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95/08 Sonstige Angelegenheiten der Technik;Norm
IngG 1990 §4 Abs1 Z1 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Dr. Karin Metz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Zollergasse 2/51, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 9. Juli 2001, Zl. 91.508/27243-III/7/01, betreffend Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz 1990, BGBl. Nr. 461, nicht stattgegeben.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es unter anderem:
"...
Am 9.5.2001 haben Sie eine Mappe betreffend die Dienstleistungen der HW. Twaroch Gesellschaft m.b.H. nachgereicht. Darin sind die Gewerke Austro-Schnee, AS-Gebäudeservice, AS Dienstleistungen, AS Erdgewerke näher beschrieben und erläutert.
Im weiteren Verlauf des Verfahrens wurden Sie eingeladen Ihren Antrag durch die Vorlage einer Sozialversicherungszeitenbestätigung der zuständigen Gebietskrankenkasse und durch Konstruktionszeichnungen betreffend Fahrzeugaufbauten der letzten 3 Jahre, die Sie im Schreiben vom 15.3.2001 geltend gemacht haben, sowie durch zusätzliche Angaben über Ihre Eingliederung, den Geschäftsumfang und Größe des Betriebes durch Ausfüllung eines Erhebungsbogens zu ergänzen.
Dem retournierten Erhebungsbogen konnte entnommen werden, dass der Gegenstand der HW. Twaroch GesmbH die Gewerke Verkehrsflächenbetreuung, Denkmal- und Gebäudereinigung, Taubenabwehr, Transporte, Extremflächenbegrünung, Produktion von Spezialsubstraten umfasst. Die HW. Twaroch GesmbH beschäftigt insgesamt 10 Arbeiter und 15 Angestellte, saisonbedingt zusätzlich 150 Mitarbeiter als Subunternehmer.
Als wesentliche maschinelle und technische Ausstattung beinhaltet das Unternehmen eine KFZ - Reparaturwerkstätte, Schlosserei, einen Fuhrpark, Gartenbaugeräte, Kommunalgeräteträger, Produktionseinrichtungen für Kultursubstrate.
Bei der Beschreibung Ihrer Tätigkeiten, aufgeschlüsselt in Prozenten, wurde Folgendes geltend gemacht:
1. Kalkulation, Kundenkorrespondenz (Angebote, Rechnungen, ...) 10 %
2. Arbeitsvorbereitung & Rationalisierung, Routenplanung und Routenoptimierung 10 %
3.
Vermessung von Liegenschaften, Erstellung von Lageplänen 9 %
4.
Einkauf von eigens entwickelter Software, Erstellung von Anforderungsprofilen und Pflichtenheft, Lieferantenverhandlungen 15 %
5. Prospekterstellung, technische Produktblätter, Durchführung von Werbeaktionen, Inseratengestaltung 13 %
6. Betriebsabrechnung, Erstellung eines Prämiensystems, Spartenerfolgsrechnung, Prämienberechnungen, Kostenrechnung 15 %
7. Konstruktion von Fahrzeuganbaugeräten, Fahrzeugeinrichtung 8 %
8. Betreuung des EDV-Netzwerkes, Netzwerkadministration, Userverwaltung, Neuanschaffung und Installation von Hardware 15 %
Aus der oben zitierten Verordnungsbestimmung folgt, dass die für die Verleihung des Ingenieurtitels erforderliche Berufspraxis überwiegend Tätigkeiten zum Gegenstand haben muss, die den vermittelten Lehrinhalten der gewählten Fachrichtung - im vorliegenden Fall 'Maschinenbau - Betriebstechnik' - entsprechen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30. September 1997, Zahl 97/04/0118, feststellte, muss die erforderliche Berufspraxis überwiegend Tätigkeiten zum Gegenstand haben, die jenen Lehrinhalten entsprechen, die das Spezifikum (Fachrichtung) jener höheren technischen Lehranstalt darstellen, die vom Antragsteller mit Ablegung der Reifeprüfung absolviert wurde.
Eine Praxis im Sinne des Ingenieurgesetzes kann demnach nur eine solche berufliche Betätigung sein, die auf die durch die Absolvierung der jeweiligen Fachrichtung erworbenen Kenntnisse abstellt.
Aus der Stundentafel Ihres Reifeprüfungszeugnisses ist erkennbar, dass neben den allgemein-bildenden Fächern der Schwerpunkt der Ausbildung in den Gegenständen Mechanik, Kinematik und Getriebelehre, Maschinenelemente mit Konstruktionsübungen, Maschinenkunde, Mechanische Technologie, Elektrotechnik mit Übungen, Werkzeug- und Vorrichtungsbau, Werkzeugmaschinen, Konstruktionsübungen, Steuerungs- und Regelungstechnik sowie Betriebstechnik gelegen war.
