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90 Straßenverkehrsrecht, KraftfahrrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung von Anträgen auf Aufhebung einer Bestimmung der Fahrprüfungsverordnung betreffend die Unvereinbarkeit der gleichzeitigen Tätigkeit als Fahrschullehrer und Fahrprüfer aufgrund zumutbaren VerwaltungsrechtswegesSpruch
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 24. April 1998 wurde der Antragsteller gemäß §34 Abs1 FSG iVm. §§8 Abs1 und 2, 9 Abs1 und 2 Z3 der Fahrprüfungsverordnung - FSG-PV, BGBl. II Nr. 321/1997 idF BGBl. II Nr. 111/1998, zum Fahrprüfer für näher bezeichnete Klassen im Bundesland Salzburg befristet auf fünf Jahre ab Rechtskraft dieses Bescheides unter den Auflagen und Bedingungen bestellt, daß er 1. während des Bestellungszeitraumes als Fahrprüfer von seiner Fahrschullehrerberechtigung keinen Gebrauch machen dürfe, 2. sollte er während des Bestellungszeitraumes als Fahrprüfer wieder aktiv als Fahrschullehrer oder Fahrlehrer tätig werden, dies unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen sei und er von seiner Funktion als Fahrprüfer enthoben werden müsse und daß
3. rechtzeitig vor Ablauf des Bestellungszeitraumes allenfalls um Verlängerung der Bestellung zum Fahrprüfer anzusuchen sei.
2. Mit dem beim Verfassungsgerichtshof am 23. Februar 2000 eingelangten, auf Art139 B-VG gestützten Antrag begehrt der Einschreiter mit näherer Begründung, "den §9 (4) Führerscheingesetz-Durchführungsverordnung (BGBl. II. Nr. 321/1997) als gesetzwidrig und verfassungswidrig aufzuheben", in eventu die Aufhebung der genannten Verordnungsbestimmung als gesetzwidrig oder als verfassungswidrig, sowie den Ersatz der Kosten.
3. Der Antrag lautet in seinem Punkt 1.:
"Darstellung der Rechtslage:
Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr hat am 1.11.1997 die Führerscheingesetz-Durchführungsverordnung (BGBl. II Nr. 321/1997) erlassen. Dazu ist er laut §34 (4) FSG (BGBl. I. Nr. 120/1997) auch grundsätzlich ermächtigt. In dieser Verordnung wird in §9 (4) bestimmt:
'Besitzer einer Fahrschullehrerberechtigung dürfen nur dann zum Fahrprüfer bestellt werden, wenn und solange sie von ihrer Fahrschullehrerberechtigung keinen Gebrauch machen. Sollte während des Bestellungszeitraumes als Fahrprüfer der Sachverständige wieder aktiv als Fahrschullehrer oder Fahrlehrer tätig werden, so hat er dies unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen und ist seiner Funktion als Sachverständiger zu entheben.'"
4. Zur Antragslegitimation führt der Antragsteller aus, er habe bis zum Zeitpunkt seiner Bestellung zum Fahrprüfer im Bundesland Salzburg seinen Lebensunterhalt als Fahrlehrer verdient. Durch die angefochtene Verordnung werde ihm, um wieder als Fahrlehrer tätig werden zu können, eine Rechtspflicht auferlegt, die in seine Rechtssphäre unmittelbar und aktuell eingreife, ohne daß es hiefür einer behördlichen Entscheidung bedürfe. Im Falle einer Wiederaufnahme der Tätigkeit als Fahrlehrer würde er seiner Funktion als Sachverständiger enthoben werden, was ihm nicht zumutbar sei. Es stehe ihm auch kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, um sich gegen diese rechtswidrige Verordnung wehren zu können, weil er nach seiner Enthebung von der Funktion als Sachverständiger keinen Anspruch auf neuerliche Bestellung habe. Seine Antragslegitimation sei daher gegeben.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit des Antrages nach Art139 Abs1 B-VG erwogen:
1. §9 Abs4 Fahrprüfungsverordnung - FSG-PV, BGBl. II Nr. 321/1997, lautet:
"(4) Besitzer einer Fahrschullehrerberechtigung dürfen nur dann zum Fahrprüfer bestellt werden, wenn und solange sie von ihrer Fahrschullehrerberechtigung keinen Gebrauch machen. Sollte während des Bestellungszeitraumes als Fahrprüfer der Sachverständige wieder aktiv als Fahrschullehrer oder Fahrlehrer tätig werden, so hat er dies unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen und ist seiner Funktion als Sachverständiger zu entheben."
Durch die Novelle BGBl. II Nr. 111/1998 blieb diese Bestimmung unverändert.
