Index
24/01 Strafgesetzbuch;Norm
StGB §33;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde des E in T, vertreten durch Dr. Franz Müller, Rechtsanwalt in 3470 Kirchberg am Wagram, Georg Ruck-Straße 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 2. Mai 2003, Zl. Senat-TU-02-0013, betreffend Übertretung des Wasserrechtsgesetzes 1959 (weitere Partei: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft T (BH) vom 15. Jänner 2002 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der T-GesmbH, diese als Komplementärin der H und Co. KG (KG), somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ gemäß § 9 VStG, zu verantworten, dass durch die KG ohne Einholung einer wasserrechtlichen Bewilligung gemäß § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 im nachfolgenden Ausmaß auf den Grundstücken Nr. 6/1 und 686, je KG T, eine Nassbaggerung betrieben worden sei:
"300 m östlich des Weges mit der Grundstücksnummer 3981, gemessen entlang des Weges mit der Grundstücksnummer 3982 (diese Entfernung wurde mittels optischer Distanzmessung, d.h., mittels eines elektronischen, auf Laserbasis funktionierenden Entfernungsmessgerätes ermittelt), wurde auf einer Breite von 60 m in Richtung Osten, über die gesamte Grundstücksausdehnung in Nord-Süd-Richtung (über die Grundstücke 6/1 und 866) auf 50 m verjüngend, bis zum öffentlichen Güterweg, welcher die nördlichste Ausdehnung des Grundstückes Nr. 6/1 begrenzt, der Humus abgeschoben und in Form einer Wallschüttung entlang des östlichen Grubenrandes zwischengelagert. Ausgenommen im Bereich der südlichen Zufahrtsrampe auf einer Länge von ca. 30 m und im Bereich der nördlichen Zufahrtsrampe, auf einer Länge von ca. 60 m, wurde der anstehende sandige Zwischenboden abtransportiert und mit Masse beim Ausbau der B 304 bzw. des Hochwasserschutzdammes "nördliches Tullnerfeld" eingebaut.
Danach wurde im Anschluss an die nördliche Zufahrtsrampe auf einer Länge von ca. 200 m Richtung Süden und einer Breite von ca. 25 m der nunmehr freigelegte Schotterboden bis in eine Tiefe von ca. 184,5 m ü.A. (diese Tiefenermittlung erfolgte durch Ablotung mittels Maßband von im Osten angrenzendem unveränderten Niveau) entnommen. Des Weiteren wurde unmittelbar südlich daran angrenzend auf einer Länge von ca. 220 m und einer Breite von durchschnittlich 45 m wiederum bis in eine Tiefe von 184,5 m ü.A. Schottermaterial entnommen. In Teilbereichen konnten Tiefen bis zu 183,5 bzw. 183,0 m ü.A. festgestellt werden. Der Grundwasserhöchststand (HHGW) befindet sich bei 184,5 m ü.A.".
Wegen Übertretung des § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 in Verbindung mit § 137 Abs. 2 Z. 5 WRG 1959 wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 5.000,-- bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von zwei Wochen verhängt; Kosten in der Höhe von EUR 500,-- wurden dem Beschwerdeführer vorgeschrieben.
