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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung von Individualanträgen auf Aufhebung von Umwidmungen von Gewerbe- und Industriegebiet in Mischgebiet mit Beschränkungen in einem Flächenwidmungsplan mangels aktueller Betroffenheit der Antragsteller; allfällige Auswirkungen auf die ökonomische Nutzung der Grundstücke rein wirtschaftlicher NaturSpruch
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit ihren auf Art139 Abs1 B-VG gestützten Anträgen begehren die Antragsteller die Aufhebung "der Verordnung des Gemeinderats der Gemeinde Mariastein vom 26. Mai 1999 auf Änderung des Flächenwidmungsplanes im Bereich der Gst. 179/1, 153, 185, 187, 184/1 und .31, alle GB Mariastein (Umwidmung von Gewerbe- und Industriegebiet in Mischgebiet mit Beschränkungen (auf landesübliche Kleinbetriebe) gemäß §40 Abs2 TROG 1997)".
2. Ihre Antragslegitimation begründet die antragstellende Gesellschaft zu V63/99 damit, dass sie Eigentümerin des Grundstücks Nr. 179/1, GB Mariastein, sei, und der Antragsteller zu V64/99, dass er Eigentümer der Grundstücke Nr. 153, 185, 187, 184/1 und .31 sei. Die antragstellende Gesellschaft sei durch die Umwidmung des Grundstücks Nr. 179/1 direkt betroffen, da eine weitere ökonomische Nutzung des Grundstücks durch die gegenständliche Widmung wesentlich erschwert würde, weil dadurch auf diesem Grundstück nur mehr Gewerbebetriebe etabliert werden könnten, deren Betrieb den Bestimmungen des §40 Abs2 TROG entspreche. Sie betreibe auf den "von der Umwidmung betroffenen Grundstücken" derzeit ein Elektroversorgungsunternehmen, außerdem besitze sie für "die von der Umwidmung betroffenen Grundstücke" eine gewerbebehördliche Berechtigung und eine Betriebsanlagenbewilligung für den Betrieb eines Sägewerks mit einem angeschlossenen Rundholzlager und für LKW-Abstellplätze. Der Antragsteller zu V64/99 bringt zusätzlich vor, dass "ein Teil der von der Umwidmung betroffenen Grundstücke" an zwei Firmen vermietet worden sei, u.a. an einen Güterfrachtbetrieb.
3. Hinsichtlich der Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Flächenwidmungsplanes bringen die Antragsteller vor, dass die in Rede stehende Verordnung die Änderungsvoraussetzungen des §36 TROG 1997 nicht erfülle und auch nicht darlege, aus welchen raumplanerischen Überlegungen die Flächenwidmung der oben bereits erwähnten Grundstücke geändert worden sei (§27 Abs2 lita-e TROG 1997). Aus den Gemeinderatsprotokollen vom 16. April und 26. Mai 1999 gehe jedoch klar hervor, dass nicht raumplanerische Überlegungen sondern lediglich die Absicht der Verhinderung der Ansiedlung einer bestimmten Güterfrachtfirma zu der Flächenwidmungsplanänderung geführt habe. Diese habe bereits um eine gewerbebehördliche Bewilligung für zehn LKW-Abstellplätze bei der Bezirkshauptmannschaft Kufstein angesucht.
4. Die Tiroler Landesregierung bejaht in ihrer Äußerung die Legitimation der Antragsteller und beantragt die Abweisung der Anträge.
5. Die Gemeinde Mariastein erstattete ebenfalls Äußerungen, in denen sie u.a. vorbringt, dass der Gemeinderat das örtliche Raumordnungskonzept bereits am 30. April 1998 beschlossen habe. Ziel des Raumordnungskonzepts sei eine touristische Entwicklung; der Tourismus sei schon jetzt der dominierende Wirtschaftszweig der Gemeinde, da diese ein bekannter Wallfahrtsort sei.
