TE Vwgh Erkenntnis 2003/11/18 2001/03/0216

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Veröffentlicht am 18.11.2003
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §31 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des AS in K, vertreten durch Dr. Michael Kinberger und Dr. Alexander Schuberth, Rechtsanwälte in 5700 Zell am See, Salzachtal Bundesstraße 13, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 13. Februar 2001, Zl. UVS-3/11.633/8-2001, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 29. März 2000 wurde der Beschwerdeführer - unter Anführung seines Namens im Spruch - für schuldig erkannt, er habe

"sich trotz Aufforderung durch ein ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht am 31.1.1999 um 00:35 Uhr, geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet werden konnte (lallende Sprache; deutlicher Geruch der Atemluft nach Alkohol; Rötung der Bindehäute), dass er sich beim vorhergehenden Lenken seines Fahrrades im Gemeindegebiet von Krimml auf der Gerlos Alpenstraße, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand."

Er habe "dadurch eine Verwaltungsübertretung nach §§ 99 Abs 1 lit. b iVm. 5 Abs. 2 der österreichischen Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, BGBl.159/1969, begangen und wird unter Anwendung des §§ 99 Abs 1 lit. b iVm. 5 Abs. 2 StVO mit einer Geldstrafe von S 32.000,- im Nichteinbringungsfall mit 672 Stunden Ersatzarrest bestraft".

Auf der ersten Seite des Bescheides oben vor dem Betreff wurde nicht der Name und die Anschrift des Beschwerdeführers, sondern des H.P.T., angeführt. Die Zustellverfügung am Ende des Bescheides richtete sich an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren.

In der dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdevertreter insbesondere geltend, der Bescheid sei an H.P.T. gerichtet, mit dem kein aufrechtes Mandatsverhältnis bestanden hätte. Da im Spruch des Bescheides der Beschwerdeführer genannt sei, lasse der Bescheid nicht in einer jeden Zweifel ausschließenden Art und Weise für den Bescheidadressaten erkennen, welches Delikt ihm als Adressaten vorgeworfen werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch wie folgt "berichtigt" wurde:

Der Beschwerdeführer (der Name des Beschwerdeführers wird wieder ausdrücklich genannt)

"hat sich trotz Aufforderung durch ein ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht am 31.1.1999 um 00:35 Uhr geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er verdächtig war kurz zuvor sein KFZ, Marke Mitsubishi Pajero, Kennzeichen ..., im Gemeindegebiet von Krimml auf der Gerlos Mautstraße, zwischen Kehre 7 und 8, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (er wies an Alkoholsymptomen lallende Sprache, deutlichen Geruch der Atemluft nach Alkohol und Rötung der Bindehäute auf) gelenkt zu haben."

Weiters habe die Fundstelle der übertretenen Norm "BGBl Nr 159/1969 idgF" zu lauten.

Die Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die erstinstanzliche Behörde in der Anschrift, nicht aber im Spruch, eine andere Person (nämlich H.P.T.) angeführt und auch irrtümlich das Lenken eines Fahrrades in den Spruch aufgenommen hätte. Da die Vernehmung des Meldungslegers am 7. Mai 1999 eine taugliche Verfolgungshandlung darstelle und Verfolgungsverjährung nicht eintreten habe können, habe der Spruch entsprechend korrigiert werden können.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zu § 5 Abs. 2 zweiter Satz StVO 1960) dürfe eine Person, die lediglich verdächtig sei, ein Fahrzeug gelenkt zu haben, wegen der Weigerung, die Atemluft auf Alkohol untersuchen zu lassen, unabhängig davon bestraft werden, ob im darauf folgenden Verwaltungsstrafverfahren der Beweis des Lenkens des Fahrzeuges erbracht werde oder nicht. Zur Begründung der Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung genüge das Vorliegen eines der typischen Alkoholisierungssymptome. Ob diese Symptome tatsächlich durch Alkoholkonsum bewirkt worden seien oder ob der Lenker tatsächlich durch Alkohol beeinträchtigt gewesen wäre, sei für die Verpflichtung, sich der Atemluftuntersuchung zu unterziehen, nicht entscheidend.

