TE Vwgh Erkenntnis 2003/10/30 2003/02/0118

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Veröffentlicht am 30.10.2003
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Index

19/05 Menschenrechte;
24/01 Strafgesetzbuch;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

MRKZP 07te Art4;
StGB §269 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2003/02/0119

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerden des FM in F, vertreten durch Dr. Karl Hepperger, Rechtsanwalt in Innsbruck, Müllerstraße 27/II, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol 1.) vom 27. März 2003, Zl. uvs-2002/K3/002-10 und 2002/15/006- 10, betreffend Sachverständigengebühren i.A. Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (hg. Zl. 2003/02/0119), und 2.) vom 10. März 2003, Zl. uvs-2002/K3/002-8; 2002/15/006-8, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (hg. Zl. 2003/02/0118),

Spruch

I. den Beschluss gefasst:

Die Behandlung der Beschwerde gegen den zu 1.) angeführten Bescheid wird abgelehnt.

II. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde gegen den zu 2.) angeführten Bescheid wird als unbegründet abgewiesen.

III. Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 190,95 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zu I.: Gemäß § 33a VwGG in der Fassung BGBl. Nr. I 136/2001 kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil sie von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird, in Verwaltungsstrafsachen außerdem nur dann, wenn eine Geldstrafe von höchstens EUR 726,-- verhängt wurde.

Die Voraussetzungen für eine Ablehnung der vorliegenden Beschwerde nach dieser Gesetzesstelle sind erfüllt. Die Fällung einer Sachentscheidung über die Beschwerde hängt von keiner Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Zu II.: Mit diesem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 27. August 2001 um 21.20 Uhr ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug an einem näher umschriebenen Ort gelenkt und dort um 21.22 Uhr gegenüber einem besonders geschulten und hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht den "Alkotest" verweigert, obwohl er sich vermutlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 StVO begangen; über ihn wurde eine Geldstrafe von S 18.000,-- (Ersatzfreiheitsstraße 18 Tage) verhängt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, "im Fall des Vorliegens der im § 99 Abs. 6 lit. c StVO statuierten Subsidiarität der Verwaltungsübertretung nicht wegen dieser Verwaltungsübertretung verurteilt und bestraft zu werden", verletzt und verweist in diesem Zusammenhang auf das in Art. 4 des

7. ZPEMRK verankerte Doppelbestrafungsverbot. Dies mit der Begründung, er sei im "parallel behängenden" gerichtlichen Strafverfahren im Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Vorfall u. a. eines Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs. 1 erster Fall StGB für schuldig befunden und bestraft worden. § 5 Abs. 2 i.V.m. § 99 Abs. 1 lit. b StVO enthalte "dieselben Tatbestandselemente, nämlich die Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt", welche auch im § 269 (Abs. 1) StGB enthalten seien, wobei die Verweigerung des Alkotests in der zuletzt genannten Bestimmung mit "Verhinderung der Amtshandlung" umschrieben sei. § 269 StGB verlange zusätzlich das Tatbestandselement der gefährlichen Drohung oder Gewalt (hier relevant: das Tatbestandselement "Gewalt").

Dieser - völlig verfehlten - Ansicht des Beschwerdeführers ist nicht beizupflichten: Dem in Art. 4 des 7. ZPEMRK verankerten Doppelbestrafungsverbot widerspricht eine gesetzliche Strafdrohung nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 5. Dezember 1996, G 9/96, und andere) dann, wenn sie den wesentlichen Gesichtspunkt ("aspect") eines Straftatbestandes, der bereits Teil eines von den Strafgerichten zu ahndenden Straftatbestandes ist, neuerlich einer Beurteilung und Bestrafung durch die Verwaltungsbehörde unterwirft (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2000, Zl. 2000/03/0270). Es liegt aber auf der Hand, dass die dem Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren angelastete Übertretung - nämlich die Weigerung, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen (§ 99 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 5 Abs. 2 StVO) - kein Element des strafgerichtlich zu ahndenden Tatbestandes nach § 269 Abs. 1 erster Fall StGB bildet, wonach u.a. zu bestrafen ist, wer eine Behörde oder einen Beamten mit Gewalt an einer Amtshandlung hindert.

Diese Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung stützt sich zu II. auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333, wobei allerdings im Hinblick auf die gemeinsame Gegenschrift und Aktenvorlage der belangten Behörde - mit einem Kostenantrag von insgesamt EUR 381,90 - nur die Hälfte dieses Betrags zuzuerkennen war, zumal nach der ständigen hg. Rechtsprechung für den Fall der Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde (hier zu I.) jede Partei den vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenden Aufwand selbst zu tragen hat (§ 58 Abs. 1 VwGG).

Wien, am 30. Oktober 2003

Schlagworte

Alkotest Verweigerung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003020118.X00

Im RIS seit

13.11.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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