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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AktG 1965 §70;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Racek, über die Beschwerde des BB in Wien, vertreten durch Hausmaninger Herbst Rechtsanwälte - Gesellschaft mbH in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 30. April 2002, Zl. UVS-06/42/3585/2001/5, betreffend Übertretung des Wertpapieraufsichtsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war im hier relevanten Zeitraum zwischen 31. Mai 1999 und 13. Juni 1999 Vorstandsvorsitzender und Geschäftsleiter der E-AG. Weitere Vorstandsmitglieder und Geschäftsleiter waren AB und R.
In der Zeit zwischen 31. Mai 1999 und 30. Juli 1999 fand im Unternehmen der E-AG eine Prüfung durch die Bundes-Wertpapieraufsicht gemäß § 24 Abs. 2 des Wertpapieraufsichtsgesetzes, BGBl. Nr. 753/1996 (im Folgenden: WAG), statt. Die Prüfer gelangten zum Ergebnis, das Unternehmen der E-AG sei nicht so organisiert, dass bei der Erbringung der Finanzdienstleistungen Interessenkonflikte zwischen dem Unternehmen und seinen Kunden oder Interessenkonflikte zwischen verschiedenen Kunden möglichst gering seien. In diesem Zusammenhang wurde insbesondere die fehlende organisatorische Trennung zwischen den Geschäftsarten "Kundenhandel mit Abwicklung über Nostro" und "Eigenhandel" gerügt.
Am 13. Juli 2000 wurde der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Verdacht einer Verwaltungsübertretung gemäß § 16 Z 2 in Verbindung mit § 27 Abs. 2 WAG einvernommen. Dabei wurde ihm insbesondere vorgehalten, die Organisation der E-AG habe im genannten Zeitraum deshalb nicht dem § 16 Z 2 WAG entsprochen, weil eine räumliche und organisatorisch-personelle Trennung zwischen Kunden- und Eigenhandel mit Finanzinstrumenten hinsichtlich der zugänglichen Information über die Orderlage nicht vorhanden gewesen sei. Es seien sowohl Kundenorders als auch Nostro-Orders auf einer gemeinsamen Liste geführt und über Nostro abgewickelt worden. Der als Nostro-Händler tätig werdende Sacharbeiter sei stets über die Orderlage auf Kundenseite und zugleich der als Kundenhändler tätig werdende Sachbearbeiter über die Nostro-Orderlage und die Eigenbestände informiert gewesen.
Der Beschwerdeführer erklärte, das im Unternehmen der E-AG installierte EQOS-System erzwinge, dass bei der Abwicklung von Orders das Konto der E-AG angesprochen werde. Auf den Einwand, dass dies nur das Clearing betreffe und nicht die Einträge in der Geschäftszeilenliste, replizierte er, gemäß Punkt 4.1 Abs. 2 des Standard Compliance Code (offenbar gemeint 1993; im Folgenden:
SCC) sei in Ansehung der Erfordernisse an die einzuhaltenden Vertraulichkeitsbereiche die Unternehmensgröße zu berücksichtigen.
Am 2. August 2000 erteilte die Wiener Börse AG der Bundes-Wertpapieraufsicht die Auskunft, es sei auch im Rahmen des EQOS-Systems möglich, so genannte "Chinese Walls" zu installieren, etwa durch die Konfiguration des jeweiligen Benutzerprofils, also der individuellen Zugriffsberechtigung.
Am 20. März 2001 erließ die Bundes-Wertpapieraufsicht gegen den Beschwerdeführer ein Straferkenntnis, dessen Spruch wie folgt lautete:
"Sie haben es in Ihrer Eigenschaft als Vorstandsmitglied und
somit nach außen vertretungsbefugtes Organ der E-AG, einem
Kreditinstitut mit Berechtigung zur Ausübung von Bankgeschäften
nach § 1 Abs. 1 Z 7 lit. b-f und Z 19 Bankwesengesetz und somit
eines in § 11 Wertpapieraufsichtsgesetz - WAG (BGBl. Nr. 753/1996
idgF) genannten Rechtsträgers, zu verantworten, dass es dieses
Unternehmen in seinen Geschäftsräumlichkeiten in ..., im Zeitraum
vom 31.5.1999 bis 13.6.1999 unterlassen hat, so organisiert zu
sein, dass bei der Erbringung der Dienstleistungen gemäß § 11
Abs. 1 WAG Interessenkonflikte zwischen ihr und ihren Kunden oder
Interessenkonflikte zwischen verschiedenen Kunden von ihr
möglichst gering sind, weil sie keine Maßnahmen ergriffen hat,
durch die Geschäftsabschlüsse auf Grund der Kenntnis der Orderlage
zum Ankauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten (§ 2 Z 34 BWG) im
Sinne von § 14 Z 3 WAG hintangehalten wurden, indem sie keine
Vertraulichkeitsbereiche für Kunden - und Eigenhandel eingerichtet
hat, und zwar
- mangels einer organisatorisch-räumlichen Trennung des
räumlich sich überschneidenden Kunden- und Eigenhandels und
- indem mangels einer organisatorisch-personellen Trennung
für den Bereich Vermittlungsgeschäfte in Aktien CR und R, für den
Eigenhandel in Aktien R und ... (der Beschwerdeführer) und
für den gesamten Rentenhandel - und zwar sowohl Eigen- als auch
Kundenhandel - ... (der Beschwerdeführer) sowie R zuständig
und tätig waren, sodass im Aktienbereich R sowohl für den Eigen-
als auch für den Kundenhandel und im Rentenbereich ... (der
Beschwerdeführer) und R sowohl für den Eigen- als auch für den Kundenhandel zuständig war.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 16 Z 2 iVm § 27 Abs. 2 WAG und § 9 VStG
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende
Strafe verhängt:
Geldstrafe von ATS 50.000,-- (entspricht EUR 3.633,64), falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden, gemäß § 27 Abs. 2 WAG iVm § 16 und § 19 VStG"
In der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides stellte die Bundes-Wertpapieraufsicht fest, die E-AG habe im tatgegenständlichen Zeitraum in auf zwei Stockwerken verteilten Räumlichkeiten operiert. Im ersten Stock hätten sich auf 157 m2 alle Tätigkeitsbereiche mit Ausnahme der Revision befunden. Das Tagesgeschäft sei demnach ausschließlich im ersten Stock erbracht worden. Dort seien dafür fünf Zimmer zur Verfügung gestanden. Eines dieser Zimmer sei als Büro des Beschwerdeführers genutzt worden. Sowohl der Kunden- als auch der Eigenhandel sei in ein und demselben Raum durchgeführt worden. Sämtliche Kundenaufträge seien in diesem Handelsraum entgegen genommen und bearbeitet worden. In diesem Raum in der Größe von 5 bis etwa 9 m seien die einzelnen Handelsterminals zentral in der Mitte angeordnet gewesen. Die einzelnen Händler hätten sich bei Ausübung der Handelstätigkeit in unmittelbarer Nähe zueinander befunden.
