TE Vwgh Erkenntnis 2003/10/30 2003/15/0072

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.10.2003
beobachten
merken

Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
61/01 Familienlastenausgleich;

Norm

EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs1;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidnet Dr. Karger und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde der A GmbH in L, vertreten durch Dr. Sepp Manhart und Dr. Meinrad Einsle, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Römerstraße 19, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom 30. Juni 2003, RV/0401-F/02, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für 1997 bis 2000, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Geschäftsführer der beschwerdeführenden GmbH war zunächst zu 25%, ab September 1997 aber zu ca 67% an dieser Gesellschaft beteiligt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der Beschwerdeführerin im Instanzenzug für 1997 bis 2000 Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (§ 41 Abs 1 FLAG) sowie Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vorgeschrieben. Begründend wird ua ausgeführt, im Zuge einer Lohnsteuerprüfung im Unternehmen der Beschwerdeführerin sei festgestellt worden, dass Vergütungen des Gesellschafter-Geschäftsführers (September bis Dezember 1997:

130.553 S; 1998: 630.000 S; 1999: 800.000 S; 2000: 993.837 S) nicht in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einbezogen worden seien.

In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Abgabenbescheid wurde vorgebracht, im Werkvertrag sei weder ein bestimmter Arbeitsort noch eine bestimmte Arbeitszeit festgelegt. Ebenso fehlten Regelungen betreffend Urlaub, Krankenstand oder ein 13. und 14. Monatsgehalt. Die Eingliederung in den Organismus der Beschwerdeführerin sei nicht gegeben. Das Unternehmerrisiko liege darin, dass die Jahresbezüge im Nachhinein aufgrund des Betriebsergebnisses einstimmig festgelegt würden. In einzelnen Monaten seien keine Vergütungen ausgezahlt worden, in den übrigen Monaten seien Akontozahlungen in unterschiedlicher Höhe geleistet worden. Für das Jahr 2000 seien die Akontozahlungen zu hoch gewesen, sodass ca 93.000 S zurückbezahlt worden seien.

Nach den Feststellungen der belangten Behörde sei der Geschäftsführer-Vertrag (vom 17. Dezember 1997) auf fünf Jahre geschlossen, könne aber unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist gekündigt werden. Die Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers sei auf Dauer ausgerichtet, was auch durch die tatsächliche langjährige Ausübung bestätigt werde. Es liege ein Dauerschuldverhältnis vor. Dem Gesellschafter-Geschäftsführer obliege die Lenkung und Überwachung des Unternehmens, weshalb er in den Betrieb der Beschwerdeführerin eingegliedert sei.

Der Gesellschafter-Geschäftsführer erhalte einen Fixbezug in Höhe von 400.000 S pro Jahr und sei berechtigt, je nach Liquiditätslage der Beschwerdeführerin Vorschüsse zu entnehmen. Jährlich im nachhinein werde von der Gesellschafterversammlung seine Gesamtvergütung beschlossen. Die Geschäftsführerbezüge des Jahres 2001 hätten 70.000 Euro (in diesem Jahr habe die Beschwerdeführerin einen Verlust erwirtschaftet), jene des Jahres 2002 100.000 Euro betragen. Das Mindestfixum spreche gegen ein Unternehmerrisiko. Zudem sei nicht ersichtlich, in welcher Weise die jährlich angestiegene Gesamtvergütung des Gesellschafter-Geschäftsführers mit dem Betriebsergebnis der Beschwerdeführerin in Zusammenhang stehe. Den stetig steigenden Geschäftsführerbezügen stünden schwankende Jahresergebnisse gegenüber. Auch dieser Umstand spreche gegen das Unternehmerrisiko. Dass für den Gesellschafter-Geschäftsführer ein Unternehmerrisiko auf Grund von ihm zu tragender, ins Gewicht fallender Ausgaben bestanden habe, sei nicht behauptet worden. Somit trage er kein Unternehmerrisiko.

Eine laufende Entlohnung liege vor. Es sei nicht relevant, dass der Jahresbezug nicht in monatlich gleich bleibenden Beträgen ausbezahlt werde. Nicht relevant sei im gegebenen Zusammenhang auch, dass für das Jahr 2000 die Akontozahlungen um ca 93.000 S zu hoch gewesen seien und der Geschäftsführer daher eine entsprechende Rückzahlung getätigt habe. Die Rückzahlung von Überbezügen sei auch bei Angestellten nicht unüblich. Die Betätigung des Gesellschafter-Geschäftsführers weise sohin - bei Außerachtlassung der im Beschwerdefall nicht gegebenen Weisungsgebundenheit - die Merkmale eines Dienstverhältnisses auf, sodass seine Einkünfte solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 seien und deshalb in die Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einzubeziehen seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat über die Beschwerde erwogen:

Im Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung bestimmter, auch im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen abgewiesen. Er hat dazu in Auslegung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 ua ausgeführt, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl.  insbesondere die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 2001, 2001/14/0052 und 2001/14/0054).

Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Eine laufende Entlohnung liegt auch dann vor, wenn der Jahresbezug nicht in monatlich gleich bleibenden Monatsbeträgen ausbezahlt wird (vgl das oben zitierte Erkenntnis 2001/14/0052).

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl auch dazu das hg. Erkenntnis 2001/14/0054).

Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft.

Vor dem Hintergrund dieser in der Rechtsprechung zu § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 ergangenen Rechtsprechung sowohl des Verfassungs- als auch des Verwaltungsgerichtshofes kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall die Betätigung des Gesellschafter-Geschäftsführers zu Unrecht als solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag gezogen hat. Das für die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin wesentliche kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Tätigwerden ist im Beschwerdefall unbestritten geblieben. Gleiches gilt für die laufende, zumindest jährliche Entlohnung. Das Unternehmerrisiko des Gesellschafter-Geschäftsführers konnte die belangte Behörde schon im Hinblick auf dessen Mindest-Fixbezug von jährlich 400.000 S ausschließen (vgl das hg Erkenntnis vom 28. Jänner 2003, 2001/14/0048). Deshalb kam es auf das Verhältnis zwischen der Gesamtentlohnung des Geschäftsführers und dem Betriebsergebnis der Beschwerdeführerin nicht an.

In der Beschwerde wird auch vorgebracht, der Gesellschafter-Geschäftsführer hafte für Bankschulden der Beschwerdeführerin. Hiezu ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach das Risiko, welches der Gesellschafter-Geschäftsführer im Falle der Übernahme einer Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft trägt, der Gesellschafter-Sphäre zuzuordnen ist und damit kein Indiz für ein Unternehmerwagnis im Bereich der Geschäftsführungstätigkeit darstellt (vgl das hg Erkenntnis vom 31. März 2003, 2003/14/0023).

Der belangten Behörde kann sohin nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Vorliegen eines relevanten Unternehmerrisiko des Gesellschafter-Geschäftsführers verneint hat.

Mit der Behauptung der Verletzung des Parteiengehörs zeigt die Beschwerdeführerin schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil der im gegenständlichen Fall relevante Sachverhalt außer Streit steht.

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiters Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 30. Oktober 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003150072.X00

Im RIS seit

03.12.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten