Index
L85004 Straßen Oberösterreich;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde 1. des Dipl. Ing. Friedrich Rumplmayr und 2. der Donausäge R. Rumplmayr Gesellschaft mbH & Co KG, beide in Altmünster, vertreten durch Dr. Roland Gabl & Dr. Josef Kogler & Mag. Harald Papesch, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Karl-Wiser-Straße 1, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 28. Mai 2001, Zl. BauR-250873/22-2001-See/Pa, in der Fassung des Berichtigungsbescheides der Oberösterreichischen Landesregierung vom 4. Juli 2001, Zl. BauR-250938/22ad-2001-See/Pa, betreffend Enteignung nach dem O.ö. Straßengesetz 1991 (mitbeteiligte Partei: Land Oberösterreich, Landesstraßenverwaltung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides hat folgenden Wortlaut:
"I.
Für den Umbau der L 1302, Aurachtal Straße, im Baulos ‚Kriegering', von km 9,592 bis km 10,638, im Gebiet der Marktgemeinde Altmünster wird das dauernde und lastenfreie Eigentum sowie eine vorübergehende Nutzung an den nachstehend angeführten Grundstücken bzw. Grundstücksteilen, unbeschadet der genauen Vermessung in der Natur, für das Land Oberösterreich, Landesstraßenverwaltung
im Wege der Enteignung
nach Maßgabe der bei der mündlichen Verhandlung vorgelegenen
Planunterlagen dauernd bzw. vorübergehend in Anspruch
genommen:
Grundeigentümer
EZ
KG
Grundstücks
- nummer
Voraussichtlich
beanspruchte Fläche
KR DI Friedrich K.
140
Grasberg
213
37 m2 d
Rumplmayr
183 m2 vü
Eben 37, Altmünster
214/1
3.274 m2 d
3.200 m2 vü
214/2
122 m2 vü
214/3
456 m2 d
279
109 m2 d
21 m2 vü
66
Grasberg
1120
818 m2 d
1123
64 m2 d
321
Grasberg
1109/3
338 m2 d
Donausäge R.
312
Grasberg
280
426 m2 d
Rumplmayr
216
933 m2 d
GesmbH & Co KG
294 m2 vü
Bahnhofstraße 50
281
263 m2 d
Altmünster
61 m2 vü
282
381 m2 d
d = dauernde Grundinanspruchnahme
vü = vorübergehende Grundinanspruchnahme
…
Die Enteignung erstreckt sich auch auf die an den Grundstücken allfällig dinglich oder obligatorisch Berechtigten.
Rechtsgrundlagen:
§§ 35 und 36 Oö. Straßengesetz 1991, LGBl. Nr. 84, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 71/1998, in Verbindung mit den einschlägigen Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes (EisbEG) 1954, BGBl. Nr. 71, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 297/1995"
Im Spruchpunkt II. wurde die Entschädigung für die Grundinanspruchnahme festgesetzt; im Spruchpunkt III. wurde ausgesprochen, dass die Inbesitznahme der enteigneten Grundflächen durch das Land Oberösterreich, Landesstraßenverwaltung von den durch die Baumaßnahmen betroffenen Grundeigentümern acht Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides und Auszahlung bzw. gerichtlicher Hinterlegung der Entschädigung jederzeit zu dulden sei.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die mitbeteiligte Partei um die Durchführung des Grundeinlösungs- bzw. Enteignungsverfahrens für die Umlegung L 302 Aurachtal Straße von km 9,952 bis km 10,638, im Baulos "Kriegering" angesucht habe, weil die dafür erforderlichen Grundflächen von den Grundeigentümern im gütlichen Wege nicht erworben haben werden können. Die im Spruchpunkt I. genannten Grundflächen würden für den Gegenstand, die Notwendigkeit und den Umfang der Enteignung benötigt. Dem zur Prüfung vorgelegten Straßenbauprojekt sei die Umlegungsverordnung LGBl. Nr. 9/2000 zugrunde gelegt worden. Mit dieser Verordnung sei erwiesen, dass die nach dem gegenständlichen Projekt für das Straßenbauvorhaben vorgesehenen Grundstücke bzw. Grundstücksteile dem öffentlichen Interesse dienten bzw. dafür der Bedarf gegeben sei. Einwendungen im Zusammenhang mit der alternativen "Hangtrasse" seien nicht mehr Gegenstand des Verfahrens. Die Straßenbaubewilligung sei mit Bescheid der O.