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66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;Norm
ASVG §227 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Ing. Leopold S in N, vertreten durch Dr. Edeltraud Fichtenbauer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 10, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 26. November 2001, Zl. GS 8-9747-2001, betreffend Rückerstattung des Einkaufsbetrages für Schulzeiten (mitbeteiligte Partei:
Pensionsversicherungsanstalt, vertreten durch Dr. Hans Pernkopf, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Mölkerbastei 10), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1942 geborene Beschwerdeführer stellte am 15. April 1996 einen Antrag an die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten auf Beitragsentrichtung zwecks Leistungswirksamkeit von Ersatzzeiten für Schul-, Studien- oder Ausbildungszeiten (Nachkauf von Schul-, Studien- oder Ausbildungszeiten). Diesem Antrag gab die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten am 2. Mai 1996 schriftlich statt und führte aus, der Beschwerdeführer könne für 24 Monate mittlere/höhere Schule Beiträge entrichten. Lange ein Beitrag bis zum 31. Dezember 1996 ein, betrage er für einen Monat mittlere/höhere Schule S 2.223,--. Für Zahlungen nach diesem Zeitpunkt werde der Beschwerdeführer ersucht, sich über die geltende Beitragshöhe zu informieren, da der Beitrag von der jeweils geltenden Höchstbeitragsgrundlage bemessen werde. Es werde darauf hingewiesen, dass für die Pension des Beschwerdeführers nur jene Beiträge berücksichtigt werden könnten, die bis zum Stichtag eingelangt seien.
Mit Schreiben vom 9. Mai 1996 ersuchte der Beschwerdeführer die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten "um Entscheidungshilfe" durch Zusendung einer Berechnung über die Auswirkung des Nachkaufes von Schulzeiten auf die zukünftige Pension. Insbesondere fragte der Beschwerdeführer, wie viele Schulmonate er nachkaufen müsse, damit er den maximalen Prozentsatz (80 %) für die Pensionsberechnung erhalte, wenn er nach der derzeitigen Gesetzeslage nach dem 60. Geburtstag (mit 30. September 2002) aus dem Berufsleben ausscheide.
Mit Schreiben vom 3. Juli 1996 teilte die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten dem Beschwerdeführer mit, sie habe eine Vorausberechnung seiner Pension zum 1. August 1996 durchgeführt. Die Pension würde monatlich brutto S 23.307,60 betragen. Dabei sei vorausgesetzt worden, dass bis zum genannten Zeitpunkt eine durchlaufende Versicherung bestehen und der Beschwerdeführer keine Beiträge für Ersatzmonate entrichten werde. Sollte der Beschwerdeführer 24 Beiträge für den Nachkauf entrichten, würde seine Pension zum 1. August 1996 monatlich brutto S 24.341,60 betragen. Für den Nachkauf wären S 53.352,-- zu zahlen. Unter der Voraussetzung, dass der Beschwerdeführer bis zu seinem 60. Lebensjahr durchlaufend Versicherungszeiten erwerbe und für Schulzeiten gemäß § 227 ASVG 21 Beiträge zahle, werde er nach der derzeit geltenden Rechtslage das Höchstausmaß an Versicherungsmonaten für den Steigerungsbetrag erhalten. Der Beschwerdeführer wurde weiters darauf hingewiesen, dass die Pensionsvorausberechnung nach den derzeit geltenden gesetzlichen Bestimmungen durchgeführt worden sei. Die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten hoffe, dem Beschwerdeführer mit dieser "Pensionsvorausberechnung" eine Entscheidungshilfe zu bieten. Die Mitteilung sei jedoch kein Bescheid, begründe keine Rechtsansprüche, könne keine Rechtsfolgen auslösen und beruhe dort auf Annahmen, wo künftige Berechnungswerte hätten berücksichtigt werden müssen.
