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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §243;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des Harald S in V und der Helga H in R, beide vertreten durch Dr. Frank Kalmann, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Pernhartgasse 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Klagenfurt, vom 28. August 2003, RV/108-K/03, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:
Die aus den beiden Beschwerdeführern gebildete Miteigentumsgemeinschaft vermietet Appartements.
Die Miteigentumsgemeinschaft hat Umsatzsteuervoranmeldungen für das zweite, das dritte und das vierte Kalendervierteljahr 1995 eingereicht (Vorsteuerüberschüsse von 90.025 S, 34.561 S und 68.211 S).
Mit vorläufigem Umsatzsteuer-Jahresbescheid vom 14. Jänner 1998 setzte das Finanzamt die Jahresumsatzsteuer für 1995 mit - 192.846 S fest. Im Bescheid wird auch ausgeführt, dass die Umsatzsteuer bisher mit - 68.211 S vorgeschrieben gewesen sei ("Vorsoll").
Mit Bescheid vom 29. März 2001 wurde der vorläufige Umsatzsteuerbescheid 1995 inhaltlich unverändert als endgültiger Bescheid übernommen (§ 200 Abs 2 BAO).
Mit Bescheid der Finanzlandesdirektion vom 12. Juli 2001 wurde der endgültige Umsatzsteuerbescheid 1995 gemäß § 299 Abs 1 lit b BAO aufgehoben und begründend ausgeführt, das Finanzamt habe die Umsatzsteuervoranmeldungen für das zweite Quartal 1995 (Vorsteuerüberschuss von 90.025 S) und für das dritte Quartal 1995 (Vorsteuerüberschuss von 34.561 S) in den Umsatzsteuer-Jahresbescheiden nicht dem Jahr 1995 (sondern dem Jahr 1996) zugeordnet. Richtigerweise hätte im Umsatzsteuerbescheid 1995 ausgesprochen werden müssen, dass der festzusetzenden Jahres-Umsatzsteuer für 1995 eine bisherige Festsetzung von -192.797 S gegenüberstehe.
Dieser Bescheid der Finanzlandesdirektion vom 12. Juli 2001 wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 2002, 2001/14/0203, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Der angefochtene Bescheid gehe zu Unrecht davon aus, dass Teile des Spruches des Umsatzsteuerbescheides vom 29. März 2001 unrichtig seien, und zwar der Ausspruch über die Differenz zwischen dem "Vorsoll" und der Abgabenhöhe. Die Worte "bisher war vorgeschrieben" des in Rede stehenden Bescheidteiles ließen erkennen, dass dieser Teil nicht zum Spruch des Bescheides gehöre. Der Aussage über das Vorsoll und die Differenz zwischen dem "Vorsoll" und der Abgabenhöhe komme jedenfalls dann ausschließlich Informationscharakter zu, wenn für diese Differenz keine Fälligkeit festgesetzt werde. Dieser Teil des Bescheides bringe in einem solchen Fall keinen normativen Willen der Behörde zum Ausdruck, was die belangte Behörde verkannt habe. Es habe daher kein Grund für die Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides durch die belangte Behörde vorgelegen.
Mittlerweile hatten die Beschwerdeführer am 28. September 2001 Berufung gegen den - mit Bescheid der Finanzlandesdirektion vom 12. Juli 2001 aufgehobenen - Umsatzsteuerbescheid 1995 eingebracht. Zur Begründung führten sie aus, sie bekämpften die "Vorschreibung" von -68.211 S. Eine Vorschreibung in dieser Höhe habe es nie gegeben, weshalb beantragt werde, die Umsatzsteuer endgültig mit -192.846 S festzusetzen.
Die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1995 wurde vom Finanzamt mit Bescheid vom 28. November 2001 mit der Begründung zurückgewiesen, der bekämpfte Umsatzsteuerbescheid sei nicht mehr im Rechtsbestand, weil er mit Bescheid der Finanzlandesdirektion vom 12. Juli 2001 aufgehoben worden sei.
Gegen den Zurückweisungsbescheid vom 28. November 2001 wurde am 3. Jänner 2002 Berufung eingebracht. Mit Bescheid der Finanzlandesdirektion vom 19. Dezember 2002, RV329/1-6/02, wurde diese Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, dass der bekämpfte Zurückweisungsbescheid nicht mehr dem Rechtsbestand angehöre.
Mit Bescheid vom 20. Jänner 2003 wies das Finanzamt die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1995 erneut zurück, diesmal mit der Begründung, die Berufung richte sich nicht gegen den Bescheidspruch, sie sei nicht darauf gerichtet, eine Änderung des Spruches herbeizuführen.