Die Mitteilung des Zeugen A.S. (der den Beschwerdeführer schlafend in dem am Straßenrand abgestellten Kraftfahrzeug am Tatort vorgefunden hat und dies der Gendarmerie meldete) an die Gendarmerie und die Feststellungen der beiden Beamten vor Ort (der Beschwerdeführer habe kaum stehen und gehen können, Erbrochenes sei am Lenkrad festgestellt worden, starker Alkoholgeruch sei wahrnehmbar gewesen) sowie der Umstand, dass der Beschwerdeführer am Fahrersitz des Fahrzeuges angetroffen worden sei, hätten den begründeten Verdacht aufkommen lassen, der Beschwerdeführer habe zuvor das Fahrzeug gelenkt. Der Meldungsleger habe den Beschwerdeführer daher zu Recht zur Vornahme eines Alkomattestes aufgefordert. Die Aussagen der beiden, von der belangten Behörde als erfahren beurteilten, Beamten seien schlüssig und widerspruchsfrei gewesen und auch zueinander in keinem Widerspruch gestanden. Da die Aufforderung zum Alkomattest auf Grund des konkreten Verdachts, das Fahrzeug gelenkt zu haben, erfolgt sei, sei es unerheblich, ob der Beschwerdeführer das Fahrzeug tatsächlich gelenkt habe. Daher habe auch auf die in der Verhandlung beantragte Einvernahme der vom Beschwerdeführer genannten Zeugen verzichtet werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die bereits dem § 28 Abs. 1 VwGG entsprechende Ausführungen enthaltende Beschwerde, die vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 20. Juni 2001, B 647/01, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt und unter einem dem Verwaltungsgerichthof zur Entscheidung abgetreten worden war, erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 2 StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960 i.d.F. BGBl. Nr. 518/1994, sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

1.

ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder

2.

als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben,

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b leg. cit. begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von S 16.000,--

bis S 80.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen,

              "b)              wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht."

Der Beschwerdeführer behauptet zunächst, dass innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 VStG keine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 VStG an den Beschwerdeführer herangetragen worden sei, da er erstmals mit erstinstanzlichem Straferkenntnis vom 29. März 2000 (ca. 14 Monate nach dem Vorfall) von dem Vorwurf erfahren habe. Im Sinne der Bestimmungen der §§ 31f i.V.m. 44a VStG müsse innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist ein bereits sämtliche Spruchelemente enthaltender Vorwurf an den Beschwerdeführer erfolgen.

Dieser Ansicht des Beschwerdeführers kann nicht gefolgt werden. Die am 7. Mai 1999 erfolgte Einvernahme der eingeschrittenen Gendarmeriebeamten stellt eine (rechtzeitige) taugliche Verfolgungshandlung dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1997, Zl. 97/02/0301), selbst dann, wenn der Beschuldigte innerhalb der Verjährungsfrist davon keine Kenntnis erlangt hat (siehe das hg. Erkenntnis vom 29. August 1990, Zl. 90/02/0044). Es schadet auch nicht, dass dem Beschwerdeführer in der Anzeige vom 2. Februar 1999 das "Lenken" des näher angeführten Kraftfahrzeuges vorgeworfen wurde, da der Vorwurf des Lenkens eines Fahrzeuges im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO 1960 den Verdacht des Lenkens eines solchen einschließt. Abgesehen davon ist dem Beschwerdeführer die Anzeige , die alle wesentlichen Tatbestandselemente der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretung enthält, offensichtlich zur Kenntnis gebracht worden und hat er dazu durch seinen Rechtsvertreter gegenüber der erstinstanzlichen Behörde mit Schriftsatz vom 10. Juli 1999 Stellung genommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 2001, Zl. 2000/10/0024).

Der Beschwerdeführer rügt weiters, die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Änderung des Erstbescheides entspräche nicht den Kriterien des § 44a VStG. Zweck dieser Regelung sei, mit dem Bescheidspruch in einer für den Beschuldigten unzweifelhaften Art und Weise die wesentlichen Elemente des strafrechtlichen Vorwurfes anzugeben, um jedwede Verwechslung mit einem weiteren Delikt auszuschließen und sohin einer allfälligen Doppelbestrafung, auch im Sinne der Einmaligkeitswirkung eines Strafbescheides, entgegenzuwirken.

