TE Vwgh Erkenntnis 2003/11/18 2001/05/0329

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Veröffentlicht am 18.11.2003
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L80003 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Niederösterreich;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

BauO NÖ 1996 §35 Abs2 Z3;
BauO NÖ 1996 §4 Z6;
B-VG Art119a Abs5;
ROG NÖ 1976 §19 Abs2 Z1a;
ROG NÖ 1976 §19 Abs4;
ROG NÖ 1976 §19 Abs5;
ROG NÖ 1976 §21 Abs8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde des Ing. Helmut Burisch in Weidling, vertreten durch Dr. Horst Auer, Rechtsanwalt in Wien I, Börseplatz - Börsegasse 10, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 12. Juni 2001, Zl. RU1-V-01086/00, betreffend einen Abbruchauftrag (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Klosterneuburg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer einer mit einem Hauptgebäude bebauten Liegenschaft im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde (hier geht es um ein Nebengebäude).

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 23. März 2000 wurde dem Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf eine Verhandlung an Ort und Stelle vom 22. März 2000 aufgetragen, ein auf seiner Liegenschaft befindliches Gebäude, welches als Holzhütte für Gartengeräte in einem Ausmaß von ca. 4,50 m x 2,50 m in Riegelbauweise mit einem Satteldach, ca. 5,0 m von der rechten Grundstücksgrenze entfernt, "im Grünland Landwirtschaft" errichtet worden sei, innerhalb von einer Frist von sechs Monaten ab Rechtskraft des Bescheides zu entfernen. Aufgetragen wurde unter anderem weiters, dass die Bauteile abzubrechen und nach den einschlägigen Bestimmungen zu entsorgen seien. Fundamente seien bis zu 50 cm unter das Gartenniveau abzubrechen und es sei der ursprüngliche Zustand mit Besämung wieder herzustellen.

Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, wurde dies damit begründet, dass der dem Bach näher gelegene Teil der Liegenschaft des Beschwerdeführers als Bauland-Wohnen gewidmet sei, dahinter erstrecke sich ein Streifen Grünland-Landwirtschaft. Eine Bewilligung für diese Holzhütte sei niemals erfolgt. Es sei nicht als "GEB" (gemeint: erhaltenswertes Gebäude im Grünland) gewidmet, diene nicht einer landwirtschaftlichen Nutzung und könne als Holzhütte für Gartengeräte bezeichnet werden. Die Überprüfung durch die Behörde habe ergeben, dass die Liegenschaft keiner landwirtschaftlichen Nutzung diene und (damit) die Erforderlichkeit dieser Hütte für eine Nutzung gemäß § 19 Abs. 2 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes nicht gegeben sei.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er im Wesentlichen vorbrachte, das Gebäude sei bewilligungsfähig.

