TE Vwgh Erkenntnis 2003/11/24 2000/10/0200

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Veröffentlicht am 24.11.2003
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
70/02 Schulorganisation;
70/06 Schulunterricht;

Norm

AVG §61;
SchUG-B 1997 §22 Abs1;
SchUG-B 1997 §22 Abs4;
SchUG-B 1997 §23 Abs8;
SchUG-B 1997 §23;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde der I in Graz, vertreten durch Dr. Peter Schaden, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Sporgasse 2, gegen den Bescheid des Landesschulrates für Steiermark vom 12. Juli 2000, Zl. IV Ia 2/6-2000, betreffend Nichtberechtigung zum Aufsteigen in das 8. Semester nach dem Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin besuchte im Wintersemester 1999/2000 das

7. Semester des Schultyps Bundesgymnasium am Bundesgymnasium, Bundesrealgymnasium und wirtschaftskundlichen Realgymnasium für Berufstätige in Graz. Im 6. Semester (Sommersemester 1999) war sie in den Gegenständen Latein und Mathematik nicht beurteilt worden.

Die Beschwerdeführerin legte daraufhin in dem Pflichtgegenstand Mathematik außerhalb des lehrplanmäßigen Unterrichtes im Sinne des § 23 Abs. 1 des Schulunterrichtsgesetzes für Berufstätige, BGBl. Nr. 33/1997 (SchUG-B), ein Kolloquium ab. Der schriftliche Teil der Prüfung erfolgte am 17. Jänner 2000 und wurde mit "Genügend" bewertet. Der mündliche Teil der Prüfung fand am 18. Jänner 2000 statt und wurde mit "Nicht genügend" bewertet. Das Gesamtergebnis des Kolloquiums lautete auf die Note "Nicht genügend".

Am 18. Februar 2000 erfolgte eine Wiederholung der mündlichen Prüfung des negativ beurteilten Kolloquiums. Das Ergebnis der mündlichen Prüfung wurde mit "Nicht genügend" bewertet und als Gesamtergebnis des Kolloquiums (wieder) die Note "Nicht genügend" festgesetzt.

Mit Entscheidung des Schulleiters vom 12. Juli 2000 wurde die Beschwerdeführerin daraufhin für nicht berechtigt erklärt, im Sommersemester 2000 in das 8. Semester aufzusteigen. Nach der Begründung habe die Beschwerdeführerin im Sommersemester 1999 das

6. Semester besucht und sei aus den Gegenständen Latein und Mathematik mit "Nicht genügend" beurteilt (richtig: nicht beurteilt) worden. Sie habe daher im Wintersemester 1999/2000 je ein Kolloquium aus Latein und Mathematik abzulegen gehabt. Aus Latein habe die Beschwerdeführerin einen positiven Abschluss des Kolloquiums über den Stoff des 6. Semesters nachweisen können. Nach dem Prüfungsprotokoll sei sie am 18. Jänner 2000 zum ersten Mal schriftlich und mündlich zu einem Kolloquium aus Mathematik über den Stoff des 6. Semesters angetreten. Sie sei dabei mit dem Gesamtergebnis "Nicht genügend" beurteilt worden. Am 18. Februar 2000 sei sie zur Wiederholung dieses Kolloquiums (nur mündlich) angetreten und erneut mit "Nicht genügend" beurteilt worden. Sie könne daher keinen positiven Abschluss eines Kolloquiums aus Mathematik über den Stoff des 6. Semesters nachweisen und sei daher gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 SchUG-B zum Aufsteigen in das 8. Semester des Bundesgymnasiums für Berufstätige nicht berechtigt. Sie sei sie aber gemäß § 28 Abs. 1 SchUG-B berechtigt, das 6. Semester aus dem Pflichtgegenstand Mathematik zu wiederholen.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Sie rügte dabei die Beurteilung des Kolloquiums für das 6. Semester im Gegenstand Mathematik mit "Nicht genügend" und behauptete mehrere "Missstände hinsichtlich Verursachung und Durchführung des Kolloquiums". Die Prüferin erstattete dazu eine Stellungnahme.