Aus der Begründung des Straferkenntnisses geht hervor, der Wassergenossenschaft T (WG) sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (LH) vom 24. Juni 1999 die wasserrechtliche Bewilligung für die Folgenutzung einer bestehenden Nassbaggerung auf den Grundstücken Nr. 6/1 und 886 als nicht öffentlicher Badeteich erteilt worden. Die auf den genannten Grundstücken vorgenommenen Abbaumaßnahmen bis HGW und teilweise auch darunter seien gemäß § 32 WRG 1959 bewilligungspflichtig; diese Bewilligung liege jedoch nicht vor und sei auch nicht beantragt worden. Die Maßnahmen fänden auch in der bestehenden Bewilligung vom 24. Juni 1999 keine Deckung. Die Errichtung einer konsenslosen Nassbaggerung stelle eine Verwaltungsübertretung dar. Ergänzend wies die BH darauf hin, dass der KG mit Bescheid des LH vom 18. September 2001 gemäß § 138 WRG 1959 aufgetragen worden sei, die konsenslose Nassbaggerung und die teilweise Wiederaufhöhung zu beseitigen.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er sich vor allem darauf stützte, dass dem Bescheid des LH vom 24. Juni 1999 kein Lageplan beigeschlossen gewesen und diesem daher auch keine "flächenmäßig begrenzte Wirkung" zu entnehmen sei. Ein Hinausgreifen von Materialentnahmemaßnahmen über das bewilligte Projekt hinaus sei naturgemäß schon deshalb nicht möglich, weil die wasserrechtliche Bewilligung vom 24. Juni 1999 für die Folgenutzung eben keine flächenmäßige Eingrenzung enthalte. Es liege daher auch keine konsenslose Nassbaggerung vor. Zudem sei es unzulässig, wenn die Strafbehörde erster Instanz Sachverhaltsfeststellungen übernehme, welche dem Bescheid des LH vom 18. September 2001 zu Grunde lägen.
Zudem übersehe die Strafbehörde erster Instanz, dass im zitierten Wasserrechtsverfahren die Behörde einzig und alleine deshalb zum Ergebnis des Vorliegens einer Nassbaggerung gelangt sei, weil die gegenständlichen Grundstücke innerhalb des Schutzbereiches der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Erlassung einer wasserwirtschaftlichen Rahmenverfügung zum Schutz des Grundwasservorkommens für Zwecke der Trinkwasserversorgung im Tullnerfeld, BGBl. II Nr. 265/2001, gelegen seien. Der Tatzeitpunkt (der 16. Juli 2001) liege aber vor dem Zeitpunkt der Erlassung der am 3. August 2001 ausgegebenen Verordnung. Auch aus diesem Grunde und wegen des Rückwirkungsverbotes hätte die Strafbehörde erster Instanz nicht zulässigerweise vom Vorliegen einer Nassbaggerung ausgehen dürfen.
Die belangte Behörde führte über diese Berufung am 9. April 2003 eine mündliche Verhandlung durch, in deren Rahmen sie neben dem Beschwerdeführer auch die Amtssachverständige für Deponietechnik und Gewässerschutz beim Amt der NÖ Landesregierung (zuständig für die Verwaltungsbezirke Tulln und Krems), Frau Dipl.Ing. E., sowie ein Organ der technischen Gewässeraufsicht für den Verwaltungsbezirk Tulln, Herrn S., einvernahm. Aus der Zeugenaussage der Amtssachverständigen geht hervor, dass sie im Jahre 2001 vom Materialabbau auf den erwähnten Grundstücken verständigt worden sei und aus diesem Grund eine Überprüfung durch die örtliche technische Gewässeraufsicht veranlasst habe. Deshalb sei eine Vermessung und in weiterer Folge eine wasserrechtliche Verhandlung durchgeführt worden. Letztlich sei ein gewässerpolizeilicher Auftrag erlassen worden, das diesbezügliche Verfahren befinde sich im Berufungsstadium. Die erwähnte Vermessung sei vom Amt der NÖ Landesregierung (Vermessungsabteilung) durchgeführt worden und habe ergeben, dass das gesamte östliche Ufer etwa 1 m unter HGW gelegen sei, weiters sei das Niveau im südöstlichen Uferbereich 1,5 m unter HGW gelegen. Der Bereich mit 1 m unter HGW habe eine Fläche von 12.000 m2, jene mit 1,5 m unter HGW eine Fläche von 1.200 m2 umfasst. Die Vermessung sei am 8. August 2001 durchgeführt worden.