ö. Landesregierung vom 9. Februar 2001 unter Zugrundelegung der Projektsunterlagen erteilt worden. Das im Rahmen des Enteignungsverfahrens von der Straßenverwaltung vorgelegte Projekt sei vom beigezogenen technischen Amtssachverständigen nochmals entsprechend überprüft worden. Es entspräche den anerkannten technischen Regeln für den Straßenbau und sei für die Ausführung geeignet. Der Grundeinlöseplan stimme mit dem Projekt überein, sodass sowohl die Notwendigkeit der Baumaßnahme als auch der Umfang der einzulösenden Flächen bestätigt worden sei. Das Projekt sei daher geeignet, der Enteignung zugrunde gelegt und danach ausgeführt zu werden. Festgehalten werde, dass das in Rede stehende Straßenbauvorhaben ab Baulosbeginn des Bau-km 0,680 lagemäßig gegenüber dem Bestand um etwa die jetzt bestehende Fahrbahnbreite landeinwärts versetzt werde. Bei Bau-km 0,667 werde die Aurachbrücke 1 errichtet und der Güterweg Hochkreut eingebunden. Ab dort verlaufe das gegenständliche Straßenbauvorhaben an der Gebäuderückseite der Aurachmühle. Die derzeit bestehende Aurachbrücke werde abgetragen und durch einen Brückenneubau (Aurachbrücke 2) ersetzt. Für die notwendige Aurachverlegung auf einer Länge von ca. 190 m liege ein eigenes Wasserrechtsoperat vor. Um die Abflussverhältnisse für ein 30-jähriges Hochwasser aufrecht zu erhalten, sei die Umgestaltung und gleichzeitige Erneuerung der bestehenden Holzbrücke "Steyrerwirt" erforderlich. Zur Geringhaltung der Eingriffe in den Naturhaushalt bzw. auch des angrenzenden Betriebsareals der Zweitbeschwerdeführerin sei die Fahrbahnbreite auf 5,50 m und die Breite der beiden Bankette auf je 0,75 m eingeschränkt. Der technische Amtssachverständige habe in seinem Gutachten schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass sich die für das gegenständliche Bauvorhaben erforderlichen Grundinanspruchnahmen - abgestellt auf das bewilligte Straßenbauvorhaben - im unbedingt erforderlichen Ausmaß hielten und diese ihrem Umfang nach daher als gerechtfertigt anzusehen seien. Die unrichtig dargestellten Grundgrenzen bei den Grundstücken Nr. 213 und 214/1 seien im Rahmen der mündlichen Verhandlung von der Straßenverwaltung richtig gestellt worden und die Enteignungsgegner darauf ausdrücklich hingewiesen worden. Die Grundstücksteile zwischen der Aurach und der neuen Straße würden nur vorübergehend in Anspruch genommen.
Für die Enteignung sei Voraussetzung, dass im Zeitpunkt der Entscheidung alle für die Errichtung der Straße nach anderen Gesetzen erforderlichen Bewilligungen vorlägen. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden habe mit Bescheid vom 29. August 2000 einen positiven naturschutzbehördlichen Feststellungsbescheid erlassen. Eine Rodungsbewilligung bzw. wasserrechtliche Bewilligung für das gegenständliche Straßenbauvorhaben liege noch nicht vor. Gleichwohl seien dazu von den jeweils zuständigen Behörden entsprechende Ermittlungsverfahren abgeführt worden und es hätten die durchgeführten Vorerhebungen für eine Vorfragenentscheidung ergeben, dass grundsätzlich abgeschlossene Ermittlungsergebnisse vorlägen, hinsichtlich welcher die Bewilligungen zu erlangen sein werden. Zur Rodungsbewilligung werde festgehalten, dass der dem Verfahren beigezogene forsttechnische Amtssachverständige aus forstfachlicher Sicht gutachtlich festgestellt habe, dass einer Bewilligung unter Einhaltung der in diesem Gutachten angeführten