Für börsliche Geschäfte sei im Tatzeitraum das EQOS-Handelssystem zur Anwendung gebracht worden. Elektronische Zugriffsbeschränkungen für die Händler im Sinne einer Trennung von Eigen- und Kundenhandel seien nicht eingerichtet worden, obgleich dies technisch möglich gewesen wäre.
Zwei Vorstandsmitglieder, nämlich der Beschwerdeführer und R, hätten im Tatzeitraum auch persönlich Handelsgeschäfte durchgeführt. Der Beschwerdeführer sei in diesem Zusammenhang sowohl im Eigenhandel der E-AG mit Aktien als auch im Eigen- und Kundenhandel mit Rentenwerten tätig geworden. R sei in all diesen Bereichen und darüber hinaus auch im Bereich der Vermittlungsgeschäfte betreffend Aktien tätig gewesen, sodass letzterer sowohl mit den Eigen- als auch mit den Kundengeschäften hinsichtlich Aktien und mit dem gesamten Rentenhandel beschäftigt gewesen sei. Dass der Beschwerdeführer auch in Aktienvermittlungsgeschäfte involviert gewesen sei, habe nicht festgestellt werden können. Für diesen Bereich sei zum Tatzeitpunkt CR hauptverantwortlich gewesen. Demgegenüber gelte dies für den Beschwerdeführer in Ansehung des gesamten Rentenhandels.
Weiters führte die erstinstanzliche Behörde aus, das in seiner Rechtfertigung erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers in Ansehung der Funktionsfähigkeit des EQOS-Systems beziehe sich ausschließlich auf die durchgeführten börslichen Geschäfte. Die außerbörslichen Geschäfte seien laut Prüfbericht in der Geschäftszeilenliste und im selbst entwickelten EDV-System erfasst gewesen.
In rechtlicher Hinsicht vertrat die erstinstanzliche Behörde nach Wiedergabe des § 16 Z 2 WAG die Auffassung, ein Anwendungsbereich dieser Norm sei beispielsweise jenes Interessenskonfliktpotenzial, welches aufkomme, wenn durch die jeweilige organisatorische Beschaffenheit des den Wertpapierhandel betreibenden Kreditinstituts Informationsvorsprünge durch Kenntnis von Kundenorders in Bezug auf bestimmte Finanzinstrumente entstünden, welche durch Dispositionen des Eigenhandels gegen die Interessen von Kunden ausgenutzt werden könnten. Derartige Geschäftspraktiken seien gemäß § 14 Z 3 in Verbindung mit § 27 Abs. 2 WAG unter Strafe gestellt. § 16 Z 2 WAG diene dazu, schon die betreffenden Interessenkonflikte durch organisatorische Maßnahmen bestmöglich zu minimieren. Zum Instrumentarium an zu treffenden Maßnahmen könne der SCC zu Rate gezogen werden. Dabei handle es sich freilich lediglich um eine Empfehlung der Bundeskreditsektion an ihre Mitglieder, die österreichischen Kreditinstitute. Nach Punkt 4.1. SCC sei die Einrichtung von Vertraulichkeitsbereichen eine geeignete Maßnahme zur Minimierung von Interessenkonflikten. Die Anzahl der Vertraulichkeitsbereiche sei von Art und Umfang der Geschäftstätigkeit der Bank abhängig. Sie sei jedoch gemäß § 16 Z 2 WAG überall dort geboten, wo ein Interessenkonfliktpotenzial zwischen Kunden und den Rechtsträgern nach § 11 WAG bestehe. Die einzelnen Vertraulichkeitsbereiche seien durch so genannte "Chinese Walls" voneinander abzugrenzen. Es solle insbesondere die Auftragslage im Kundenhandel nicht im Bereich des Eigenhandels der Bank bekannt werden, weil dies zu Geschäften auf Grund der Kenntnis der Orderlage im Sinne des § 14 Z 3 WAG verleiten könnte. Beispielsweise lasse die Kenntnis von Großorders vor deren Weiterleitung an die Börse auf die potenzielle Kursentwicklung nach derselben schließen. Dieses Wissen könne im Eigeninteresse durch Dispositionen des Eigenhandels entgegen die Interessen der Kunden missbraucht werden. Der SCC sei als Mindestmaßstab für die Schaffung derartiger Vertraulichkeitsbereiche anzusehen. Keinesfalls sei er jedoch geeignet, gesetzliche Gebote abzuändern. Zwar sei im Rahmen des § 16 Z 2 WAG auch auf die Größe des Kreditinstituts und seine damit verbundenen Möglichkeiten Rücksicht zu nehmen. Der Sinn des WAG könne hiedurch freilich nicht ausgehöhlt werden.
Aus diesen rechtlichen Erwägungen und dem festgestellten Sachverhalt ergebe sich, dass Kundenhandel und Eigenhandel vorliegendenfalls in je einem abgesonderten Raum unterzubringen gewesen wären. Dies wäre im Hinblick auf die räumliche Situation der E-AG auch durchaus möglich gewesen.
Weiters sei eine mangelnde organisatorisch-personelle Trennung der Verantwortlichkeitsbereiche zu beanstanden. Das Vorstandsmitglied R sei sowohl im Eigenhandel mit Aktien als auch im Vermittlungsgeschäft mit derartigen Finanzinstrumenten tätig gewesen. Darüber hinaus seien sowohl R als auch der Beschwerdeführer sowohl im Eigenhandel als auch im Vermittlungsgeschäft betreffend Rentenwerte tätig gewesen. Eine Trennung zwischen Eigen- und Kundenhandel in Bezug auf Anleihen habe überhaupt nicht existiert. Nach Auffassung der erstinstanzlichen Behörde wäre (lediglich) eine Aufteilung in zwei Vertraulichkeitsbereiche, nämlich Kunden- und Eigenhandel, erforderlich gewesen. Eine solche wäre in personeller Hinsicht zum Tatzeitpunkt auch bei nur drei im Handel beschäftigten Personen durchführbar gewesen. Die Festlegung der personellen Zuständigkeit im Unternehmen der E-AG sei daher nicht den Erfordernissen des § 16 Z 2 WAG entsprechend erfolgt.
Sodann begründete die erstinstanzliche Behörde ihre Strafbemessung.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er verwies zunächst darauf, dass eine räumliche Trennung zwischen Eigenhandel und Kundenhandel schon deshalb nicht möglich gewesen sei, weil die E-AG auf Grund ihrer Betriebsgröße lediglich über einen einzigen Handelsterminal verfügt habe. Die übrigen anlässlich der Revision vorgefundenen Bildschirme hätten dem hausinternen PC-System angehört. Derartige "Single-User-Client" Anbindungskonfigurationen des EQOS-Systems seien von den meisten kleineren Banken genutzt worden. Der Beschwerdeführer vertrat weiters die Auffassung, der SCC sei als nähere Ausgestaltung des § 16 WAG anzusehen. Dies gelte jedenfalls insolange, als die Bundes-Wertpapieraufsicht von ihrer in § 82 Abs. 5a des Börsegesetzes, BGBl. Nr. 555/1989 (im Folgenden: BörseG), enthaltenen Verordnungsermächtigung nicht Gebrauch gemacht habe. Ebenso wie die herrschende Lehre zu § 16 Z 2 WAG gehe der SCC von einer flexiblen Installierung und Ausgestaltung von Vertraulichkeitsbereichen aus, wobei die Verpflichtung solche einzurichten insbesondere von Art und Umfang der Geschäftstätigkeit des einzelnen Anbieters abhängig sei.