Die belangte Behörde vertrat zunächst die Auffassung, die Leistungen der Beschwerdeführerin im Rahmen des (mündlichen) Kolloquiums vom 18. Februar 2000 seien anhand des Prüfungsprotokolls "nicht nachzuvollziehen". Es sei lediglich die "globale Aussage" getroffen worden, dass die Beschwerdeführerin nicht in der Lage gewesen sei, die Prüfungsfragen auch nur ansatzweise zu beantworten. Nach § 62 Abs. 3 SchUG-B sei dann, wenn die Unterlagen zur Feststellung, dass eine auf "Nicht genügend" lautende Beurteilung unrichtig oder richtig gewesen sei, nicht ausreichten, das Verfahren zu unterbrechen und der Berufungswerber zu einem neuerlichen Kolloquium zuzulassen. Die belangte Behörde verfügte daher mit Schreiben vom 11. April 2000 unter Berufung auf § 62 Abs. 3 SchUG-B, dass die Beschwerdeführerin zu einem neuerlichen Kolloquium zuzulassen sei, dem ein Vertreter der Schulbehörde erster Instanz beizuwohnen habe. Dieses Kolloquium erfolgte am 15. Mai 2000, wobei sowohl das Ergebnis der schriftlichen Prüfung als auch das Ergebnis der mündlichen Prüfung auf "Nicht genügend" (Gesamtergebnis: "Nicht genügend") lautete.

Nach Ausweis der Verwaltungsakten wurde der Beschwerdeführerin am 31. Mai 2000 Akteneinsicht gewährt und die Möglichkeit gegeben, Kopien anzufertigen.

Mit Schreiben vom 7. Juni 2000 bezeichnete die Beschwerdeführerin bereits das Zustandekommen des ersten Kolloquiums als "äußerst bedenklich". Das Kolloquium vom 15. Mai 2000 sei ihrer Auffassung nach keinesfalls erforderlich gewesen, da bereits das erste Kolloquium (vom 17. und 18. Jänner 2000) für die Überprüfung ausgereicht hätte. Die schriftliche Arbeit vom 17. Jänner 2000 sei im Nachhinein von der Prüferin zu Ungunsten der Beschwerdeführerin "verändert" worden. Beim Kolloquium vom 18. Februar 2000 habe ferner der schriftliche Teil der Prüfung gefehlt.

Mit einem weiteren Schreiben vom 20. Juni 2000 legte die Beschwerdeführerin ein Privatgutachten des ao. Univ.-Prof. Dr. P. vor, aus dem hervorgehe, dass das Beispiel Nr. 4 des schriftlichen Teiles des Kolloquiums vom 17. Jänner 2000 von ihr "vollständig und richtig" beantwortet worden sei. Die Gesamtnote des Kolloquiums hätte daher "Befriedigend" lauten müssen. Betreffend das Kolloquium vom 15. Mai 2000 rügte die Beschwerdeführerin, dass ihr Ehegatte nicht als Zeuge zugelassen worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 62 Abs. 1 und 3 SchUG-B keine Folge gegeben und die Entscheidung des Schulleiters bestätigt.

Nach der Begründung sei die Beschwerdeführerin im Pflichtgegenstand Mathematik im 6. Semester mit "Nicht genügend" benotet (gemeint wohl: nicht beurteilt) worden. Im 7. Semester sei sowohl das Kolloquium vom 18. Jänner 2000 als auch das wiederholte Kolloquium vom 18. Februar 2000 über den genannten Pflichtgegenstand mit "Nicht genügend" beurteilt worden. Der Schulleiter habe daher ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin zum Aufsteigen in das 8. Semester nicht berechtigt sei. Da die der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen zur Feststellung, dass die auf "Nicht genügend" lautende Beurteilung des Kolloquiums vom 18. Februar 2000 unrichtig oder richtig gewesen seien, allerdings nicht ausgereicht hätten, sei mit Erlass vom 11. April 2000 gemäß § 62 Abs. 3 SchUG-B verfügt worden, das Verfahren zu unterbrechen und die Beschwerdeführerin zu einem neuerlichen Kolloquium aus dem Pflichtgegenstand Mathematik zuzulassen. Die Beschwerdeführerin habe am 15. Mai 2000 dieses neuerliche Kolloquium, dem auch ein Vertreter der Schulbehörde erster Instanz beigewohnt habe, nicht bestanden.

Die Beurteilung dieses Kolloquiums mit "Nicht genügend" wurde in weiterer Folge sowohl hinsichtlich des schriftlichen als auch des mündlichen Teiles eingehend begründet.

Nach Durchführung des Kolloquiums - so die weitere Begründung - sei der Beschwerdeführerin mit 31. Mai 2000 Akteneinsicht gewährt worden. Sie habe mit Schreiben vom 7. Juni und 20. Juni 2000 eine Stellungnahme abgegeben und ein Privatgutachten des ao. Univ.-Prof. Dr. P. zum Kolloquium vom 17. Jänner 2000 angeschlossen. Nach Auffassung der belangten Behörde sei eine einzige positive Schularbeit der Beschwerdeführerin im 6. Semester für eine positive Beurteilung im Gegenstand Mathematik nicht ausreichend. Andere Möglichkeiten der Leistungserbringung, die spezifisch auf das Fernstudium zugeschnitten seien, wie etwa die Abgabe von Arbeitsblättern und Übungszetteln sowie die Beobachtung der Fortschritte im Unterricht, seien von der Beschwerdeführerin nicht genutzt worden. Eine Leistungsfeststellung im Sinne des § 21 Abs. 2 SchUG-B habe sie verweigert. Das von ihr nachgereichte Privatgutachten weise eine fachliche Ungereimtheit auf, da "Parallelität und Inzidenz gleichgesetzt" würden. Dieses Gutachten könnte die gegebene Beurteilung nicht relativieren, weil die darin angeführten mathematischen Selbstverständlichkeiten von der Beschwerdeführerin erst hätten nachvollzogen werden müssen. Gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 SchUG-B sei ein Studierender zum Aufsteigen in das nächste Semester berechtigt. Dies gelte allerdings nicht, wenn er über Pflichtgegenstände, in denen er im unmittelbar vorangegangenem Semester nicht oder mit "Nicht genügend" beurteilt worden sei, keinen positiven Abschluss eines Kolloquiums nachweisen könne. Auf Grund des negativen Kolloquiums vom 15. Mai 2000 bleibe die Beurteilung im Pflichtgegenstand Mathematik mit "Nicht genügend" aufrecht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Rechtsquellen

Gemäß § 26 Abs. 1 SchUG-B ist ein Studierender zum Aufsteigen in das nächste Semester berechtigt. Dies gilt nicht, wenn er

1. über Pflichtgegenstände, in denen er im unmittelbar vorangegangenen Semester nicht oder mit "Nicht genügend" beurteilt worden ist, keinen positiven Abschluss eines Kolloquiums nachweisen kann und

2. an allgemein bildenden höheren Schulen für Berufstätige außerdem in mehr als drei Pflichtgegenständen nicht oder mit "Nicht genügend" beurteilt wurde.

Über die Nichtberechtigung zum Aufsteigen hat gemäß § 26 Abs. 2 SchUG-B der Schulleiter schriftlich zu entscheiden.

Der die "Kolloquien" regelnde § 23 SchUG-B bestimmt:

"§ 23. (1) Jeder Studierende, der in einem oder in mehreren Pflichtgegenständen für das Semester nicht oder mit "Nicht genügend" beurteilt wurde, ist berechtigt, in diesen Pflichtgegenständen außerhalb des lehrplanmäßigen Unterrichts ein Kolloquium abzulegen.