Bedingungen und Auflagen wegen Geringfügigkeit und weil teilweise auch nur eine vorübergehende Rodungsfläche beansprucht werde, nichts entgegen stehe. Es könne davon ausgegangen werden, dass die Rodungsbewilligung erteilt werden könne. Die Rodungsbewilligung werde unter dem Vorbehalt als bewilligt angesehen, dass das Eigentum am Grundstück im Wege der nunmehr ausgesprochenen Enteignungsentscheidung ins Eigentum des Landes Oberösterreich übergegangen sei. Auf Grund der durchgeführten Verhandlungen und der nachträglich abgeführten Ermittlungsverfahren durch die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als Wasserrechtsbehörde seien die Projekte für die Verlegung der Aurach, die Sanierung von Uferanbrüchen, die Einleitung von Oberflächenwässern in die Aurach, die Errichtung von drei Brücken über die Aurach und die Errichtung einer Brücke über den Unterwasserkanal der unteren Aurachmühle wasserrechtlich bewilligungsfähig anzusehen. Das positive Gutachten des wasserbautechnischen Sachverständigen sei dabei unter Einbeziehung aller für die Bewilligung erforderlichen Projektsunterlagen bzw. hinsichtlich des Triebwasserkanals im Unterwasser der "unteren Aurachmühle" im Bereich der Einmündung in die Aurach auf Grund eines Augenscheins an Ort und Stelle erstellt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie tragen im Wesentlichen vor, dass laut Grundeinlösungsplan für die Uferaufweitung bzw. Rekultivierungsflächen Teile der Grundstücke Nr. 214/2, 214/1, 214/3 und 280 herangezogen würden, für die Aurachverlegung Teile der Grundstücke Nr. 1123, 1120 und 1109/3. Eine Unterscheidung, ob diese Grundstücke für die neu trassierte Aurachtal Straße, für das verlegte Aurachbett oder für zur Rekultivierung bestimmte Uferflächen in Anspruch genommen würden, sei nicht getroffen worden.
Ein auf die §§ 35 und 38 O.ö. Straßengesetz 1991 gestützte Enteignung setze eine straßenbaurechtliche Bewilligung gemäß § 32 O.ö. Straßengesetz oder einen Feststellungsbescheid gemäß § 31 Abs. 1 letzter Satz leg. cit. voraus. Die Verordnung LGBl. Nr. 9/2000 sehe im Verordnungsplan den neuen Straßenverlauf vor, berücksichtige jedoch nicht die gleichzeitig geplante Verlegung der Aurach und die gleichzeitig vorgesehene Schaffung von Rekultivierungsflächen am Aurachufer. Die Enteignungsmöglichkeit des § 35 O.ö. Straßengesetz 1991 beschränke sich auf den Bau einer öffentlichen Straße und darüber hinaus auf die Anlagen von Ablagerungsplätzen, Zufahrten, Bauhöfen und anderen Baulichkeiten wie Streumaterial, Silos sowie die zur Aufrechterhaltung von Verkehrsbeziehungen und zur Entnahme von Straßenbaumaterial notwendigen Grundstücke. Der Umfang einer Straße sei in § 2 O.ö. Straßengesetz determiniert; Bestandteil einer Straße seien die unmittelbar dem Verkehr dienenden Anlagen wie Fahrbahnen, Gehsteige, Gehwege, Radwege, Radfahrstreifen und Geh- und Radwege, Parkplätze, Abstellflächen, Haltestellenbuchten, Bankette und der Grenzabfertigung dienende Flächen, darüber hinaus bauliche Anlagen im Zuge einer Straße, von der Straßenverwaltung errichtete Anlagen zum Schutz der Nachbarn vor Beeinträchtigungen durch Verkehr auf der Straße sowie im Zuge einer Straße gelegene, der Erhaltung und der Beobachtung des baulichen Zustandes von Straßen dienende bebaute oder unbebaute Grundstücke. Grundstücke, die nicht unmittelbar im Zusammenhang mit einem Projekt benötigt würden, wie im gegenständlichen Fall die Ausweichfläche für die zu verlegende Aurach, seien offensichtlich für einen Enteignungsanspruch nach der zitierten Gesetzesbestimmung nicht geeignet.