Mit Schreiben an die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten vom 5. Februar 2001 legte der Beschwerdeführer dar, er habe am 31. Oktober 1996 auf Grund einer "Werbeaktion" dieser Anstalt 21 Schulmonate nachgekauft. Somit hätte er mit 540 Versicherungsmonaten eine Bemessungsgrundlage von 80 % zu seinem Pensionsantritt am 1. Oktober 2002 (ergänze: zum Stichtag nach Vollendung des 60. Lebensjahres) erreicht. Auf Grund der Anhebung des Anfallsalters bei der vorzeitigen Alterspension könne er jedoch erst 16 Monate später (am 1. Februar 2004) in Pension gehen. Da er seit 23. Jänner 1998 arbeitslos sei, nützten ihm auch die 45 Versicherungsjahre nichts. Auf Grund der genannten Veränderungen habe er 16 Monate zuviel nachgekauft (dies entspreche S 35.568). Da der Beschwerdeführer beim Schulzeitennachkauf im Oktober 1996 in gutem Glauben gehandelt habe, sei es rechtens, wenn dieser Betrag rückgezahlt oder alternativ in eine Höherversicherung umgewidmet werde.
Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten vom 8. Juni 2001 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Rückzahlung der für den Nachkauf von Schul- und Studienzeiten geleisteten Beträge gemäß § 227 Abs. 4 ASVG "abgelehnt". Der Antrag auf Berücksichtigung der Beiträge für die Höherversicherung wurde gemäß § 248a ASVG "abgelehnt". Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das ASVG sehe keine Möglichkeit vor, dass leistungswirksam entrichtete Beiträge rückerstattet werden. Eine Umwidmung in Beiträge zur Höherversicherung sei nur zulässig, wenn es sich um deckende Versicherungszeiten handle. Diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall nicht gegeben.
In seinem Einspruch gegen diesen Bescheid führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, sein Antrag habe auf den Ausgleich einer Härte abgezielt, die durch die Anhebung des Antrittsalters für die vorzeitige Alterspension mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 aufgetreten sei. Männliche Versicherte, die im Vertrauen darauf, bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer in Anspruch nehmen zu können, Schulzeiten nachgekauft hätten, um die erforderliche Anzahl von Versicherungsmonaten zu erreichen, sähen sich kraft der neuen Rechtslage um die für diesen Zweck aufgewendeten Geldbeträge gebracht. Wegen der Erweiterung des Zeitraumes bis zum Pensionsantritt würden sie ganz ohne Nachkauf die fehlenden Versicherungsmonate erlangen. Sie erhielten durch Berücksichtigung der durch einen solchen Nachkauf erworbenen Versicherungszeiten auch keinen höheren Pensionsprozentsatz, da die Pension zum Stichtag ohnehin bereits 80 % der Bemessungsgrundlage betrage. Die Regelung des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2000 erscheine im Hinblick auf den Vertrauensschutz verfassungswidrig.
Die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten führte in einer Stellungnahme vom 1. August 2001 im Wesentlichen aus, dass sie dem Beschwerdeführer den nachträglichen Einkauf für 24 Monate Schulbesuch bewilligt habe. Auf Grund seiner Zahlung vom 5. November 1996 seien Beiträge für 21 Monate höhere Schule verbucht worden. Diese Zeiten seien damit anspruchs- und leistungswirksam geworden.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch des Beschwerdeführers keine Folge. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und gesetzlicher Bestimmungen legte die belangte Behörde in der Bescheidbegründung im Wesentlichen dar, dass die dem eingezahlten Betrag entsprechenden Versicherungsmonate mit Einlangen des Betrages beim Versicherungsträger anspruchs- und leistungswirksam geworden seien. Die Umwandlung in Beiträge zur Höherversicherung sei nur zulässig, wenn es sich um deckende Versicherungszeiten handle, was im vorliegenden Fall nicht gegeben sei. Die Beiträge seien auch nicht zu Ungebühr im Sinne des § 69 ASVG entrichtet worden. Die Auswirkungen des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2000 auf den gegenständlichen Fall stellten eine gesetzliche Härte dar. Die Verfassungskonformität der gesetzlichen Regelung sei aber von der belangten Behörde nicht zu prüfen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Der Beschwerdeführer verweist zunächst auf die