichen aus, dass der Betrieb durch den Verkauf von land- und forstwirtschaftlichen Produkten am wirtschaftlichen Verkehr teilnehme, wodurch eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen gegeben sei und zwar auch dann, wenn dies nicht in Gewinnerzielungsabsicht erfolge. Es sei unerheblich, ob diese Einnahmenerzielung den Hauptzweck des Betriebes darstelle oder lediglich einen Nebenzweck erfülle.
Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft erhob Vorstellung, die er mit folgendem Satz einleitete: "Der Bund erhebt innerhalb offener Frist gegen den Bescheid der (beschwerdeführenden Gemeinde) vom 28. 06. 1995 betreffend Kommunalsteuer, Berufungsentscheidung gemäß §§ 212 - 215 Landesabgabenordnung, für die BAL innerhalb offener Frist Vorstellung". In der Begründung wurde ergänzend angeführt, lediglich 15 Beschäftigte könnten im Schätzungswege der unternehmerischen Tätigkeit zugeordnet werden.
Mit Schreiben vom 9. Februar 1996 wurde der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft ua ersucht, der erkennenden Behörde für 1994 die Einnahmen, die Aufwendungen und Ausgaben aus privatwirtschaftlicher Tätigkeit, die Aufwendungen aus hoheitlicher Tätigkeit sowie die Zuwendungen der öffentlichen Hand bekannt zu geben.
Am 20. März 1996 wurde vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft eine mit 11. März 1996 datierte Stellungnahme des Direktors der BAL übermittelt. In dieser wurde ausgeführt, die BAL "produziere Forschungsergebnisse". Eine Trennung in einen privatwirtschaftlichen und hoheitlichen Teil entspreche nicht den tatsächlichen Arbeitsabläufen, Finanzierungsprogrammen und Personenzuordnungen. Es sei nicht vermeidbar, dass im Rahmen der Forschung verkäufliche Nebenprodukte wie Milch und Fleisch entstünden. Eine Aufteilung bzw. Trennung der Tätigkeiten sei lediglich im Schätzungswege möglich. In einer Übersicht wurden die geschätzten Einnahmen und Ausgaben aus privatwirtschaftlicher Tätigkeit, die geschätzten Aufwendungen aus hoheitlicher Tätigkeit sowie das Budget 1994 laut Bundesfinanzgesetz sowie die Zahl der Beschäftigten mitgeteilt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde "der Vorstellung der Republik Österreich, vertreten durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft" gegen den Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde vom 28. Juni 1995, mit welchem dem Bund als Betreiber der BAL für das Jahr 1994 Kommunalsteuer vorgeschrieben worden ist, Folge gegeben, der Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Gemeinde verwiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die BAL "sei unbestritten eine Körperschaft öffentlichen Rechts", zumal sie die Wahrnehmung bestimmter öffentlicher Interessen (Forschungstätigkeiten) zum Zweck habe. Auch Körperschaften öffentlichen Rechts seien in dem sich aus § 3 Abs. 3 KommStG ergebenden Umfang, nämlich im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art im Sinne des § 2 KStG 1988 und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe, als Unternehmer zu behandeln. Die BAL sei ein ausschließlich Forschungszwecken dienender Versuchsbetrieb. Da keine Auftragsforschung für Private betrieben werde und die Produkte der Forschung wie z.B. Tiere, tierische Produkte, Bodenprodukte und dgl. als Resultate der Forschungstätigkeit gleichsam zwangsläufig anfielen, sei der Hauptzweck nicht die Land- und Forstwirtschaft, sondern die Forschung. Da lediglich Produkte verkauft würden, die aus der Forschungstätigkeit resultierten, sei diese Tätigkeit als Hilfsgeschäft dem hoheitlichen Betrieb zuzuordnen. Eine Kommunalsteuerpflicht des Bundes als Betreiber der BAL scheide daher aus.
Aber auch dann, wenn die BAL als ein untrennbar hoheitlichen und land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienender Mischbetrieb anzusehen sei, scheide eine Kommunalsteuerpflicht aus, weil es darauf ankomme, welche Tätigkeit überwiege. Das entscheidende Kriterium sei dabei, ob die wesentlichen Ausgaben im Forschungsbereich lägen und ob die Einnahmen aus dem land- und forstwirtschaftlichen Bereich diese bei weitem überstiegen. 1994 seien ca. S 3,6 Mio aus dem Verkauf von Tieren, tierischen Produkten, Bodenprodukten und Sonstigem erwirtschaftet worden. Die Ausgaben aus der privatwirtschaftlichen Tätigkeit hätten ca. S 5,5 Mio betragen. 1994 hätten die Ausgaben im Forschungsbereich ca. S 57,3 Mio betragen. Da die Ausgaben aus dem Forschungsbereich die Einnahmen aus dem land- und forstwirtschaftlichen Bereich bei weitem überstiegen hätten, sei auch unter diesem Aspekt zur Gänze von einem Hoheitsbetrieb auszugehen. Da die Abgabenbehörden (Bürgermeister, Gemeinderat) somit eine Abgabe ohne Rechtsgrundlage vorgeschrieben hätten, seien die Rechte des Vorstellungswerbers verletzt worden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die beschwerdeführende Gemeinde rügt, die Berufung sei von einer nicht vertretungslegitimierten Person erhoben worden. Sie habe ihren erstinstanzlichen Bescheid an das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft gerichtet. Die Berufung sei durch den Bund, vertreten durch den Direktor der Anstalt, erhoben worden. Auf Grund der unzulässigen und nicht wirksamen Berufung sei der erstinstanzliche Bescheid daher bereits in Rechtskraft erwachsen.
Die BAL hat als landwirtschaftliche Bundesanstalt keine eigene Rechtspersönlichkeit. Ihr Rechtsträger ist der Bund (vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 1611 BlgNR 18. GP, 13, betreffend das Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten, BGBl. Nr. 515/1994). Sie untersteht gemäß § 3 Abs. 1 Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten, BGBl. Nr. 515/1994, dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft. Aus § 5 Abs. 10 leg. cit. ergibt sich, dass nur der Direktor der BAL (bzw. sein Stellvertreter oder bevollmächtigte Bedienstete der BAL) zur Vertretung der BAL gegenüber Dritten befugt ist. Es handelt sich daher um keine Ermächtigung.
Gemäß § 74 lit. a Steiermärkische LAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen gegenüber bekannt werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Dies erfolgt bei schriftlichen Erledigungen durch Zustellung. Da sich nach den dargestellten Regelungen ergibt, dass die Abgabenbescheide erster und zweiter Instanz an den Leiter der BAL, als vertretungsbefugtes Organ (vgl. nochmals § 5 Abs. 10 Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten), hätten zugestellt werden müssen, eine solche Zustellung jedoch nicht erfolgt ist, sind die Abgabenbescheide rechtlich nicht wirksam geworden (vgl. Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze2, Bd I, 1901, sowie die dort zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 507). Damit hätte die belangte Behörde die Vorstellung gegen einen nicht wirksamen Bescheid zurückweisen müssen. Da sie hingegen in der Sache selbst durch Stattgabe der Vorstellung entschieden hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 30. Oktober 2003
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:1999150187.X00Im RIS seit
09.12.2003