Im Enteignungsbescheid sei für eine Reihe von Grundstücksteilen lediglich die vorübergehende Grundinanspruchnahme vorgesehen. Es handle sich dabei im Wesentlichen um jene Teile, die nach Durchführung des Projektes zwischen neuer Aurachtalstraße und Aurach gelegen seien und als Kompensationsflächen für Rekultivierungsmaßnahmen dienen sollen. Die vorübergehende Grundinanspruchnahme sei ebenfalls nur für Grundstücke vorgesehen, die für den Bau einer öffentlichen Straße benötigt würden. Auch für diese vorübergehend in Anspruch genommenen Grundstücksteile entspreche daher der Verwendungszweck nicht der für die Enteignung herangezogenen Gesetzesbestimmung. Der im angefochtenen Bescheid verwendete Begriff "vorübergehende Nutzung" entspräche auch nicht dem in § 35 O.ö. Straßengesetz verwendeten Begriff "zeitweilige Einräumung von dinglichen Rechten", da aus dem Begriff "zeitweilig" eine zeitlich begrenzte Dauer abzuleiten sei, während der Begriff "vorübergehend" eher auf eine unbestimmte Dauer hindeute. Tatsächlich sei nicht klar, für welche Zeitdauer die vorübergehende Nutzung erfolgen solle, da die diesbezüglichen verfahrensrechtlichen Grundlagen (Bescheid der Wasserrechtsbehörde) noch fehlten. Anzumerken sei, dass im Verfahren der Amtssachverständige für Wasserbautechnik als Auflage in einem wasserrechtlichen Bescheid die regelmäßige Uferwuchspflege entlang der gesamten Aufweitungs- und Verlegungsstrecke der Aurach gefordert habe und damit zu rechnen sei, dass ein solcher Auflagenpunkt auch Inhalt eines noch zu erwartenden wasserrechtlichen Bescheides sei. Damit sei aber die Frage der zeitweiligen Befristung der vorübergehenden Nutzung ad absurdum geführt.
Für die Enteignung der nicht für den Straßenbau vorgesehenen Flächen fehle daher eine Rechtsgrundlage. Für die zur vorübergehenden Nutzung beanspruchten Flächen fehle die zeitliche Bestimmung der Beanspruchung. Die Anwendung des § 3 des Eisenbahnenteignungsgesetzes sei im gegenständlichen Fall verfehlt, weil auch hier ein eingeschränkter Verwendungszweck festgelegt sei und Grundstücke für eine vorübergehende Nutzung nicht geeignet seien, deren Substanz durch die beabsichtigte Nutzung voraussichtlich wesentlich und dauernd verändert würde.
Die Behörde hätte einen nochmaligen Vergleich zur alternativ bestehenden so genannten "Hangtrasse" vornehmen müssen, zumal die nunmehrige Forderung der Naturschutzbehörde auf Schaffung weiträumigerer Rekultivierungsflächen als Kompensationsmaßnahme zur Aurachverlegung die ursprünglich vorgeschlagene und bevorzugte Aurach-seitige Variante der Straßenverlegung nicht mehr erlaube. Durch die Abrückung der Aurach Straße von der Aurach werde das verbleibende Restgrundstück (Betriebsbaugebiet) derart verschmälert, dass eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung oder Bebauung nicht mehr gewährleistet sei; bedingt durch die Länge der Enteignungsfläche, stehe der vermögensrechtliche und wirtschaftliche Nachteil unverhältnismäßig zu einem im Übrigen laut Verfahren auch zweifelhaften Nutzen der Aurachverlegung; zu dieser Problematik sei im angefochtenen Bescheid nicht Stellung genommen worden. Im angefochtenen Bescheid hätte der Nachweis erbracht werden müssen, aus welchen überwiegenden Gründen sowohl der Grundsatz der möglichsten Schonung der Natur als auch der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Bauausführung zu vernachlässigen sei.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Die Beschwerdeführer ergänzten ihr Vorbringen mit Schriftsatz vom 31. Juli 2001 und legten Urkunden vor.
Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes erstatte die belangte Behörde am 20. Oktober 2003 schriftlich eine Äußerung, in welcher ausgeführt wurde, dass dem angefochtenen Bescheid "grundsätzlich kein detaillierterer Plan als der Grundeinlöseplan im Maßstab 1 : 500 Detailprojekt 1998" zu Grunde lag. Der bei der Verhandlung vorgelegene Grundeinlöseplan stimme mit dem Straßenprojekt überein. Sowohl der Detaillageplan als auch der Grundeinlöseplan seien Gegenstand des straßenrechtlichen Bewilligungsverfahrens bzw. der sodann erteilten Bewilligung gewesen. Die im Grundeinlöseplan blau strichlierten Linien gäben die äußersten Grenzen des Straßenbauprojektes wieder und seien auch die Grundlage für die im Enteignungswege beanspruchten Grundflächen. Über die blau strichlierte Linie hinaus seien keine Grundflächen enteignet worden; hinsichtlich der Aurachverlegung seien auch solche Flächen mit einbezogen worden, die für die Ufergestaltung der Aurach erforderlich seien. Im Detaillageplan seien diese innerhalb der blau strichlierten Linien gelegenen Flächen für die Ufergestaltung braun gefärbelt und demnach Bestandteil des Straßenbauprojektes.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Dem gegenständlichen Beschwerdefall liegt eine auf die §§ 35 und 36 des O.ö. Straßengesetzes 1991 gestützte Enteignung von Teilen von Grundstücken der Beschwerdeführer zugrunde. Die maßgeblichen Bestimmungen des O.ö. Straßengesetzes 1991 (OöStrG) haben folgenden Wortlaut:
"§ 35 Enteignung
(1) Für den Bau einer öffentlichen Straße kann das Eigentum an Grundstücken oder die dauernde oder zeitweilige Einräumung, Einschränkung oder Aufhebung von dinglichen und obligatorischen Rechten an solchen im Wege der Enteignung in Anspruch genommen werden. Auch die für die Anlage von Ablagerungsplätzen, Zufahrten, Bauhöfen und anderen Baulichkeiten, wie Streumaterialsilos, sowie die zur Aufrechterhaltung von Verkehrsbeziehungen und zur Entnahme von Straßenbaumaterial notwendigen Grundstücke können im Wege der Enteignung erworben werden. Für den Bau einer Straße, die einer Bewilligung nach § 32 bedarf, darf die Enteignung nur nach Maßgabe dieser Bewilligung erfolgen. Auch für die Übernahme von bestehenden öffentlichen Straßen können das Eigentum und die erforderlichen Dienstbarkeiten (§ 5 Abs. 1) durch Enteignung in Anspruch genommen werden.
(2) Bei der Inanspruchnahme des Grundeigentums im Sinn des Abs. 1 auf der Grundlage einer gemäß § 11 Abs. 2 erlassenen Widmungsverordnung bleibt für den Enteignungsgegner der Einwand des fehlenden öffentlichen Interesses zulässig.
(3) Abs. 1 gilt sinngemäß auch für die Beseitigung von Bauten und Anlagen, die den Vorschriften des § 18 Abs. 1 und 2 widersprechen und die gefahrlose Benützbarkeit der Straße wesentlich beeinträchtigen, jedoch im Zeitpunkt ihrer Errichtung keinen straßenrechtlichen Bestimmungen widersprochen haben.
(4) Zu Enteignender ist der Eigentümer des Gegenstandes der Enteignung, weiters ein anderer dinglich Berechtigter, wenn das dingliche Recht mit einem nicht der Enteignung unterworfenen Gegenstand verbunden ist sowie der dinglich und obligatorisch Berechtigte, sofern dieses Recht für sich allein Gegenstand der Enteignung ist.
§ 36
Enteignungsverfahren
(1) Um die Enteignung ist unter Vorlage der zur Beurteilung der Angelegenheit erforderlichen Pläne und sonstigen Behelfe, insbesondere eines Verzeichnisses der hievon betroffenen Personen, der beanspruchten dinglichen Rechte und des voraussichtlichen Ausmaßes der beanspruchten Grundfläche sowie der erforderlichen Grundbuchsauszüge, die nicht älter als drei Monate sind, bei der Behörde anzusuchen. Zudem hat die antragstellende Straßenverwaltung glaubhaft zu machen, dass sie in offensichtlich geeigneter Weise, aber erfolglos, versucht hat, eine entsprechende privatrechtliche Vereinbarung über die Grundabtretung zu erwirken.
(2) Über die Notwendigkeit, den Gegenstand und den Umfang der Enteignung sowie die Kosten des Enteignungsverfahrens entscheidet die Behörde unter sinngemäßer Anwendung des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, wobei auch auf die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung Bedacht zu nehmen ist.
(3) Wird ein Teil eines Grundstückes enteignet und sind alle oder einzelne verbleibende Grundstücksreste unter Berücksichtigung der bisherigen Verwendung nicht mehr zweckmäßig nutzbar, so sind über Antrag des Eigentümers die nicht mehr zweckmäßig nutzbaren Reste miteinzulösen.
(4) Der Enteignungsbescheid hat zugleich die Höhe der Entschädigung festzusetzen. Diese ist auf Grund des Gutachtens wenigstens eines beeideten Sachverständigen in Anwendung der in den §§ 4 bis 8 des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 aufgestellten Grundsätze zu ermitteln.
