TE Vwgh Erkenntnis 2003/11/21 2003/02/0105

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Veröffentlicht am 21.11.2003
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §24 Abs3 lita;
StVO 1960 §43 Abs1;
StVO 1960 §44 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs3 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerde des E in N, vertreten durch Dr. Andreas Wippel, Rechtsanwalt in Neunkirchen, Triester Straße 15, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Wiener Neustadt, vom 11. März 2003, Zl. Senat-NK-02-1002, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der beschwerdeführenden Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom 10. Dezember 2001wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 29. November 2000 von 22.25 bis 22.50 Uhr in der K.W. Wohnhausanlage in Ternitz "nächst dem Haus Nr. 12" als Lenker eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftfahrzeuges dieses Fahrzeug im Bereich des Vorschriftszeichen "Parken verboten" geparkt. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 3 lit. a i.V.m. § 24 Abs. 3 lit. a StVO begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Der Beschwerdeführer wandte insbesondere ein, weder in der Anzeige, noch in der Stellungnahme des Meldungslegers sei der genaue Tatort bezeichnet. Der Tatort sei deshalb wesentlich, weil der Platz, auf dem das Fahrzeug des Beschwerdeführers abgestellt gewesen sei, Eigengrund darstelle, der sich allein schon durch die Pflasterung von der unmittelbar angrenzenden Straße unterscheide. Diese Tatsache sei für jedermann sichtbar. Die Straße sei asphaltiert, der Platz, auf dem das Fahrzeug des Beschwerdeführers abgestellt gewesen sei und sich auch die Müllcontainer befinden würden, sei mit Pflastersteinen versehen. Ferner zog der Beschwerdeführer - mangels entsprechender Feststellungen - in Zweifel, dass es sich bei der Fläche, auf der sein Fahrzeug abgestellt gewesen sei, um eine Straße mit öffentlichem Verkehr gehandelt habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 11. März 2003 wurde der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, dass es sich bei der vom Beschwerdeführer benutzten Fläche um eine mit Pflastersteinen ausgelegte Grundfläche der Wohnhausanlage mit der Hausnummer 12 handle, die im Miteigentum ihrer Bewohner stehe. Darauf seien mehrere Müllcontainer aufgestellt, die ihrerseits von den Bewohnern zweckentsprechend genutzt würden und deren Inhalt durch die örtlichen Müllbetriebe entsorgt werde. Diese Verkehrsfläche könne von jedermann unter den gleichen Bedingungen genutzt werden. Es seien keine sichtbaren Hinweise vorhanden, dass es sich um eine Straße ohne öffentlichen Verkehr handle. In diesem Sinne habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. November 1999, Zlen. 97/02/0355-0357, festgestellt, dass diese Fläche eine Straße mit öffentlichem Verkehr sei, sohin diese Verkehrsfläche ungeachtet der Besitz- und Eigentumsverhältnisse am Straßengrund der StVO unterliege.

Da im Übrigen - so die Begründung des angefochtenen Bescheides weiter - mit Verordnung vom 16. Februar 1987 der Bürgermeister der Stadtgemeinde Ternitz auf dieser Gemeindestraße gemäß § 43 Abs. 1 StVO ein Parkverbot erlassen habe, und verordnungsgemäß die Verbotszeichen nach § 52 lit. a Z. 13a StVO mit der Zusatztafel "Anfang" und "Ende" auf der bezugnehmenden Straßenseite aufgestellt worden seien, wie sich dies aus den von der Örtlichkeit angefertigten Fotos ergebe, bestünden keine Zweifel daran, dass der Beschwerdeführer sein Fahrzeug in einem verordneten und kundgemachten Parkverbotsbereich zum Parken abgestellt habe.

Mit hg. Beschluss vom 23. September 2003 wurden die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz VwGG und Art. 13 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes aufgefordert, sich zu der Frage zu äußern, ob das Fahrzeug des Beschwerdeführers zum Tatzeitpunkt auf einer Fläche abgestellt gewesen sei, welche von der Verordnung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Ternitz vom 16. Februar 1987 betreffend ein Parkverbot in der Wohnstraße einer näher genannten Wohnhausanlage in Ternitz erfasst worden sei.

