TE Vfgh Beschluss 2000/6/26 G40/00

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Veröffentlicht am 26.06.2000
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Index

82 Gesundheitsrecht
82/03 Ärzte, sonstiges Sanitätspersonal

Norm

B-VG Art137 - Art145
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
ÄrzteG 1998 §2, §3
VfGG §62 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung eines Antrags auf Feststellung der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit bzw auf Aufhebung wegen Verfassungs- und Gemeinschaftsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des ÄrzteG im Hinblick auf die (fehlende) Berücksichtigung von Heilpraktikern; keine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs; keine Darlegung von Bedenken gegen die Verfassungskonformität der angefochtenen Bestimmungen

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit ihrem Antrag vom 29.3.2000 begehrt die Antragstellerin, eine deutsche Staatsangehörige, die in Deutschland berechtigt ist, den Beruf einer Heilpraktikerin auszuüben, daß der Verfassungsgerichtshof feststellen wolle, "dass die Bestimmungen der §§2, 3 Abs1 und Abs4, sowie 199 ÄrzteG 1998 aufgrund des Verstoßes gegen Gemeinschaftsrecht rechtsungültig sind, in eventu - die Bestimmungen der §§2, 3 Abs1 und Abs4, sowie 199 ÄrzteG, BGBl 1998/169, zur Gänze als verfassungswidrig und gemeinschaftswidrig aufheben, in eventu einzelne Teile der vorangeführten Bestimmungen als verfassungs- und gemeinschaftswidrig aufheben".

1.1. Neben einer wortwörtlichen Zitierung der angefochtenen Bestimmungen enthält der Antrag allgemeine Ausführungen zum Gemeinschaftsrecht. Die Antragstellerin ist der Ansicht, daß aufgrund der "Richtlinie des Rates vom 21.12.1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (sogenannte erste allgemeine Anerkennungsrichtlinie) (89/48/EWG), Abl. L 19/16, und die Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18.06.1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG (sogenannte zweite allgemeine Anerkennungsrichtlinie)", die sich weil es sich "um allgemeine, nicht auf spezifisch genannte Berufe eingeschränkte Richtlinien handelt, auch auf arztähnliche Berufe beziehen", die "arztähnlichen Berufe heute als gemeinschaftsrechtlich harmonisiert anzusehen" seien. Der Beruf des Heilpraktikers sei unter diese Anerkennungsregeln zu subsumieren. Tätigkeiten der nichtkonventionellen Medizin seien unter "jede der nach Art57 EG-Vertrag in Betracht kommenden Regelung des Sekundärrechts zu subsumieren, es sei denn, eine solche Regelung enthielte selbst eine entsprechende Ausnahme".

Dies bedeute zusammengefaßt, daß ein Heilpraktiker, der in einem Mitgliedsstaat der EU zur Berufsausübung zugelassen sei, in allen Mitgliedsstaaten zur Berufsausübung zugelassen werden müsse. Die in Österreich bestehenden Vorschriften für den erfolgreichen Abschluß der Ärzteausbildung bezögen sich aus verschiedenen Gründen nur auf Ärzte und nicht auch auf Heilpraktiker.

Die angefochtenen Bestimmungen stünden daher dem "gemeinschaftsrechtlichen Gedanken der Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit" entgegen und seien bereits zum Zeitpunkt ihrer Erlassung "unanwendbar und rechtswidrig" gewesen.

Außerdem stünden sie "den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten der Erwerbsfreiheit (Art6 Abs1 StGG) und dem Grundsatz der freien Berufswahl und der Freiheit der Berufsausbildung (Art18 StGG, Art2, 1. Zusatzprotokoll zur EMRK) entgegen, zumal es auch sachlich nicht gerechtfertigt ist, wie dies offensichtlich nach dem ÄrzteG beabsichtigt, den Beruf eines Heilpraktikers mit jenem eines Arztes gleichzustellen". Die angefochtenen Bestimmungen würden im übrigen auch dem Diskriminierungsverbot des Art6 EG-Vertrag widersprechen, "indem sie einerseits unsachlich die Ärzteschaft bevorzugen und durch das Verbot des Berufsstandes der Heilpraktiker die Ärzteschaft vom Wettbewerbsdruck schützen (würden) und andererseits ... auch eine Inländerdiskriminierung geschaffen (werden würde), als Inländer nicht die Möglichkeit (hätten), in Österreich die Ausbildung zum Heilpraktiker zu erlangen, sohin beispielsweise im Verhältnis zu deutschen Staatsbürgern benachteiligt" seien.

2. Der Antrag ist unzulässig.

2.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht zuständig, festzustellen, daß bestimmte Rechtsvorschriften aufgrund des Verstoßes gegen Gemeinschaftsrecht "rechtsungültig" sind (zu der von der Antragstellerin aufgeworfenen gemeinschaftsrechtlichen Frage in ihrem verfassungsrechtlichen Kontext vgl. im übrigen das hg. Erkenntnis vom 15. März 2000, B2767/97 (ua)).

2.2. Der Verfassungsgerichtshof ist u.a. zuständig, gem. Art140 B-VG Gesetze auf ihre Verfassungskonformität zu überprüfen. Gem. §62 Abs1 VerfGG hat ein Individualantrag nach Art140 B-VG die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im einzelnen darzulegen. Die Antragstellerin hat es jedoch unterlassen vorzubringen, warum genau die von ihr angefochtenen Gesetzesbestimmungen verfassungswidrig sein sollen. Wenn ein Antrag auf Aufhebung einer bestimmten Norm aber keine Bedenken gegen die Verfassungskonformität dieser Bestimmung darlegt, so ist der Antrag im Sinne der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes unzulässig, was zur Zurückweisung des Antrages führt (vgl. z.B. VfSlg. 12262/1990, 14130/1995 und die dort angeführte Judikatur), ohne daß der Antrag auf seine sonstige Zulässigkeit überprüft werden muß.

3. Aufgrund der Unzulässigkeit des Antrages und der offenbaren Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes wurde dieser Beschluß gemäß §19 Abs3 Z2 lita, c, und e VerfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt.

Schlagworte

Ärzte, Berufsrecht, EU-Recht, VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Prüfungsmaßstab, VfGH / Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:G40.2000

Dokumentnummer

JFT_09999374_00G00040_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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