TE Vwgh Beschluss 2003/10/30 AW 2003/09/0029

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Veröffentlicht am 30.10.2003
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs6;
AuslBG §7 Abs7;
VwGG §30 Abs2;
VwGG §42 Abs3;
VwGG §63 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der G GmbH, vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, der gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Tirol des Arbeitsmarktservice vom 21. Oktober 2003, Zl. LGSTi/V/13113/22755313-702/2003, betreffend Abweisung eines Antrages auf Verlängerung einer Beschäftigungsbewilligung erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Verlängerung der ihr für einen irakischen Staatsangehörigen erteilten Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 6 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes-AuslBG versagt.

Die Beschwerdeführerin bringt zu ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vor, der sofortige Vollzug des angefochtenen Bescheides hätte für sie schwerwiegende Folgen insoferne, als sie bei der Abwicklung von Pauschalreisen auf ein eingespieltes Mitarbeiterteam angewiesen und der Ausländer, um dessen Beschäftigungsbewilligung es gehe, ein zentraler Mitarbeiter dieses Teams sei. Das Funktionieren des Hotelbetriebes sei von ihm abhängig. Es könnte nicht zeitgerecht Ersatz für ihn gefunden werden, würden Probleme für die Abwicklung bereits gebuchter Reisegruppen entstehen und der Beschwerdeführerin Einnahmeneinbußen oder gar Konventionalstrafen erwachsen.

Die belangte Behörde hat in ihrer Stellungnahme zum Antrag weder zwingende noch sonstige öffentliche oder weitere Interessen, die gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sprächen, geltend gemacht, sondern bloß auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 1993, AW 93/09/0003, hingewiesen, in welchem der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten hatte, dass durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung weder die bescheidmäßig versagte Beschäftigungsbewilligung (Verlängerung) herbeigeführt werden noch der bereits eingetretene Ablauf der alten dem Beschwerdeführer erteilten Beschäftigungsbewilligung rückgängig gemacht werden könne.

§ 30 Abs. 2 VwGG lautet:

"(2) Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn die Interessen Dritter berührt werden."

§ 7 Abs. 7 und 8 des AuslBG lauten:

"(7) Wird ein Antrag auf Verlängerung einer Beschäftigungsbewilligung oder auf Ausstellung einer Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines vor Ablauf der Beschäftigungsbewilligung eingebracht, so gilt diese bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag als verlängert.

(8) Liegen die Voraussetzungen für die Verlängerung einer Beschäftigungsbewilligung nicht vor, so treten die Wirkungen der Nichtverlängerung erst mit jenem Zeitpunkt ein, der sich aus den die Rechte des Ausländers sichernden gesetzlichen Bestimmungen und Normen der kollektiven Rechtsgestaltung ergibt."

Unbestritten ist im vorliegenden Fall, dass die Verlängerung der Beschäftigungsbewilligung vor deren Ablauf beantragt worden ist. Zwar trifft es zu, dass der Verwaltungsgerichtshof im oben angeführten Beschluss die Auffassung vertreten hat, dass durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer gegen die Versagung einer Beschäftigungsbewilligung gerichteten Beschwerde weder die versagte Beschäftigungsbewilligung (Verlängerung) herbeigeführt werden noch der bereits eingetretene Ablauf der bisher dem Beschwerdeführer erteilten Beschäftigungsbewilligung rückgängig gemacht werden könne. Dazu ist allerdings Folgendes auszuführen:

Die vorläufige Maßnahme der aufschiebenden Wirkung einer beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde bewirkt, dass der "Vollzug" des angefochtenen Verwaltungsaktes in einem umfassenden Sinn ausgesetzt, also seine Vollstreckbarkeit und die durch ihn bewirkte Gestaltung der Rechtslage, seine Tatbestandswirkungen und seine Bindungswirkungen zum Zwecke der Sicherung eines möglichen Erfolges der Beschwerde gemäß § 63 Abs. 1 VwGG suspendiert werden. Bis zur Entscheidung über die Beschwerde dürfen aus dem angefochtenen Verwaltungsakt keine für den Beschwerdeführer nachteiligen Rechtsfolgen gezogen werden (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. Oktober 1995, Zl. 95/21/0521, vom 23. Juli 1999, Zl. 99/02/0081, vom 15. Oktober 1999, Zl. 99/19/0031, und die hg. Beschlüsse vom 4. Oktober 2000, Zl. AW 2000/21/0128, und vom 13. Juni 2002, 2000/06/0072, jeweils mit weiteren Nachweisen, und auch den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Juni 1999, Slg. Nr. 15508).