Anrechenbare Tätigkeiten, wie die Planung und Berechnung von Maschinen und technischen Anlagen oder die Konstruktion von Bauteilen und Baugruppen der Fertigungstechnik, Produktionsplanung und -steuerung, kostengünstige Gestaltung eines maschinenbaulichen Betriebes etc. die höhere Fachkenntnisse des Fachgebietes Maschinenbau-Betriebstechnik voraussetzen, gehen aus dem obzitierten Praxiszeugnis nicht hervor und sind in einem Unternehmen das sich mit der Verkehrsflächenbetreuung, Denkmal- und Gebäudereinigung, Taubenabwehr, Transporte, Extremflächenbegrünung sowie mit der Produktion von Spezialsubstraten beschäftigt in der Regel nicht anzunehmen.
Die geltend gemachte Berufspraxis bei der HW. Twaroch GmbH mit den Gewerken Verkehrsflächenbetreuung, Denkmal- und Gebäudereinigung, Taubenabwehr, Transporte, Extremflächenbegrünung, Produktion von Spezialsubstraten hat somit nicht überwiegend Tätigkeiten zum Gegenstand, die das Spezifikum des Fachgebietes Maschinenbau - Betriebstechnik darstellen, sondern weist überwiegend Tätigkeiten auf, die in einem derartigen Unternehmen als eigentümlich zu bezeichnen sind.
Daran vermag auch die vereinzelte Konstruktionstätigkeit im Umfang von 8 % (Planverfasser ist nicht ersichtlich) im Vergleich zur Gesamttätigkeit nichts ändern. Der Punkt Kalkulation von 10 % bezieht sich auf allfällige Tätigkeiten die im Rahmen der Gewerbeberechtigungen täglich anfallen.
..."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer gab dazu eine Äußerung ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz 1990, BGBl. Nr. 461, ist die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" Personen zu verleihen, die
a) die Reifeprüfung nach dem Lehrplan inländischer höherer technischer oder höherer land- und fortwirtschaftlicher Lehranstalten erfolgreich abgelegt und
b) eine mindestens dreijährige Berufspraxis absolviert haben, die höhere Fachkenntnisse auf dem Fachgebiet voraussetzt, auf dem die Reifeprüfung abgelegt wurde.
Nach § 2 der zum Ingenieurgesetz 1990 ergangenen Durchführungsverordnung BGBl. Nr. 244/1991 ist eine berufliche Tätigkeit anzurechnen, wenn sie erlaubt und selbständig oder in einem Dienstverhältnis ausgeübt wurde und in überwiegendem Maße höhere Fachkenntnisse des Fachgebietes voraussetzt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine Berufspraxis, die nicht überwiegend Tätigkeiten zum Gegenstand hat, die jenen Lehrinhalten entsprechen, die das Spezifikum jener höheren technischen oder höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalt darstellen, die vom Antragsteller mit Ablegung der Reifeprüfung absolviert wurde, nicht als höherwertige Tätigkeiten im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. b Ingenieurgesetz 1990 angesehen werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 8. August 2003, Zl. 2001/04/0095, und die dort zitierte Vorjudikatur). Von dieser Rechtsprechung abzugehen, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch im Lichte des vorliegenden Beschwerdefalles nicht veranlasst.
Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, ihm werde vorgehalten, dass die Firma HW. Twaroch GmbH laut Einsicht in das zentrale Gewerberegister die Gewerke Verkehrsflächenbetreuung, Denkmal- und Gebäudereinigung, Taubenabwehr, Transporte, Extremflächenbegrünung, Produktion von Spezialerden umfasse. Weiters werde im angefochtenen Bescheid darauf verwiesen, dass diese Firma insgesamt 10 Arbeiter und 15 Angestellte sowie - saisonbedingt - noch zusätzlich 115 Mitarbeiter "als Subunternehmer" beschäftige; die wesentliche maschinelle und technische Ausstattung beinhalte eine Kfz-Reparaturwerkstätte, eine Schlosserei, einen Fuhrpark, Gartenbaugeräte, Kommunalgeräteträger sowie Produktionseinrichtungen für Kultursubstrate. Das Ingenieurgesetz 1990 spreche jedoch in keinem Paragraphen davon, welcher Betrieb dazu berufen sei, dem Beschwerdeführer eine anrechenbare Berufspraxis zu vermitteln.
Bei diesem Beschwerdevorbringen wird übersehen, dass es nach der oben wiedergegebenen hg. Rechtsprechung eben darauf ankommt, dass die verrichteten Tätigkeiten höhere Fachkenntnisse entsprechend der von ihm absolvierten Ausbildung erfordern, und auch solche sind, die den überwiegenden Teil der vom Antragsteller ausgeübten Tätigkeiten bilden (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 8. August 2003, Zl. 2001/04/0136). Insofern kommt es also - nach der Diktion der Beschwerde - auf den Betrieb (genauer: die dabei ausgeübten Tätigkeiten) zur Vermittlung einer anrechenbaren Berufspraxis an.