Aus der Zeugenaussage des Herrn S. ergibt sich, dass dieser bei der Überprüfung vom 16. Juli 2001 eine intensive Abbautätigkeit festgestellt habe; hinsichtlich des Ausmaßes der Abbautätigkeit habe er dies in seinem schriftlichen Bericht vom 19. Juli 2001 über das Ergebnis des Ortsaugenscheines festgehalten. Die Entfernungen seien mit einem Entfernungsmessgerät ermittelt, die Abbautiefe (gemessen ab Geländeoberkante außerhalb des Abbaubereiches) sei mit einem Maßband ermittelt worden. Überdies gebe es einen Vermessungsplan der Abteilung BD 5 des Amtes der NÖ Landesregierung vom 21. August 2001, der die ermittelten Werte auf den Zentimeterbereich genau bestätige.
In dieser mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde gab die Amtssachverständige für Gewässerschutz schließlich ein Gutachten dahingehend ab, dass im Zuge des Wasserrechtsverfahrens im Jahre 2001 von ihr festgestellt worden sei, dass aus Sachverständigensicht im Ostuferbereich Abgrabungsarbeiten bis tief in den Schwankungsbereich durchgeführt und größere Materialmengen auch abtransportiert worden seien. Die vorgefundenen Geländegestaltungen seien als Gewinnungsmaßnahmen zu sehen und nicht als Umlagerungs- und Planierungsmaßnahmen. Die Abgrabungsmaßnahmen im Jahre 2001 seien laut durchgeführter Vermessung der Abteilung BD 5 bis zur Kote rund 183 m ü.A. durchgeführt worden. Der HGW werde im gegenständlichen Bereich mit 184,5 m ü.A. angegeben und sei im gesamten Abbaubereich gleich. Die Abbautiefe schwanke zwischen den erwähnten 183 m ü.A. bis 184,6 m ü.A., d.h. bis zum HGW. Die Schutzschichte, die über dem HGW liegen sollte, sei zur Gänze entfernt worden. Der getätigte Abbau befinde sich im Bereich der "Rahmenverfügung Tullnerfeld", in welchem als Abbaukote für Trockenbaggerungen die Kote 2 m über HGW gesetzlich festgesetzt sei. Abbausohlen im Bereich des Schwankungsbereiches seien aus technischer Sicht nicht zulässig, weil durch die wechselnde Höhenlage des Grundwasserspiegels Lösungserscheinungen und Einträge von Stoffen aus der obersten Bodenschichte bzw. aus unmittelbaren Einträgen aus der Nachbarschaft erfolgen könnten. Eine direkte Grundwasserbeeinträchtigung sei durch diese Lösungsvorgänge bzw. durch die fehlende Pufferschichte über dem Grundwasser "nicht auszuschließen bzw. zu erwarten". Die Beeinträchtigung beziehe sich sowohl auf den physikalischen, chemischen als auch den biologischen Bereich des Grundwassers. Die Nutzungsmöglichkeit des Grundwassers sei im unmittelbaren Abstrombereich sicher beeinträchtigt. Die angesprochene Rahmenverfügung stamme vom 3. August 2001; es bestehe aber kein Unterschied im Gefährdungsausmaß, ob im Grundwasserschwankungsbereich eine Gewinnung von Materialien oder eine Umlagerung erfolge.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben. Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG wurde dem Beschwerdeführer als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zusätzlich der Betrag von EUR 1.000,-- vorgeschrieben.
Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Ablaufes der mündlichen Verhandlung vom 9. April 2003 hervor, zum angelasteten Tatzeitpunkt (16. Juli 2001) sei die KG Alleineigentümerin der Grundstücke 6/1 und 886 gewesen. Der Beschwerdeführer sei damals wie heute handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser Gesellschaft (gewesen). Am 16. Juli 2001 sei auf den verfahrensgegenständlichen Grundstücken bis in eine Tiefe von 184,5 m ü.A. Material entnommen worden; in Teilbereichen hätten Tiefen bis 183,5 m bzw. 183,0 m ü.A. festgestellt werden können. Die genaue Ermittlung der Messergebnisse sei in der Form erfolgt, dass zunächst mit einem Lot der Abstand zwischen der ehemals bestehenden Grundstücksoberkante und der später vorgefundenen Abbausohle ausgemessen worden sei. Diese Messungen seien an mehreren Stellen durchgeführt worden; die einzelnen Messstellen seien in weiterer Folge auch im Verhältnis zueinander optisch betrachtet und überdies die Messergebnisse einem mathematischen Mittelwert unterzogen worden. Überdies gebe es einen Vermessungsplan der Abteilung BD 5 des Amtes der NÖ Landesregierung vom 21. August 2001, der die von der Gewässeraufsicht ermittelten Werte hinsichtlich ihrer Genauigkeit auf den Zentimeterbereich bestätige. In weiterer Folge sei nach der Materialentnahme die ursprünglich abgeschobene Bodenschicht wieder aufgebracht worden, sodass das endgültige Geländeniveau gegenüber dem ursprünglichen Niveau durchschnittlich 1,8 m tiefer liege. Die Vermessung habe auch ergeben, dass durch die Niveauabsenkung der gesamte östliche Uferbereich etwa 1 m unter HGW gelegen sei, im südöstlichen Uferbereich habe der Wert sogar 1,5 m unter HGW betragen. Der Bereich von 1 m unter HGW habe eine Fläche von rund 12.000 m2 umfasst, der Bereich mit 1,5 m unter HGW etwa 1.200 m2; diese Vermessung sei am 8. August 2001 durchgeführt worden. Der HGW liege im verfahrensgegenständlichen Bereich bei 184,5 m ü.A.
Der durchgeführte Materialabbau und die damit verbundene dauernde Geländeabsenkung von durchschnittlich 1,8 m stellten keine Umlagerungs- bzw. Planiermaßnahmen im Sinne der Auflage 2 des Bescheides des LH vom 24. Juni 1999 dar. Durch den Materialabbau unter HGW sei durch die wechselnde Höhenlage des Grundwasserspiegels mit Lösungserscheinungen und Einträgen von Stoffen aus der obersten Bodenschicht bzw. mit unmittelbaren Einträgen aus der Nachbarschaft (Landwirtschaft) zu rechnen. Diese Beeinträchtigung beziehe sich sowohl auf den physikalischen, chemischen als auch den biologischen Bereich des Grundwassers und beeinträchtige die Nutzungsmöglichkeit des Grundwassers im unmittelbaren Abstrombereich mit Sicherheit. Der Materialabbau und die damit verbundene Geländeabsenkung seien von der KG in Auftrag gegeben worden, die reale Durchführung sei durch die H. GesmbH erfolgt.
Dieser Sachverhalt stütze sich nach den Ausführungen der belangten Behörde auf die unbestrittenen Eigentumsverhältnisse und die unbestrittene Darstellung der gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen und Funktionen des Beschwerdeführers. Bezüglich des Ausmaßes der Materialentnahme stützte sich die Beweiswürdigung der belangten Behörde auf die zeugenschaftliche Aussage des Organes der technischen Gewässeraufsicht, von welchem eine Vermessung vor Ort durchgeführt worden war, deren Richtigkeit durch eine weitere Vermessung bestätigt wurde. Hinsichtlich des Verhältnisses zum HGW sowie der Auswirkungen auf das Grundwasser folge die belangte Behörde den in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen der Amtssachverständigen.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 32 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c WRG 1959 aus, im gegenständlichen Fall sei auf einer Fläche von über 13.000 m2 ein Materialabbau unterhalb des HGW vorgenommen und auf diesem Niveau auch so belassen worden. Es bestehe für die Berufungsbehörde unter Berücksichtigung des Gutachtens der Amtssachverständigen nicht der geringste Zweifel, dass im gegenständlichen Fall Einwirkungen im Sinne des § 32 WRG 1959 vorlägen, die den Grad der Geringfügigkeit überschritten und somit die Bewilligungspflicht nach der genannten Bestimmung begründeten. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er sich auf den Bewilligungsbescheid des LH vom 24. Juni 1999 stütze, sei verfehlt, weil mit dem erwähnten Bescheid die wasserrechtliche Bewilligung für die Folgenutzung des bestehenden Nassbaggerungsteiches als nicht öffentlicher Badeteich der WG und nicht der KG erteilt worden sei. Da die gegenständlichen Maßnahmen aber unbestrittener Weise der letztgenannten KG zuzurechnen seien, hätte diese eine entsprechende wasserrechtliche Bewilligung benötigt. Daran könne auch der Umstand nichts ändern, dass die KG Mitglied der WG sei.