Mit Berufungsbescheid vom 28. März 2001 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und der bekämpfte erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtslage (§ 35 Abs. 2 Z 3 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996, sowie § 19 Abs. 2 Z 1a und Abs. 4 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1976) heißt es begründend, dem Beschwerdeführer sei beizupflichten, wenn er vorbringe, dass die gegenständliche Gerätehütte ein Nebengebäude im Sinne des § 4 Z 6 NÖ BO 1996 zu dem sich auf der Liegenschaft befindlichen Wohnhaus sei. Dieses Wohnhaus sei zwar nunmehr rechtswirksam als erhaltenswerter Bau im Sinne des § 19 Abs. 5 NÖ ROG 1976 gewidmet; diese Widmung als "Geb" sei jedoch im gegenständlichen Verfahren noch nicht anzuwenden (Hinweis auf § 22 Abs. 3 NÖ ROG 1976). Für die Gerätehütte gäbe es keine Baubewilligung. Sie sei jedenfalls nach der derzeitigen Rechtslage, insbesonders im Lichte des hier maßgeblichen Flächenwidmungsplanes, nicht bewilligungsfähig. Zwar sei gemäß einem Gemeinderatsbeschluss vom 22. September 2000 eine Änderung des Flächenwidmungsplanes auf "GEB"-Widmung beschlossen worden, doch sei diese Änderung von der Landesregierung noch nicht genehmigt worden. Gemäß § 22 Abs. 3 NÖ ROG 1976 werde das Abbruchverfahren durch Änderung der Rechtslage bzw. des Flächenwidmungsplanes nicht berührt, sodass die erstinstanzliche Behörde (und somit auch die Berufungsbehörde) den zu Beginn des Verfahrens und derzeit (noch) geltenden Flächenwidmungsplan anzuwenden habe. Es seien daher "die Argumente und die Entscheidung" der erstinstanzlichen Behörde vollinhaltlich zu bestätigen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung an die belangte Behörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Vorstellung stattgegeben, den bekämpften Berufungsbescheid behoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde verwiesen. Dies wird nach zusammengefasster Wiedergabe des Verfahrensganges und des Vorbringens des Beschwerdeführers damit begründet, der Gemeinderat habe, wie es im Berufungsbescheid heiße, am 29. September 2000 eine Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes beschlossen. Nach den Akten der belangten Behörde (diese sind näher bezeichnet) sei dieser Gemeinderatsbeschluss noch nicht der Landesregierung zur Genehmigung übermittelt worden, sodass auch die Frist des § 21 Abs. 8 NÖ ROG 1976 noch nicht zu laufen begonnen habe. Eine Erlassung bzw. Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes dürfe erst nach erfolgter Genehmigung durch die Landesregierung an der Amtstafel kundgemacht werden und gehöre erst nach Ablauf der vierzehntägigen Kundmachungsfrist dem Rechtsbestand an. Da dies hier noch nicht zutreffe, dürfe diese vom Gemeinderat beschlossene Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes im jetzigen Verfahrensstand nicht angewendet werden.

Nach dem derzeit gültigen örtlichen Raumordnungsprogramm sei das Wohnhaus auf dem Grundstück des Beschwerdeführers nicht als erhaltenswertes Gebäude im Grünland ("Geb") ausgewiesen. Daraus ergebe sich, dass die Ausführungen in der Begründung des bekämpften Berufungsbescheides, das Wohnhaus sei nunmehr als "Geb" gewidmet, nicht richtig sei.

Auch sei der Hinweis der Berufungsbehörde auf § 22 Abs. 3 NÖ ROG 1976 unzutreffend. Nach dieser Bestimmung würden baubehördliche Verfahren, die vor der Kundmachung des Entwurfes der Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes bereits anhängig gewesen sein, durch die Änderung nicht berührt. Hier handle es sich aber um ein Bauauftragsverfahren. Die genannte Bestimmung schließe die Änderung des Flächenwidmungsplanes zum Zwecke der Verhinderung eines Bauvorhabens aus, welches schon fertig geplant und für das die Baubewilligung schon beantragt worden sei. Hingegen könne sehr wohl ein anhängiges Abbruchverfahren durch eine Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes berührt werden.

Unverständlich für die Aufsichtsbehörde seien die Ausführungen im bekämpften Berufungsbescheid, wonach die derzeitige konsenslose Gerätehütte nach der derzeitigen Rechtslage (Unterstreichung im Original) nicht genehmigungsfähig sei: Nach § 19 Abs. 2 Z 4 NÖ ROG 1976 seien erhaltenswerte Bauten im Grünland baubehördlich bewilligte Hauptgebäude, die den in dieser Bestimmung genannten Kriterien entsprächen. § 19 Abs. 5 NÖ ROG 1976 regle die bauliche Erweiterung von "Geb" und die Änderung des Verwendungszweckes. Dies habe der Beschwerdeführer in seiner Vorstellung zwar richtig erkannt, jedoch übersehen, dass nach der Aktenlage die gegenständliche Hütte nicht an das bestehende Wohnhaus angebaut sei, sondern ein eigenes Nebengebäude darstelle. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung dürfe ein Nebengebäude für die Unterbringung von Gartengeräten nicht als "Geb" festgelegt werden.