6. Die Antragsteller erstatteten mehrfach Replik, in der sie u. a. vorbringen, dass das Sägewerk nach wie vor in Betrieb sei, weiters würden die Flächen intensiv für ein Rundholzlager sowie drei LKW-Abstellplätze genutzt werden.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
Der Antrag ist unzulässig.
1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzmäßigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11.726/1988, 13.944/1994).
Bei Beurteilung der Antragslegitimation ist zu untersuchen, ob die von dem Antragsteller ins Treffen geführten Rechtswirkungen vorliegen (VfSlg. 8060/1977, 8587/1979, 10.593/1985, 11.453/1987).
2. Beurteilt man das Vorbringen der Antragsteller im Lichte der oben dargestellten Vorjudikatur, so kommt man zu dem Ergebnis, dass die Antragsteller eine aktuelle Betroffenheit durch den angefochtenen Flächenwidmungsplan (Verordnung des Gemeinderats der Gemeinde Mariastein vom 26. Mai 1999, mit der die Änderung des Flächenwidmungsplans im Bereich der Gst. Nr. 179/1, 153, 185, 187, 184/1 und .31, alle GB Mariastein, durch Umwidmung von Gewerbe- und Industriegebiet in Mischgebiet mit Beschränkungen gemäß §40 Abs2 TROG 1997 beschlossen wird, aufsichtsbehördlich genehmigt am 10. Juni 1999, kundgemacht vom 18. Juni 1999 bis 12. Juli 1999) nicht darzutun vermochten.
Wenn die Antragsteller die Ansiedlung neuer Gewerbetriebe bzw. einen bestehenden Betrieb auf den "von der Verordnung betroffenen Grundstücken" geltend machen, so verabsäumen sie einerseits zu behaupten, konkrete bauliche Maßnahmen, für die der Flächenwidmungsplan maßgeblich ist, zu beabsichtigen; andererseits konkretisieren sie nicht, auf welchem der aufgezählten Grundstücke bauliche Maßnahmen in naher Zukunft durchgeführt werden sollen. Die Beeinträchtigung der zukünftigen Bebaubarkeit ihrer Grundstücke im Allgemeinen bezieht sich weder auf eine gegenwärtige noch auf eine in naher Zukunft zu gewärtigende Wirkung der Verordnung, sondern auf eine Wirkung in Ansehung einer unbestimmten, hypothetischen Situation (vgl. VfGH, 11. März 1999, V89/96). Es wird auch in den Anträgen nicht konkretisiert, auf welchem Grundstück der Güterfrachtbetrieb, für den bereits ein gewerberechtliches Betriebsanlagengenehmigungsverfahren eingeleitet worden sei, angesiedelt werden solle.
Sofern die Antragsteller die Möglichkeit einer weiteren ökonomischen Nutzung der Grundstücke bezweifeln, beschreiben sie bloß wirtschaftliche Auswirkungen; damit machen sie aber keine rechtliche Betroffenheit, sondern nur ihre wirtschaftlichen Interessen geltend (vgl. etwa VfSlg. 9876/1983, 11.128/1986).
Die Verordnung ist schon auf Grund des Vorbringens der Antragsteller für sie nicht unmittelbar wirksam. Die Anträge sind daher unzulässig. Darüber hinaus wären Individualanträge auch nur insoweit zulässig, als die bekämpfte Verordnung eine Widmung für die Grundstücke des jeweiligen Eigentümers enthält, hinsichtlich der Grundstücke, die nicht im Eigentum des Antragstellers bzw. der antragstellenden Gesellschaft stehen, mangelt es dem Einzelnen ebenso an der Legitimation.
3. Die Anträge waren daher mangels Legitimation gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung ohne vorausgegangene mündliche Verhandlung zurückzuweisen.
Schlagworte
Raumordnung, Flächenwidmungsplan, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:V63.1999Dokumentnummer
JFT_09999374_99V00063_00