hg. Erkenntnisse vom 10. November 1998, Zl. 98/08/0182, und vom 4. Oktober 2001, Zl. 98/08/0336. In den genannten Erkenntnissen habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, der leistungsunwirksame Einkauf von Schul- und Studienzeiten berechtige weder zur Rückforderung der Beiträge noch erfülle er die Voraussetzungen für die Umwidmung der Beiträge in Höherversicherungsbeiträge. Der Verwaltungsgerichtshof habe auch dargelegt, dass mit dem Einlangen der Beiträge für Ersatzzeiten die den Beiträgen entsprechenden Versicherungszeiten anspruchs- und leistungswirksam würden und der Versicherte ab diesem Zeitpunkt gegen den Versicherungsfall des Todes und der Erwerbsunfähigkeit versichert sei, weshalb keine Störung des Äquivalenzprinzips vorliege, da in der Sozialversicherung nicht der Grundsatz der Äquivalenz von Beitragsleistung und Versicherungsleistung gelte, sondern vor allem der Versorgungsgedanke Bedeutung habe, sodass es in manchen Fällen trotz Beitragsleistung zu keiner Versicherungsleistung komme. Eine Rückerstattung von Beiträgen, die sich auf den Versicherungsschutz bereits ausgewirkt hätten, sei unter keinem Gesichtspunkt, auch verfassungsrechtlich nicht, geboten. Dem Beschwerdeführer erscheine diese Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes im gegenständlichen Fall aber nicht als ausreichend. Zu berücksichtigen sei zunächst die Lehre vom Fehlen oder vom Wegfall der Geschäftsgrundlage. Das ABGB berücksichtige trotz genereller Unbeachtlichkeit des Motivirrtums in Einzelfällen typische Motive. Diese Fälle seien einer Gesamtanalogie zugänglich. Die Änderung der Rechtslage, die zur Folge gehabt habe, dass der Beschwerdeführer um S 35.568,-- zu viel bezahlt habe, sei weder vorhersehbar gewesen noch in seiner Sphäre gelegen. Eine Gesamtanalogie sei daher möglich. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes führe eine Änderung der Gesetzeslage dann, wenn der Bestand eines Gesetzes offensichtlich zur Geschäftsgrundlage gemacht worden sei, oder dann, wenn ein Rechtsverhältnis auf ein bestimmtes Gesetz aufbaue, auf Grund der Lehre von der clausula rebus sic stantibus zu einer Vertragsaufhebung. Auch führe beispielsweise die Aufhebung einer Baubewilligung durch den Verwaltungsgerichtshof zum Wegfall eines Liegenschaftskaufes, wenn dem Verkäufer die Errichtung eines Wohnhauses als Vertragszweck bekannt gegeben worden sei. Voraussetzung der Anfechtbarkeit eines Vertrages müsse also der Wegfall der Geschäftsgrundlage sein, die nach dem erkennbaren Sinn der Vereinbarung für beide Streitteile Voraussetzung für den Abschluss des Geschäftes gewesen sei. Dies sei im vorliegenden Fall gegeben. Sowohl der Beschwerdeführer als auch die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten seien ursprünglich davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer das gesetzliche Pensionsantrittsalter am 1. Oktober 2002 erreichen werde. Die damalige Rechtslage sei somit Grundlage des Bescheides der mitbeteiligten Partei vom 2. Mai 1996, aber auch des Antrages des Beschwerdeführers vom 15. April 1996 gewesen. Wäre zum damaligen Zeitpunkt bekannt gewesen, dass die Erreichung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters erst am 1. Februar 2004 eintreten werde, wären lediglich Beiträge für den Nachkauf von fünf Schulmonaten vorgeschrieben worden. Auf Grund der Änderung der Rechtslage sei es zu einer erheblichen Äquivalenzstörung zwischen dem Beschwerdeführer und der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten gekommen. Hätte der Nachkauf lediglich Auswirkungen auf die Versicherungsfälle des Todes und der Erwerbsunfähigkeit haben sollen, so wäre seine betragsmäßige Höhe bei weitem geringer berechnet worden. Die Höhe des Nachkaufes hätte dann weniger als die Hälfte des tatsächlich entrichteten Betrages ausgemacht. Somit liege auch eine Verkürzung über die Hälfte vor. Bei einer derart gravierenden Äquivalenzstörung bestehe unter Heranziehung der Grundsätze der clausula rebus sic stantibus, der Lehre von der Verkürzung über die Hälfte und dem Prinzip von Treu und Glauben ein Rückforderungsanspruch. Im Rahmen einer "sonstigen ergänzenden Vertragsauslegung" sei zu fragen, ob die Vereinbarung der Streitteile als Regelung, gemessen