§9 der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr über die Durchführung des Führerscheingesetzes (Führerscheingesetz-Durchführungsverordnung - FSG-DV), BGBl. II Nr. 320/1997, enthält keinen Abs4.
2. Der Einschreiter beantragt in seinen Anträgen die Aufhebung des §9 Abs4 "Führerscheingesetz-Durchführungsverordnung (BGBl. II. Nr. 321/1997)".
Es ist zunächst offenkundig, daß sich der Antragsteller bei der Bezeichnung der angefochtenen Verordnungsbestimmung bloß im Ausdruck vergriffen hat. Dies ergibt sich nicht nur daraus, daß im Antrag die - in Wahrheit vom Antragsteller anzufechten beabsichtigte - Verordnungsbestimmung im genauen Wortlaut zitiert wird, sondern auch aus dem Umstand, daß der Antragsteller sowohl im Antrag als auch in der Antragsbegründung die angefochtene Verordnungsbestimmung korrekt mit BGBl. II Nr. 321/1997 bezeichnet hat. Die Fehlbezeichnung führt auch sonst weder zu Zweifeln am Inhalt des Antrages noch zu einer Mehrdeutigkeit.
Der Antrag war daher vom Verfassungsgerichtshof als Antrag auf Aufhebung der Bestimmung des §9 Abs4 Fahrprüfungsverordnung - FSG-PV, BGBl. II Nr. 321/1997, zu verstehen (vgl. VfSlg. 15322/1998).
3. Gemäß §139 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die "Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist; ...".
Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 B-VG und Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen der Antragsteller nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art139 Abs1 B-VG und Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (vgl. VfSlg. 11684/1988, 13870/1994 ua.).
Ein solcher - die Antragslegitimation ausschließender - zumutbarer Weg besteht grundsätzlich dann, wenn ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren bereits anhängig ist, das den von der generellen Rechtsnorm Betroffenen letztlich Gelegenheit bietet, die Einleitung eines amtswegigen Normprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof anzuregen; eine Ausnahme besteht nur für den Fall, daß besondere, außergewöhnliche Umstände vorliegen, um der Partei des gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahrens trotz der ihr dort offenstehenden Möglichkeiten das Recht auf Einbringung eines Normprüfungsantrages einzuräumen (vgl. zB VfSlg. 8312/1978, 8552/1979, 10251/1984, 11684/1988). Mit einem (Individual-)Antrag nach Art139 (und Art140) B-VG soll daher keinesfalls eine Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes eröffnet werden, die mit dem Charakter des Individualantrages eines bloß subsidiären Rechtsbehelfes nicht im Einklang stünde (etwa VfSlg. 8652/1979, 10356/1985, 11114/1986, 12395/1990).
4. Der Antragsteller wurde - wie er selbst vorbringt - mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 24. April 1998 gemäß §34 Abs1 FSG iVm. §§8 Abs1 und 2, 9 Abs1 und 2 Z3 FSG-PV zum Fahrprüfer ua. unter der Auflage und Bedingung bestellt, daß er, sollte er während des Bestellungszeitraumes als Fahrprüfer wieder aktiv als Fahrschullehrer oder Fahrlehrer tätig werden, dies unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen habe und von seiner Funktion als Fahrprüfer enthoben werden müsse. Dem Antragsteller stand somit die - im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB VfSlg. 11481/1997) in zumutbarer Weise zu nutzende - Möglichkeit offen, nach Ausschöpfung des administrativen Instanzenzuges im Wege einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde seine Bedenken gegen die nunmehr angefochtene Verordnungsbestimmung geltend zu machen, um auf diese Weise eine gegebenenfalls von Amts wegen zu veranlassende Überprüfung dieser Norm auf ihre Gesetzmäßigkeit zu erwirken. Damit aber erweist sich der vorliegende (Individual-)Antrag als unzulässig.
Dem Vorbringen des Antragstellers, daß eine Antragslegitimation gegeben sei, weil er nach seiner Enthebung von der Funktion als Fahrprüfer keinen Anspruch auf neuerliche Bestellung habe, ist entgegenzuhalten, daß weder aus §34 FSG 1997 noch aus §9 FSG-PV hervorgeht, daß eine Wiederbestellung zum Fahrprüfer ausgeschlossen wäre.
5. Die Anträge waren daher zurückzuweisen.
6. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.
Schlagworte
Auslegung eines Antrages, Kraftfahrrecht, Ausbildung von Kfz-Lenkern, Lenkerberechtigung, VfGH / Individualantrag, Fahrschulen, Führerschein, LenkberechtigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:V15.2000Dokumentnummer
JFT_09999372_00V00015_00