(2) Prüfer ist der den Unterrichtsgegenstand zuletzt unterrichtende Lehrer oder im Verhinderungsfall ein vom Schulleiter (bei Abteilungsgliederung an berufsbildenden Schulen vom Abteilungsvorstand) zu bestellender fachkundiger Lehrer.

(3) Die Prüfungstermine für Kolloquien sind auf Antrag des Studierenden vom Prüfer anzuberaumen. Einem Terminwunsch ist nach Möglichkeit zu entsprechen.

(4) Die Aufgabenstellungen sowie die Prüfungsformen in den einzelnen Prüfungsgebieten sind durch den Prüfer (die Prüfer) festzusetzen, wobei die Form der schriftlichen Prüfung neben der mündlichen Prüfung nur in Unterrichtsgegenständen zulässig ist, hinsichtlich derer im Lehrplan Schularbeiten vorgesehen sind.

(5) Das Kolloquium hat den Lehrstoff des betreffenden Unterrichtsgegenstandes für den Zeitraum, auf den sich das Kolloquium bezieht, zu umfassen.

(6) Die Beurteilung der Leistungen des Studierenden beim Kolloquium erfolgt durch den Prüfer und ist als Leistungsbeurteilung für das ganze (die jeweiligen) Semester festzusetzen. § 20 Abs. 3 bis 6 findet Anwendung.

(7) Eine einmalige Wiederholung eines negativ beurteilten Kolloquiums ist zulässig. Die vorstehenden Absätze finden Anwendung.

(8) Jedem Studierenden ist die Teilnahme an Kolloquien als Zuhörer möglich. Der Prüfer (Abs. 3) hat Zuhörer von der weiteren Teilnahme auszuschließen, wenn durch diese eine Störung im Ablauf des Kolloquiums eintritt.

(9) Der Prüfer hat Aufzeichnungen zu führen über die beim Kolloquium gestellten Fragen, die erteilten Beurteilungen sowie allfällige besondere Vorkommnisse, die zu einer negativen Beurteilung führen."

Der mit "Verfahren" überschriebene § 61 SchUG-B hat folgenden Inhalt:

"§ 61. (1) Für Entscheidungen auf Grund dieses Bundesgesetzes, die von anderen Organen als den Schulbehörden des Bundes (Schulleiter, Abteilungsvorstand, Lehrerkonferenz, Prüfungskommission usw.) zu erlassen sind, sind die Abs. 2 bis 4 anzuwenden.

(2) Der Erlassung einer Entscheidung hat die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes, soweit er nicht von vornherein klar gegeben ist, durch Beweise voranzugehen. Als Beweismittel kommt alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Dem Studierenden (Aufnahmsbewerber, Prüfungskandidaten) ist, sofern der Sachverhalt nicht von vornherein klar gegeben ist oder seinem Standpunkt nicht vollinhaltlich Rechnung getragen werden soll, Gelegenheit zu geben, zu den Sachverhaltsfeststellungen Stellung zu nehmen.

(3) Entscheidungen können sowohl mündlich als auch schriftlich erlassen werden. Sofern einem Antrag nicht vollinhaltlich stattgegeben wird, kann innerhalb der Berufungsfrist (§ 62 Abs. 1) eine schriftliche Ausfertigung der Entscheidung verlangt werden.

(4) Die schriftliche Ausfertigung einer Entscheidung hat zu enthalten:

1. Bezeichnung und Standort der Schule, Bezeichnung des entscheidenden Organs;

2. den Inhalt der Entscheidung unter Anführung der angewendeten Gesetzesstellen;

3. die Begründung, wenn dem Standpunkt des Studierenden (Aufnahmsbewerbers, Prüfungskandidaten) nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird;

4.