Selbst unter der theoretischen Annahme, dass die erwähnte wasserrechtliche Bewilligung auch der KG zugute käme, wäre für den Beschwerdeführer nichts gewonnen. Dem Bewilligungsbescheid sowie dem Gutachten der Amtssachverständigen sei unzweifelhaft zu entnehmen, dass die im gegenständlichen Strafverfahren angelasteten Verhaltensweisen nichts mit der projektsgemäßen Ausführung zu tun gehabt hätten. Der erwähnte Bewilligungsbescheid lege in seinem Auflagepunkt 2 fest, dass bei der Anlage der Bauparzellen Baumaßnahmen innerhalb des Grundwasserschwankungsbereiches untersagt seien, ausgenommen davon seien lediglich Umlagerungsmaßnahmen zur Herstellung der Seeparzellen und der Uferbereiche. Dass ein Materialabbau im Durchschnitt von 1,8 m über eine Fläche von über 13.000 m2 wohl keine "Umlagerungsmaßnahme" darstelle, liege auf der Hand und werde auch durch das Gutachten gestützt. Dies noch dazu bis 1,5 m unter HGW.
Zusammenfassend sei daher festzustellen, dass für die angelastete Maßnahme, die eine mehr als geringfügige Einwirkung auf Gewässer darstelle, die hiefür erforderliche wasserrechtliche Bewilligung im angelasteten Tatzeitraum nicht vorgelegen sei.
Im Übrigen habe der Beschwerdeführer am Schluss der Berufungsverhandlung ausdrücklich zugegeben, bei Bekanntwerden der zu tiefen Abbaggerung sofort den Auftrag zur Einstellung der weiteren Abbaumaßnahmen und zur Ausführung gegeben zu haben. Der objektive Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung sei damit gegeben.
In subjektiver Hinsicht (Verschulden) habe der Beschwerdeführer keine Umstände vorbringen können, die eine Exkulpierung im Sinne des § 5 VStG bewirkten. Selbst für den Fall, dass die Materialentnahme nicht auf Vorsatz beruht habe, sei zumindest von grober Fahrlässigkeit auszugehen. Auf einer Fläche von mehr als 13.000 m2 einen Abbau um durchschnittlich 1,8 m in unzulässiger Weise vorzunehmen, bedeute eine extreme Vernachlässigung der Aufsichtspflicht.
Nach Darstellung des Inhaltes des § 19 Abs. 1 und 2 VStG vertrat die belangte Behörde hinsichtlich des Ausmaßes der mit der Tat verbundenen Schädigung der gesetzlich geschützten Interessen die Ansicht, dass diese Schädigung als erheblich einzustufen sei. Die dauernde Geländeabsenkung unter HGW auf einer Fläche von über 13.000 m2 lasse unter Berücksichtigung der dadurch bewirkten Beeinträchtigung des Grundwassers keinen anderen Schluss zu. Sonstige nachteilige Folgen der Tat seien laut Aktenlage nicht gegeben. Mildernd sei kein Umstand zu werten gewesen, erschwerend das erhebliche Ausmaß der konsenslosen Materialentnahme. Das Verschuldensausmaß sei selbst bei Annahme von Fahrlässigkeit als erheblich einzustufen (grobe Fahrlässigkeit). Der Beschwerdeführer beziehe nach eigenen Angaben eine monatliche Nettopension von EUR 650,--, besitze kein Vermögen und sei nicht sorgepflichtig. Verbindlichkeiten bestünden nach eigenen Angaben in der Höhe von EUR 12,5 Millionen.