Aus den Feststellungen der erstinstanzlichen Behörde ergebe sich weiters, dass die Handelsaktivitäten der E-AG von zwei ihrer Vorstandsmitglieder entfaltet worden seien. Die daraus abgeleitete Annahme, es liege eine zu enge Verquickung der diesbezüglichen Tätigkeiten dar, übersehe Punkt 5.1 des SCC, welcher - wie auch §§ 70 f AktG und § 5 Abs. 1 Z 12 des Bankwesengesetzes, BGBl. Nr. 532/1993 (im Folgenden: BWG) - auf einer Gesamtverantwortung des Vorstandes für alle Geschäftsbereiche eines Unternehmens aufbaue. Diese Gesamtverantwortung setze zwingend voraus, dass der Vorstand zu jeder Zeit über alle unternehmensrelevanten Informationen verfüge. Demnach sei jede Compliance Organisation dem Gesamtvorstand unterstellt. Er bilde einen einheitlichen, unteilbaren Vertraulichkeitsbereich. § 16 Z 2 WAG derogiere nicht den vorzitierten Bestimmungen des AktG und des BWG.
Im gegenständlichen Zeitraum sei die E-AG ein besonders kleines Kreditinstitut gewesen, in welchem auf Grund der geringen personellen Möglichkeiten Vorstandsmitglieder den Eigen- und Kundenhandel durchgeführt hätten. Die sei unter Nutzung eines einzigen EQOS-Handelsterminals geschehen. Eine Zugriffsbeschränkung einzelner Personen auf einen einzelnen Terminal hätte den gesamten Kunden- und Eigenhandel unmöglich gemacht.
Sodann rügte der Beschwerdeführer die Strafbemessung durch die erstinstanzliche Behörde.
In der vor der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung wurden unter anderem die Verwaltungsstrafakten betreffend die beiden anderen Vorstandsmitglieder, R und AB, verlesen. Darüber hinaus brachte der Vertreter der erstinstanzlichen Behörde vor, dass das EQOS-System auch die Möglichkeit biete, über einen "Multi-User-Client"- Zugang die erforderlichen Trennungen in räumlicher und personeller Hinsicht zu gewährleisten.
Der Vertreter des Beschwerdeführers brachte vor, die Installierung eines solchen Systems sei aus näher ausgeführten wirtschaftlichen Gründen nicht tunlich gewesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. April 2002 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG lediglich insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf EUR 1.700,--, im Falle der Uneinbringlichkeit auf 30 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt wurde. Als Strafsanktionsnorm sei § 27 Abs. 2 WAG in der Fassung BGBl. I Nr. 63/1999 anzusehen. Schließlich wurde der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit EUR 170,-- festgesetzt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird zunächst ausführlich der Gang der den Beschwerdeführer, R und AB betreffenden Verwaltungsstrafverfahren geschildert.
In diesem Zusammenhang sei hervorzuheben, dass in den beiden Parallelverfahren zwischen den Parteien kontroversiell die Frage erörtert wurde, ob der E-AG die Anschaffung eines "Multi-User-Client"-Systems unter Berücksichtigung ihrer Jahresergebnisse in den Jahren 1992 bis 1999 zumutbar gewesen wäre.
Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde zunächst die Bestimmungen des § 16 Z 2 und des § 27 Abs. 2 WAG wieder. Sodann traf sie folgende Feststellungen:
"Die E-AG war im Zeitraum vom 31.5.1999 bis 13.6.1999 zur Ausübung von Bankgeschäften gemäß § 1 Abs. 1 Z 7 lit. b bis f (dazu zählt unter anderem der Handel mit Wertpapieren auf eigene oder fremde Rechnung) und § 1 Abs. 1 Z 19 Bankwesengesetz (BWG) berechtigt. Sie trat als Anbieter von Wertpapierdienstleistungen auf und betrieb sowohl Kunden- als auch Eigenhandel. Der Berufungswerber war im Tatzeitraum Vorstandvorsitzender dieser Bank und war dieser für die Finanzierung, die Lösung juristischer Probleme und das Personal zuständig. Auch war er als Händler tätig.
Ein verwaltungsstrafrechtlicher Verantwortlicher im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG ist vom Vorstand der Euro Invest für den Bereich des Wertpapieraufsichtsgesetzes nicht bestellt worden. Der Kundensowie der Eigenhandel mit Aktien wurde vom Berufungswerber in eigener Person operativ abgewickelt. Der Rentenhandel, und zwar sowohl Kunden- als auch Eigenhandel wurde vom Berufungswerber und von seinem Vorstandskollegen R operativ bewerkstelligt. Eine räumliche Trennung zwischen Kunden- und Eigenhandel gab es nicht, zumal im gesamten Unternehmensbereich nur ein einziger EQOS-Handelsterminal zur Verfügung stand und sowohl Kunden- als auch Eigenhandel in einem einzigen Raum durchgeführt wurden. Als einzige Maßnahme zur Hintanhaltung von Interessen und Pflichten im Bereich des Handels mit Wertpapieren wurden von der Bank Mitarbeiterschulungen durchgeführt. Konkret wurden die Mitarbeiter darauf hingewiesen, Interessenkonflikte zu vermeiden, und ferner mit dem Standard Compliance Code der österreichischen Banken (SCC) sowie mit den Richtlinien für Mitarbeitergeschäfte vertraut gemacht."
In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde die Auffassung, die Frage, welche organisatorischen Maßnahmen zu setzen gewesen wären, um Interessenkonflikte im Verständnis des § 16 Z 2 WAG möglichst gering zu halten, könne nicht völlig losgelöst von der Betriebsgröße und individuellen Betriebsstruktur der jeweiligen Bank bzw. des Wertpapierdienstleisters beurteilt werden. Dies dürfe jedoch nicht dazu führen, dass besonders klein strukturierte Unternehmen auf Grund ihrer geringen Betriebsgröße von jeglicher organisationsrechtlichen Verpflichtung entbunden wären.
In Ansehung der Frage der räumlichen Trennung gehe die Fachliteratur davon aus, dass eine solche durch Bereitstellung selbstständiger Bürohäuser nicht zwingend verlangt werden könne, die Vertraulichkeitsbereiche räumlich jedoch solcherart geschieden werden müssten, dass die in verschiedenen Bereichen tätigen Personen nicht ständig in Kontakt miteinander stünden, weil sie z. B. im selben Zimmer arbeiteten. Die belangte Behörde berief sich in diesem Zusammenhang auf Assmann/Schneider, Wertpapierhandelsgesetz, Rz 20 zu § 33 des deutschen Wertpapierhandelsgesetzes, sowie auf Winternitz, Wertpapieraufsichtsgesetz, Rz 14 zu § 16 WAG. Über dieses Mindestmaß an räumlicher Trennung der Vertraulichkeitsbereiche hinaus seien auch Maßnahmen im Bereich des EDV-Systems, wie etwa strikt getrennte Zutrittscodes bzw. die Einrichtung so genannter "Chinese Walls" erforderlich.
