TE Vwgh Erkenntnis 2003/11/19 2002/21/0180

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Veröffentlicht am 19.11.2003
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1997 §17 Abs1;
AsylG 1997 §19;
AsylG 1997 §21 Abs1 idF 1999/I/0004;
FlKonv Art31;
FrG 1997 §107 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs1 Z1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z6;
FrG 1997 §36 Abs2;
StGB §223 Abs2;
StGB §224;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wechner, über die Beschwerde des J, vertreten durch Dr. Benno Wageneder, Rechtsanwalt in 4910 Ried im Innkreis, Adalbert-Stifter-Straße 16, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 21. August 2002, Zl. Fr-152/02, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 21. August 2002 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen mazedonischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm §§ 37 bis 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein bis 18. März 2007 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Zur Begründung dieser Maßnahme führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 20. März 2002 (nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB) zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Wochen verurteilt worden, weil er am 16. Juli 2001 bei der Grenzübergangsstelle Nickelsdorf bei der versuchten Einreise nach Österreich eine nachgemachte italienische Aufenthaltsbewilligung (gemeinsam mit seinem Reisepass) vorgewiesen habe. Weiters habe er am 18. März 2002 von Slowenien kommend die Grenze zu Österreich illegal überschritten. Nach Ansicht der belangten Behörde lägen deshalb triftige Gründe für die Annahme vor, es bestünde auch in Zukunft die Gefahr, der Beschwerdeführer könnte die öffentliche Sicherheit (durch die Begehung von Urkundendelikten) und die öffentliche Ordnung (Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens) beeinträchtigen. Bei einer Gesamtbetrachtung sei - trotz Nichtvorliegens der im § 36 Abs. 2 FrG angeführten Voraussetzungen - die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes zulässig. Dem stehe § 21 Abs. 1 des Asylgesetzes 1997 (AsylG), obwohl dem Beschwerdeführer im Asylverfahren eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zuerkannt worden sei, nicht entgegen. Die Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wiege auch unter Berücksichtigung des Aufenthaltes des Schwiegervaters des Beschwerdeführers in Österreich schwerer als die Untersagung eines vorübergehenden Aufenthaltes im Schengener Gebiet, gelte es doch, dem illegalen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zur Wiederbegehung von Urkundendelikten wirksam entgegenzutreten. Aus diesen Erwägungen habe auch das der Behörde eingeräumte Ermessen nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers ausgeübt werden können. Schließlich führte die belangte Behörde noch zur Dauer des Aufenthaltsverbotes aus, aufgrund der mehrmaligen versuchten rechtswidrigen Einreisen in das Bundesgebiet sei nicht vorhersehbar, dass die Gefahr diesbezüglichen Fehlverhaltens in der Zukunft vor Ablauf des (von der Erstbehörde ausgehend von einer fünfjährigen Dauer) angenommenen Endtermins am 18. März 2007 wegfallen werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 36 Abs. 1 FrG die auf bestimmte Tatsachen gegründete Prognose, dass der (weitere) Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Gemäß § 36 Abs. 2 Z 6 FrG gilt als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1, wenn ein Fremder gegenüber einer österreichischen Behörde oder ihren Organen unrichtige Angaben über seine Person, seine persönlichen Verhältnisse, den Zweck oder die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gemacht hat, um sich die Einreise- oder Aufenthaltsberechtigung gemäß § 31 Abs. 1 und 3 FrG zu verschaffen. Die zuletzt erwähnte Bestimmung regelt, unter welchen Voraussetzungen sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten; das ist unter anderem der Fall, wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind (Abs. 1 Z 3).

Die Beschwerde bestreitet nicht den von der belangten Behörde festgestellten Einreiseversuch des Beschwerdeführers im Juli 2001 unter Verwendung eines gefälschten italienischen Aufenthaltstitels und den im März 2002 vorgenommenen illegalen Grenzübertritt. Sie wendet sich aber gegen die von der belangten Behörde vertretene Auffassung, es lägen deshalb triftige Gründe für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes vor, sodass es ausschließlich auf § 36 Abs. 1 FrG gestützt werden könne. Das von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang zitierte Erkenntnis vom 16. April 1999, Zl. 99/18/0085, betreffe einen (näher beschriebenen) "sehr krassen" Sachverhalt, der mit dem gegenständlichen Fall "in keinster Weise" vergleichbar sei.