an dem von beiden Parteien festgelegten immanenten Zweck, lückenhaft (also planwidrig unvollständig) sei. Weiters sei zu prüfen, was redlich denkende Parteien für den nun eingetretenen Fall vereinbart hätten, falls er von ihnen vorausgesehen worden wäre. Dies führe dazu, dass dem Beschwerdeführer lediglich fünf Monate "an Zahlung für Ersatzzeiten" vorgeschrieben worden wären. Hätte der Beschwerdeführer einen höheren Anspruch für den Versicherungsfall des Todes und der Erwerbsunfähigkeit gewünscht, so wäre nach statistischen Berechnungen ein Betrag festzusetzen gewesen, der aber jedenfalls um 50 % niedriger hätte sein müssen als der in der Folge tatsächlich bezahlte. Hinsichtlich des über den sich solchermaßen ergebenden Betrag hinausgehenden Betrages liege jedenfalls ein zu Ungebühr entrichteter Betrag im Sinne des § 69 ASVG vor. Für den Rückforderungsanspruch des Beschwerdeführers spreche auch die Lehre von der condictio data non secuta. Im Übrigen stehe der Sachverhalt nicht ausreichend fest, da Ermittlungen unterblieben seien, wie hoch die nachzuzahlenden Beträge nur für die Versicherungsfälle des Todes und der Erwerbsunfähigkeit und für den Zeitraum bis zu dem sich aus der neuen Rechtslage ergebenden Pensionsantritt gewesen wären.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit den eben wiedergegebenen Ausführungen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem in der Beschwerde zitierten Erkenntnis vom 10. November 1998, Zl. 98/08/0182, dargelegt hat, handelt es sich beim Rechtsverhältnis zwischen dem Versicherten und dem Versicherungsträger um ein gesetzlich geregeltes Rechtsverhältnis, nicht aber um ein solches, welches durch Verträge (oder durch vertragsähnliche "Zusicherungen") bestimmt wird. Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie zivilrechtliche Grundsätze ihrer Entscheidung nicht zu Grunde gelegt hat.
Zu prüfen bleibt aber, ob die gesetzlichen Regelungen, die im vorliegenden Fall auf das sozialversicherungsrechtliche Rechtsverhältnis anzuwenden sind, der Verfassung entsprechen bzw. allenfalls einer verfassungskonformen Interpretation im Sinne der Ausführungen des Beschwerdeführers bedürfen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich der dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 2003, Zl. G 300/02, betreffend Bestimmungen des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2000, zu Grunde liegende Gesetzprüfungsantrag laut diesem Erkenntnis u. a. auf folgende Bedenken stützte:
"Durch die Erhöhung des Pensionsantrittsalters um eineinhalb Jahre sei jedenfalls jener Aufwand frustriert, der zum Nachkauf dieser eineinhalb Jahre erforderlich gewesen sei, weil der betroffene Arbeitnehmer in diesem Zeitraum nun ohnedies weiterhin sozialversichert sei und deswegen Beitragszeiten erwerbe. In besonders krasse Weise wirke sich dies in jenen Fällen aus, in denen der Nachkauf von Schul- und Studienzeiten deswegen erforderlich sei, um zum Zeitpunkt des frühestmöglichen Antrittes der Pension (also mit 60 Jahren bei Männern und mit 55 Jahren bei Frauen) die für eine Alterspension wegen langer Versicherungsdauer erforderlichen Beitragsmonate aufweisen zu können. In diesen Fällen sei der finanzielle Aufwand für den Nachkauf völlig frustriert."
Diesen Bedenken, die sich im Wesentlichen auch aus dem hier gegenständlichen Beschwerdevorbringen ableiten lassen, hat der Verfassungsgerichtshof Folgendes entgegnet:
"Das Argument, dass durch die Erhöhung des Pensionsalters um eineinhalb Jahre 'jedenfalls jener Aufwand frustriert' sei, der durch den Nachkauf von Schul- und Studienzeiten im Ausmaß dieser eineinhalb Jahre erforderlich gewesen sei, bzw. dass in jenen Fällen, in denen der Nachkauf solcher Zeiten erfolgt sei, um mit 55 bzw. 60 Jahren die für eine Alterspension wegen langer Versicherungsdauer erforderlichen Beitragsmonate aufweisen zu können, 'der finanzielle Aufwand völlig frustriert sei' (Hervorhebung nicht im Original), trifft nicht zu; und zwar deshalb, weil diese nachgekauften Zeiten nach Erreichen des nunmehr erhöhten Pensionsanfallsalters sehr wohl - grundsätzlich - anspruchs- bzw. leistungswirksam sind (§ 227 ASVG); ob diese Wirkung tatsächlich eintritt, hängt von der Lage des jeweiligen Falles ab."