Unter Berücksichtigung sämtlicher Strafzumessungsgründe gelange die belangte Behörde zur Ansicht, dass die von der Erstbehörde festgelegte Strafe nicht überhöht sei. In diesem Zusammenhang sei es auch nicht unzulässig, die durch die rechtswidrige Handlung erzielten Vorteile zu berücksichtigen. Bewerte man beispielsweise jeden Kubikmeter des rechtswidrig entnommenen Materials lediglich mit einem unrealistisch tief gegriffenen Wert von EUR 1,--, so betrage die Vorteilsziehung bei der angegebenen Fläche und der durchschnittlichen Abbautiefe von 1,8 m bereits ein Vielfaches der verhängten Strafe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unter dem Aspekt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften legt der Beschwerdeführer das Hauptgewicht seiner Ausführungen auf widersprüchliche Feststellungen, die seiner Ansicht nach von der belangten Behörde hinsichtlich der Abbautiefen und -flächen getroffen worden seien. Weder die diesbezüglichen Ausführungen der Amtssachverständigen seien schlüssig und widerspruchsfrei noch seien die auf den Umfang der Materialentnahme abstellenden Erwägungen zur Strafbemessung rechtmäßig.
Der Beschwerdeführer vermeint einen Widerspruch hinsichtlich des Ausmaßes der Tiefergrabung zwischen den Feststellungen des Bescheides der BH und denjenigen der belangten Behörde zu erblicken. Dieser Begründungsmangel kann vom Verwaltungsgerichtshof aber in dieser Form nicht nachvollzogen werden.
Hinsichtlich der Situierung der ohne Bewilligung erfolgten Materialentnahme am Ostufer formulierte die BH im Bescheid erster Instanz dahin gehend, dass "im Anschluss an die nördliche Zufahrtsrampe auf einer Länge von ca. 200 m Richtung Süden und eine Breite von ca. 25 m sowie unmittelbar südlich daran angrenzend auf einer Länge von 220 m und einer Breite von durchschnittlich 45 m wiederum bis in eine Tiefe von 184,5 m ü.A, Schottermaterial entnommen wurde." Vorgeworfen wurde somit eine Schotterentnahme jedenfalls bis zum HGW auf einer näher umschriebenen Fläche von ca. 15.000 m2.
Schon die BH wies aber ausdrücklich darauf hin, dass "in Teilbereichen" darüber hinausgehende Tiefen gemessen worden seien; diese Teilbereiche wurden auf Basis weiterer Vermessungen - jeweils als mathematisches Mittel genau festgestellter Höhenkoten - dann in zwei Abschnitte aufgegliedert, nämlich in einen Bereich von 12.000 m2 mit durchschnittlicher Tiefe bis zu 1 m unter HGW und in einen Bereich von 1.200 m2 mit durchschnittlicher Tiefe bis zu 1,5 m unter HGW.
Nach der Schotterentnahme wurde das vorher abgehobene Bodenmaterial wieder aufgebracht; im Durchschnitt lag die Differenz zwischen der Abbautiefe und der Geländeoberkante bei 1,8 m.
Ein unauflösbarer Widerspruch zwischen den Angaben der Behörde erster Instanz und denjenigen der belangten Behörde geht aus dem angefochtenen Bescheid aber nicht hervor. Die tiefer gegrabenen Teilbereiche wurden später flächenmäßig genau dargestellt, das Bestehen solcher Teilbereiche mit Abgrabungen unter HGW war dem Beschwerdeführer aber schon im Verfahren der BH vorgeworfen worden und hatte Eingang in den den Tatvorwurf beinhaltenden Spruch des Bescheides der BH gefunden.
Auch die vom Beschwerdeführer vorgeworfene Aktenwidrigkeit oder Unschlüssigkeit des Gutachtens der Amtssachverständigen ist daher nicht zu erblicken.