Die Aufhebung des angefochtenen Bescheides würde im vorliegenden Fall bewirken, dass die Rechtssache gemäß § 42 Abs. 3 VwGG in die Lage zurückträte, in der sie sich vor seiner Erlassung befunden hatte. Bis zur Erlassung eines Ersatzbescheides gälte gemäß § 7 Abs. 7 AuslBG die bisherige Beschäftigungsbewilligung als verlängert. Durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird zur Sicherung eines möglichen Erfolges der Beschwerde für die Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof vorläufig auf ähnliche Weise - insbesondere hinsichtlich des § 7 Abs. 7 AuslBG - jene Rechtsstellung wieder hergestellt, welche die Beschwerdeführerin vor Erlassung des angefochtenen Bescheides hatte. Eine Zuerkennung von zusätzlichen Rechten findet nicht statt.

Vielmehr stellt sich die Situation der Beschwerdeführerin nicht anders dar, als jene anderer Antragsteller, denen das Gesetz bis zu rechtskräftigen Entscheidung über ihren Antrag eine bestimmte Rechtsposition einräumt. So sieht § 19 Abs. 1 des Asylgesetzes 1997 vor, dass einem Asylwerber bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Asylantrag das Recht auf vorläufigen Aufenthalt zukommt (vgl. dazu etwa den hg. Beschluss vom 28. Mai 1997, AW 97/20/0214, und das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2002, Zl. 98/18/0271). Nach § 75 Abs. 4 des Fremdengesetzes 1997 kommt einem Fremden, der einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Statt gestellt hat, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag das Recht zu, in diesen Staat nicht abgeschoben zu werden (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 22. Mai 1999, AW 98/21/0054). § 6 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes aus 1992 räumte einem Fremden das Recht ein, sich vor einer rechtskräftigen Entscheidung über einen rechtzeitigen Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung im Bundesgebiet aufzuhalten und § 17 Abs. 4 des Fremdengesetzes aus 1992 jenes, bis zu diesem Zeitpunkt nicht ausgewiesen zu werden (vgl. dazu etwa den hg. Beschluss vom 28. Mai 1997, AW 97/19/0666). In all diesen Fällen wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG bei Beschwerden gegen solche Anträge abweisende Bescheide im Hinblick auf die angeführten Rechte für zulässig erachtet (vgl. die angeführten Beschlüsse).

Ebenso ist daher auch hinsichtlich des in § 7 Abs. 7 AuslBG normierten Rechts auf Weitergeltung einer Beschäftigungsbewilligung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über einen rechtzeitig gestellten Verlängerungsantrag die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG nicht ausgeschlossen und im vorliegenden Fall daher zu prüfen, ob die in dieser Gesetzesstelle angeführten Voraussetzungen gegeben sind.

Dass zwingende öffentliche Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegen stünden, ist weder geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich. Öffentliche Interessen dafür, dass der betroffenen Ausländer für die Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht beschäftigt werde, sind nicht bekannt geworden. Hingegen hat die Beschwerdeführerin auf - von der belangten Behörde unbestrittene - Umstände hingewiesen, dass der sofortige Vollzug des angefochtenen Bescheides, insbesondere der Verlust des Rechts gemäß § 7 Abs. 7 AuslBG, für sie mit einem unverhältnismäßigen Nachteil verbunden wäre.

Bei dieser Sachlage war dem Antrag daher gemäß § 30 Abs. 2 VwGG Folge zu geben.

Wien, am 30. Oktober 2003

Schlagworte

Begriff der aufschiebenden Wirkung Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht Unverhältnismäßiger Nachteil Vollzug

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:AW2003090029.A00

Im RIS seit

12.01.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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