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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §154 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Thoma und Dr. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, über die Beschwerde des M in Padua, vertreten durch Gradischnig & Gradischnig, Rechtsanwälte in 9500 Villach, Moritschstraße 7, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 16. Juli 2002, Zl. 1W-PERS- 3878/7-2002, betreffend Namensänderung des Mitbeteiligten A W, vertreten durch seine Mutter M W, beide in K, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Mitbeteiligte, österreichischer und italienischer Staatsangehörigkeit, wurde 1993 geboren; die Vaterschaft des Beschwerdeführers ist unbestritten. Am 24. April 1996 heirateten der Beschwerdeführer und die Mutter des Mitbeteiligten. Die Ehe wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes V vom 22. März 2001 nach § 55a EheG (rechtskräftig) geschieden. Aufgrund der nach § 55a Abs. 2 EheG geschlossenen Vereinbarung steht der Mutter seit damals die alleinige Obsorge über den Mitbeteiligten zu.
Mit Antrag vom 23. Mai 2001 begehrte die Mutter als gesetzliche Vertreterin des Mitbeteiligten die Änderung seines Familiennamens von "M" auf "W".
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid bewilligte der Landeshauptmann von Kärnten (die belangte Behörde) diese Namensänderung. Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, da der Mitbeteiligte (auch) österreichischer Staatsbürger sei, habe die erstinstanzliche Behörde den vorliegenden Antrag zu Recht nach österreichischem Recht beurteilt. Der Umstand, dass die allein obsorgeberechtigte Mutter nach ihrer Eheschließung nunmehr einen anderen Familiennamen trage, stelle nach § 2 Abs. 1 Z 9 Namensänderungsgesetz - NÄG einen Grund für die Änderung des Familiennamens des Mitbeteiligten dar. Nach Ansicht der belangten Behörde seien dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine stichhaltigen Gründe im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 6 NÄG zu entnehmen, dass die Namensänderung dem Wohl des Mitbeteiligten zuwiderliefe. Die Herstellung der Gleichheit des Familiennamens mit der Familie, in der das Kind aufwachse, entspreche grundsätzlich in höherem Maß dem Wohl des Kindes als die Beibehaltung des bisherigen Namens. In diesem Zusammenhang müsse auch auf das im Verwaltungsakt einliegende Gutachten der Psychologin und Psychotherapeutin Mag. Dr. Monika R. hingewiesen werden. Gegen die beabsichtigte Namensänderung könnten nur solche Gründe vorgebracht werden, aus denen sich ergebe, dass die Führung des bisherigen Namens dem Wohl des Kindes besser entspreche und daher eine Änderung des Namens dem Kindeswohl abträglich wäre. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten, seine eigene Rechtsposition betreffenden Argumente gingen daher ins Leere. Im Hinblick auf die beabsichtigte Namensgleichheit mit der Mutter sei es auch nicht nachvollziehbar, wenn er meine, das Kind müsste bewältigen, weder wie seine mütterlichen noch wie seine väterlichen Verwandten zu heißen. Gleichfalls sei nicht nachvollziehbar, warum die Namensänderung zu einer Entfremdung, insbesondere auch zu den väterlichen Verwandten führen solle, weil sich einerseits die familienrechtlichen Beziehungen nicht ausschließlich auf den Familiennamen beschränkten und andererseits das Kind - wie der Beschwerdeführer selbst argumentiere - für den italienischen Rechtsbereich weiterhin seinen angestammten Familiennamen führe. Eine "hinkende" Namensführung sei - insbesondere auch im EU-Rechtsbereich - bei Doppelstaatsbürgerschaften keineswegs so etwas Außergewöhnliches, dass daraus geschlossen werden könnte, sie wäre dem Kindeswohl abträglich. Die vom Beschwerdeführer befürchteten zukünftigen weiteren Namensänderungen der Mutter des Mitbeteiligten müssten als reine Spekulation abgetan werden und hätten daher keine rechtliche Auswirkung im derzeit anhängigen Verfahren. Auch die Argumentation des Beschwerdeführers, dass eine Namensänderung eine Umgehung von Rechtsvorschriften, insbesondere der einschlägigen Bestimmungen des ABGB ermöglichen würde, könne nicht beigepflichtet werden. Folgte man dieser Auffassung, wäre jede Namensänderung ausgeschlossen. Dass der österreichische Gesetzgeber von anderen Ordnungsvorstellungen ausgehe, zeige § 2 Abs. 1 Z 9 NÄG.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet hat, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Nach § 154 Abs. 2 ABGB bedürfen (unter anderem) Vertretungshandlungen und Einwilligungen eines Elternteiles, die die Änderung des Vornamens oder des Familiennamens betreffen, zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des anderen Elternteiles.
Gemäß § 178 Abs. 1 erster Satz ABGB in der Fassung durch das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001, BGBl. I Nr. 135/2000, hat, soweit ein Elternteil nicht mit der Obsorge betraut ist, er, außer dem Recht auf persönlichen Verkehr, das Recht, von demjenigen, der mit der Obsorge betraut ist, von wichtigen Angelegenheiten, insbesondere von beabsichtigten Maßnahmen nach § 154 Abs. 2 und 3, rechtzeitig verständigt zu werden und sich hiezu in angemessener Frist zu äußern. Nach dem dritten Satz dieser Bestimmung ist die Äußerung zu berücksichtigen, wenn der darin ausgedrückte Wunsch dem Wohl des Kindes besser entspricht.