Fest steht, dass in den genannten Bereichen bis HGW, in weiten Teilen sogar darunter Schotter entnommen wurde. Dieser Umstand wurde vom Beschwerdeführer im Verfahren auch nicht bestritten. Die Notwendigkeit der Einholung einer wasserrechtlichen Bewilligung für diese Maßnahme versucht der Beschwerdeführer nun mit dem Argument in Abrede zu stellen, dass die Sachverständige den Eintritt von nachteiligen Auswirkungen auf das Grundwasser in unschlüssiger Weise dargelegt habe. Schließlich sei auch in verfehlter Weise auf die Rahmenverfügung Tullnerfeld vom 3. August 2001 Bezug genommen worden, weil diese am 16. Juli 2001 noch nicht in Geltung gestanden sei. Die belangte Behörde habe auch nicht berücksichtigt, dass nach den Angaben der Sachverständigen keine Unterschiede im Gefährdungsausmaß bestünden, ob nun im Grundwasserschwankungsbereich eine Gewinnung von Materialien oder aber eine Umlagerung erfolge. Diese Umlagerung sei aber im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 24. Juni 1999 ausdrücklich bewilligt worden, demnach hätte die Wasserrechtsbehörde Maßnahmen bewilligt, die eine Gefährdung des Grundwassers mit sich brächten. Auch aus diesem Grund seien die Ausführungen der Sachverständigen nicht schlüssig und die Ansicht, eine Grundwasserbeeinträchtigung sei nicht auszuschließen, stelle eine bloße Annahme ohne tatsächliches Substrat dar.
Diesem Vorbringen ist Folgendes zu entgegnen:
Nach § 32 Abs. 1 WRG 1959 sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 2) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.
Nach § 137 Abs. 2 Z. 5 WRG 1959 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 142/2000) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu EUR 14 530,-- , im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 4 Wochen zu bestrafen, wer ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen eine gemäß § 32 bewilligungspflichtige Einwirkung auf Gewässer oder eine gemäß § 32b bewilligungspflichtige indirekte Einleitung vornimmt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt eine Bewilligungspflicht im Sinne des § 32 WRG 1959 eine Einwirkung auf Gewässer voraus, die geeignet ist, deren Beschaffenheit unmittelbar oder mittelbar zu beeinträchtigen. Der Eintritt einer Gewässerverunreinigung ist nicht Tatbestandsvoraussetzung für die Anwendung des § 32 WRG 1959. Sinn und Zweck dieser Gesetzesstelle ist es, Gewässerverunreinigungen und damit auch der Gefahr ihres Eintrittes vorzubeugen. Die Bewilligungspflicht nach § 32 WRG 1959 ist bereits dann gegeben, wenn nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/07/0153, und zuletzt vom 16. Oktober 2003, Zl. 2002/07/0169).
Vom Beschwerdeführer wird nicht bestritten, dass bis HGW und auch im (darunter liegenden) Grundwasserschwankungsbereich Material entnommen wurde. Das allein genügt aber im vorliegenden Fall schon für die Annahme der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht; auf eine eingetretene Grundwasserfreilegung, auf das Ausmaß der Materialentnahme im Schwankungsbereich oder darauf, ob verschiedene Maßnahmen, wie z.B. eine Umlagerung dieser Materialien, allenfalls nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig wären, kommt es dabei nicht entscheidend an.
Im vorliegenden Fall wurde Material aus dem Grundwasserschwankungsbereich entnommen; dass das Grundwasser durch die damit einher gegangene Beseitigung der schützenden Bodenschicht der Gefahr einer Verunreinigung durch den Eintrag von Schadstoffen aus der Luft, aber auch durch den Abbauprozess selbst ausgesetzt wird, liegt auf der Hand. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung wiederholt eine Bewilligungspflicht für Baggerungen im Grundwasserschwankungsbereich angenommen (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Erkenntnisse vom 20. Februar 1997, Zl. 96/07/0130, und vom 24. April 2003, Zl. 2003/07/0051).