Datum der Entscheidung;

5.

die Unterschrift des entscheidenden Organs, bei Kollegialorganen des Vorsitzenden;

              6.              die Rechtsmittelbelehrung, wenn dem Ansuchen nicht vollinhaltlich stattgegeben wird."

§ 62 SchUG-B ("Berufung") lautet auszugsweise:

"§ 62. (1) Gegen die Entscheidungen gemäß § 61 ist, sofern ein Rechtsmittel nicht ausgeschlossen ist, die Berufung an die Schulbehörde erster Instanz zulässig. ...

(2) Die Frist für die Einbringung der Berufung beginnt im Falle der mündlichen Verkündung der Entscheidung mit dieser, im Falle der schriftlichen Ausfertigung der Entscheidung jedoch mit der Zustellung.

(3) In den Fällen, in denen nach Ablegung eines Kolloquiums gegen die Nichtberechtigung zum Aufsteigen bzw. gegen den nicht erfolgreichen Abschluss des letzten Semesters Berufung eingebracht wird, hat die Schulbehörde erster Instanz die behauptete unrichtige Beurteilung des Kolloquiums mit "Nicht genügend" zu überprüfen. Wenn die Unterlagen zur Feststellung, dass eine auf "Nicht genügend" lautende Beurteilung unrichtig oder richtig war, nicht ausreichen, ist das Verfahren zu unterbrechen und der Berufungswerber zu einem neuerlichen Kolloquium, dem ein Vertreter der Schulbehörde erster Instanz beizuwohnen hat, zuzulassen; gleiches gilt, wenn der Berufungswerber noch kein Kolloquium abgelegt hat.

(4) Gegen eine Entscheidung der Schulbehörde erster Instanz ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig."

2. Beschwerdevorbringen

Die Beschwerdeführerin bringt zunächst vor, im Sommersemester 1999 sei eine Leistungsfeststellung im Sinne des § 21 Abs. 2 SchUG-B nicht erfolgt. Könne eine sichere Leistungsbeurteilung nicht getroffen werden, so habe nach dieser Bestimmung spätestens innerhalb der letzten zwei Wochen des Semesters eine Leistungsfeststellung stattzufinden.

Auf dieses Vorbringen ist zu erwidern, dass die Beschwerdeführerin nach Lage der Verwaltungsakten (vgl. die Stellungnahme der Mathematikprofessorin zur Berufung der Beschwerdeführerin) nicht bereit gewesen ist, eine mündliche Prüfung über dieses Semester abzulegen, da sie noch mit dem Stoff des vorhergehenden 5. Semesters beschäftigt gewesen sei. Sie habe deshalb die Bewertung "Nicht beurteilt" erhalten. Die Beschwerdeführerin ist diesem Ermittlungsergebnis im Rahmen des Parteiengehörs nicht entgegengetreten. Dass sie von sich aus ein Ansuchen auf Leistungsfeststellung gemäß § 21 Abs. 3 SchUG-B gestellt hat, ist nicht ersichtlich und wird von ihr auch nicht behauptet.

In der Beschwerde wird ferner vorgebracht, die Bestimmungen des § 22 SchUG-B seien "immer wieder negiert" worden, da die Beschwerdeführerin vom Ergebnis der jeweiligen Prüfungen vorerst gar nicht und auch nach mehrmaligen Nachfragen erst widerwillig, oft Wochen später, informiert worden sei.

Darauf ist Folgendes zu erwidern: Der von der Beschwerdeführerin zitierte § 22 SchUG-B regelt die Information der Studierenden. Nach dessen Abs. 1 sind die Beurteilungen einzelner Leistungen dem Studierenden unverzüglich nach Auswertung einer Leistungsfeststellung durch den Lehrer des betreffenden Unterrichtsgegenstandes bekannt zu geben. Nach § 22 Abs. 4 leg. cit. haben die Verständigungen gemäß Abs. 1 bis 3 allerdings ausschließlich Informationscharakter. Damit wird klargestellt, dass das Unterbleiben einer Verständigung gemäß den Abs. 1 bis 3 einer Beurteilung der Leistungen mit "Nicht genügend" nicht entgegensteht (vgl. dazu etwa Jisa/Juranek/Schreiner/Götz, Die österreichischen Schulgesetze, Anm. 6 zu § 22). Eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Rechtswidrigkeit liegt daher nicht vor.