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Namensänderungsgesetzes - NÄG, BGBl. Nr. 195/1988 idF des Namensrechtsänderungsgesetzes - NamRÄG, BGBl. Nr. 25/1995, lauten auszugsweise:
"Antrag auf Namensänderung
§ 1. (1) Eine Änderung des Familiennamens oder Vornamens ist auf Antrag zu bewilligen, wenn ein Grund im Sinn des § 2 vorliegt, § 3 der Bewilligung nicht entgegensteht und die Namensänderung betrifft
1.
einen österreichischen Staatsbürger;
2.
...
3.
...
(2) Insoweit der Antragsteller in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, hat der gesetzliche Vertreter den Antrag einzubringen. Die Einbringung bedarf der persönlichen Zustimmung des Antragstellers, wenn dieser das 14. Lebensjahr vollendet hat.
Voraussetzungen der Bewilligung
§ 2. (1) Ein Grund für die Änderung des Familiennamens liegt vor, wenn
...
8. der Antragsteller den Familiennamen seiner Eltern oder eines Elternteils erhalten will oder der Antragsteller den Familiennamen einer Person erhalten will, von der er seinen Familiennamen abgeleitet hat und deren Familienname geändert worden ist oder dessen Änderung beantragt worden ist;
9. der minderjährige Antragsteller den Familiennamen der Person erhalten soll, der die Obsorge für ihn zukommt oder in deren Pflege er sich befindet und das Pflegeverhältnis nicht nur für kurze Zeit beabsichtigt ist;
...
Versagung der Bewilligung
§ 3. (1) Die Änderung des Familiennamens oder Vornamens darf nicht bewilligt werden, wenn
...
6. die beantragte Änderung des Familiennamens oder Vornamens dem Wohl einer hievon betroffenen, nicht eigenberechtigten Person abträglich ist;
...
Zustimmungen und Anhörungen
§ 4. (1) ...
(2) Soweit tunlich hat die Behörde vor der Bewilligung Kinder zwischen dem vollendeten 10. und 14. Lebensjahr, für die ein Antrag auf Änderung ihres Familiennamens oder Vornamens eingebracht wurde, anzuhören.
..."
Die Beschwerde zieht nicht in Zweifel, dass im vorliegenden Fall "das österreichische Recht maßgebend" ist. Sie bringt gegen den angefochtenen Bescheid zunächst vor, eine Anhörung des am 6. Mai 1993 geborenen Mitbeteiligten sei mit Rücksicht auf sein Alter von unter 10 Jahren nicht zulässig gewesen. Aus der Anordnung des § 4 Abs. 2 NÄG, wonach Kinder zwischen dem vollendeten 10. und 14. Lebensjahr, für die ein Antrag auf Änderung des Familiennamens oder Vornamens eingebracht wurde, vor der Bewilligung - soweit tunlich - anzuhören sind, kann entgegen der Ansicht der Beschwerde aber keinesfalls gefolgert werden, dass ein Verbot der Anhörung von Kindern, die das 10. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, (im Sinne eines Beweismittel- oder Beweisverwertungsverbotes) bestünde. Dem Vorgehen der belangten Behörde, die - unter anderem - das Ergebnis einer auf Ersuchen der Mutter des Mitbeteiligten (und ihres Ehegatten) durchgeführten Befragung des Mitbeteiligten über die beabsichtigte Namensänderung durch eine pädagogische Psychologin und Psychotherapeutin berücksichtigt hat, steht die Bestimmung des § 4 Abs. 2 NÄG nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1992, Zl. 92/01/0120, betreffend das Anhörungsrecht nach § 8 Abs. 2 NÄG, BGBl. Nr. 195/1988).
Der Beschwerdeführer erblickt weiters eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, dass nach § 154 Abs. 2 ABGB Vertretungshandlungen eines Elternteiles, die die Änderung des Familiennamens des Kindes beträfen, der Zustimmung des anderen Elternteiles bedürften. Der Beschwerdeführer habe eine solche Zustimmung nicht erteilt. Auch sei eine solche Zustimmung nicht durch das zuständige Pflegschaftsgericht ersetzt worden.
Die Namensänderung nach dem NÄG gehört zu den im § 154 Abs. 2 ABGB genannten wichtigen Angelegenheiten, bei denen Vertretungshandlungen und Einwilligungen eines Elternteiles zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des anderen Elternteiles bedürfen. Im Beschwerdefall steht unangefochten fest, dass seit der Scheidung der Eltern des Mitbeteiligten der Mutter die alleinige Obsorge zukommt. Gemäß § 178 Abs. 1 ABGB hat in einem solchen Fall der andere Elternteil außer dem Recht auf persönlichen Verkehr mit dem Kind das Recht, von demjenigen, der mit der Obsorge betraut ist, von wichtigen Angelegenheiten, insbesondere von beabsichtigen Maßnahmen nach § 154 Abs. 2 und 3 ABGB - sohin von einer Änderung des Familiennamens - rechtzeitig verständigt zu werden und sich hiezu in angemessener Frist zu äußern. Die Äußerung ist zu berücksichtigen, wenn der darin ausgedrückte Wunsch dem Wohl des Kindes besser entspricht.
