TE Vwgh Erkenntnis 2003/11/19 2001/21/0001

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Veröffentlicht am 19.11.2003
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §58 Abs2;
FrG 1993 §69 Abs1;
FrG 1993 §69 Abs2;
FrG 1993 §69 Abs5;
FrG 1997 §93 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wechner, über die Beschwerde der T, vertreten durch Dr. Nader Mahdi, Rechtsanwalt in 6112 Wattens, Bahnhofstraße 21, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Bukarest vom 22. November 2000, Zl. 221/440/00, betreffend Versagung eines Visums, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin vom 29. September 2000 auf Erteilung eines Visums (in der Beschwerde als Reisevisum - Visum C bezeichnet) gemäß § 10 Abs. 2 Z. 5 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, mit folgender Begründung ab: Es bestehe Grund zur Annahme, der Fremde werde nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Titels das Bundesgebiet nicht unaufgefordert verlassen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 93 Abs. 1 FrG haben Antragsteller in Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes zweckdienlichen Urkunden und sonstige Beweismittel selbst vorzulegen; die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

Abs. 2 dieser Bestimmung sieht vor, dass über schriftlichen oder niederschriftlichen Antrag der Partei die Entscheidung gemäß Abs. 1 auch schriftlich auszufertigen ist; hiebei sind außer der getroffenen Entscheidung die maßgeblichen Gesetzesbestimmungen anzuführen; einer weiteren Begründung bedarf es nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof sprach zu der inhaltsgleichen Vorgängerbestimmung (§ 69 des Fremdengesetzes 1992) bereits aus, dass es die Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens erfordern, dass der für eine Entscheidung maßgebliche Sachverhalt, wenn er schon nicht in der Begründung des Bescheides darzulegen ist, zumindest im Akt nachvollziehbar sein müsse; dieses Erfordernis gelte in Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden nach dem Fremdengesetz schlechthin (vgl. das Erkenntnis vom 5. November 1997, Zl. 96/21/0870.

In der Gegenschrift wies die belangte Behörde darauf hin, der Visumantrag habe wegen "Eintragung der Antragstellerin in SIS" abgewiesen werden müssen; von einem beabsichtigten Besuch ihres Kindes in Österreich - wie nun in der Beschwerde als Visumgrund angeführt - sei im Antrag keine Rede gewesen, sondern es habe die Beschwerdeführerin angegeben, ihre in Österreich lebende Schwester besuchen zu wollen.

Der belangten Behörde ist zuzustimmen, dass im Visumantrag als Zweck des Aufenthalts der Besuch der Schwester aufscheint. Weder dem angefochtenen Bescheid noch dem Akteninhalt lässt sich jedoch eine Begründung dafür entnehmen, warum im Sinn des § 10 Abs. 2 Z. 5 FrG Grund zur Annahme bestehe, die Beschwerdeführerin werde nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Titels das Bundesgebiet nicht unaufgefordert verlassen. Der erkennbar von der belangten Behörde auf dem Visumantrag handschriftlich geschriebene Vermerk "SIS" reicht mangels näherer Erläuterung zur Begründung der Annahme nicht aus, dass die Wiederausreise der Beschwerdeführerin nicht gesichert sei. Im Übrigen hätte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin Gelegenheit zu einer abschließenden Stellungnahme gemäß § 93 Abs. 1 FrG einräumen müssen.

Der angefochtene Bescheid ist somit mit einem Verfahrensmangel belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 19. November 2003

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001210001.X00

Im RIS seit

12.12.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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