Die Beschwerde vertritt auch die Auffassung, der schriftliche Teil des Kolloquiums vom 17. Jänner 2000 sei "unrichtig beurteilt" worden sei. Nach dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Privatgutachten sei das Beispiel Nr. 4 des Kolloquiums zur Gänze richtig gelöst worden, weshalb es mit der Note "Befriedigend" hätte bewertet werden müssen.

Zu diesem - bereits im Verwaltungsverfahren erstatteten - Vorbringen hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Auffassung vertreten, das nachgereichte Privatgutachten weise eine "fachliche Ungereimtheit" auf, da Parallelität und Inzidenz gleichgesetzt würden. Dieses Gutachten könne die gegebene Beurteilung nicht relativieren, weil die darin angeführten mathematischen Selbstverständlichkeiten von der Beschwerdeführerin erst hätten nachvollzogen werden müssen.

Diese Auffassung kann nicht als unschlüssig erkannt werden. Nach der in den Verwaltungsakten erliegenden Begründung der schriftlichen Arbeit durch die Prüferin wurde darauf hingewiesen, dass lediglich zwei Teile des Beispiels richtig gelöst worden seien. Danach breche die Berechnung der Beschwerdeführerin ab, der dritte Teil fehle. Deswegen habe dieses Beispiel nicht mit der vollen Punktezahl (12 Punkte) bewertet werden können, sondern nur mit zwei Dritteln (8 Punkte).

Als einen der "gravierendsten Verstöße" rügt die Beschwerdeführerin ferner, dass der schriftliche Teil des Kolloquiums vom 17. Jänner 2000 offensichtlich nachträglich durch "ergänzende Einfügungen seitens des zuständigen Prüfers" "geändert" worden sei. Die Kopie, die der Beschwerdeführerin zur Verfügung stehe, enthalte hinsichtlich der Beurteilung des Beispieles Nr. 4 "nur 17 rote Häkchen"; in der letzten Zeile, wo "Epsilon 1 X Epsilon 2" stehe, sei keine weitere Einfügung vorhanden. Die Akteneinsicht habe jedoch ergeben, dass in der Zeile, wo "Epsilon 1 X Epsilon 2" stehe, ein "rotes Fragezeichen" hinzugefügt sowie die Ergänzung "'Epsilon 2 zu Epsilon 3' mit einem Fehlzeichen" (gemeint wohl: Zeichen für fehlt) vorgenommen worden sei. Dieses Faktum stelle eindeutig eine "Verfälschung des Ergebnisses der Überprüfung im Nachhinein" dar.

Inwiefern diese "Einfügungen", selbst wenn sie erst nachträglich vorgenommen worden sein sollten, auf das Prüfungsergebnis von Einfluss sein könnten, wird von der Beschwerdeführerin nicht dargelegt und ist auch sonst für den Gerichtshof nicht ersichtlich. Das Verhältnis von Ebene 1 zu Ebene 2 (in dem genannten Beispiel) wurde ebenso wie das Verhältnis von Ebene 1 zu Ebene 3 von der Prüferin als richtig gelöst gewertet. Danach breche jedoch nach der bereits oben dargestellten Begründung des schriftlichen Teiles des Kolloquiums die Berechnung der Beschwerdeführerin ab, das Verhältnis von Ebene 2 zu Ebene 3 fehle.

Der Beschwerdeführerin kann auch nicht gefolgt werden, wenn sie behauptet, der mündliche Teil des Kolloquiums vom 18. Jänner 2000 sei widerrechtlich, offensichtlich als fortgesetzte Prüfung, abgehalten worden.

