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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FrG 1997 §10 Abs2 Z5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wechner, über die Beschwerde der K, vertreten durch Dr. Gottfried Waibel, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. Februar 2003, Zl. 1138.534/10-II/3/03, betreffend Erteilung eines Visums, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Serbien und Montenegro, stellte mit dem durch ihren rechtsanwaltlichen Vertreter bei der österreichischen Botschaft in Belgrad eingebrachten Schriftsatz vom 11. Dezember 2001 den Antrag, "D-Visas (Aufenthaltsvisas) mit der Dauer von jeweils sechs Monaten für die Jahre 2002, 2003 und 2004 auszustellen". Zur Begründung brachte die Beschwerdeführerin unter Vorlage entsprechender Urkunden vor, sie habe am 24. Juli 2001 den am 12. Mai 1977 in Österreich geborenen GK. geheiratet. Dieser habe "am 12. Mai 1977" eine "unbefristete Niederlassungsbewilligung" erhalten, er sei im Besitz eines Befreiungsscheines und in Österreich beschäftigt. Betreffend die Beschwerdeführerin sei zwar ein Verfahren zur Erteilung einer Niederlassungsbewilligung bei der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch eingeleitet worden, doch habe eine Nachfrage ergeben, dass mangels Quotenplatzes für 2002 eine Niederlassungsbewilligung nicht erteilt werden könne und auch im Jahr 2003 mit keiner Bewilligung zu rechnen sei. Die Beschwerdeführerin wolle ihre Angehörigen längerfristig besuchen, was auch gemäß Art. 8 EMRK gerechtfertigt sei. Sie verwies schließlich noch auf das Bestehen einer entsprechenden Unterkunft, auf das laufende Einkommen ihres Ehegatten und darauf, dass sie bei einer Visumserteilung und einem Aufenthalt in Österreich bei ihrem Mann "mitversichert" sei.
Mit dem angefochtenen, nach § 93 Abs. 4 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, im Devolutionsweg ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres wurde dieser Antrag der Beschwerdeführerin "auf Erteilung eines Visums D ... gemäß § 10 Abs. 2 Zif. 5 FrG abgewiesen."
Nach einer kurzen Wiedergabe des Antragsinhaltes, des bisherigen Verwaltungsgeschehens und des Inhaltes der die Zuständigkeit regelnden §§ 88 Abs. 2 und 93 Abs. 4 FrG begründete die belangte Behörde diese Entscheidung (nur) wie folgt:
"Da Sie selbst angeben, bereits bei der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung eingebracht zu haben, mangels eines Quotenplatzes jedoch bis 2004 nicht mit einer solchen zu rechnen sei, und auch Ihr nunmehriger Antrag auf die mehrmalige Erteilung von Visa D abzielt, kann zu Recht angenommen werden, dass Sie einen längerfristigen Aufenthalt im Bundesgebiet beabsichtigen. Hiefür benötigen Sie jedoch gemäß §§ 19 FrG zwingend einen Aufenthaltstitel in Form einer Niederlassungsbewilligung.
Es bestehen daher begründete Zweifel an Ihrer Wiederausreise, weshalb die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Zif. 5 FrG vorliegen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshofes nach Vorlage (eines Teiles) der Verwaltungsakten erwogen hat:
Mit dem gegenständlichen Antrag begehrte die Beschwerdeführerin die Erteilung eines Aufenthaltsvisums (Visum für den längerfristigen Aufenthalt, Visum D) im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 4 FrG. Nach § 6 Abs. 3 FrG können Visa für die Einreise zu einem sechs Monate nicht übersteigenden Aufenthalt ausgestellt werden. Die belangte Behörde begründete die Abweisung dieses Antrages nur mit dem - ihrer Ansicht nach gegebenen - Vorliegen der Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Z 5 FrG. Danach kann die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels wegen Gefährdung öffentlicher Interessen (§ 8 Abs. 3 Z 2 FrG) versagt werden, "wenn Grund zur Annahme besteht, der Fremde werde nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Titels das Bundesgebiet nicht unaufgefordert verlassen."
Diese vom Gesetz geforderte "Annahme" wurde im angefochtenen Bescheid - in dem im Übrigen missverständlich vom Bestehen "begründeter Zweifel" die Rede ist - nicht schlüssig begründet. Die belangte Behörde folgerte aus dem von der Beschwerdeführerin gestellten Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung in Verbindung mit dem gegenständlichen Antrag, die Beschwerdeführerin beabsichtige einen "längerfristigen Aufenthalt" im Bundesgebiet. Eine solche Absicht rechtfertigt aber für sich genommen - ein diesbezüglich relevantes (fremdenrechtliches) Fehlverhalten der Beschwerdeführerin in der Vergangenheit hat die belangte Behörde nicht angenommen - nicht die Schlussfolgerung, die Beschwerdeführerin werde sich im Falle der Erteilung des beantragten Visums nicht rechtskonform verhalten und ihrer Ausreiseverpflichtung nach Ablauf der Gültigkeitsdauer nicht entsprechen (vgl. zur nicht ausreichend begründeten Annahme einer Umgehungsabsicht hinsichtlich der Quotenregelung den hg. Beschluss vom 13. Dezember 2002, Zl. 99/21/0042, und die dort zitierten Erkenntnisse).
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Von der Durchführung der in der Beschwerde beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG Abstand genommen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 19. November 2003
Schlagworte
Begründung Begründungsmangel Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003210025.X00Im RIS seit
19.12.2003