(5) Die Höhe der festgesetzten Entschädigung kann im Verwaltungsweg nicht angefochten werden. Jede der Parteien kann aber, wenn sie sich durch die festgesetzte Entschädigung benachteiligt erachtet, innerhalb von drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides die Entscheidung über die Höhe der Entschädigung bei jenem Bezirksgericht begehren, in dessen Sprengel sich der Gegenstand der Enteignung befindet. Mit der Anrufung des Gerichtes tritt die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die Höhe der Entschädigung außer Kraft. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung kann nur mit der Zustimmung des Antragsgegners zurückgezogen werden. Bei Zurückziehung des Antrages gilt mangels anderweitiger Vereinbarung die ursprünglich behördlich festgesetzte Entschädigung als vereinbart. Für das gerichtliche Verfahren zur Ermittlung der Entschädigung, für deren Feststellung im Wege eines Übereinkommens sowie für die Wahrnehmung der Ansprüche auf Befriedigung aus der Entschädigung, die dritten Personen auf Grund ihrer dinglichen Rechte zustehen, ist das Eisenbahnenteignungsgesetz 1954 sinngemäß anzuwenden.
(6) Der Vollzug des rechtskräftigen Enteignungsbescheides kann nicht gehindert werden, sobald die von der Behörde ermittelte Entschädigung oder eine Sicherheit für die erst nach Vollzug der Enteignung zu leistende Entschädigung an den Enteigneten ausbezahlt oder gerichtlich erlegt ist."
Vorweg ist festzuhalten, dass verfassungsrechtlich eine Enteignung dann zulässig ist, wenn ein konkreter Bedarf nach Verwirklichung des im öffentlichen Interesse liegenden Vorhabens besteht, wenn weiters das Objekt der Enteignung geeignet ist, diesen Bedarf unmittelbar zu decken und es schließlich unmöglich ist, den Bedarf anders als durch Enteignung zu decken (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1994, Zl. 94/06/0150, und die dort zitierte Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes). Mit dem angefochtenen Enteignungsbescheid soll der mit dem rechtskräftigen straßenrechtlichen Bewilligungsbescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 9. Februar 2001 bewilligte Umbau der L 13402 verwirklicht werden (verwiesen wird auf das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 2003, Zl. 2001/05/0097, mit welchem die gegen den erwähnten straßenrechtlichen Bewilligungsbescheid erhobene Beschwerde der auch hier beschwerdeführenden Parteien als unbegründet abgewiesen wurde). Der straßenrechtliche Bewilligungsbescheid setzt die Bedingungen fest, welche bei der Ausführung der beabsichtigten Straßenbauten vom Standpunkt des öffentlichen Interesses und der mit diesem nicht in Widerspruch stehenden Interessen der Beteiligten zu erfüllen sind. Er entfaltet daher für das Enteignungsverfahren eine Bindungswirkung derart, dass die Notwendigkeit des konkreten Straßenbauvorhabens im Enteignungsverfahren nur mehr sehr eingeschränkt geprüft werden darf (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Mai 1996, Zl. 95/05/0121, und vom 29. Jänner 2002, Zl. 2000/05/0029). Die Frage des Trassenverlaufes ist ebenfalls Aufgabe des straßenrechtlichen (Bau-)Bewilligungsverfahrens und nicht mehr des daran anschließenden Enteignungsverfahrens. Die Person, deren Grundstück nach den §§ 35 ff. OöStrG enteignet werden soll, besitzt auf Grund ihrer Rechtsstellung im straßenrechtlichen Bewilligungsverfahren keinen Rechtsanspruch darauf, dass die Frage, ob die Behörde bei der Bewilligung des Projektes auf die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung Bedacht nimmt, mit ihr erörtert wird, weshalb ihr auch in dieser Hinsicht mangels gesetzlicher Einräumung diesbezüglicher Parteirechte im folgenden Enteignungsverfahren kein Mitspracherecht zusteht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 11. Oktober 1994, Zl. 94/05/0202, und vom 27. August 1996, Zl. 95/05/0154). Im Enteignungsverfahren ist daher im Wesentlichen nur mehr die Frage zu prüfen, ob die Enteignung der für die Realisierung des Straßenbauvorhabens vorgesehenen Grundstücke im beantragten Umfang erforderlich ist (vgl. die vorzitierten hg. Erkenntnisse sowie das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2002, Zl. 2000/05/0051). Der von der Enteignung Betroffene kann aber auch einwenden, dass das durch die Enteignung angestrebte, im Straßenbaubewilligungsbescheid vorgegebene Ziel auch auf eine ihn weniger belastende Weise (bei annähernd gleichen Kosten) erreicht werden kann (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 10. Mai 1968, Zl. 1332/67).