Nach § 35 Abs. 2 Z 3 NÖ BO 1996 sei vor Erlassung eines Abbruchauftrages zu prüfen, ob eine nachträgliche Bewilligung ausgeschlossen sei. Die Berufungsbehörde habe aber nach der Begründung des Berufungsbescheides eine nachträgliche Baubewilligung für die Holzhütte nicht ausgeschlossen.

Die weitere Auflage im erstinstanzlichen Bescheid, wonach die Bauteile abzubrechen und nach den einschlägigen Bestimmungen zu entsorgen, Fundamente bis 50 % unter das Gartenniveau abzubrechen seien und der ursprüngliche Zustand mit Besämung wieder herzustellen sei, finde keine gesetzliche Grundlage und wäre von der Berufungsbehörde mangels gesetzlicher Deckung aufzuheben gewesen.

Da der bekämpfte Berufungsbescheid mehrfach mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet sei, sei der Vorstellung stattzugeben gewesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bekämpft nicht den Spruch des angefochtenen Bescheides, sondern ausschließlich die Ausführungen der belangten Behörde in der Begründung, wonach nach § 19 Abs. 2 Z 4 NÖ ROG 1976 erhaltenswerte Bauten im Grünland baubehördlich bewilligte Hauptgebäude seien, die den in dieser Bestimmung angeführten Kriterien entsprächen. Die bauliche Erweiterung von "Geb" und die Änderung des Verwendungszweckes werde im § 19 Abs. 5 leg. cit. geregelt. Dies habe der Beschwerdeführer in seiner Vorstellung zwar richtig erkannt, jedoch übersehen, dass nach der Aktenlage die gegenständliche Hütte nicht an das bestehende Wohnhaus angebaut sei, sondern ein eigenes Nebengebäude darstelle. Nach dem Wortlaut der genannten Bestimmung dürfe ein Nebengebäude für die Unterbringung von Gartengeräten nicht als "Geb" gewidmet werden.

Es trifft zu, dass (zwar nicht alle Begründungselemente, aber) die tragenden Aufhebungsgründe einer kassatorischen Vorstellungsentscheidung Bindungswirkung für das fortgesetzte Verfahren entfalten und aus diesem Blickwinkel eine Beschwerdelegitimation zu bejahen ist. Ein tragender Aufhebungsgrund war fraglos (wie unbestritten), dass der Auftrag, die Bauteile seien abzubrechen und nach einschlägigen Bestimmungen zu entsorgen und Fundamente 50 cm unter das Gartenniveau abzubrechen und es sei der ursprüngliche Zustand mit Besämung wiederherzustellen, rechtswidrig sei. Dieser Aufhebungsgrund, den der Beschwerdeführer auch nicht bestreitet, wird von ihm nicht bekämpft. Zu prüfen ist daher, ob der - in seinem Begründungsduktus nicht ganz klare - angefochtene Bescheid einen weiteren tragenden Aufhebungsgrund enthält. Das ist zu verneinen:

In der Begründung werden zwar verschiedene Argumente und Rechtsauffassungen dargelegt (darunter - zutreffend -, dass auf eine mangels Genehmigung durch die Landesregierung noch nicht rechtswirksame Umwidmung des Hauptgebäudes als "Geb" nicht Bedacht zu nehmen gewesen wäre, wie auch, dass § 22 Abs. 3 NÖ ROG 1976 im Bauauftragsverfahren nicht gilt), ein weiterer, die Aufhebung tragender Grund ist daraus aber nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit zu entnehmen. Daraus folgt, dass den vom Beschwerdeführer bekämpften Teilen der Begründung keine Bindungswirkung zukommt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Dies konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG ohne Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung erfolgen, weil es hier um die Auslegung des Inhaltes des angefochtenen Bescheides ging und daher die vom Beschwerdeführer bekämpfte Rechtsauffassung der belangten Behörde, die keine Bindungswirkung für das fortgesetzte Verfahren entfaltet, nicht auf ihre Richtigkeit zu untersuchen war (und darum geht es dem Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. November 2003

Schlagworte

Bindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde Ersatzbescheid

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001050329.X00

Im RIS seit

23.12.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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