Die belangte Behörde vertrat in ihrer Äußerung insbesondere unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom 28. November 1975, Zl. 1861/74, die Auffassung, dass die StVO keine Bestimmung enthalte, wonach die durch Straßenverkehrszeichen angeordneten Halteverbote nur in gerader Richtung wirksam seien. Das Halteverbot verlaufe entlang dem Straßenrand, auch wenn einzelne Gebäude zurückversetzt seien. Da die vom Beschwerdeführer als Parkplatz benutzte Verkehrsfläche vor den Müllcontainern unmittelbar an die Wohnstraße angrenze, welche - in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgerichtshof - genannter Verordnung (des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Ternitz vom 16. Februar 1987) unterliege, mit der Wohnstraße eine Einheit bilde und dieser (Fläche) die Eigenschaft einer Straße mit öffentlichem Verkehr zukomme, liege der Straßenrand nach Auffassung der belangten Behörde erst in Abgrenzung dieses Bereiches zum Rest des Grundstückes Nr. 615/12. In diesem Sinne sei die Stellfläche des PKWs von der Verordnung betreffend Parkverbot erfasst.

Die beschwerdeführende Partei teilte in ihrer Äußerung mit, dass nach Rücksprache mit einem näher genannten Bediensteten der Stadtgemeinde Ternitz für die Fläche, auf der das Fahrzeug (des Beschwerdeführers) zum Tatzeitpunkt abgestellt gewesen sei, keine Verordnung des Bürgermeisters betreffend ein Parkverbot bestehe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Den Verwaltungsakten liegt u.a. die erwähnte Verordnung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Ternitz vom 16. Februar 1987 bei; diese lautet:

"Gemäß § 43 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) verbietet der Bürgermeister der Stadtgemeinde Ternitz zur Wahrung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs für jenen Bereich der Wohnstraße der K.-Wohnhausanlage, der rot in der beiliegenden Plankopie bezeichnet ist, das Parken. Die Plankopie, versehen mit einer Bezugsklausel, bildet einen wesentlichen Bestandteil dieser Verordnung.

Diese Verordnung tritt gemäß § 44 Abs. 1 StVO 1960 mit der Aufstellung der entsprechenden Verkehrszeichen in Kraft."

Aus der genannten Plankopie, die einen wesentlichen Bestandteil dieser Verordnung bildet (vgl. den obzitierten Verordnungstext) und in einer Ablichtung den vorgelegten Verwaltungsakten beiliegt, ist zu ersehen, dass sich das gegenständliche Parkverbot aufgrund von - in diesem Plan eingezeichneten und parallel jeweils innerhalb der Grenzen des Straßengrundstücks Nr. 615/4 verlaufenden - Linien, die laut "Legende" dieses Planes das Parkverbot kennzeichnen sollen, ausschließlich auf die entsprechend gekennzeichneten Längsseiten dieses Straßengrundstücks, nicht jedoch auf unmittelbar daran angrenzende (Teil-)Flächen eines anderen Grundstücks beziehen soll. Jene Teilfläche des Grundstücks Nr. 615/12, die sich vor einem Müllcontainer, befindet und auf der das Fahrzeug des Beschwerdeführers zur Tatzeit abgestellt war, ist daher vom Geltungsbereich der hier zu beurteilenden Verordnung nicht umfasst, weshalb sich die Bestrafung des Beschwerdeführers als rechtswidrig erweist.

Insoweit die belangte Behörde auf das hg. Erkenntnis vom 28. November 1975, Zl. 1861/74, verweist, ist der diesem Erkenntnis zugrunde liegende Sachverhalt nicht mit jenem, der im vorliegenden Beschwerdefall zu beurteilen ist, vergleichbar, zumal damals nicht auf eine  - einen wesentlichen Bestandteil einer Verordnung bildende - Plankopie hinsichtlich des Geltungsbereiches eines (Halte-)Verbotes abzustellen war.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Da die Umsatzsteuer bereits im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten ist, war das diesbezügliche Mehrbegehren abzuweisen.

Wien, am 21. November 2003

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003020105.X00

Im RIS seit

22.12.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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