Auch der Beschwerdeführer hat nicht bestritten, dass der von ihm eingezahlte Betrag keinen völlig frustrierten Aufwand dargestellt hat. Er hat nicht nur eingeräumt, dass sich der Nachkauf von fünf Versicherungsmonaten auch in seinem Fall unter Zugrundelegung der geänderten Rechtslage für die Berechnung seiner Pension auswirkt, sondern ebenso nicht, dass der (gesamte) Nachkauf für den Versicherungsfall des Todes und der Erwerbsunfähigkeit Auswirkungen (gehabt) hätte.
Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung ausgesprochen hat, steht in der Sozialversicherung, im Besonderen in der Pensionsversicherung, der Versorgungsgedanke im Vordergrund, wohingegen der Versicherungsgedanke in der Ausprägung der Vertragsversicherung zurückgedrängt ist. Es gilt daher in der Sozialversicherung auch nicht der Grundsatz der Äquivalenz von Beitragsleistung und Versicherungsleistung, sodass auch in Kauf genommen werden muss, dass es in manchen Fällen trotz Leistung von Pflichtbeiträgen zu keiner Versicherungsleistung kommt (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 15.859/2000, mwN).
Nun ist zwar einzuräumen, dass der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall zur Entrichtung der gegenständlichen Beiträge nicht bereits kraft Gesetzes verpflichtet gewesen ist. Dennoch führt dies nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes zu keinen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die bestehende Rechtslage:
§ 227 Abs. 4 letzter Satz ASVG sieht bezüglich Ersatzzeiten nach dem 31. Dezember 1955 vor, dass die dem eingezahlten Betrag entsprechenden Versicherungszeiten mit seinem Einlangen beim Versicherungsträger anspruchs- bzw. leistungswirksam werden.
Geht man davon aus, dass es im System der Sozialversicherung Fälle gibt, in denen Pflichtbeiträge geleistet werden, aber keine Leistungen empfangen werden, dann ist auch eine Regelung verfassungsrechtlich nicht bedenklich, nach der freiwillige Beiträge, die mit ihrem Einlangen beim Versicherungsträger anspruchs- bzw. leistungswirksam werden, danach nicht mehr zurückgefordert werden können. Dass die Anspruchs- bzw. Leistungswirksamkeit im Einzelfall nicht schlagend wird, kann angesichts des Fehlens eines zwingenden Äquivalenzgebotes im Sozialversicherungsrecht nicht zur Verfassungswidrigkeit der Regelung führen. Hinzu kommt, dass die Grundlage, auf welcher der Entschluss des Beschwerdeführers, vom Einkauf Gebrauch zu machen, beruhte, nicht nur notwendigerweise beträchtliche Unsicherheitsmomente die Rechtslage zum Stichtag betreffend enthielt, sondern dass die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten den Beschwerdeführer darauf auch ausdrücklich aufmerksam gemacht hat.
Im Übrigen ist das sozialversicherungsrechtliche Rechtsverhältnis, wie bereits dargelegt, gesetzlich geregelt und von Ausnahmen abgesehen nicht disponibel. Im Interesse der Versichertengemeinschaft ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, auf die Motive für die Entrichtung von freiwilligen Beiträgen (vgl. für die freiwillige Weiterversicherung z.B. das hg. Erkenntnis vom 21. November 2001, Zl. 97/08/0413) mit der Wirkung abzustellen, dass dann, wenn kein Versicherungsfall eintritt, der zu Leistungen führt, für deren Höhe die Beiträge von Relevanz wären, die Beiträge wieder zurückgefordert werden können, nur weil sie sich auf die Höhe einer Leistung bei Eintritt eines anderen Versicherungsfalles nicht oder nicht mehr oder nicht im erwarteten Ausmaß auswirken können. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass der Versicherungsträger auch im vorliegenden Fall hinsichtlich jener Versicherungsfälle, die hätten schlagend werden können, das volle Versicherungsrisiko getragen hat.
Die Beschwerde vermag daher nicht, den Verwaltungsgerichtshof zu einer Änderung seiner Auffassung, die in den in der Beschwerde zitierten Erkenntnissen zum Ausdruck kommt, zu veranlassen, weshalb sie insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Aus diesem Grund konnte auch von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 5. November 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002080002.X00Im RIS seit
28.11.2003