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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AsylG 1997 §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Enzenhofer, Dr. Strohmayer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des G, (geboren 1972), und des J, (geboren 1995), in Linz, beide vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 17. Dezember 2002, Zl. St 47/01, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 17. Dezember 2002 wurden die Beschwerdeführer, Staatsangehörige von Angola, gemäß § 33 Abs. 1 und §§ 31, 37 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus Österreich ausgewiesen.
Der Erstbeschwerdeführer und dessen Sohn, der Zweitbeschwerdeführer, seien mit Hilfe eines Schleppers unter Umgehung der Grenzkontrolle per Flugzeug über den Flughafen Wien/Schwechat am 5. November 1999 nach Österreich eingereist. Sie hätten am 8. November 1999 beim Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, einen Asylantrag gestellt, der von diesem mit Bescheid vom 27. Jänner 2000 abgewiesen worden sei. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführer nach Angola sei gemäß § 8 des Asylgesetzes für zulässig erklärt worden. Die gegen diesen Bescheid von den Beschwerdeführern eingebrachten Berufungen seien abgewiesen worden, betreffend den Erstbeschwerdeführer mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 3. Mai 2000, hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers mit Bescheid derselben Behörde vom 2. Mai 2000. Das Asylverfahren sei seit 5. Mai 2000 rechtskräftig negativ abgeschlossen. Die "gegen den Asylbescheid" gerichteten Beschwerden der Beschwerdeführer an den Verwaltungsgerichtshof seien mit Erkenntnis vom 11. Oktober 2000 als unbegründet abgewiesen worden (nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten wurde vom Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers als unbegründet abgewiesen, die Behandlung der Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers aber abgelehnt).
In der Berufung vom 15. März 2001 gegen den erstinstanzlichen Bescheid sei ausgeführt worden, die Erstbehörde wäre zu Recht davon ausgegangen, dass das Asylverfahren seit 5. Mai 2000 rechtskräftig negativ abgeschlossen wäre. Auch wäre die Behandlung der Beschwerden "vom Verwaltungsgerichtshof abgelehnt" worden. Die Beschwerdeführer wären im Rahmen des Wohnprojektes der oberösterreichischen Volkshilfe untergebracht. Der Sohn des Erstbeschwerdeführers würde seit Juni 2000 den "'Mosaik'- Kindergarten" der Linzer Volkshilfe besuchen. Es sei darum ersucht worden, mit der Ausweisung noch zuzuwarten, zumal von Seiten der Volkshilfe beabsichtigt wäre, die Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis zu erwirken, gleichzeitig sei auf die Ermessensbestimmung des § 33 Abs. 1 FrG hingewiesen worden. In der niederschriftlichen Einvernahme am 4. September 2002 hätte der Erstbeschwerdeführer ausgeführt, dass er seit etwa vier Monaten bei der Kronenzeitung als Zeitungsausträger arbeiten würde. Seine Freundin würde als Reinigungskraft arbeiten. Die beiden Beschwerdeführer hielten sich seit dem 5. Mai 2000 - somit seit mehr als zwei Jahren - insofern rechtswidrig im Bundesgebiet auf, als ihnen seit diesem Zeitpunkt weder ein Einreisetitel noch ein Aufenthaltstitel erteilt worden sei. Anhaltspunkte dafür, dass ihnen eine Aufenthaltsberechtigung auf Grund einer anderen gesetzlichen Bestimmung zukomme, fänden sich keine im Verwaltungsakt und seien von ihnen auch nicht geltend gemacht worden. Insbesondere sei den Beschwerdeführern bis dato keine humanitäre Aufenthaltserlaubnis erteilt worden; weiters sei dem Wiederaufnahmeantrag der Beschwerdeführer betreffend ihre Asylverfahren bis dato vom unabhängigen Bundesasylsenat nicht entsprochen worden.
Die Beschwerdeführer hielten sich seit etwa drei Jahren im Bundesgebiet auf. Möge auch infolge des Umstandes, dass der Erstbeschwerdeführer zwischenzeitig in Österreich auch in das Erwerbsleben eingestiegen sei, durch die Ausweisung zumindest in dessen Privatleben eingegriffen werden, so sei sein Aufenthalt sowie der seines Sohnes in Österreich zu kurz "(und weitgehend illegal)", um von "einer stärkeren Verwurzelung mit dem Bundesgebiet der Republik Österreich" ausgehen zu können. Der Erstbeschwerdeführer und sein Sohn hielten sich - wie erwähnt - seit dem 5. Mai 2000, also seit mehr als zwei Jahren, illegal in Österreich auf. Die Übertretung fremdenpolizeilicher Vorschriften stelle einen gravierenden Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung dar. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Beachtung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu. Die öffentliche Ordnung werde schwerwiegend beeinträchtigt, wenn sich einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, unerlaubt nach Österreich begeben würden, um damit die österreichischen Behörden "vor vollendete Tatsachen zu stellen". Ebenso, wenn Fremde nach Abschluss eines Asylverfahrens das Bundesgebiet nicht rechtzeitig verlassen würden. Die Ausweisung sei in solchen Fällen erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte. Vor dem Hintergrund dieser Tatsache habe auch von der Ermessensbestimmung des § 33 Abs. 1 FrG Gebrauch gemacht werden müssen.