Die Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid vom 20. Jänner 2003 wurde mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde abgewiesen. Eine Berufung sei gemäß § 273 Abs 1 Z 1 (gemeint: lit. a) BAO zurückzuweisen, wenn sie unzulässig sei. Das sei u.a. dann der Fall, wenn sie sich nicht gegen den Spruch des Bescheides richte, sondern gegen die Begründung. Die Worte "bisher war vorgeschrieben" des Umsatzsteuerbescheides (also der Ausspruch über die Differenz zwischen Vorsoll und Abgabenhöhe) gehörten, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis 2001/14/0203 ausgesprochen habe, nicht zum Spruch des Bescheides, in welchem ausgeführt werde:
"Die Umsatzsteuer wird festgesetzt mit - 192.846,00 S bisher war vorgeschrieben - 68.211,00 S"
Da die Berufung vom 28. September 2001 weder gegen den Spruch des Bescheides gerichtet noch geeignet sei, eine Änderung des Spruches herbeizuführen, habe das Finanzamt zu Recht die Zurückweisung der Berufung ausgesprochen. Bei der gegebenen Sachlage sei auch kein Mängelbehebungsauftrag zu erteilen gewesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
In der Beschwerde wird vorgebracht, der Rechtsansicht der belangten Behörde, die Berufung sei nicht gegen den Spruch des Umsatzsteuerbescheides 1995 gerichtet, sei entgegenzuhalten, dass die Berufung eben nicht vollständig gewesen sei und - im Wege eines Mängelbehebungsauftrages nach § 275 BAO - hätte ergänzt werden müssen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 24. September 2002, 2001/14/0203, zu Recht erkannt, dass im Umsatzsteuerbescheid 1995 vom 29. März 2001 der Ausspruch über die Differenz zwischen dem "Vorsoll" und der Abgabenhöhe und die Worte "bisher war vorgeschrieben" nicht zum Spruch des Bescheides gehören. Der Aussage über das "Vorsoll" und die Differenz zwischen dem "Vorsoll" und der Abgabenhöhe komme im genannten Bescheid lediglich Informationscharakter zu.
§ 250 BAO lautet:
"(1) Die Berufung muss enthalten:
a)
die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
b)
die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
c)
die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d)
eine Begründung.
(2) Wird mit der Berufung die Einreihung einer Ware in den Zolltarif angefochten, so sind der Berufung Muster, Abbildungen oder Beschreibungen, aus denen die für die Einreihung maßgeblichen Merkmale der Ware hervorgehen, beizugeben. Ferner ist nachzuweisen, dass die den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildende Ware mit diesen Mustern, Abbildungen oder Beschreibungen übereinstimmt."
Gemäß § 275 BAO hat die Abgabenbehörde, wenn eine Berufung nicht den im § 250 Abs 1 oder Abs 2 erster Satz umschriebenen Erfordernissen entspricht, dem Berufungswerber die Behebung dieser inhaltlichen Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Berufung nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt.
Im gegenständlichen Fall bezeichnete die Berufung den Bescheid, gegen den sie sich richtet, und enthält eine Anfechtungserklärung, eine Erklärung, welche Änderungen beantragt werden, und eine Begründung, auch wenn sich Anfechtungserklärung und Erklärung, welche Änderungen beantragt werden, ausschließlich auf Bescheidbestandteile beziehen, die nicht zum Bescheidspruch zählen. § 250 Abs 2 erster Satz BAO erfasst nur Berufungen betreffend die Einreihung einer Ware in den Zolltarif. Im Beschwerdefall lagen daher die Voraussetzungen für einen Mängelbehebungsauftrag nicht vor.
Nur der Spruch eines Abgabenbescheides kann mit einem Rechtsmittel angefochten werden, nicht aber seine Begründung. Dies deshalb, weil nur der Spruch jene normativen Wirkungen zu entfalten vermag, die geeignet sind, in Rechte des Bescheidadressaten einzugreifen (vgl. auch Stoll, BAO-Kommentar Band 3, Seite 2787).
Die belangte Behörde führt im angefochtenen Bescheid zutreffend aus, dass im Beschwerdefall die Berufung der Beschwerdeführer weder darauf gerichtet noch geeignet war, eine Änderung des Spruchteiles des angefochtenen Bescheides herbeizuführen. Solcherart hat sie zu Recht die vom Finanzamt mit der Begründung, die Berufung richte sich ausschließlich gegen nicht zum Bescheidspruch zählende Bescheidbestandteile, ausgesprochene Zurückweisung der Berufung bestätigt (vgl das hg Erkenntnis vom 20. April 1995, 92/13/0086).
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die darin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 18. November 2003
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003140083.X00Im RIS seit
26.12.2003