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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, in der Beschwerdesache der Dr. H in Wien, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Hans Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen das Universitätskollegium der Veterinärmedizinischen Universität Wien wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über den Antrag auf (Wieder-)Bestellung zum Leiter einer Dienstleistungseinrichtung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat der Veterinärmedizinischen Universität Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 8. Mai 2000 richtete die beschwerdeführende Partei den folgenden Antrag an den Rektor der Veterinärmedizinischen Universität Wien:
"Ich beantrage als Formalakt die Wiederbestellung zum Leiter der Dienststelle (Außeninstitut), als deren Leiter ich auf Grund des Beschlusses des Universitätskollegiums der Veterinärmedizinischen Universität Wien vom 4. Dezember 1999 durch den damaligen Bundesminister für Wissenschaft und Forschung mit Erlass vom 20. Februar 1991, GZ. 71.386/54-12/90, gemäß § 83 Abs. 3 UOG bestellt wurde."
Mit einer weiteren Eingabe vom 18. Dezember 2000 an das Universitätskollegium der Veterinärmedizinischen Universität Wien beantragte die beschwerdeführende Partei den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf das Universitätskollegium als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde. Zur Begründung ihres Antrages brachte sie vor, sie vertrete den Standpunkt, dass die Bestellung des Leiters einer Dienstleistungseinrichtung gemäß § 75 Abs. 4 UOG 1993 mit Bescheid zu erfolgen habe, weil gemäß Art. II Abs. 2 Z. 33 EGVG das AVG auf das behördliche Verfahren der Organe der Universitäten anzuwenden sei; die Bestellung des Leiters einer Dienstleistungseinrichtung falle in die Befugnis des Universitätsorgans "Rektor" gemäß § 52 Abs. 1 Z. 14 UOG 1993. Die Annahme, über den Antrag der beschwerdeführenden Partei sei mit Bescheid zu entscheiden, sei auch aus Rechtsschutzgründen zwingend geboten. Der Rektor sei seiner Entscheidungspflicht allerdings nicht nachgekommen.
Mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2001 erhob die beschwerdeführende Partei Säumnisbeschwerde gemäß Art. 132 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof. Sie brachte vor, seit Einbringung ihres Devolutionsantrages seien mehr als sechs Monate verstrichen. Nach ihrer Antragstellung sei vom Rektor ein anderer Universitätsmitarbeiter zum Leiter des Außeninstituts ernannt worden. Der Vorsitzende des Universitätskollegiums habe die beschwerdeführende Partei darauf hingewiesen , dass sie als Vertragsbedienstete ihre Rechtsansprüche beim Arbeitsgericht geltend machen könne. Nun sei die beschwerdeführende Partei - wie dargelegt - durch "Dekret, d.h. durch die Sonderform eines Bescheides" in die Funktion der Leiterin des Außeninstituts gelangt. Dies entspreche dem Vorgang, durch den gemäß § 3 BDG 1979 ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis begründet werde. Die beschwerdeführende Partei vertrete daher primär die Auffassung, dass sie in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehe. Träfe dies aber zu, so komme ihr der gesetzlich geregelte Versetzungsschutz bzw. der Schutz vor qualifizierten Verwendungsänderungen (§ 40 BDG 1979) zu Gute; ihre Entfernung von der Leiterfunktion wäre nur bei Vorliegen eines - tatsächlich nicht bestehenden - wichtigen dienstlichen Interesses zulässig. Aber selbst wenn die beschwerdeführende Partei in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehen sollte, habe sie durch den erwähnten "Hoheitsakt in Form eines Bescheides" ihre Leiterstelle erlangt. Jede Änderung dieser Funktion müsse daher wiederum in Bescheidform ergehen. Nach den Übergangsbestimmungen des UOG 1993 (§§ 87, 88 UOG 1993) sei durch das "Kippen" der Veterinärmedizinischen Universität keine Änderung in den Aufgaben und Rechten der beschwerdeführenden Partei erfolgt. Die beschwerdeführende Partei sei rund 3 Jahre nach dem "Kippen" in ihrer Funktion verblieben, ehe es der Rektor für angebracht gehalten habe, einen anderen Beamten in diese Funktion zu ernennen. Auf Grund der Bestellung eines anderen Beamten zum Leiter des Außeninstituts erachte die beschwerdeführende Partei eine bescheidmäßige Abklärung ihrer Funktion für erforderlich. Am rechtlichen Interesse der beschwerdeführenden Partei an einer klärenden Entscheidung könne kein Zweifel bestehen.