Von der Aufnahme weiterer Beweise sei insofern Abstand genommen worden, als der entscheidungsrelevante Sachverhalt ausreichend ermittelt gewesen sei. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 12. August 2000 sei den Beschwerdeführern mitgeteilt worden, dass bei der derzeitigen Aktenlage nicht ersichtlich wäre, weshalb mit der Entscheidung über die im Ausweisungsverfahren eingebrachten Berufungen noch zugewartet werden sollte. Der Erstbeschwerdeführer habe zwar mit Schreiben vom 24. September 2002 auf dieses Schreiben geantwortet, in diesem aber lediglich einen Antrag gemäß § 75 FrG eingebracht, jedoch "keine treffenden Gründe" dargelegt, die ein weiteres Zuwarten mit einer Berufungsentscheidung rechtfertigen würden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Auf dem Boden der - unbekämpften - Ansicht der belangten Behörde, dass die Asylanträge der Beschwerdeführer rechtskräftig abgewiesen worden seien, und ihnen seither keine Aufenthaltsberechtigung mehr zukomme, besteht gegen die weitere Auffassung der belangten Behörde, im Beschwerdefall sei die Voraussetzung des § 33 Abs. 1 (zweiter Halbsatz) FrG erfüllt, kein Einwand. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung steht dem angefochtenen Bescheid der ins Treffen geführte Antrag auf Wiederaufnahme des Asylverfahrens nicht entgegen. Dieser Antrag vermag an der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids gegebenen Rechtskraft der negativen Asylbescheide nichts zu ändern und den Beschwerdeführern keine Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich zu verschaffen, entfalten doch diese Bescheide trotz der besagten Antragstellung bis zu einer allfälligen rechtskräftigen Bewilligung der Wiederaufnahme alle von ihnen normierten Rechtswirkungen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 11. September 2003, Zl. 2003/07/0059).
2.1. Die Beschwerde bekämpft den Bescheid auch im Grund des § 37 FrG. Der Erstbeschwerdeführer habe sich in Österreich seit seiner Ankunft sehr gut integriert, sei nie straffällig geworden, werde durch die oberösterreichische Volkshilfe betreut und stelle daher keine Gefahr für die öffentliche Ordnung dar. Der Zweitbeschwerdeführer gehe derzeit in die Volksschule und habe auch schon intensive Kontakte zu anderen Kindern geknüpft. Durch den bereits lang andauernden Aufenthalt in Österreich habe sich der derzeit achtjährige Zweitbeschwerdeführer auch von seinem Immunsystem her auf die österreichischen Verhältnisse eingestellt, weshalb für ihn schon auf Grund der in Angola herrschenden Zustände des Gesundheitssystems und der sanitären Einrichtungen eine erhebliche gesundheitliche Gefährdung bestehen würde. Darüber hinaus würde der Erstbeschwerdeführer im Bereich des Brustbeins an einer krebsartigen Geschwulst leiden, was sehr schmerzhaft sei, und weshalb er in ständiger medizinischer Behandlung in Österreich stehe. In Angola würde ihm auf Grund der desaströsen Zustände der Krankenhäuser keine sachgemäße Behandlung zukommen und es würde sich sein Zustand schnell erheblich verschlechtern. Von daher lägen Umstände vor, die eine Ausnahmesituation darstellten und den weiteren Aufenthalt der Beschwerdeführer in Österreich bedingt durch den Wiederaufnahmeantrag rechtfertigten.
2.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Die belangte Behörde hat zutreffend auf den hohen Stellenwert hingewiesen, der dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. April 2002, Zl. 2002/18/0066, mwH). Dieses maßgebliche öffentliche Interesse haben die Beschwerdeführer durch ihren unrechtmäßigen Aufenthalt in der Dauer von mehr als zweieinhalb Jahren seit der rechtskräftigen Abweisung der Asylanträge gravierend beeinträchtigt. Die von den Beschwerdeführern auf ihren inländischen Aufenthalt gestützte Integration ist in ihrem Gewicht entscheidend dadurch relativiert, dass dieser Aufenthalt (jeweils) auf einen Asylantrag zurückzuführen ist, der sich letztlich als unberechtigt herausstellte. Den Hinweisen der Beschwerdeführer auf die bei einer Rückkehr in ihr Heimatland befürchtete Gefahr der Beeinträchtigung ihrer Gesundheit ist entgegenzuhalten, dass mit einer Ausweisung ausschließlich die Verpflichtung zur Ausreise aus Österreich verbunden ist (vgl. § 40 Abs. 1 FrG), nicht hingegen damit (auch) ausgesprochen wird, dass der Fremde in ein bestimmtes Land (hier nach dem Vorbringen in der Beschwerde: Angola) auszureisen hat oder dass er (allenfalls) abgeschoben wird (vgl. aus der hg. Rechtssprechung etwa das Erkenntnis vom 18. März 2003, Zl. 2003/18/0040, mwH). Ferner wurde auch nicht dargetan, dass die medizinische Betreuung des Erstbeschwerdeführers ausschließlich in Österreich erfolgen könnte.
3. Im Licht der vorstehenden Ausführungen erweisen sich auch die Verfahrensrügen, dass sich die belangte Behörde mit dem im Asylverfahren gestellten Wiederaufnahmeantrag nicht auseinandergesetzt habe und auf die den Beschwerdeführern drohenden gesundheitlichen Gefahren bei Rückkehr in ihren Heimatstaat nicht eingegangen sei, als nicht zielführend.
4. Der Verwaltungsgerichtshof kann auch nicht finden, dass die belangte Behörde von dem ihr nach § 33 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessen, von der Erlassung der Ausweisung Abstand zu nehmen, Gebrauch zu machen gehabt hätte, sind doch weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid im Zusammenhalt mit den vorgelegten Verwaltungsakten besondere Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.
5. Da somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 7. November 2003
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003180195.X00Im RIS seit
04.12.2003