Eine Enteignung nach den §§ 35 ff. OöStrG ist demnach nicht rechtswidrig, wenn Grundstücksteile in Anspruch genommen werden, ohne die das bewilligte straßenrechtliche Bauvorhaben nicht der Bewilligung entsprechend durchgeführt werden kann, wenn der für dieses Projekt erforderliche Grund nicht anders als durch Enteignung zu beschaffen war, wenn die Art und der Umfang der Enteignung nicht unverhältnismäßig sind und das im straßenrechtlichen Bewilligungsbescheid festgelegte Ziel nicht durch gelindere Maßnahmen zu erreichen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2003, Zl. 2002/07/0110). Eine durch den straßenbaurechtlichen Bewilligungsbescheid nicht gedeckte Enteignung weiterer Grundstücke wäre unzulässig (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 18. März 1993, B 930/92, u. a., Slg. 13.369).
Aus dem Spruch eines Enteignungsbescheides muss eindeutig hervorgehen, welche Grundflächen konkret in Anspruch genommen werden. Diesem Bestimmtheitsgebot eines Ausspruches über eine Enteignung kann, wenn nicht ganze Grundparzellen enteignet werden, nur durch den Hinweis auf entsprechende, dem Verfahren zu Grunde gelegene planliche Unterlagen, die dann einen integrierenden Bestandteil des Bescheides darstellen, oder zumindest durch Zustellung einer mit einem Genehmigungsvermerk versehenen Ausfertigung des Projektsplanes entsprochen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1996, Zl. 95/06/0172, m. w. N. sowie das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1999, Zl. 98/05/0155).
Diesen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht. Zwar schadet die Falschbezeichnung der Liegenschaftsnummer allein nicht, sofern offenkundig und unzweifelhaft ist, um welches Grundstück es geht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2000, Zl. 2000/05/0011), im Spruch des angefochtenen Bescheides wird jedoch nur auf das Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 18. Juli und 21. November 2000 verwiesen und es wurden die diesbezüglichen Niederschriften "diesem Bescheid angeschlossen", die genaue Lage und der Umfang der enteigneten Grundflächen, ist jedoch weder dem Spruch des angefochtenen Bescheides noch diesen Niederschriften zu entnehmen. Die belangte Behörde geht vielmehr bei Formulierung des Spruches ("voraussichtlich" beanspruchte Fläche) betreffend den Umfang der zu enteignenden Grundflächen davon aus, dass zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides abschließend noch nicht feststeht, wie groß die tatsächlich enteignete Fläche ist. Auf welche Pläne sich die Enteignung stützt ist auch der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht zu entnehmen. Dass ein entsprechender Plan den Betroffenen mit dem Enteignungsbescheid zugestellt worden ist, ergibt sich weder aus dem angefochtenen Bescheid noch wird solches von der belangten Behörde behauptet.
Der angefochtene Bescheid leidet daher schon aus diesem Grund an einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Der Verwaltungsgerichtshof weist darauf hin, dass im Enteignungsbescheid begründet darzulegen ist, warum Grundflächen dauernd oder nur vorübergehend in Anspruch genommen werden und - sofern erforderlich - auch eine Entscheidung über die Einlösung eines Grundstücksrestes mit nachvollziehbarer Begründung zu treffen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Mai 1976, VwSlg 9049/A, u. a.). Da die Enteignung nur im unbedingt erforderlichen Umfang erfolgen darf und erst die genaue Kenntnis der von ihr betroffenen Fläche die gebotene Erörterung ermöglicht, ob der Belastete in einer notwendigen Bauführung oder in der ordentlichen Bewirtschaftung seines Grundstückes wesentlich gehindert ist, ist es ausgeschlossen, die Bestimmung des endgültigen Ausmaßes der zu belastenden Grundstücksteile einem Vorgang nach Erlassung des Enteignungsbescheides vorzubehalten.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 18. November 2003
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter AbspruchBegründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001050327.X00Im RIS seit
10.12.2003Zuletzt aktualisiert am
24.03.2009