Dem Einwand des Beschwerdeführers, die wirtschaftliche Stellung der E-AG habe die Anschaffung eines "Multi-User-Client"- Systems nicht zugelassen, entgegnete die belangte Behörde, dass dessen ungeachtet die Installierung von "Chinese Walls" möglich und zumutbar gewesen wäre. Schulungsmaßnahmen seien nicht zielführend gewesen, zumal die Interessenkonflikte ja aus der operativen Handelstätigkeit von Vorstandsmitgliedern resultiert hätten.
In Ansehung der fehlenden personell-organisatorischen Trennung des Eigen- bzw. Kundenhandels führte die belangte Behörde Folgendes aus:
"Sofern sich der Berufungswerber zur Rechtfertigung dieser Vorgangsweise auf die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften des Aktiengesetzes beruft, übersieht er, dass es gegenständlich nicht um die Gesamtverantwortung des Vorstandes, sondern vielmehr um die operative Abwicklung des Wertpapierhandels geht und nur dieser Aspekt in den gegen den Berufungswerber gerichteten Tatvorwurf Eingang gefunden hat. Laut Angaben des Berufungswerbers (vgl. Protokoll der Verhandlung vom 30.4.2002, AS 4) beschäftigte die E-AG im Jahre 1998 durchschnittlich 10 und im Tatzeitraum 8 Mitarbeiter. Außerdem wurde diese Gesellschaft laut Angaben des Berufungswerbers von drei Vorstandsmitgliedern geleitet (vgl. die Angaben von ... (AB) im Verhandlungsprotokoll vom 12.4.2002) Daraus ist nach Ansicht des erkennenden Senates zu erschließen, dass auch bei Zugrundelegung der Rechtsansicht des Berufungswerbers, wonach auf Grund des gesetzlich gebotenen Vier-Augen-Prinzips bei Vorstandsmitgliedern die Vorstandsaufgaben von jeweils zwei Vorstandsmitgliedern unter gegenseitiger Kontrolle erbracht werden müssen, der Gesellschaft die Einrichtung von Vertraulichkeitsbereichen möglich und zumutbar gewesen wäre. So wäre es durchaus möglich gewesen, dass diese Gesellschaft nur von zwei, und nicht von drei Vorständen geführt wird und daher der Berufungswerber oder Herr ... (R) einerseits und einer der acht Mitarbeiter der Gesellschaft im Tatzeitraum andererseits ausschließlich in jeweils einem einzigen Vertraulichkeitsbereich eingesetzt werden hätten können. In Anbetracht des Umstandes, dass das Unternehmen im Tatzeitraum acht Mitarbeiter beschäftigt hatte, wäre es dieser Gesellschaft wohl auch möglich gewesen, die betriebsinterne Arbeitsorganisation derart zu gestalten, dass die Handelsgeschäfte im Kunden- und der Eigenhandel ausschließlich von Angestellten und nicht von Vorstandsmitgliedern durchgeführt werden. Im Übrigen kann es gegenständlich dahingestellt bleiben, ob nicht nur im täglichen (operativen) Wertpapierhandel, sondern darüber hinaus auch im Vorstand getrennte Vertraulichkeits- bzw. Verantwortungsbereiche einzurichten gewesen wären, zumal ein derartiger Vorwurf gegen den Berufungswerber nicht erhoben wurde."
Sodann vertrat die belangte Behörde die Rechtsauffassung, dem SCC komme kein Verordnungscharakter, sondern bloß der einer Empfehlung der Wirtschaftskammer an ihre Mitglieder zu. Er sei daher keinesfalls geeignet, den Erfordernissen des § 16 Z 2 WAG zu derogieren.
Sodann begründete die belangte Behörde, weshalb ihres Erachtens der dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verstoß diesem auch subjektiv vorwerfbar sei.
Zur Strafbemessung führte sie nach Wiedergabe des § 19 VStG aus, durch die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat sei das öffentliche Interesse an der möglichst weit reichenden Vermeidung von Interessenkonflikten zwischen Kunden- und Eigenhandel bei Anbietern von Wertpapierdienstleistungen erheblich beeinträchtigt worden. In diesem Zusammenhang dürfe nicht übersehen werden, dass schon der infolge unzureichender organisatorischer Vorkehrungen entstehende äußere Anschein einer fehlenden Trennung von Kunden- und Eigenhandel nachteilige Folgen für den österreichischen Wertpapiermarkt nach sich ziehe, sodass der objektive Unrechtsgehalt der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat als erheblich eingestuft werden müsse.
Strafmildernd sei die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers.
Weil der Beschwerdeführer unbescholten sei, keine Erschwerungsgründe vorlägen und das Einkommen wesentlich geringer als das von der erstinstanzlichen Behörde ihrer Strafbemessung zu Grunde gelegte sei, sowie im Hinblick darauf, dass die E-AG nunmehr dem § 16 Z 2 WAG entspreche, sei die Strafe herabgesetzt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Unterbleiben einer Bestrafung in Ermangelung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen hiefür verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 82 BörseG in der Stammfassung BGBl. Nr. 555/1989 regelte die allgemeinen Pflichten der Emittenten.
Durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 529/1993 erhielt § 82 Abs. 5 BörseG folgende Fassung:
"(5) Jeder Emittent hat zur Hintanhaltung von Insidergeschäften
...
3. geeignete organisatorische Maßnahmen zur Verhinderung einer missbräuchlichen Verwendung oder Weitergabe von Insiderinformationen zu treffen."
Durch dieselbe Novelle wurde dem BörseG ein § 48a und ein § 48b eingefügt, welche (auszugsweise) wie folgt lauten:
"Missbrauch von Insiderinformationen
§ 48a. (1) Wer als Insider eine Information über eine
bestimmte vertrauliche Tatsache, die mit einem Wertpapier oder
einem Emittenten im Zusammenhang steht und die, wenn sie in der
Öffentlichkeit bekannt würde, geeignet wäre, den Kurs des
Wertpapiers erheblich zu beeinflussen, im Wertpapierhandel mit dem
Vorsatz ausnützt, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil
zu verschaffen, indem er
1. solche Wertpapiere kauft, verkauft oder einem
Dritten zum Kauf oder Verkauf empfiehlt oder
2. eine Information der erwähnten Art, ohne dazu
verhalten zu sein, einem Dritten zugänglich macht,
ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder
mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.
...