Das Universitätskollegium der Veterinärmedizinischen Universität Wien legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der es die Auffassung vertrat, es liege die behauptete Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vor. Das Universitätskollegium wies zunächst darauf hin, dass es den Leiter einer besonderen Universitätseinrichtung nach UOG (1975) nicht mehr gäbe; für eine Überleitung in eine entsprechende Stelle nach dem UOG 1993 bestehe daher kein Raum. Nur für Sonderfälle (Universitätsdirektor und Bibliotheksdirektor) seien ausdrückliche gesetzliche Übergangbestimmungen geschaffen worden, nicht aber für die übrigen Leiter von Einrichtungen; deren Funktion sei ex lege erloschen. Die Satzung der Veterinärmedizinischen Universität Wien regle die einzurichtenden Dienstleistungseinrichtungen, zu denen auch ein Außeninstitut (Zentralstelle für Öffentlichkeitsarbeit) gehöre (II. Teil, § 16 Z. 4 der Satzung). Eine zwingende Neubestellung der beschwerdeführenden Partei in diese neue Funktion sei nicht ableitbar. Darüber hinaus sei die Auffassung der beschwerdeführenden Partei verfehlt, dass diese Angelegenheit bescheidmäßig zu erledigen wäre. Der Rektor und das Universitätskollegium würden nicht immer als Behörden entscheiden, sondern nur dann, wenn im Gesetz behördliches Handeln vorgesehen sei. Das AVG sei nur insoweit anzuwenden, als es um behördliches Handeln gehe. Es sei jedoch im UOG 1993 nicht festgelegt, dass die Bestellung zum Leiter einer Dienstleistungseinrichtung durch Bescheid zu erfolgen habe. Durch die seinerzeitige Bestellung zum Leiter des Außeninstituts sei keine Änderung in der dienstrechtlichen Stellung der beschwerdeführenden Partei eingetreten. Schließlich habe auch der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr - auf Grund des Ansuchens der beschwerdeführenden Partei um Definitivstellung - in einem Erlass vom 11. November 1998 festgestellt, dass die beschwerdeführende Partei nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehe. Das Universitätskollegium gehe davon aus, dass ein Anbringen, das nicht bescheidmäßig zu erledigen sei, weil dem angerufenen Universitätsorgan diesbezüglich keine behördliche Funktion zukomme, auch nicht bescheidmäßig zurückzuweisen sei.
Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungsorgane erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war.
Art. 132 B-VG gewährt Rechtsschutz in den Fällen, in denen jemand einen Rechtsanspruch darauf hat, dass eine Verwaltungsbehörde einen Bescheid erlässt (vgl. Mayer, B-VG3 (2002), 401); die Säumnisbeschwerde schützt den Einzelnen vor behördlicher Untätigkeit in der Hoheitsverwaltung.
Die beschwerdeführende Partei ist der Auffassung, sie sei im Jahre 1991 bescheidmäßig zum Leiter des Instituts für Öffentlichkeitsarbeit (Außeninstitut) bestellt worden. Es sei daher auch ihre Abberufung von dieser Funktion nur mittels Bescheid zulässig. Daraus leitet sie ab, es hätte auch über ihren Antrag auf Wiederbestellung zum Leiter des Außeninstituts mit Bescheid entschieden werden müssen.