Für die Frage der Bewilligungspflicht kommt es auch nicht auf die - von der belangten Behörde auch gar nicht herangezogene - Rahmenverfügung zum Schutze des Trinkwasservorkommens für Zwecke der Trinkwasserversorgung im Tullnerfeld (BGBl. II Nr. 265/2001) an, weil sich die wasserrechtliche Bewilligungspflicht für diese Maßnahmen bereits aus den genannten Bestimmungen des WRG 1959 selbst und nicht erst aus der Rahmenverfügung ergibt. Auf eine angebliche Deckung der verfahrensgegenständlichen Maßnahme durch den Bescheid des LH vom 24. Juni 1999 kommt der Beschwerdeführer schließlich vor dem Verwaltungsgerichtshof gar nicht mehr zurück.
Für die vorliegende Materialentnahme hätte es daher einer wasserrechtlichen Bewilligung bedurft, über die der Beschwerdeführer nicht verfügte. Damit verwirklichte der Beschwerdeführer (als unbestritten zur Vertretung nach außen berufenes Organ nach § 9 VStG) aber den Straftatbestand des § 137 Abs. 2 Z. 5 WRG 1959.
Unter dem Aspekt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes macht der Beschwerdeführer zur Strafbemessung geltend, die belangte Behörde habe "indirekt" auch die Bestimmung des § 20 StGB (Abschöpfung der Bereicherung) bei der Strafzumessung herangezogen; derartige Überlegungen seien aber dem § 19 VStG nicht einmal ansatzweise zu entnehmen (vgl. VwSlg. 12.585A/1985).
Die vom Beschwerdeführer angesprochene Überlegung der belangten Behörde im Rahmen der Strafzumessung nimmt keinen wesentlichen Stellenwert in der diesbezüglichen Begründung des angefochtenen Bescheides ein. Die belangte Behörde hat nämlich - wie schon die Behörde erster Instanz - als entscheidenden Punkt für die Bemessung der Höhe der Strafe das erhebliche Ausmaß der konsenslosen Materialentnahme (dauernde Geländeabsenkung auf einer Fläche von über 13.000 m2 unter HGW) und die damit gegebene Gefährdung des Grundwassers in einem großen Areal herangezogen. Angesichts des entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht vorliegenden Begründungsmangels über das Ausmaß der Materialentnahme erübrigt sich im Übrigen ein Eingehen auf die Ausführungen in der Beschwerde, die aus diesem Begründungsmangel auch einen Mangel im Hinblick auf die Strafzumessung ableiten wollen.
Dieses Argument trägt aber bereits alleine die Höhe der verhängten Strafe, die im Übrigen nur in etwa ein Drittel des gesetzlichen Strafrahmens ausmacht, sodass die Heranziehung des zusätzlich genannten Aspektes des erzielten Vorteiles gar nicht notwendig gewesen wäre, um die Höhe der von der Behörde erster Instanz verhängten Strafe zu bestätigen.
Dennoch wäre auch dies - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht unzulässig. Die Behörde ist nicht gehindert, auch einen nicht in § 33 StGB, auf welchen § 19 VStG verweist, genannten Umstand als erschwerenden Grund zu werten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Juli 1985, Zl. 85/07/0153). Gerade in dem vom Beschwerdeführer genannten Erkenntnis vom 10. Dezember 1987, Zl. 87/09/0217, VwSlg 12.585/A, hat der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht, dass die Höhe des durch eine pönalisierte Betätigung geschöpften Gewinns im Rahmen des § 19 VStG berücksichtigt werden dürfte. Eine darüber hinausgehende Berücksichtigung und für die Strafbemessung primär bestimmende Wirkung der Bereicherung, etwa durch Verhängung einer diesen erzielten Gewinn übersteigenden Strafe, wäre hingegen nur durch eine diesem Gedanken Rechnung tragende Gesetzesänderung möglich.
Vorliegendenfalls wurde die Höhe der Bereicherung von der belangten Behörde zulässigerweise im Rahmen der Strafbemessung des § 19 VStG erwähnt. Auch darin liegt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.
Der Beschwerde ist es daher nicht gelungen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 6. November 2003
Schlagworte
Erschwerende und mildernde Umstände Erschwerende und mildernde Umstände Allgemein Geldstrafe und ArreststrafeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003070065.X00Im RIS seit
04.12.2003