(4) Als Wertpapiere im Sinne des Abs. 1 und 2 gelten, sofern sie zum Handel auf einem Markt zugelassen sind, der von staatlich anerkannten Stellen reglementiert und überwacht wird, regelmäßig stattfindet und der Öffentlichkeit direkt oder indirekt zugänglich ist,
1. Aktien, Zwischenscheine, Genussscheine, Schuldverschreibungen, Pfandbriefe, Kommunalschuldverschreibungen, Kassenobligationen, Kassenscheine, Kapitalanlagefondsanteile, Partizipationsscheine und sonstige Wertpapiere, sofern sie vertretbar sind,
...
§ 48b. Alle Banken im Sinne des KWG, Versicherungsunternehmen im Sinne des VAG, BGBl. Nr. 569/1978, und Pensionskassen im Sinne des PKG, BGBl. Nr. 281/1990, jeweils in der geltenden Fassung, haben zur Hintanhaltung von Insidergeschäften die in § 82 Abs. 5 Z 1 bis 3 genannten Maßnahmen zu treffen."
Im "Standard Compliance Code der Banken" vom 17. Dezember 1993 (abgedruckt in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, Kommentar zum Wertpapieraufsichtsgesetz, Anhang 5. c), heißt es:
"Grundsätze
...
Das Wertpapiergeschäft soll - nicht nur unter dem Einfluss ausländischer Vorbilder und inländischer gesetzlicher Regelungen - geprägt sein von Fairness gegenüber anderen Marktteilnehmern. Der Erfolg hängt nicht zuletzt von einem soliden, vertrauensvollen Verhältnis zwischen Kunden, Bank und Mitarbeitern ab. Die Banken wollen deshalb einen unzulässigen Umgang mit noch nicht öffentlich zugänglichen Informationen, die anlage- bzw. preisrelevant sind, verhindern, Verstöße aufdecken und gegebenenfalls Sanktionen verhängen, die von eingeschränkten Geschäftsmöglichkeiten des Mitarbeiters bis zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen reichen.
Jene österreichischen Banken, die im Wertpapiergeschäft tätig sind, werden daher als Basis für ihre Geschäftstätigkeit insbesondere in den Bereichen
- Wertpapierhandel, ...
den gemeinsam entwickelten Standard Compliance Code einführen.
...
Grundlage für den Standard Compliance Code bilden das Börsegesetz mit den neuen Insiderbestimmungen sowie das Kreditwesengesetz, weiters das Depotgesetz und das Investmentfondsgesetz sowie die "Richtlinien für eigene Wertpapiergeschäfte von Bankmitarbeitern" der Bundeskreditsektion und die beigefügten Händlerregeln.
Der vorliegende Standard Compliance Code ist eine Mindesregelung, die von jeder Bank akzeptiert und angewendet werden soll. Es ist freilich jedem einzelnen Marktteilnehmer unbenommen, weiter gehende strengere Regelungen zu treffen, sofern sie mit den Grundsätzen dieses Standard Compliance Codes im Einklang stehen.
...
3. Begriffsbestimmungen
...
3.7. Vertraulichkeitsbereiche
Vertraulichkeitsbereiche sind solche Einheiten, die von anderen Einheiten durch organisatorische Maßnahmen hinsichtlich des Informationsaustausches abzugrenzen sind: Compliance-relevante Informationen (also vertrauliche, anlage- und preisrelevante Informationen) dürfen den Vertraulichkeitsbereich grundsätzlich nicht verlassen und sind im internen Geschäftsverkehr auch gegenüber anderen Einheiten streng vertraulich zu behandeln. Dies gilt nicht für die im üblichen Geschäftsablauf betriebsnotwendige Weitergabe von Informationen. Werden compliance-relevante Informationen zwischen zwei Vertraulichkeitsbereichen ausgetauscht, darf dies nur unter Einschaltung des Compliance-Verantwortlichen erfolgen.
4. Compliance-Regeln
4.1. Vertraulichkeitsbereiche
Durch die Einrichtung von Vertraulichkeitsbereichen und durch die besondere Behandlung vertraulicher Informationen werden Interessenkonflikte minimiert. Gleichzeitig wird eine von den Interessen und der Informationslage anderer Einheiten unbeeinflusste und unabhängige Kundenbetreuung und eigene Geschäftstätigkeit erreicht, ohne die notwendige Zusammenarbeit zu gefährden.
Compliance-relevante Informationen, die in einem Vertraulichkeitsbereich angefallen sind, dürfen diesen grundsätzlich nicht verlassen. Die Bank hat daher Maßnahmen zur Sicherstellung der Vertraulichkeit zu treffen. Als Mindestmaßnahme haben sich die Mitarbeiter der Vertraulichkeitsbereiche schriftlich zu verpflichten, die Weitergabe von vertraulichen Informationen (bankintern und an Dritte) über die normalen bankinternen Informationsflüsse zu unterlassen. Die Maßnahmen können - je nach Größe der Bank - bis zur räumlichen, persönlichen und organisatorischen Trennung von Einheiten gehen.
Im Interesse eines reibungslos funktionierenden Geschäftsablaufes wird es auf Grund der Komplexität des Geschäftes zu bereichsüberschreitender Informationsweitergabe kommen müssen. Eine derartige Informationsweitergabe ist nur dann erlaubt, wenn sie sich auf das unbedingt Erforderliche beschränkt und die Geheimhaltung der compliance-relevanten Informationen gesichert ist. Eine Weitergabe darf daher nur mit Wissen des Bereichsleiters und des Compliance-Verantwortlichen erfolgen und ist hinsichtlich Informationsinhalt, Informationsquelle, Zeitpunkt des Erhalts und der Weitergabe der Information zu dokumentieren. Mitarbeiter, die ständig oder vorübergehend (für die Dauer eines Projektes beispielsweise) den Vertraulichkeitsbereich wechseln, dürfen ihr vertrauliches Wissen aus dem bisherigen Bereich im neuen Bereich nicht offen legen oder verwerten."
§ 11 Abs. 1 und 2, § 13 Z 2, § 14 Z 3, § 16 Z 3, § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 WAG in der Stammfassung dieses Gesetzes BGBl. Nr. 753/1996 lauteten:
"§ 11. (1) Bei der Erbringung von gewerblichen Dienstleistungen, die mit Wertpapieren oder der sonstigen Veranlagung des Vermögens von Kunden in Zusammenhang stehen, sind die Interessen der Kunden bestmöglich zu wahren, und insbesondere die §§ 12 bis 18 zu beachten. Als Dienstleistungen in diesem Sinne gelten:
1. Die in § 1 Abs. 1 Z 7 lit. b bis f und Z 11 BWG genannten Bankgeschäfte;
2. das Finanzdienstleistungsgeschäft gemäß § 1 Abs. 1 Z 19 BWG;
3. der Handel mit
a) Finanzinstrumenten gemäß § 2 Z 34 lit. e BWG,
...
(2) Die Verpflichtung gemäß Abs. 1 gilt für alle natürlichen und juristischen Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts und Erwerbsgesellschaften, die die in Abs. 1 genannten Dienstleistungen gewerblich erbringen.
...
§ 13. Die in § 11 genannten Rechtsträger haben bei der Erbringung von Dienstleistungen gemäß § 11 Abs. 1
...