Der mündliche Teil des Kolloquiums vom 18. Jänner 2000 wurde mit "Nicht genügend" bewertet. Schon dieser Umstand spricht dagegen, dass es zu einer "Fortsetzung" der mündlichen Prüfung gekommen sei. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass am 18. Februar 2000 eine einmalige Wiederholung des negativ beurteilten mündlichen Prüfungsteiles im Sinne des § 23 Abs. 7 SchUG-B stattgefunden hat.

In diesem Zusammenhang rügt die Beschwerdeführerin auch, dass das Kolloquium vom 18. Februar 2000 nur aus einem mündlichen Prüfungsteil bestanden habe, eine schriftliche Prüfung aber nicht vorgenommen worden sei.

Gemäß § 23 Abs. 4 SchUG-B sind die Aufgabenstellungen sowie die Prüfungsformen in den einzelnen Prüfungsgebieten durch den Prüfer festzusetzen, wobei die Form der schriftlichen Prüfungen neben der mündlichen Prüfung nur in Unterrichtsgegenständen zulässig ist, hinsichtlich der im Lehrplan Schularbeiten vorgesehen sind. Die Prüfungsform wird somit vom jeweiligen Prüfer im Hinblick auf die lehrplanmäßigen Anforderungen festgelegt. Wenn der Prüfer (im Beschwerdefall: die Prüferin) daher im Hinblick auf die mit der Note "Genügend" bewertete schriftliche Prüfung nur hinsichtlich der negativ bewerteten mündlichen Prüfung die Wiederholung dieser mündlichen Prüfung angeordnet hat, kann dies im Sinne der wiedergegebenen Bestimmung nicht als rechtswidrig erkannt werden.

In dem Umstand, dass der Ehegatte der Beschwerdeführerin (der gleichfalls das Bundesgymnasium für Berufstätige besuchte) nicht als Zuhörer zum Kolloquium zugelassen worden sei, kann eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin ebenfalls nicht erkannt werden. § 23 Abs. 8 SchUG-B hat nämlich den Zweck, den Zuhörern insbesondere in jenen Fällen eine gezielte Vorbereitung zu ermöglichen, in denen ein anderer als der den Pflichtgegenstand unterrichtende Lehrer zum Prüfer bestellt wurde (vgl. auch dazu Jisa ua., aaO, Anm. 5 zu § 23 SchUG-B).

Was das Beschwerdevorbringen anlangt, die Bestimmungen des § 23 Abs. 9 SchUG-B seien dadurch verletzt worden, dass keine ausreichenden Aufzeichnungen über den Prüfungsvorgang vorlägen, so ist darauf zu verweisen, dass § 62 Abs. 3 leg. cit. für diesen Fall vorsieht, dass das Verfahren zu unterbrechen und der Berufungswerber zu einem neuerlichen Kolloquium, dem ein Vertreter der Schulbehörde erster Instanz beizuwohnen hat, zuzulassen ist. Auf Grund der mangelhaften Dokumentation des mündlichen Kolloquiums vom 18. Februar 2000 war von der belangten Behörde daher nach dieser Bestimmung das neuerliche Kolloquium für den 15. Mai 2000 vorzusehen.

Völlig ins Leere geht schließlich die Behauptung, die bescheidmäßige Mitteilung der Behörde erster Instanz stelle einen "nichtigen" Bescheid dar, da eine Rechtsmittelbelehrung fehle. Diesbezüglich genügt der Hinweis, dass die Rechtsmittelbelehrung kein für die rechtliche Existenz des Bescheides wesentliches Erfordernis darstellt (vgl. z.B. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetz I2 zu § 61 AVG wiedergegebene Rechtsprechung, insbesondere E 8).

Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 24. November 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2000100200.X00

Im RIS seit

08.01.2004

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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