Wenn sich der Beschwerdeführer an anderer Stelle weiters darauf beruft, es sei nicht der "genaue Gewerbewortlaut der Firma HW. Twaroch GmbH" wiedergegeben worden, unterlässt es der Beschwerdeführer (auch nur andeutungsweise) darzutun, weshalb in diesem Umstand eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt werden könne und worin überhaupt ein Widerspruch zum "genauen Gewerbewortlaut" erblickt werde. Nicht nachvollziehbar im Hinblick auf die rechtliche Relevanz ist auch der Beschwerdevorwurf, es seien "nennenswerte Bestimmungen der Gewerbeordnung, hier insbesondere ... § 36 Abs. 1 i.V.m. § 33 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 i.d.F. BGBl. I Nr. 63/1997" unberücksichtigt gelassen worden.
Wenn nun an mehreren Stellen der Beschwerde in den Mittelpunkt der Ausführungen gestellt wird, der Schwerpunkt der Ausbildung des Beschwerdeführers sei im Bereich Betriebstechnik gewesen und erklärtes Ausbildungsziel der HTL Maschinenbau-Betriebstechnik sei es, wie es in der Beschwerde heißt, "den Absolventen in die Lage zu versetzen, die anfallenden organisatorischen, verwaltungstechnischen, ablaufplanerischen und verrechnungstechnischen Arbeiten in jedem Betrieb zu meistern", so ist auf das hg. Erkenntnis vom 30. September 1997, Zl. 97/04/0118, zu verweisen, in dem der Gerichtshof in einem vergleichbaren (ebenfalls "Maschinenbau-Betriebstechnik" betreffenden) Fall ausgesprochen hat, dass der Schwerpunkt der Ausbildung in Mathematik und der Herstellung von Maschinen gelegen war; gem. § 43 Abs. 2 VwGG wird auf dieses Erkenntnis verwiesen.
Aber selbst dann, wenn dem in der Beschwerde und vor allem in der Äußerung zur Gegenschrift der belangten Behörde vertretenen Standpunkt, dass der Schwerpunkt der Ausbildung der Bereich "Betriebstechnik" und nicht der Bereich "Maschinenbau" gewesen sei, weshalb auch der Name dieser Fachrichtung ohne wesentliche Lehrplanänderung im Jahr 1992 in "Wirtschaftsingenieurwesen" umgewandelt worden sei, gefolgt würde, änderte dies nichts daran, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt wurde. Die belangte Behörde ist nämlich in nicht als rechtswidrig zu erkennender Weise sichtlich davon ausgegangen, bei dem hier in Frage stehenden Gewerbe würden Tätigkeiten ausgeübt, die typischerweise im Rahmen eines Gewerbes anfallen, für dessen Antritt nicht eine entsprechend höhere Ausbildung gefordert ist. Es wäre daher im Sinne der ständigen hg. Rechtsprechung Sache des Beschwerdeführers gewesen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 8. August 2003, Zl. 2001/04/0136), konkret darzustellen, dass ungeachtet dessen die von ihm verrichteten Tätigkeiten derartige höhere Fachkenntnisse (dem Beschwerdevorbringen folgend) auf dem Gebiet der Betriebstechnik erfordern (die in der Ausbildung erworbenen Fähigkeiten Voraussetzung für die ordnungsgemäße und fachgerechte Ausführung der beruflichen Tätigkeit sind). Vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens ist nicht zu sehen, dass der Beschwerdeführer derartige konkrete Ausführungen betreffend die ausgeübten Tätigkeiten und jene Umstände, denen das Erfordernis höherer Fachkenntnisse zu ihrer Ausübung - auch auf dem Gebiet der Betriebstechnik - zu entnehmen gewesen sei, und zwar (auch) dahin, dass solche Tätigkeiten den überwiegenden Teil der vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeiten zu bilden haben. Insofern hat es der Beschwerdeführer auch unterlassen, die Wesentlichkeit der behaupteten Verfahrensfehler darzutun; führen Verfahrensfehler doch nur dann zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn sie wesentlich im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG sind, d. h. wenn die Behörde bei ihrer Vermeidung zu einem im Ergebnis anders lautenden Bescheid gelangt wäre, wobei der Beschwerdeführer die Wesentlichkeit behaupteter Verfahrensmängel darzutun hat.
Soweit in der Beschwerde die Behauptung einer unterschiedlichen Vollzugspraxis aufgestellt wird (es sei bereits 3 Technikern der gegenständlichen Firma, die die HTL, Fachrichtung "Maschinenbau-Betriebstechnik", absolviert hätten, die Standesbezeichnung "Ingenieur" verliehen worden), genügt es darauf hinzuweisen, dass selbst dann, wenn dies zutreffen sollte, der Beschwerdeführer dadurch nicht in seinen Rechten verletzt wurde, weil aus einem rechtswidrigen Verhalten der Behörde in anderen Fällen kein Anspruch des Beschwerdeführers auf ein ebensolches ihm gegenüber abgeleitet werden kann.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 19. November 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001040164.X00Im RIS seit
22.12.2003