2. sich um die Vermeidung von Interessenkonflikten zu bemühen und dafür zu sorgen, dass bei unvermeidbaren Interessenkonflikten der Kundenauftrag unter der gebotenen Wahrung des Kundeninteresses ausgeführt wird;
...
Besondere Verhaltensregeln
§ 14. Den in § 11 genannten Rechtsträgern ist es untersagt,
...
3. Geschäfte auf Grund der Kenntnis der Orderlage zum Ankauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten (§ 2 Z 34 BWG) abzuschließen, um sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen.
Die Verbote gemäß Z 2 und 3 gelten auch für alle Angestellten und sonst für die genannten Rechtsträger tätigen Personen.
...
Organisationspflichten
§ 16. Die in § 11 genannten Rechtsträger haben
...
2. so organisiert zu sein, dass bei der Erbringung der Dienstleistungen gemäß § 11 Abs. 1 Interessenkonflikte zwischen ihnen und ihren Kunden oder Interessenkonflikte zwischen verschiedenen Kunden von ihnen möglichst gering sind;
...
§ 27. ...
(2) Wer als Anbieter von Wertpapierdienstleistungen gemäß § 11 die Bestimmungen der §§ 12 bis 18 verletzt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 300 000 S zu bestrafen.
...
§ 28. (1) Für die Verhängung von Verwaltungsstrafen gemäß § 27 Abs. 1 bis 3 ist in erster Instanz die BWA zuständig."
Durch dasselbe Bundesgesetz wurde dem § 82 BörseG ein Abs. 5a eingefügt, welcher wie folgt lautet:
"(5a) Die BWA ist ermächtigt, durch Verordnung Grundsätze für die Informationsweitergabe im Unternehmen gemäß Abs. 5 Z 2 sowie für organisatorische Maßnahmen gemäß Z 3 zu regeln. Diese Grundsätze haben unter Beachtung der §§ 11 bis 18 WAG der Möglichkeit der Entstehung von Sachverhalten gemäß § 48a entgegenzuwirken und zur Nachvollziehbarkeit solcher Sachverhalte beizutragen."
In den Materialien zum Bundesgesetz BGBl. Nr. 753/1996 (RV 369 BlgNR 20. GP) wird auf S. 60 zu § 16 WAG ausgeführt, dass dieser den § 33 des deutschen Wertpapierhandelsgesetzes (im Folgenden: WpHG) zum Vorbild habe.
Zur Einfügung des Abs. 5a in § 82 BörseG heißt es dort (S. 109):
"Abs. 5 enthält die Verpflichtung der Emittenten, durch interne Maßnahmen dem Missbrauch von Insiderinformationen im Unternehmen entgegenzuwirken; diese Bestimmung gilt gemäß § 48b auch für Banken, Versicherungen und Pensionskassen. Die österreichischen Banken haben auf Grund dieser Verpflichtung den 'Standard Compliance Code' erstellt.
Es verfügen jedoch nicht alle betroffenen Unternehmen über einheitliche interne Regelungen. Überdies ist zusätzlich den Wohlverhaltensregeln der RL 93/22/EWG Rechnung zu tragen (vgl. §§ 11 bis 18 WAG), deren Überwachung in der Zuständigkeit der BWA liegt. Aus diesen Gründen ist die Verordnungsermächtigung gemäß dem neuen Abs. 5a erforderlich."
Bis zum Ende des hier in Rede stehenden Tatzeitraumes (13. Juni 1999) hat die BWA von der Verordnungsermächtigung gemäß § 82 Abs. 5a BörseG keinen Gebrauch gemacht.
Eine Anpassung des SCC an das WAG erfolgte erst durch die Schaffung des Standard Compliance Code der österreichischen Kreditwirtschaft vom 14. Dezember 1999 (vgl. die Erläuternden Bemerkungen von Lucius zu dieser Fassung des SCC).
Mit Erkenntnis vom 12. Dezember 2001 hat der Verfassungsgerichtshof näher genannte, die Organisation der Bundes-Wertpapieraufsicht als Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit betreffende Gesetzesbestimmungen aufgehoben. Die Aufhebung trat mit Beginn des 1. April 2002 in Kraft (vgl. die Kundmachung des Bundeskanzlers BGBl. I Nr. 34/2002).
§ 1 Abs. 1 Z 7 lit. e BWG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 753/1996 definiert als Bankgeschäft u.a. den Handel auf eigene oder fremde Rechnung mit Wertpapieren (Effektengeschäft). Aus dem Grunde des § 2 Z 34 lit. d BWG in der Fassung dieser Bestimmung nach dem nämlichen Gesetz zählen Wertpapiere zu den Finanzinstrumenten.
§ 5 Abs. 1 Z 12 BWG in der Stammfassung dieser Bestimmung nach dem BGBl. Nr. 532/1993 lautet:
"§ 5. (1) Die Konzession ist zu erteilen, wenn:
...
12. das Kreditinstitut mindestens zwei Geschäftsleiter hat und in der Satzung die Einzelvertretungsmacht, eine Einzelprokura oder eine Einzelhandlungsvollmacht für den gesamten Geschäftsbetrieb ausgeschlossen und bei Kreditgenossenschaften die Führung der Geschäfte auf die Geschäftsleiter eingeschränkt ist;"
§ 2 Z 1 BWG in der Stammfassung definiert als Geschäftsleiter diejenigen natürlichen Personen, die nach dem Gesetz oder der Satzung zur Führung der Geschäfte und zur organschaftlichen Vertretung des Kredit- oder Finanzinstitutes nach außen vorgesehen sind.
§§ 70 und 71 des Aktiengesetzes, BGBl. Nr. 98/1965, lauten:
"§ 70. (1) Der Vorstand hat unter eigener Verantwortung die Gesellschaft so zu leiten, wie das Wohl des Unternehmens unter Berücksichtigung der Interessen der Aktionäre und der Arbeitnehmer sowie des öffentlichen Interesses es erfordert.
(2) Der Vorstand kann aus einer oder mehreren Personen bestehen. Ist ein Vorstandsmitglied zum Vorsitzenden des Vorstands ernannt, so gibt, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, seine Stimme bei Stimmengleichheit den Ausschlag.
§ 71. (1) Die Aktiengesellschaft wird durch den Vorstand gerichtlich und außergerichtlich vertreten.
(2) Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so sind, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, sämtliche Vorstandsmitglieder nur gemeinschaftlich zur Abgabe von Willenserklärungen und zur Zeichnung für die Gesellschaft befugt. Der Vorstand kann einzelne Vorstandsmitglieder zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigen. Ist eine Willenserklärung der Gesellschaft gegenüber abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Vorstandsmitglied.
(3) Die Satzung kann, wenn der Vorstand aus mehreren Personen besteht, auch bestimmen dass einzelne von diesen allein oder in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Gesellschaft befugt sind; es muss aber in jedem Fall die Möglichkeit bestehen, dass die Gesellschaft vom Vorstand auch ohne die Mitwirkung eines Prokuristen vertreten werden kann. ..."