Dies bedeutet zunächst, dass dem auf die Mindestrechte nach § 178 ABGB verwiesenen Elternteil im Bezug auf die im § 154 Abs. 2 ABGB genannten Maßnahmen lediglich der Anspruch zukommt, durch den allein obsorgeberechtigten Elternteil von der Antragstellung auf Namensänderung verständigt zu werden. Eine Zustimmung des nicht obsorgeberechtigten Elternteiles ist nicht erforderlich und war daher im Beschwerdefall keine notwendige Voraussetzung für die Namensänderung (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1992 betreffend die Rechtslage nach dem Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz, BGBl. Nr. 162/1989). Schon von daher ist dem weiteren Beschwerdeargument, dass die mangelnde Einwilligung des Beschwerdeführers zur Namensänderung durch das Pflegschaftsgericht hätte ersetzt werden müssen, der Boden entzogen.
Schließlich bringt die Beschwerde vor, der angefochtene Bescheid entspreche auch nicht dem Kindeswohl des Mitbeteiligten, der zwei Staatsbürgerschaften habe und in dem Staat des Aufenthaltes einen anderen Namen führe als in dem Staat der zweiten Staatsbürgerschaft, nämlich in Italien. Ein Name bedeute gleichzeitig eine Identität und die Identität eines Kindes sei "wesentlich mit dem beider, zumindest mit der eines Elternteiles verknüpft". Hätte der Mitbeteiligte den Mädchennamen der Mutter erhalten, wäre eine Namensänderung in diesem Umfang noch verständlich gewesen, es entspreche aber nicht dem Kindeswohl, wenn ein ehelich geborenes Kind nunmehr den Namen eines weiteren Ehegatten der Kindesmutter annehmen solle.
Schon zur Rechtslage vor dem NamRÄG hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Herstellung der Gleichheit des Familiennamens mit der Familie, in der das Kind aufwächst, in höherem Maß dem Wohl des Kindes entspricht als die Beibehaltung des bisherigen Namens. Das NamRÄG hat die Möglichkeit der Angleichung des Familiennamens eines Minderjährigen an den des Obsorgeberechtigten erleichtert, wodurch die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes zusätzliche Bestätigung erfahren hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. August 2001, Zl. 2000/01/0368, mwN). Der nicht obsorgeberechtigte Elternteil kann einer Namensänderung nur dann mit Erfolg entgegentreten, wenn es ihm aufzuzeigen gelingt, dass die Änderung dem Wohl des Kindes abträglich ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1999, Zl. 98/01/0398, mwN).
Eine solche Abträglichkeit gegenüber dem Wohl des Mitbeteiligten vermag der Beschwerdeführer mit dem bloßen Hinweis auf ein allenfalls divergierendes Namensrecht nach italienischem Recht schon deshalb nicht aufzuzeigen, weil nach den unbestrittenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides der Mitbeteiligte bei seiner Mutter in Österreich lebt und die Beschwerde auch nicht näher darlegt, inwieweit der Mitbeteiligte etwa im Rahmen der Ausübung des Besuchsrechtes durch den Beschwerdeführer zur Führung seines bisherigen Familiennamens gezwungen wäre, sodass eine Namensführung des Mitbeteiligten nach italienischem Recht dahingestellt bleiben kann.
Schließlich vermag der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, ein Name bedeute eine Identität und die Identität des Kindes sei zumindest mit der eines Elternteiles verknüpft, sodass die Annahme des Namens eines weiteren Ehegatten der Mutter unverständlich sei, keine Bedenken gegen den angefochtenen Bescheid zu erwecken. Wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten hg. Erkenntnis vom 21. August 2001 ausführte, hat das Gesetz der Angleichung des Familiennamens eines Kindes mit dem seines aktuellen Umfeldes den Vorzug gegeben und damit zum Ausdruck gebracht, dass allenfalls aus der Namensänderung erwachsende psychische Belastungen eines Kindes jedenfalls im Regelfall als nicht derartig nachteilig für das Kindeswohl zu qualifizieren sind, dass von einem Überwiegen dieser Nachteile gegenüber den typischerweise mit der Namensänderung verbundenen Vorteilen gesprochen werden könnte. Mit der angefochtenen Bewilligung der Namensänderung erfolgte jedoch die vom Gesetz intendierte Angleichung des Familiennamens des Mitbeteiligten mit jenem seines aktuellen Umfeldes, insbesondere auch mit dem seiner Mutter, sodass es dem Beschwerdeführer nicht gelingt, eine Abträglichkeit im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 6 NÄG und damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Nach dem Gesagten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 5. November 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002010418.X00Im RIS seit
28.11.2003Zuletzt aktualisiert am
09.05.2011