Nun wurde die beschwerdeführende Partei unbestrittenermaßen mit "Erlass" des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 20. Februar 1991 zum Leiter des Instituts für Öffentlichkeitsarbeit (Außeninstitut) bestellt. Es fehlt allerdings bereits für die Annahme, dieser Erlass sei als Bescheid zu deuten, jeder Anhaltspunkt. Weder sah der zu Grunde gelegte § 83 Abs. 3 UOG (1975) vor, dass die Bestellung zum Leiter einer "besonderen Universitätseinrichtung" bescheidförmig zu erfolgen habe, noch weist sich der Bestellungsakt selbst - seinem Inhalt oder zumindest seiner Form nach - als Bescheid aus. Auch ist die Bezeichnung "Erlass" für staatliche Akte keineswegs nur Hoheitsakten vorbehalten. Vielmehr wurde mit diesem Erlass der zuvor an das Außeninstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien zur Dienstleistung versetzten beschwerdeführenden Partei ein bestimmter Aufgabenbereich zur Besorgung zugewiesen.
Dass die in der Leiterbestellung liegende Regelung der dienstlichen Verwendung der beschwerdeführenden Partei eines Bescheides bedürfe, ist schon deshalb zu verneinen, weil die beschwerdeführende Partei als Vertragsbedienstete in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stand. Ansprüche aus einem privatrechtlichen Dienstverhältnis sind allerdings - ausschließlich - im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen (vgl. den hg. Beschluss vom 28. April 1993, Zl. 93/12/0091). Aus diesem Grund kommt auch kein Feststellungsbescheid über die Innehabung einer Leitungsfunktion durch die beschwerdeführende Partei in Betracht - abgesehen davon, dass die beschwerdeführende Partei einen derartigen Antrag gar nicht gestellt hat. Wenn die beschwerdeführende Partei aber meint, sie sei durch die Bestellung zum Leiter des Außeninstituts in ein öffentlich-rechtliches Bundesdienstverhältnis übernommen worden, übersieht sie, dass sich der erwähnte Erlass darauf beschränkt, die beschwerdeführende Partei mit den Aufgaben des Leiters dieser Einrichtung zu betrauen. Der Erlass enthält aber keinen normativen Abspruch über die dienstrechtliche Stellung der beschwerdeführenden Partei im Sinne einer Überleitung ihres privatrechtlichen Dienstverhältnisses in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis. An ihrer dienstrechtlichen Stellung hat sich durch die Bestellung zum Leiter des Außeninstituts daher nichts geändert.
Mit dem verfahrensgegenständlichen Antrag begehrte die beschwerdeführende Partei "die Wiederbestellung zum Leiter der Dienststelle (Außeninstitut)". Diesbezüglich enthält der gemäß § 121 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, bis 31. Dezember 2003 anzuwendende § 75 Abs. 4 UOG 1993 zwar die Regelung, dass der Leiter einer Dienstleistungseinrichtung vom Rektor nach Anhörung des Senates zu bestellen ist. Es besteht aber keine gesetzliche Grundlage für eine Vornahme dieser Bestellung in Form eines Bescheides. Inhalt der Bestellung ist nämlich lediglich die Festlegung des Aufgabenbereiches des mit dieser Funktion Betrauten, nicht aber geht es darum, durch Hoheitsakt Rechte oder Pflichten zu begründen.
Bei der von der beschwerdeführenden Partei beantragten Wiederbestellung zum Leiter des Außeninstituts handelt es sich um keine durch Bescheid zu erledigende Verwaltungssache. Für die Geltendmachung einer Verletzung der behördlichen Entscheidungspflicht besteht daher kein Raum.
Die von der beschwerdeführenden Partei erhobene Säumnisbeschwerde erweist sich somit als unzulässig. Sie war gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 24. November 2003
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Diverses Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung Verwaltungsrecht allgemein Rechtsquellen VwRallg1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001100196.X00Im RIS seit
11.02.2004