Soweit sich der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang gegen die Änderung im Spruch des Erstbescheides vom Vorwurf des "Lenkens" des angeführten Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in den "Verdacht des Lenkens" in einem solchen Zustand, genügt es ihm entgegenzuhalten, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 7. Juni 2000, Zl. 2000/03/0102, und vom 23. November 2001, Zl. 98/02/0212) der Vorwurf des "Lenkens" i.S.d. § 5 Abs. 2 StVO den bloßen "Verdacht" des Lenkens in sich schließt. Durch die diesbezügliche Änderung des Spruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses durch die Behörde zweiter Instanz wurde der Beschwerdeführer nicht in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt oder der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt. Auf den Nachweis, dass der Beschwerdeführer tatsächlich kein Fahrzeug gelenkt hat, kam es daher im vorliegenden Veraltungsstrafverfahren nicht an. Es stellt somit auch keinen relevanten Verfahrensmangel dar, wenn die belangte Behörde zum Beweisthema des Lenkens des Fahrzeuges bestimmte beantragte Zeugen nicht einvernommen hat.

Auch die gerügte Änderung des erstinstanzlichen Spruches im Hinblick auf den Tatort von "Gemeindegebiet Krimml, auf der Gerlos Alpenstraße" in "Gemeindegebiet von Krimml, auf der Gerlos Mautstraße, zwischen Kehre 7 und 8" im angefochtenen Bescheid ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die verfahrensgegenständliche Straße ist sowohl mit der Bezeichnung "Gerlos Alpenstraße" als auch mit der Bezeichnung "Gerlos Mautstraße" erfasst (siehe dazu ÖAMTC - Alpenpässe und Bergstrassen in Österreich, im Internet unter www.oeamtc.at). Auch mit der weiteren Präzisierung des Tatortes "zwischen Kehre 7 und 8" wird der Beschwerdeführer nicht in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt und ist er dadurch auch nicht der Gefahr der Doppelbestrafung ausgesetzt. Im Zusammenhalt mit den anderen im Spruch angeführten Tatbestandselementen konnte der Tatort der vorliegenden Verweigerung des Alkotestes für den Beschwerdeführer nicht fraglich sein.

Weiters rügt der Beschwerdeführer, dem gesamten erstinstanzlichen Bescheid sei nicht zu entnehmen, dass es sich um den Vorwurf des Lenkens eines Kraftfahrzeuges und nicht eines Fahrrades in alkoholisiertem Zustand handle. Wiederum sei die Gefahr der Doppelbestrafung gegeben. Eine Änderung hinsichtlich des Fahrzeuges sei nicht mit § 44a VStG vereinbar.

Dem Beschwerdeführer ist zuzugestehen, dass die erstinstanzliche Behörde im Straferkenntnis irrtümlich statt von dem in der Anzeige angeführten Kraftfahrzeug, Marke Mitsubishi Pajero mit dem näher angeführten Kennzeichen von dem Lenken eines Fahrrades gesprochen hat. Aber auch die diesbezügliche Änderung durch die belangte Behörde stellt keine Rechtswidrigkeit dar, ist doch relevantes Tatbestandsmerkmal für die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung der Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt der Verdacht des Lenkens eines "Fahrzeuges" (siehe zum Begriff § 2 Z. 19 StVO 1960 i.d.F. BGBl. Nr. 174/1983), wobei es nicht von Bedeutung ist, welche Art von Fahrzeug es betrifft. Auch eine Gefahr der Doppelbestrafung war nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes im Zusammenhalt mit der vorgenommenen sonstigen Konkretisierung der vorliegenden Verwaltungsstraftat nicht gegeben.

Wenn der Beschwerdeführer des Weiteren meint, der Spruch des angefochtenen Bescheides enthalte die gemäß § 44a Z. 2 VStG geforderte verletzte Norm nicht und verstoße deshalb gegen § 44a VStG, ist er darauf zu verweisen, dass mit der diesbezüglichen Spruchberichtigung durch die belangte Behörde nur die zur angeführten übertretenen Norm angegebene Fundstelle von "BGBl. 159/1969" in "BGBl. Nr. 159/1960 idgF" abgeändert worden war. Ansonsten wurde in dieser Hinsicht der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides unverändert übernommen. Im Spruch des angefochtenen Bescheides ist somit im Sinne des § 44a Z. 2 VStG die übertretene Verwaltungsvorschrift des § 5 Abs. 2 StVO1960 angeführt.

Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. November 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001030216.X00

Im RIS seit

19.12.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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