TE Vwgh Erkenntnis 2003/11/20 2001/09/0164

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Veröffentlicht am 20.11.2003
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs6 Z1 idF 1997/I/078;
AuslBG §4 Abs6 Z2 idF 1997/I/078;
AuslBG §4 Abs6 Z3 idF 1997/I/078;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde der Dipl. Ing. S in W, vertreten durch die gerichtlich bestellte Sachwalterin Dr. Martina Simlinger-Haas, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Reisnerstraße 31, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien von 23. Juli 2001, Zl. 10/13114/112.3717/2001, betreffend Nichtausstellung einer Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 23. Juli 2001 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Persönliche Dienste-Gastgewerbe Wien vom 16. Mai 2001 - mit dem der Antrag der Beschwerdeführerin vom 7. Mai 2001 auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) zur Anwerbung der tschechischen Staatsangehörigen P für die berufliche Tätigkeit als Pflegerin in einem Privathaushalt gemäß §§ 11 Abs. 2 Z 1 und 4 Abs. 6 Z 1 und Z 3 AuslBG abgelehnt worden war - gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 11 Abs. 2 Z 1 und § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG abgewiesen.

Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe für P die Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung für die berufliche Tätigkeit einer Pflegerin in einem Privathaushalt beantragt. Die beantragte ausländische Arbeitskraft sei keiner bevorzugten Personengruppen im Sinne des § 4 Abs. 6 Z 1 AuslBG zuzuordnen. Daran, dass P keiner dieser Personengruppen angehöre, habe sich (auch nach dem Berufungsvorbringen) nichts geändert. Die erstinstanzliche Abweisung sei daher zu bestätigen. Zur Vermeidung von Wiederholungen werde auf die rechtliche Beurteilung des erstinstanzlichen Bescheides verwiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Ausstellung der beantragten Sicherungsbescheinigung nach dem AuslBG verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 11 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 120/1999 (AuslBG), ist einem Arbeitgeber, der beabsichtigt, Ausländer für eine Beschäftigung im Bundesgebiet im Ausland anzuwerben, auf Antrag eine Sicherungsbescheinigung auszustellen. Sie hat zu enthalten, für welche Ausländer oder welche Anzahl von Ausländern bei Vorliegen der Voraussetzungen die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen in Aussicht gestellt wird.

Nach Abs. 2 Z 1 leg. cit. darf die Sicherungsbescheinigung nur ausgestellt werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1, 2 oder 6 und Abs. 3 Z 1, 4, 6, 8 und 12 gegeben sind.

Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Erteilung der beantragten Sicherungsbescheinigung auf § 4 Abs. 6 AuslBG in Verbindung mit der Verordnung über die Landeshöchstzahl 2001 für Wien gestützt, deren Überschreitung von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt wird.

Nach dieser Gesetzesbestimmung in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 78/1997 darf über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung festgelegter Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) eine Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn

1. der Antrag für einen im § 4b Abs. 1 Z 3 bis 9 genannten oder einen von einer Verordnung gemäß § 12a Abs. 2 erfassten Ausländer eingebracht wird und

2.

die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

3. a)

der Regionalbeirat einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet oder

              b)              die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer oder als nachweislich qualifizierte Arbeitskraft im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege, notwendig ist oder

              c)              überbetriebliche gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern oder

d)

die Voraussetzungen des § 18 gegeben sind oder

e)

die Beschäftigung auf Grund einer Verordnung gemäß § 9 des Fremdengesetzes 1997 erfolgen soll.

Liegt auch nur eine Voraussetzung der Z. 1 bis 3 leg. cit. nicht vor, darf eine Sicherungsbescheinigung nicht ausgestellt werden.

Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Beschwerde geltend, die ausländische Arbeitskraft sei im Sinne der Z 3 (lit. b) des § 4 Abs. 6 AuslBG eine qualifizierte Arbeitskraft im Bereich der Gesundheits- und Wohlfahrtspflege.

Damit zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die behauptete Erfüllung allein der Voraussetzungen nach der Z 3 (lit. b) des § 4 Abs. 6 AuslBG vermag der Beschwerdeführerin nicht zur Erteilung der begehrten Sicherungsbescheinigung zu verhelfen, weil die Voraussetzungen nach Z 1 und Z 2 und eine der Voraussetzungen der Z 3 des § 4 Abs. 6 AuslBG kumulativ vorliegen müssen, um im Anwendungsfall dieser Bestimmung (Überschreitung von Kontingenten und Landeshöchstzahlen) die Erteilung einer Sicherungsbescheinigung (bzw. Beschäftigungsbewilligung) zu ermöglichen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 4. April 2001, Zl. 99/09/0170, und vom 20. März 2002, Zl. 2000/09/0130). Dass die Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 des § 4 Abs. 6 AuslBG im Beschwerdefall gegeben seien, hat die Beschwerdeführerin aber im Verwaltungsverfahren nicht dargetan.

Das gesamtwirtschaftliche Interesse im Sinne des § 1 Z. 3 BHZÜV (BGBl. Nr. 278/1995) an der künftigen Beschäftigung der ausländischen Arbeitskraft (die objektive Komponente) setzt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein qualifiziertes, über das eigenbezogene wirtschaftliche Interesse des Betriebes an der Befriedigung seines Arbeitskräftebedarfes hinausgehendes Interesse voraus (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 16. Mai 2001, Zl. 98/09/0015, und vom 27. März 2003, Zl. 2000/09/0160).

Die Beschwerdeführerin hat weder in ihrem Antrag noch in ihrer Berufung ein solches Interesse an der Anwerbung der beantragten Ausländerin behauptet.

Insoweit erstmals in der Beschwerde vorgebracht wird, die beantragte Ausländerin gehöre deshalb zum Personenkreis der Verordnung im Sinne des § 12a Abs. 2 AuslBG, weil die Betreuung der Beschwerdeführerin in einer Kranken- bzw. Pflegeanstalt ein vielfaches der derzeitigen Betreuungskosten erfordern würde, erweisen sich diese Behauptungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG als unzulässige Neuerungen (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Mai 1996, Zl. 94/09/0260, und vom 22. Jänner 2002, Zl. 2000/09/0100), auf die einzugehen dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt ist. Zudem ist anzumerken, dass mit diesen Behauptungen weder ein gesamtwirtschaftliches Interesse an der Anwerbung der beantragten Ausländerin noch eine besondere Ausbildung, spezielle Kenntnisse oder eine besondere Erfahrung der Ausländerin dargetan wird.

Mit den unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erstatteten Beschwerdeausführungen zeigt die Beschwerdeführerin keinen wesentlichen Verfahrensfehler im Sinne des § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG auf, vermögen doch die in diesem Zusammenhang ins Treffen geführten Beweise daran nichts zu ändern, dass - selbst nach ihrer Aufnahme - die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 6 Z 1 AuslBG nicht vorgelegen sind. Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 6 Z 1 AuslBG verneint hat und demnach zu dem Ergebnis gelangte, dass eine Sicherungsbescheinigung nicht ausgestellt werden darf.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 20. November 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001090164.X00

Im RIS seit

24.12.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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