Der Beschwerde ist zwar darin beizupflichten, dass dieses Erkenntnis keinen mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbaren Fall betrifft. Die diesem Erkenntnis zu entnehmende generelle Aussage, dass ein Aufenthaltsverbot auch ausschließlich auf § 36 Abs. 1 FrG gestützt werden könne, wenn triftige Gründe vorliegen, die zwar nicht die Voraussetzungen der in § 36 Abs. 2 FrG - demonstrativ - aufgezählten Fälle aufweisen, wohl aber bei einer Gesamtbetrachtung die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertigen, entspricht jedoch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Dass die Behörde Letzteres auch im vorliegenden Fall bejahte, begegnet im Hinblick auf die der Verurteilung des Beschwerdeführers zugrundeliegende Tathandlung des Gebrauches einer gefälschten fremdenrechtlich bedeutsamen öffentlichen Urkunde - wodurch im Übrigen der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 6 FrG erfüllt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2002, Zl. 2000/21/0092) - und wegen des illegalen Grenzübertrittes ohne Einreisetitel keinen Bedenken (vgl. zum Ganzen das Erkenntnis vom 27. Februar 2001, Zl. 98/21/0321). Wenn die belangte Behörde somit aus dem festgestellten Verhalten des Beschwerdeführers eine Prognose in der Form - so sind die Ausführungen der belangten Behörde sinngemäß zu verstehen - ableitet, dass er auch in Zukunft fremdenrechtliche Bestimmungen missachten und gegen die Zuverlässigkeit von Urkunden gerichtete strafbare Handlungen begehen könnte, so vermag der Gerichtshof eine Rechtswidrigkeit dieser Annahme nicht zu erkennen.

Dem Umstand, dass der Beschwerdeführer - wie die Beschwerde im Ergebnis ins Treffen führt - deshalb illegal eingereist sei bzw. einzureisen versucht habe, weil er in seinem Heimatland (seiner Ansicht nach) asylrechtlich relevanter Verfolgung ausgesetzt und seine Flucht untrennbar mit den kriegerischen Handlungen in Mazedonien im Jahr 2001 und seinen Folgen verbunden gewesen sei, käme nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine maßgebliche Bedeutung zu, weil nach § 21 Abs. 1 AsylG ein auf das vorliegende Fehlverhalten gestütztes Aufenthaltsverbot auch gegen einen Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung ergehen kann und dieser (ohnehin) bis zur rechtskräftigen Beendigung des Asylverfahrens umfassend vor Zurück- oder Abschiebung geschützt ist (vgl. das Erkenntnis vom 26. November 2002, Zl. 2002/18/0079; siehe auch dazu das Erkenntnis vom 27. Februar 2001, Zl. 98/21/0321). Der Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde habe die Gründe für die illegale Einreise "trotz Zugänglichkeit dieser Informationen aus dem Asylverfahren" ausgeblendet, geht daher schon deshalb ins Leere.

Nach Art. 31 Z 1 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) sollen die vertragschließenden Staaten keine Strafen wegen illegaler Einreise oder Anwesenheit über Flüchtlinge verhängen, die - direkt aus einem Gebiet kommend, wo ihr Leben oder ihre Freiheit im Sinne des Artikels 1 bedroht war - ohne Erlaubnis einreisen oder sich ohne Erlaubnis auf ihrem Gebiet befinden, vorausgesetzt, dass sie sich unverzüglich bei den Behörden melden und gute Gründe für ihre illegale Einreise oder Anwesenheit vorbringen. Aus dieser Bestimmung war - unabhängig von den Erwägungen im Erkenntnis vom 5. Oktober 2000, Zl. 98/21/0270, wonach sich aus Art. 31 GFK nicht ableiten lasse, dass die Behörde von der Erlassung eines (auf § 36 Abs. 2 Z 7 FrG gestützten) Aufenthaltsverbotes hätte absehen müssen, weil es sich dabei um keine Bestrafung im Sinne dieser Norm handle (vgl. in diesem Sinn auch das Erkenntnis vom 26. November 2002, Zl. 99/18/0134) - unter dem Gesichtspunkt der Ermessensübung im vorliegenden Fall schon deshalb nichts zu gewinnen, weil nicht angenommen werden musste, der Beschwerdeführer sei "direkt" im Sinne des Art. 31 Z 1 GFK aus Mazedonien nach Österreich - einmal über Ungarn, das andere Mal über Kroatien und Slowenien (dass er dort in irgendeiner Weise Verfolgung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat zu befürchten gehabt hätte, ist den Angaben des Beschwerdeführers nicht einmal ansatzweise zu entnehmen) - eingereist (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 2002, Zl. 2001/21/0087).

Gegen die im Ergebnis nicht zu beanstandende Beurteilung der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 37 FrG wendet sich die Beschwerde nicht. Im Hinblick auf den (bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides Ende August 2002) nur kurzen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich und in Anbetracht des Fehlens von maßgeblichen privaten Bindungen bestehen dagegen auch keine Bedenken.

Die Beschwerde wendet sich unter Hinweis auf den politischen und asylrechtlich relevanten Hintergrund der illegalen Einreise auch gegen die Dauer des Aufenthaltsverbotes. Ins Gewicht fallende Umstände, die entgegen den Ausführungen der belangten Behörde annehmen ließen, der Grund für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes werde vorhersehbarerweise früher wegfallen, werden damit aber nicht dargetan. Im Hinblick auf den datumsmäßig festgelegten Endtermin wird die bei Aufenthaltsverboten, die nur auf die Tatbestandsverwirklichung des § 36 Abs. 2 Z 6 FrG gestützt werden, zulässige Höchstdauer von fünf Jahren (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 8. November 2001, Zl. 99/21/0330) bei Berechnung ab dem Zeitpunkt der Durchsetzbarkeit des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes im vorliegenden Fall ohnehin nicht erreicht.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 19. November 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002210180.X00

Im RIS seit

19.12.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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