Es ist Sache der Berufungsbehörde, unter anderem die Zuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde zu prüfen und deren Fehlen allenfalls von Amts wegen wahrzunehmen. Der erstinstanzliche Strafbescheid vom 20. März 2001 wurde vor dem mit 1. April 2002 erfolgten Inkrafttreten der Aufhebung jener Bestimmungen des WAG, welche die Organisation der erstinstanzlichen Behörde als öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit betrafen, erlassen. Für die Frage, welche Rechtslage die belangte Berufungsbehörde bei Prüfung der Zuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde anzuwenden hatte, ist Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG von Bedeutung. Dieser lautet:
"Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht."
Da der vorliegende Fall kein Anlassfall des zur Aufhebung dieser Bestimmungen führenden Gesetzesprüfungsverfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof war, hatte die belangte Behörde auf den Beschwerdefall, dessen für die Prüfung der Zuständigkeit relevanter Tatbestand sich vor der Aufhebung verwirklicht hat, noch die aufgehobenen Organisationsbestimmungen anzuwenden. Anderes ergibt sich auch nicht aus § 32b WAG. Gegen die Zuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde bestehen vor diesem Hintergrund keine Bedenken.
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist strittig, ob die E-AG im maßgeblichen Tatzeitraum die in § 16 Z 2 WAG umschriebenen Organisationspflichten erfüllt hat oder nicht. Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, die nähere Konkretisierung der in dieser Gesetzesbestimmung umschriebenen Organisationspflichten sei dem SCC (womit der Beschwerdeführer zeitraumbezogen offenbar nur den SCC 1993 meinen konnte), welchem der Charakter eines Handelsbrauches zukomme, zu entnehmen. Jedenfalls insolange die erstinstanzliche Behörde keine auf § 82 Abs. 5a BörseG gestützte Verordnung erlassen habe, komme ein Kreditinstitut seinen Organisationspflichten nach § 16 Z 2 WAG jedenfalls dann nach, wenn es sich im Rahmen der diesbezüglichen Compliance-Bestimmungen des SCC (1993) bewege. Dies sei in Ansehung der E-AG der Fall gewesen.
Dem ist Folgendes zu erwidern:
Zutreffend geht der Beschwerdeführer davon aus, dass es sich beim SCC nicht um eine Verordnung der Wirtschaftskammer handelt. Wie Oppitz/Stillfried, "Ist der Standard Compliance Code der österreichischen Banken eine Verordnung?", in ÖBA 1995, 507, nachgewiesen haben, handelt es sich beim SCC schon nach seinem objektiven Gehalt nicht um eine hoheitliche Anordnung. Dies ergibt sich zunächst - wie die genannten Autoren überzeugend ausführen - aus der unter "Grundsätze" im SCC enthaltenen Satz, wonach die Banken unzulässigen Umgang mit nicht öffentlich zugänglichen anlage- bzw. preisrelevanten Informationen verhindern, sowie Verstöße aufdecken und gegebenenfalls unternehmensinterne Sanktionen verhängen "wollen". Diese Beurteilung folgt weiters aus der Betonung des Empfehlungscharakters des SCC als einer Mindestregelung, die von jeder Bank akzeptiert und angewendet werden "solle", und schließlich aus der Entstehungsgeschichte dieser Verhaltensregeln. Der gegenteiligen Auffassung Filzmosers ("Haben Verhaltensregeln von Wirtschaftskammern Verordnungscharakter?", ÖBA 1994, 437, sowie "Zum Verordnungscharakter der von Wirtschaftskammern beschlossenen Verhaltensregeln", ÖBA 1996, 119), wonach sich der normative Charakter des SCC aus einem separaten Schreiben der Sektion Geld-, Kredit- und Versicherungswesen der Wirtschaftskammer ergebe, in welchem sich die Erklärung finde, der SCC trete unverzüglich ab Unterzeichnung, spätestens aber mit 1. Februar 1994 in Kraft, halten Oppitz/Stillfried, "Neues zur Rechtsform des Standard Compliance Code?", ÖBA 1996, 861, zutreffend entgegen, dass die Aussage, der SCC trete mit 1. Februar 1994 in Kraft, bloß den zeitlichen Beginn der Relevanz der darin enthaltenen Empfehlungen betrifft.
Die SCC stellten daher einen im Zeitpunkt der Erlassung des WAG herrschenden Handelsbrauch der Kreditinstitute dar (in diesem Sinne auch Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt, a. a.O., Rz 16 zu § 16 WAG).
Aus den Materialien zum Bundesgesetz BGBl. Nr. 753/1996 ergeben sich weiters keine Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber des WAG durch die Schaffung des § 16 Z 2 leg. cit. die Organisationspflichten, die den in § 11 WAG genannten Rechtsträgern auferlegt werden, exakt in jenem Umfange festlegen wollte, wie er als Mindestmaß in Punkt 4.1. des SCC umschrieben war. Vielmehr deuten die Gesetzesmaterialien zur Schaffung des § 82 Abs. 5a BörseG darauf hin, dass der Gesetzgeber des WAG die Einhaltung des SCC nicht in jeder Hinsicht als ausreichend angesehen hat, um auch den Wohlverhaltensregeln der §§ 11 bis 18 WAG Rechnung zu tragen.
Der Umfang der durch § 16 Z 2 WAG auferlegten Organisationspflichten ist vielmehr durch Auslegung dieser Norm unter Berücksichtigung des aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage erschließbaren gesetzgeberischen Willens zu gewinnen. Nun ergibt sich aus den zitierten Gesetzesmaterialien, dass § 16 WAG dem § 33 des deutschen Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) nachgebildet wurde. Es ist daher davon auszugehen, dass der Gesetzgeber des § 16 Z 2 WAG den in § 11 leg. cit. genannten Rechtsträgern Organisationspflichten in jenem Umfang überbinden wollte, wie sie nach dem im Zeitpunkt der Erlassung des WAG herrschenden Verständnis für deutsche Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach § 33 Z 2 WpHG gegolten haben.
Das (zu diesem Zeitpunkt) in Deutschland herrschende Verständnis der letztgenannten Norm kann aus Assmann/Schneider, Kommentar zum Wertpapierhandelsgesetz (1995), 483 ff, gewonnen werden.
Dort heißt es:
"1. Risiko von Interessenkonflikten
§ 33 Nr. 2 setzt Art. 10 5. Spiegelstrich WpDRiL um. § 33 Nr. 2 ist seinem Wortlaut nach enger gefasst als der entsprechende Artikel der WpDRiL. Während in Art. 10 5. Spiegelstrich WpDRiL von dem 'Risiko von Interessenkonflikten' die Rede ist, spricht § 33 Nr. 2 nur davon, dass die Interessenkonflikte selbst möglichst gering zu halten sind. In richtlinienkonformer Auslegung (§ 31 Rz. 2) des § 33 Nr. 2 ist daher zu fordern, dass das Risiko eines Interessenkonflikts, also die Manipulationsgefahr (§ 31 Rz. 33) durch geeignete Mittel auf der Ebene der Aufbau- und Ablauforganisation (Bericht des Finanzausschusses, aaO, S. 105) möglichst gering gehalten wird; ...
