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50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §87 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der Dr. R Immobiliengesellschaft mbH in Liquidation in W, vertreten durch Koller & Schreiber, Rechtsanwälte Partnerschaft in 1180 Wien, Aumannplatz 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 21. Juli 2003, Zlen. MA 63-946/2003 und MA 63-947/2003, betreffend Entziehung von Gewerbeberechtigungen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 21. Juli 2003 hat der Landeshauptmann von Wien (die belangte Behörde) der Beschwerdeführerin die Gewerbeberechtigungen für die Immobilienverwaltung und die Tätigkeit des Immobilienmaklers an einem näher bezeichneten Standort in Wien gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 iVm § 13 Abs. 3 GewO 1994 entzogen.
Nach der Begründung dieses Bescheides sei ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Beschwerdeführerin mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 22. November 2001 mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Über Anfrage hätten die Bezirksgerichte Josefstadt und Döbling die Anhängigkeit von je drei Exekutionsverfahren gegen die Beschwerdeführerin bekannt gegeben. Die Gesamtsumme der betriebenen Verbindlichkeiten belaufe sich auf EUR 140.681,58. Dieses Ergebnis des Ermittlungsverfahrens sei der Beschwerdeführerin nachweislich zur Kenntnis gebracht worden. Mit Schreiben vom 25. Juni 2003 habe die Beschwerdeführerin hiezu mitgeteilt, dass das übermittelte Beweisergebnis unbestritten bleibe, jedoch vorgebracht werde, dass die Voraussetzungen zum Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 vorlägen. Nach dieser Bestimmung könne die Behörde von der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. (Abweisung eines Konkursantrages mangels kostendeckenden Vermögens) absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen sei. Dies sei dann der Fall, wenn auf Grund der wirtschaftlichen Lage des Gewerbeberechtigten erwartet werden könne, dass er seinen Zahlungspflichten bei Fälligkeit nachkommen könne. Dazu müssten die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der Verbindlichkeiten vorhanden sein. Die für das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 erforderlichen Feststellungen würden notwendigerweise ein entsprechendes Vorbringen und Bescheinigungsanerbieten der Partei voraussetzen. Gegen die Beschwerdeführerin seien unstrittig Exekutionsverfahren wegen Verbindlichkeiten in der Höhe von mehr als EUR 140.000 anhängig. Die Beschwerdeführerin habe trotz ihrer Berufung auf § 87 Abs. 2 leg. cit. weder eine Ratenzahlungsvereinbarung noch ein sonstiges Bescheinigungsmittel zum Beweis dafür vorgelegt, dass die in Exekution gezogenen Forderungen auch tatsächlich befriedigt oder zumindest regelmäßig bedient würden. Die von § 87 Abs. 2 GewO 1994 geforderte positive Liquiditätsprognose könne daher im gegenständlichen Fall nicht getroffen werden.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete, Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluss bewirken, vorliegt.
§ 13 Abs. 3 leg. cit. ordnet an, dass Rechtsträger von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende ausgeschlossen sind, wenn (Z. 1) der Konkurs mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet wurde und (Z. 2) der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist.
Gemäß § 14 Abs. 3 Insolvenzrechtseinführungsgesetz idF BGBl. Nr. 114/1997 ist die Einsicht in die Eintragung der Konkursabweisungen mangels Masse nach drei Jahren nach der Eintragung nicht mehr zu gewähren.
Gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen rechtskräftiger Nichteröffnung eines Konkurses mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.
Im Beschwerdefall ist das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 nicht strittig. Die Beschwerdeführerin macht jedoch geltend, dass gemäß § 87 Abs. 2 leg. cit. von der Entziehung der Gewerbeberechtigung Abstand genommen hätte werden müssen. Die belangte Behörde habe den Umstand, dass alle festgestellten Exekutionsverfahren bereits vor mehr als einem Jahr eingeleitet worden seien und seither keine neuen Exekutionen hinzugekommen seien, ebenso wenig berücksichtigt wie die ergänzenden Ausführungen der Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom 25. Juli 2003. In diesem Schriftsatz habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, dass die meisten anhängigen Exekutionsverfahren einzustellen seien, weil die Forderungen bezahlt bzw. ein Vergleich abgeschlossen worden sei. Überdies sei darauf hingewiesen worden, dass es sich bei den angeführten Laufnummern teilweise um idente Forderungen handle. Die belangte Behörde habe lediglich die Forderungen zusammengerechnet, nicht jedoch den Stand der Exekutionsverfahren in die Wertung einbezogen.
Überdies habe die belangte Behörde die Beschwerdeführerin nicht aufgefordert, mitzuteilen, über welches Vermögen sie verfüge und wie sie beabsichtige, die noch offenen Verbindlichkeiten zu berichtigen. Die Beschwerdeführerin sei ihrer Verpflichtung zur Mitteilung dieser Umstände im Rahmen der Mitwirkungspflicht jedoch von sich aus nachgekommen und habe der belangten Behörde mit Schriftsatz vom 25. Juli 2003 zur Kenntnis gebracht, dass die meisten Exekutionsverfahren infolge Bezahlung bzw. Vergleichsabschlusses einzustellen seien.
Bei der Beurteilung, ob das Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 2 vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist, geht es ausschließlich darum, dass die Zahlungspflichten gegenüber allen Gläubigern gleichermaßen bei Fälligkeit erfüllt werden. Es muss daher die pünktliche Erfüllung aller Zahlungspflichten erwartet werden können. Die Erfüllung des vorwiegenden Gläubigerinteresses erfordert ferner, dass der Gewerbetreibende hinsichtlich aller gegen ihn bereits bestehenden Forderungen Zahlungsvereinbarungen abgeschlossen hat und diese auch pünktlich erfüllt (vgl. zum Ganzen die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur Gewerbeordnung2, 756 f, RZ 33 zu § 87, zitierte hg. Judikatur).
Nach dem Beschwerdevorbringen hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 25. Juli 2003 vorgebracht, dass "die meisten" anhängigen Exekutionsverfahren wegen Bezahlung der Forderung oder Abschluss eines Vergleiches einzustellen seien. Abgesehen davon, dass die Beschwerdeführerin nicht behauptet, diesen Schriftsatz vor Erlassung des angefochtenen Bescheides (Zustellung an die Beschwerdeführerin laut Beschwerde am 27. August 2003) eingebracht zu haben, hat sie damit nicht vorgebracht, bezüglich aller bestehender Forderungen Zahlungsverpflichtungen getroffen zu haben und diese auch zu erfüllen. Die Nichtberücksichtigung dieses Schriftsatzes durch die belangte Behörde stellt daher jedenfalls keinen relevanten Verfahrensmangel dar.
Die weitere Gewerbeausübung ist daher schon deshalb nicht im Interesse der Gläubiger gelegen, weil die Beschwerdeführerin nicht hinsichtlich aller gegen sie bestehenden Forderungen Zahlungsvereinbarungen abgeschlossen hat und diesen Vereinbarungen pünktlich nachkommt.
Aus diesen Gründen lässt bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.
Wien, am 19. November 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003040157.X00Im RIS seit
26.12.2003Zuletzt aktualisiert am
11.10.2010