2. Möglichst gering
Der Wortlaut des § 33 Nr. 2 weist ebenso wie der Art. 10
5. Spiegelstrich WpDRiL darauf hin, dass jedes Wertpapierdienstleistungsunternehmen für sich zu betrachten ist. Es geht also nicht darum, dass in der Branche der Wertpapierdienstleistungsunternehmen gewisse Standards der Minimierung der Risiken von Interessenkonflikten durchgesetzt werden, sondern darum, dass das einzelne Unternehmen in seinem Bereich die Risiken eines Fehlverhaltens möglichst gering hält. Einheitliche Standards würden nämlich entweder eine Mindestgröße der Wertpapierdienstleistungsunternehmen erzwingen oder das Universalbanksystem sprengen, weil lauter selbstständige Teileinheiten geschaffen werden müssten. Weder dem WpHG noch der WpDRiL kann aber entnommen werden, dass kleine Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die das Risiko von Interessenkonflikten nur schwer durch Organisation senken können, aus dem Markt gedrängt werden sollen.
Geht man von einer individuellen Betrachtungsweise aus und fragt man sich, ob das konkrete Wertpapierdienstleistungsunternehmen das Risiko von Interessenkonflikten minimiert hat, so erzeugt dieser Ansatz zwar Wettbewerbsnachteile zu Lasten solcher Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die das Risiko von Interessenkonflikten stärker drücken können.
Die Wettbewerbsnachteile werden jedoch durch § 31 I Nr. 2 ausgeglichen. In Parallele zum englischen Recht (vgl. Rule 5.08 (2), 5.15 (3d) des SIB) muss dasjenige Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das das Risiko von Interessenkonflikten nicht durch Organisation beseitigen kann, es hinnehmen, dass es rigideren Verhaltenspflichten unterworfen wird. Zwar darf ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht wählen, ob es sich den Organisationspflichten unterwirft oder lieber seine Handlungsvarianten durch § 31 I Nr. 2 begrenzt sieht. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass jedes Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine Struktur wählen kann, in der die Organisationspflicht am wenigsten drückt. Es kann somit praktisch durchaus in gewisser Weise zwischen Organisationspflicht und Verhaltenspflicht wählen. Dies ist im Ergebnis wettbewerbskonform (vgl. Hausmanninger, ÖBA 1993, 847, 858); denn auf diese Weise wird die Chance geschaffen, 'die objektive Minimierung des Manipulationsrisikos' auf dem Weg zu erreichen, der für das Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit dem geringsten Aufwand verbunden ist. Dies ist gesamtwirtschaftlich am vorteilhaftesten.
Wie die Formulierung 'möglichst gering' in § 33 Nr. 2 (Art. 10 5. Spiegelstrich WpDRiL: restreindre au minimum; minimize) zeigt, ist das Risiko von Interessenkonflikten nicht notwendig gänzlich auszuschalten, sondern nur so weit als möglich. Die Unmöglichkeit, Interessenkonflikte zu vermeiden, beginnt nicht erst dort, wo die Beseitigung der Interessenkonflikte rechtlich oder praktisch unmöglich ist, sondern schon dort, wo sie wirtschaftlich unmöglich ist, wo die Vermeidung des Konflikts mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden ist (vgl. § 31 Rz. 30). Ob der Aufwand unverhältnismäßig ist, ist grundsätzlich nicht in Hinblick auf den einzelnen Kunden zu entscheiden. Da es um Organisation des Wertpapierdienstleistungsunternehmens geht, ist vielmehr eine auf die Gruppe der am meisten gefährdeten Kunden bezogene Abwägung erforderlich. Auf Extremfälle hin ist die Organisation nicht auszurichten.
3. Organisation
a) Vertraulichkeitsbereiche
Interessenkonflikte lassen sich dadurch minimieren, dass Vertraulichkeitsbereiche geschaffen werden, so dass Informationen über Geschäftschancen (§ 31 Rz. 26) nicht von den unzuständigen Stellen ausgenutzt werden können.
Die Zahl und die Größe der Vertraulichkeitsbereiche lassen sich nicht abstrahierend festlegen. Sie hängen von dem Zuschnitt des jeweiligen Wertpapierdienstleistungsunternehmens ab. Die Vertraulichkeitsbereiche dürfen einerseits die Synergievorteile von Universalbanken nicht weitgehend eliminieren und müssen andererseits so ausgeformt sein, dass die sensiblen Informationen nicht im Unternehmen vagabundieren (vgl. Eisele, WM 1993, 1021, 1024). In der Regel wird man zu selbstständigen Vertraulichkeitsbereichen den Wertpapiereigenhandel, die für die Kundenorders zuständige Abteilung, die Vermögensverwaltung, die Emissionsabteilung, die Kreditabteilung, die für Research und Analyse zuständige Abteilung sowie die Abteilung für Beteiligungsverwaltung deklarieren müssen.
...
Dagegen ist, wenn dies nicht mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden ist, eine räumliche Trennung der Vertraulichkeitsbereiche sachgerecht (vgl. White, Regulation, Rz. 15-015). Wo die räumliche Trennung durch Bereitstellung selbstständiger Bürohäuser nicht angemessen realisierbar ist, müssen die Vertraulichkeitsbereiche doch so geschieden werden, dass die in verschiedenen Bereichen tätigen Personen nicht ständig in Kontakt miteinander stehen, weil sie z. B. im selben Zimmer arbeiten. Die räumliche Trennung impliziert Zutrittsschranken für die nicht im Vertraulichkeitsbereich tätigen Personen. Darüber hinaus sind aber auch telefonische Kontakte zwischen den verschiedenen Vertraulichkeitsbereichen zu begrenzen (vgl. Poser, Regulation, S. 228), am besten durch Aufzeichnung der Gespräche (vgl. Doty/Powers, aaO, S. 155, 178).
Es muss mittels organisatorischer Maßnahmen sichergestellt werden, dass die gespeicherten Informationen nicht die Grenzen des Vertraulichkeitsbereichs überschreiten. Zu diesem Zweck sind Code-Wörter für Projekte und das EDV-System (Hausmanninger, ÖBA 1993, 847, 852) und den Zugang zur Registratur einzuführen. Informationen sind sicher zu verwahren (Eisele, WM 1993, 1021, 1022). Es ist darauf zu achten, dass Mitarbeiter die Vertraulichkeitsbereiche nicht in einem Moment verlassen, in dem sie im Besitz sensibler Informationen sind. Gegebenenfalls hat der Abteilungswechsel nach einem Urlaub zu erfolgen.
Das Vergütungssystem der Mitarbeiter darf nicht so strukturiert sein, dass es zur illegitimen Weitergabe von Informationen anreizt.
Die Mitarbeiter sind zu schulen, so dass sie lernen, wie wichtig für das Wertpapierdienstleistungsunternehmen und sie selbst die Respektierung der Vertraulichkeitsbereiche ist.
Von den Einschränkungen, die mit dem Aufbau von Vertraulichkeitsbereichen verbunden sind, werden grundsätzlich au